Bundespatentgericht:
Urteil vom 9. Januar 2007
Aktenzeichen: 1 Ni 4/06
(BPatG: Urteil v. 09.01.2007, Az.: 1 Ni 4/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat am 9. Januar 2007 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 Ni 4/06 über die Nichtigkeit eines europäischen Patents entschieden. In dem Urteil wurde das Patent für nichtig erklärt und die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Im Tatbestand wurde dargelegt, dass die Beklagte Inhaberin des Patents ist, welches ein System und eine Vorrichtung zur Ausgabe von Rabattmarken betrifft. Das Patent umfasst 16 Patentansprüche, auf die in der Streitpatentschrift verwiesen wird. Die Klägerin hat argumentiert, dass die Ansprüche des Patents keinen technischen Charakter haben und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Sie stützt sich dabei auf verschiedene Druckschriften.
Das Gericht hat festgestellt, dass die Ansprüche des Patents technische Merkmale enthalten und somit patentfähig sind. Dennoch hat das Gericht entschieden, dass die Ansprüche nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, da sie durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt sind. Als nächstkommende Entgegenhaltung wurde eine US-Patentschrift genannt, die fast wörtlich die Merkmale der Patentansprüche enthält. Weiterhin wurde eine internationale Patentanmeldung angeführt, die ein Verfahren zum Erzeugen von Gutscheinen beschreibt, welches Hinweise auf die grafische Gestaltung des Gutscheins gibt.
Das Gericht hat festgestellt, dass der Fachmann bei der Aufgabe, besondere Auffälligkeit und Fälschungssicherheit der Gutscheine zu erzielen, auf die genannten Druckschriften zurückgreifen konnte, um den Rand des Gutscheins mit einem farbigen Rand zu gestalten. Daher wurde das Patent für nichtig erklärt.
Die Urteilsbegründung geht auch auf die weiteren Ansprüche des Patents ein, kommt aber zu dem Schluss, dass diese keinen eigenen erfinderischen Gehalt haben.
Die Kostenentscheidung und die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wurden entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen getroffen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Urteil v. 09.01.2007, Az: 1 Ni 4/06
Tenor
I. Das europäische Patent 1 060 086 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollsteckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist Inhaberin des am 26. August 1998 als PCT-Anmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität einer US-amerikanischen Voranmeldung vom 17. Oktober 1997 angemeldeten, in englischer Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents 1 060 086 mit der Bezeichnung "System and Apparatus for dispensing Coupons having selectively printed Borders around preferred Products" ("Verfahren und Vorrichtung zur Ausgabe von Rabattmarken mit wahlweise bedruckten Rändern und bevorzugte Produkte herum"). Das Patent ist u. a. für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden und wird hier unter dem Aktenzeichen 698 09 084 geführt. Es umfasst gemäß der Patentschrift EP 1 060 086 B1 (Streitpatentschrift) 16 Patentansprüche. Auf die unabhängigen Ansprüche 1, 6 und 12 sind die jeweils nachfolgenden Patentansprüche 2 bis 5 bzw. 7 bis 11 bzw. 13 bis 16 rückbezogen.
Patentansprüche 1, 6 und 12 haben in der maßgeblichen englischsprachigen Fassung folgenden Wortlaut:
"1. For use in a retail store pointofsale system having
(a) at least one terminal (12) at a customer checkout location with means (13) for reading product codes on purchased items in a customer order and
(b) a store controller (10) with which the terminal can communicate, the store controller having access to an item record file (30) containing price and other information for each product item, a method for printing a redeemable coupon in response to the purchase of at least one triggering item or the nonpurchase of at least one triggering item, the method comprising the steps of
(c) preselecting a discountable product for which a discount coupon is to be printed;
(d) preselecting at least one triggering product, the purchase of which or the failure to purchase of which is intended to initiate the printing of a discount coupon;
(e) storing the terms of at least one coupon deal relating to the discount coupon to be printed;
(f) identifying the triggering product in the customer order;
(g) associating the triggering product with the previously stored terms of the coupon deal; and
(h) automatically printing (24) at least one discount coupon (94) characterized by having a colored border (95) printed by the printer for the discountable product, based on the details of the coupon deal and without the intervention or participation of the customer other than in purchasing or in failing to purchase the triggering product.
