Kammergericht:
Beschluss vom 2. Februar 2005
Aktenzeichen: 1 W 486/02

(KG: Beschluss v. 02.02.2005, Az.: 1 W 486/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Gerichtsentscheidung betrifft einen Aktivprozess einer Anwaltssozietät, in dem es um Honorarklagen geht. Das Gericht hat entschieden, dass für den vertretenden Anwalt keine Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO anfällt. Diese Entscheidung basiert auf einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Januar 2004 - II ZB 22/02, in dem festgestellt wurde, dass Anwaltssozietäten ohne weiteres dafür sorgen können, dass die Einziehung der Honorarforderungen von einem Sozius allein erledigt wird, um die Prozesskosten für den Mandanten möglichst gering zu halten. Diese Regelung gilt auch, wenn die Sozietät sowohl aus Rechtsanwälten als auch aus Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern besteht.

Der Beschluss des Kammergerichts sieht vor, dass die Beklagte Kosten in Höhe von 2.697,45 EURO, sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. April 2002 an die Kläger erstatten muss. Der weitere Kostenfestsetzungsantrag wird abgewiesen. Darüber hinaus wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 7% von den Klägern und zu 93% von der Beklagten getragen. Der Gegenstandswert wird auf 1.181,47 EURO festgesetzt.

Zum Hintergrund des Rechtsstreits: Die Kläger, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, haben die Beklagte auf Zahlung von Gebühren für steuerberatende Tätigkeiten verklagt. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt und zudem eine Widerklage gegen die Kläger sowie eine aus den Klägern bestehende Gesellschaft auf Zahlung erhoben. Nach Rücknahme der Berufung und der Widerklage hat das Kammergericht die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten auferlegt.

Das Gericht erläutert, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bezüglich der Erhöhungsgebühr für den vertretenden Anwalt nur auf den aktivem Prozess anwendbar ist. In diesem Fall wurde jedoch eine Widerklage gegen die Kläger persönlich gerichtet, weshalb die Regelungen für den Passivprozess gelten. Daher ist der Mehrvertretungszuschlag gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erstattungsfähig.

Die zu erstattenden Anwaltskosten belaufen sich auf insgesamt 2.697,45 EURO und setzen sich aus verschiedenen Gebühren gemäß der BRAGO zusammen. Das Gericht entscheidet, dass die Kosten gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu erstatten sind.

Diese Gerichtsentscheidung stellt eine Klarstellung bezüglich der Erhöhungsgebühr für Anwaltssozietäten in Honorarprozessen dar und hat Auswirkungen auf die Kostenerstattungen in diesem Fall. Die Beklagte ist verpflichtet, die Kosten in Höhe von 2.697,45 EURO an die Kläger zu erstatten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

KG: Beschluss v. 02.02.2005, Az: 1 W 486/02


In Aktivprozessen einer Anwaltssozietät, die Honorarklagen betreffen, fällt eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für den vertretenden Anwalt nicht an (im Anschluss an BGH v. 5.1.2004 - II ZB 22/02 - unter Aufgabe der fr. Rspr. des Senats). Hinsichtlich einer Widerklage gelten die Regeln für den Passivprozess.

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem Beschluss des Kammergerichts vom 9. April 2002 von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten auf nur 2.697,45 EURO, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. April 2002 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde nach einem Wert von 1.101,71 EURO zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu 7 %, die Beklagte zu 93 % zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 1.181,47 EURO festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger, die in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät betreiben, haben die Beklagte auf Zahlung von Gebühren für steuerberatende Tätigkeiten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt und zusätzlich mit einer Widerklage die Kläger sowie die aus den Klägern bestehende L. H. und Kollegen GbR gesamtschuldnerisch auf Zahlung in Anspruch genommen. Nach Rücknahme der Berufung und der Widerklage hat das Kammergericht die Kosten des Berufungsrechtszuges der Beklagten auferlegt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Juli 2002 ist dem Antrag der Kläger auf Festsetzung u.a. einer Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BRAGO in Höhe von 2.310,75 DM stattgegeben worden. Hiergegen richtet sich die per Fax am 29. Juli 2002 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber nur zu einem kleinen Teil Erfolg. Die auf die Berufung selbst (Streitwert: 8.661,72 DM) entfallende Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist zwar nicht erstattungsfähig, wohl aber die für die Widerklage (Streitwert: 26.008,46 DM) angefallene Erhöhungsgebühr.

Nach dem Beschluss des BGH vom 5. Januar 2004 - II ZB 22/02 - fällt für Aktivprozesse einer Anwaltssozietät, die Honorarklagen betreffen, eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für den vertretenden Rechtsanwalt nicht an. Eine Anwaltssozietät könne ohne weiteres dafür Vorsorge treffen, dass eine so häufig vorkommende Aufgabe wie die Einziehung der Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt werde und dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst gering gehalten würden. Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO scheide in einem solchen Fall jedenfalls dann aus, wenn die Sozietät neben Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern auch aus Rechtsanwälten bestehe. Nicht entscheidend sei, ob eine solche Sozietät Honoraransprüche für rechtsanwaltliche oder für steuerberatende Tätigkeiten geltend mache. Auch in den letzten genannten Fällen bestehe für eine Sozietät die Verpflichtung, den für den Mandanten kostengünstigsten Weg zu beschreiten.

Dieser Auffassung schließt sich das Gericht im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung an unter Aufgabe seiner in der Verfügung vom 31. Januar 2003 vertretenen Meinung, die auf der früheren Rechtsprechung des Senats (vgl. Rpfl. 1999, 2191 = MDR 1999, 1023) basierte.

Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs lassen sich jedoch nicht auf die erhobene Widerklage übertragen. Diese Widerklage hat die Beklagte ausdrücklich gegen die Kläger persönlich gerichtet, um auch von den einzelnen Gesellschaften der L. H. und Kollegen Schadensersatz aufgrund fehlerhafter steuerlicher Beratung geltend zu machen. Die Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft schließt nämlich nicht aus, dass im Passivprozess die Gesellschafter persönlich verklagt werden können, was insbesondere dann geschieht, wenn der Kläger nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen, sondern auch auf das persönliche Vermögen der einzelnen Gesellschafter zugreifen möchte. Im Hinblick auf die hierdurch begründete erhöhte Haftung fällt der Mehrvertretungszuschlag nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO an und kann auch im Erstattungswege durchgesetzt werden.

Dementsprechend berechnen sich die zu erstattenden Anwaltskosten wie folgt:

13/10-Prozessgebühr gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO1.540,50 DM Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1, Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO (Gegenstandswert 26.008,46 DM)2.154,75 DM 13/10-Verhandlungsgebühr gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 4, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO1.540,50 DM Postgebühren gemäß § 26 BRAGO (Pauschale) 40,00 DM insgesamt5.275,75 DM = 2.697,45 EURDie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.






KG:
Beschluss v. 02.02.2005
Az: 1 W 486/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/0187553f061d/KG_Beschluss_vom_2-Februar-2005_Az_1-W-486-02




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