....
6. For use in a retail store pointofsale system having a plurality of terminals (12) at customer checkout locations, each with means (13) for reading product codes on purchased items in a customer order, and a store controller (10) with which the terminals can communicate, the store controller having access to an item record file (30) containing price and other information for each product item, a method for generating a discount coupon in response to the purchase of a plurality of triggering items or nontriggering items, the method comprising the steps of:
(a) preselecting a discountable product for which a discount coupon is to be generated;
(b) preselecting at least one triggering product the purchase of which is intended to initiate generation of the discount coupon;
(c) storing the terms of at least one coupon deal relating to the discount coupon to be generated;
(d) identifying the at least one triggering product in the customer's order;
(e) associating the at least one triggering product with the previously stored terms of the coupon deal; and
(f) automatically generating (24) at least one discount coupon (94)
characterized byhaving a colored border (95) for the discountable product, based on the details of the coupon deal and without the intervention or participation of the customer other than in purchasing the at least one triggering product.
....
12. For use in a transaction system having
(a) transaction device (12) with means (13) for reading transaction details and
(b) means (10) for associating the details of the transaction with a coupon or incentive, a method for printing a coupon or incentive in response to the details of a transaction, said method comprising the steps of:
(c) preselecting a product or service for which a coupon or incentive is to be printed;
(d) preselecting a detail of the transaction which is intended to initiate the printing of a coupon or incentive;
(e) storing the terms of a coupon or incentive deal relating to the coupon or incentive to be printed;
(f) identifying the triggering detail of the customer transaction;
(g) associating the triggering detail with the previously stored terms of the coupon or incentive deal; and
(h) automatically printing (24) a coupon (94) or incentivecharacterised byhaving a colored border (95) for the product or service, based on the details of the transaction and without the intervention or participation of the customer other than being a party to the transaction. "
Die in der Streitpatentschrift enthaltene deutsche Übersetzung der Patentansprüche 1, 6 und 12 lautet:
"1. Verfahren zum Drucken eines einlösbaren Gutscheins als Reaktion auf den Kauf wenigstens eines auslösenden Gegenstandes oder den Nicht-Kauf wenigstens eines auslösenden Gegenstandes zur Verwendung in einem Einzelhandel-Verkaufssystem mit (a) wenigstens einem Terminal (12) an einer Kundenkasse mit einer Vorrichtung (13) zum Lesen von Produktcodes auf verkauften Gegenständen in einer Kundenbestellung und (b) einer Ladensteuerung (10), mit welcher das Terminal kommunizieren kann, wobei die Ladensteuerung Zugriff auf eine Gegenstandsdatei (30) mit Preis- und anderen Informationen für jeden Produktgegenstand hat, mit den Verfahrensschritten:
(c) Vorauswählen eines rabattfähigen Produkts, für das ein Rabattgutschein gedruckt werden soll;
(d) Vorauswählen wenigstens eines auslösenden Produkts, dessen Kauf oder Nicht-Kauf das Drucken eines Rabattgutscheins starten soll;
(e) Speichern der Bedingungen wenigstens eines Gutscheingeschäfts betreffend den zu druckenden Rabattgutschein;
(f) Identifizieren des auslösenden Produkts in der Kundenbestellung;
(g) In-Verbindung-Bringen des auslösenden Produkts mit den zuvor gespeicherten Bedingungen des Gutscheingeschäfts; und
(h) automatisches Drucken (24) wenigstens eines Rabattgutscheins (94), der gekennzeichnet ist durch einen durch den Drucker gedruckten farbigen Rand (95) für das rabattfähige Produkt, basierend auf den Einzelheiten des Gutscheingeschäfts und ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dem Kauf oder Nicht-Kauf des auslösenden Produkts.
....
6. Verfahren zum Erzeugen eines Rabattgutscheins als Reaktion auf den Kauf mehrerer auslösender Gegenstände zur Verwendung in einem Einzelhandel-Verkaufssystem mit mehreren Terminals (12) an Kundenkassen, jeweils mit einer Vorrichtung (13) zum Lesen von Produktcodes auf verkauften Gegenständen in einer Kundenbestellung, und einer Ladensteuerung (10), mit der die Terminals kommunizieren können, wobei die Ladesteuerung Zugriff auf eine Gegenstandsdatei (30) mit Preis- und anderen Informationen für jeden Produktgegenstand hat, mit den Verfahrensschritten:
(a) Vorauswählen eines rabattfähigen Produkts, für das ein Rabattgutschein erzeugt werden soll;
(b) Vorauswählen wenigstens eines auslösenden Produkts, dessen Kauf das Erzeugen des Rabattgutscheins starten soll;
(c) Speichern der Bedingungen wenigstens eines Gutscheingeschäfts betreffend den zu erzeugenden Rabattgutschein;
(d) Identifizieren des wenigstens einen auslösenden Produkts in der Kundenbestellung;
(e) In-Verbindung-Bringen des wenigstens einen auslösenden Produkts mit zuvor gespeicherten Bedingungen des Gutscheingeschäfts; und
(f) automatisches Erzeugen (24) wenigstens eines Rabattgutscheins (94), der gekennzeichnet ist durch einen farbigen Rand (95) für das rabattfähige Produkt, basierend auf den Einzelheiten des Gutscheingeschäfts und ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dem Kauf des wenigstens einen auslösenden Produkts.
....
12. Verfahren zum Drucken eines Gutscheins oder Anreizes als Reaktion auf Einzelheiten einer Transaktion zur Verwendung in einem Transaktionssystem mit (a) einer Transaktionsvorrichtung (12) mit einer Vorrichtung (13) zum Lesen der Transaktionseinzelheiten und (b) einer Vorrichtung (10) zum In-Verbindung-Bringen der Einzelheiten der Transaktion mit einem Gutschein oder Anreiz, mit den Verfahrensschritten:
(c) Vorauswählen eines Produkts oder einer Dienstleistung, für das bzw. die ein Gutschein oder Anreiz gedruckt werden soll;
(d) Vorauswählen einer Einzelheit der Transaktion, die das Drucken eines Gutscheins oder Anreizes starten soll;
(e) Speichern der Bedingungen wenigstens eines Gutschein- oder Anreizgeschäfts betreffend den zu druckenden Gutschein oder Anreiz;
(f) Identifizieren der auslösenden Einzelheit der Kundentransaktion;
(g) In-Verbindung-Bringen der auslösenden Einzelheit mit den zuvor gespeicherten Bedingungen des Gutschein- oder Anreizgeschäfts; und
(h) automatisches Drucken (24) eines Gutscheins (94) oder Anreizes, der gekennzeichnet ist durch einen farbigen Rand (95) für das Produkt oder die Dienstleistung, basierend auf den Einzelheiten der Transaktion und ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dass er eine Partei der Transaktion ist."
Die Klägerin macht geltend, die Gegenstände der Ansprüche 1, 6 und 12 des Streitpatents hätten keinen technischen Charakter. Zudem beruhten sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Gegenstände der Unteransprüche seien durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt. Die Klägerin stützt sich bei ihrer Argumentation auf die Druckschriften EP 0 173 835 B1 (D1), WO 97/23838 A1 (D2), US 5 173 851 A (D3) und US 4 839 507 (D4).
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 060 086 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.
Sie beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche wird auf die Streitpatentschrift bzw. auf die deutsche Übersetzung DE 698 09 084 T2, wegen weiterer Einzelheiten auf die Akte verwiesen.
Gründe
Die in zulässiger Weise erhobene Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel 138 Abs. 1 Buchstabe a i. V. m. Artikel 52 Abs. 1 und Artikel 56 EPÜ) geltend gemacht wird, ist begründet. Die angegriffenen Patentansprüche haben keinen Bestand.
I. Zu Patentanspruch 1:
1. Patentanspruch 1 betrifft ein Verfahren zum Drucken eines einlösbaren Gutscheins. Er kann in Anlehnung an die von der Klägerin mit der Anlage K3 vorgeschlagene Merkmalsgliederung wie folgt gegliedert werden:
1. Verfahren zum Drucken eines einlösbaren Gutscheins als Reaktion auf den Kauf wenigstens eines auslösenden Gegenstandes oder den Nicht-Kauf wenigstens eines auslösenden Gegenstandes.
2. Das Verfahren ist zur Verwendung in einem Einzelhandel-Verkaufssystem mit (a) wenigstens einem Terminal an einer Kundenkasse mit einer Vorrichtung zum Lesen von Produktcodes auf verkauften Gegenständen in einer Kundenbestellung und (b) einer Ladensteuerung, mit welcher das Terminal kommunizieren kann, vorgesehen.
3. Die Ladensteuerung hat Zugriff auf einen Gegenstandsdatei mit Preis- und anderen Informationen für einen Produktgegenstand.
4. Es wird ein rabattfähiges Produkt vorausgewählt, für das ein Rabattgutschein gedruckt werden soll.
5. Es wird wenigstens ein Auslöseprodukt vorausgewählt, dessen Kauf- oder Nichtkauf das Drucken eines Rabattgutscheins starten soll.
6. Es werden die Bedingungen wenigstens eines Gutscheingeschäftes betreffend den zu druckenden Rabattgutscheinen gespeichert.
7. Es wird das auslösende Produkt in der Kundenbestellung identifiziert.
8. Es wird das auslösende Produkt mit den zuvor gespeicherten Bedingungen des Gutscheingeschäftes in Verbindung gebracht.
9. Es wird automatisch wenigstens ein Rabattgutschein gedruckt.
10.1 Der Rabattgutschein hat einen durch den Drucker gedruckten farbigen Rand 10.2 für das rabattfähige Produkt.
11. Der Druck des farbigen Randes basiert auf Einzelheiten des Gutscheingeschäftes.
12. Der Druck des farbigen Randes basiert nicht auf dem Eingreifen oder der Teilnahme des Kunden außer dem Kauf- oder Nichtkauf des auslösenden Produktes.
2. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 weist die für eine Patenterteilung erforderliche Technizität auf. Der Anspruch enthält sowohl technische als auch nichttechnische Merkmale. Ohne Zweifel sind zumindest die Merkmale 2 und 3 des Anspruchs 1 als technische Merkmale anzusehen, die auch notwendig sind. In Verbindung mit den übrigen Merkmalen liegt insgesamt eine technische Lehre vor (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 1 Rn. 45).
3. Das Verfahren nach Anspruch 1 ist zwar unbestritten neu, es beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
a) Als Fachmann in vorliegender Sache ist ein Drucktechniker für digitale und Printmedien anzusehen, der Erfahrungen in Gestaltung und Druck von Druckerzeugnissen hat, die besonderen Anforderungen in Bezug auf Fälschungssicherheit genügen.
b) Als nächstkommende Entgegenhaltung kann die in Absatz [0001] der Streitpatentschrift angegebene US-Patentschrift 5 173 851 A (D3) gesehen werden. Sie betrifft ein Verfahren zum Drucken eines einlösbaren Gutscheins. Der Patentanspruch 4 der Druckschrift enthält fast wörtlich alle Merkmale 1 bis 9 des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Streitpatents für die Variante "Kauf" des wenigstens einen auslösenden Gegenstands (siehe Spalte 16 Zeilen 5 bis 27).
Auch die im Anspruch enthaltene Variante "Nicht-Kauf" des wenigstens einen auslösenden Gegenstands ist von der Offenbarung der Entgegenhaltung umfasst.
Auf diese Variante wird in Spalte 2 Absatz 5 insbesondere Zeilen 51 ff. der Druckschrift D3 hingewiesen.
Der einlösbare Gutschein insgesamt wird entsprechend dem letzten Merkmal des Anspruchs 4 der Druckschrift D3 basierend auf den Einzelheiten des Gutscheingeschäfts und ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dem Kauf des auslösenden Produkts gedruckt (siehe D3 Spalte 16 Zeilen 27 bis 30).
Einzelheiten des Gutscheingeschäfts betreffende Daten sind zum Teil als Strichcode (barcode) aufgedruckt, siehe Spalte 12 Zeilen 49 bis 56.
Die Druckschrift D3 enthält jedoch keine weitergehenden Angaben zur grafischen Gestaltung des Gutscheins. Sie gab daher aus sich heraus keinen Hinweis auf das beanspruchte Drucken des Gutscheins mit einem farbigen Rand gemäß den kennzeichnenden Merkmalen 10.1, 10.2, 11 und 12.
c) Der genannte Unterschied kann jedoch erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zu Grunde, eine besondere Auffälligkeit und eine erhöhte Fälschungssicherheit der gedruckten Gutscheine zu erzielen, vgl. Absätze [0006] bis [0008] der Streitpatentschrift. Zur Lösung dieser Aufgabe konnte der Fachmann die internationale Patentanmeldung WO 97/23838 A1 (D2) in Betracht ziehen. Diese Druckschrift ist hier einschlägig. Sie betrifft das Erzeugen von Einkaufshilfen und Kaufanreizen in einem Computer-Netzwerk und umfasst nach Seite 2 Absatz 1 und Seite 3 Absatz 3 sowie insbesondere nach Seiten 16 ff. auch ein Verfahren zum Erzeugen und zum Drucken einlösbarer Gutscheine. Auf diesen Gutscheinen sind verschiedene Informationen, so z. B. Hersteller- und Produktangaben usw. aufgedruckt, siehe Figur 11. Die grafische Gestaltung eines solchen einlösbaren Gutscheins ist auf Seiten 17 f. unter dem Aspekt der Fälschungssicherheit genauer beschrieben. Dazu gehört nach Seite 17 Zeilen 15 f. der Entgegenhaltung ein Hintergrund ("canvas") sowie ein komplexes darauf aufgedrucktes Hintergrundmuster und/oder Hintergrundbild.
Auf Seite 17 Zeilen 26 ff. der Druckschrift D2 ist ferner ausgeführt, dass das Hintergrundmuster und/oder Hintergrundbild vom Gutscheininhalt, z. B. vom Hersteller oder vom Produkt, abhängen können. Hintergrundmuster und/oder Hintergrundbild können demnach auf Einzelheiten des Gutscheingeschäfts beruhen. Diese Gestaltung von Hintergrundmuster und/oder Hintergrundbild soll das unautorisierte Herstellen oder Abändern von Gutscheinen verhindern, siehe Seite 18 Zeilen 2 ff. Sie dient offensichtlich auch - wegen des Bezugs von z. B. Hintergrundbild zu dem Produkt - der guten Erkennbarkeit der Gutscheine und der leichteren Unterscheidbarkeit verschiedener Arten der Gutscheine.
Nach der Erstellung von Hintergrundmuster bzw. Hintergrundbild wird nach der Offenbarung der Druckschrift ein Rand des Gutscheins gebildet und gedruckt. Aus dem Schema der Figur 12, siehe dort Blöcke 274 und 276, ergibt sich in Verbindung mit Seite 18 Absatz 2, dass verschiedene Breiten und Farben des Randes in einer Liste abgespeichert sind und aus dieser Liste ausgewählt werden können. Der Druckschrift D2 ist also hier direkt entnehmbar, dass der Rand eines Gutscheins hinsichtlich Breite und Farbe unterschiedlich gestaltet werden kann.
Da der Rand eines Gutscheins einen ins Auge fallenden Teil desselben darstellt, war es für den Fachmann naheliegend, die in der Druckschrift D2 offenbarte Gestaltungsmöglichkeit des Randes in das Verfahren zum Drucken eines einlösbaren Gutscheins nach der Druckschrift D3 einzubeziehen und dementsprechend bei diesem Verfahren Merkmal 10.1 vorzusehen.
Hierbei war es für den Fachmann angezeigt, die Gestaltung des Randes gleichfalls im Sinne der gestellten Aufgabe nutzbar zu machen und insbesondere dessen Farbe als schon von weitem sichtbares und auffallendes Erkennungsmerkmal für die Erhöhung der Auffälligkeit und für die verbesserte Sicherheit gegen Fälschung einzusetzen und nach dem Vorbild der Druckschrift (D2) dementsprechend die Farbe des Randes des Gutscheins vom Gutscheininhalt, so z. B. vom Hersteller oder vom Produkt, abhängig zu machen und somit auf Einzelheiten des Gutscheingeschäfts beruhen zu lassen und bei dem Verfahren nach der Druckschrift D3 zusätzlich Merkmale 10.2 und 11 vorzusehen. Im Belieben des Fachmanns lag es, diese Gestaltung des Randes des Gutscheins allein oder in Verbindung mit dem oben beschriebenen Druck von Hintergrundmuster und Hintergrundbild - der einen beträchtlich höheren Aufwand für den Druck bedingt - vorzunehmen. Es war hierbei selbstverständlich, den Rand aus Sicherheitsgründen gemäß Merkmal 12 ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dem Kauf oder Nicht-Kauf des auslösenden Produkts zu drucken, so wie es schon in der Druckschrift (D3) für den Druck eines Gutscheins insgesamt vorgesehen ist.
II. Zu Patentanspruch 6:
Anspruch 6 betrifft ein Verfahren zum Erzeugen eines Rabattgutscheins als Reaktion auf den Kauf mehrerer auslösender Gegenstände oder nichtauslösender Gegenstände zur Verwendung in einem Einzelhandel-Verkaufssystem mit mehreren Terminals an Kundenkassen. Dieses Verfahren stimmt weitgehend mit dem Verfahren nach Anspruch 1 überein.
1. Die Technizität des Verfahrens nach Anspruch 6 ist gegeben. Die diesbezüglichen Ausführungen zu Anspruch 1 gelten in entsprechender Weise.
2. Das Erzeugen eines Rabattgutscheins schließt verschiedene Formen eines Gutscheins ein. Vom Anspruch ist unter anderem auch das Drucken eines Rabattgutscheins auf Papier umfasst. Dies hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestanden.
3. Das Verfahren nach Anspruch 6, dessen Neuheit ebenfalls nicht in Frage gestellt wurde, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Es wird auf das US-Patent 5 173 851 A (D3) verwiesen, dessen Anspruch 15 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 6 des Streitpatents in im Wesentlichen übereinstimmendem Wortlaut enthält.
Entsprechend dem letzten Merkmal des Anspruchs 15 der Druckschrift D3 erfolgt die Erzeugung des einlösbaren Gutscheins insgesamt basierend auf den Einzelheiten des Gutscheingeschäfts und ohne das Eingreifen oder die Teilnahme des Kunden außer dem Kauf des auslösenden Produkts.
4. Wollte der Fachmann im Sinne der in Abschnitt I. genannten Aufgabe einen Rabattgutschein mit besonderer Auffälligkeit und erhöhter Fälschungssicherheit erzeugen, konnte er die einschlägige internationale Anmeldung WO 97/23838 A1 (D2) in Betracht ziehen. Sie betrifft das Erzeugen von Einkaufshilfen und Kaufanreizen und umfasst nach Seite 2 Absatz 1 und Seite 3 Absatz 3 sowie insbesondere nach Seite 16 ff. auch ein Verfahren zum Erzeugen gedruckter einlösbarer Gutscheine.
Im Übrigen wird auf den vorstehenden Abschnitt I. verwiesen. Die dort gegebene Begründung, dass das Verfahren nach Anspruch 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen (D3) und (D2) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, gilt in entsprechender Weise auch für das Verfahren nach Patentanspruch 6.
III. Zu Patentanspruch 12:
Anspruch 12 betrifft ein Verfahren zum Drucken eines Gutscheins oder Anreizes als Reaktion auf Einzelheiten einer Transaktion zur Verwendung in einem Transaktionssystem.
1. Die Technizität des Verfahrens nach Anspruch 12 ist gegeben. Die diesbezüglichen Ausführungen in Abschnitt I. zu Anspruch 1 gelten in entsprechender Weise.
2. Dem Absatz [0001] der Streitpatentschrift ist entnehmbar, dass sich die Erfindung allgemein auf eine beliebige Transaktion bezieht, bei der ein Beleg gedruckt wird. Basierend auf den Einzelheiten der Transaktion wird ein Gutschein von einer Transaktionsvorrichtung ausgedruckt. Nach Absatz [0002] der Streitpatentschrift betrifft die Erfindung allgemein ein Verfahren zur Verwendung in einer Verkaufsstelle mit Computersystemen der Art, die in Einzelhandelsläden zum Aufzeichnen von Verkaufstransaktionen benutzt werden (vgl. Übersetzung der Streitpatentschrift DE 698 09 084 T2, Seite 1 Zeilen 7 bis 16).
3. Das Verfahren zum Drucken eines Gutscheins in einem Transaktionssystem nach Anspruch 12 entspricht somit dem Drucken eines Rabattgutscheins in einem Einzelhandel-Verkaufssystem, wie es schon in Anspruch 1 des Streitpatents beansprucht ist.
Es wird auf den vorstehenden Abschnitt I. verwiesen. Die dort gegebene Begründung, dass das Verfahren nach Anspruch 1 im Hinblick auf eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen US 5 173 851 A (D3) und WO 97/23838 A1 (D2) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, gilt in gleicher Weise auch für das unbestritten neue Verfahren nach Patentanspruch 12.
IV. Zu den Unteransprüchen:
Die Gegenstände der Unteransprüche weisen keinen eigenen erfinderischen Gehalt auf.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die ihrer Ansicht nach erfinderische Qualität des Verfahrens nach Anspruch 3 herausgestellt. Sie hat dazu vorgetragen, das Drucken einer Reihe von Gutscheinen ohne Rand zusammen mit einem Gutschein mit Rand beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Zum Stand der Technik gehörten - wie bereits dargelegt - sowohl ein Verfahren zum Druck von Gutscheinen ohne Rand als Reaktion auf Einzelheiten eines Gutscheingeschäfts (siehe z. B. die US-Patentschrift 5 173 851 A (D3)) als auch ein Verfahren zum Druck von Gutscheinen mit Rand als Reaktion auf Einzelheiten eines Gutscheingeschäfts (siehe z. B. die WO 97/23838 A1 (D2)). Es lag daher im Belieben des Fachmanns, beim Druck von mehreren Gutscheinen als Reaktion auf Einzelheiten eines Gutscheingeschäfts entweder alle Gutscheine mit Rand, alle ohne Rand oder aber gemischt Gutscheine sowohl mit als auch ohne Rand zu drucken.
Die übrigen Unteransprüche betreffen Ausführungsformen, die in den Entgegenhaltungen US 5 173 851 A (D3) und WO 97/23838 A1 (D2) enthalten sind oder durch diese nahegelegt werden oder dem handwerklichen Können des Fachmanns zuzurechnen sind. Da die Beklagte hierzu im Einzelnen nichts vorgetragen hat, erübrigt sich ein genaueres Eingehen auf diese Ansprüche.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
BPatG:
Urteil v. 09.01.2007
Az: 1 Ni 4/06
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