Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. November 2006
Aktenzeichen: NotZ 15/06
(BGH: Beschluss v. 20.11.2006, Az.: NotZ 15/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in diesem Beschluss die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Notarsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zurückgewiesen. Der Antragsteller hatte beantragt, die Notarstelle zu besetzen. Das Auswahlverfahren wurde nach einer vorherigen Ausschreibung zurückgezogen und erneut ausgeschrieben. In dem neuen Auswahlverfahren wurde der weiteren Beteiligten für die Stelle vorgeschlagen. Der Antragsteller war mit seiner Nichtberücksichtigung nicht einverstanden und erhob dagegen Beschwerde. Der Bundesgerichtshof sah jedoch keine Fehler in der Auswahlentscheidung des Antragsgegners. Der Antragsgegner habe das Auswahlverfahren auf der Grundlage der Ausschreibung vom 1. Oktober 2004 und dem sich anschließenden Bewerbungsverfahren korrekt durchgeführt. Der Antragsteller konnte keine verfassungswidrigen Fehler nachweisen, die seine Nichtberücksichtigung rechtfertigen würden. Das Gericht erklärte auch, dass der Antragsgegner nicht verpflichtet war, das abgebrochene Auswahlverfahren fortzuführen. Die Vergabe von Sonderpunkten für den weiteren Beteiligten war ebenfalls gerechtfertigt. Insgesamt erachtete der Bundesgerichtshof die Auswahlentscheidung als rechtmäßig und wies die Beschwerde des Antragstellers zurück.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 20.11.2006, Az: NotZ 15/06
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Notarsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2006 - 2 Not 4/05 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner sowie dem weiteren Beteiligten die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 €
festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner schrieb am 1. Oktober 2004 erneut eine Notarstelle für den Amtsgerichtsbezirk W. im Justizministerialblatt für Hessen (JMBl. S. 527) aus. Die vorherige Ausschreibung unter anderem für diese Stelle vom 1. Juli 2003 (JMBl. S. 246) hatte er unter Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (BVerfGE 110, 304), in dem - neben entsprechenden Verwaltungsvorschriften in anderen Ländern - auch die im Runderlass des Hessischen Ministeriums für Justiz und Europaangelegenheiten konkretisierte Auslegung und Anwendung der in § 6 BNotO normierten Auswahlmaßstäbe für die Besetzung freier Notarstellen für verfassungswidrig erklärt worden waren, am 1. Juli 2004 zurückgenommen und das eingeleitete, aber noch nicht abgeschlossene Auswahlverfahren abgebrochen (JMBl. S. 290).
Auf die Stelle bewarben sich innerhalb der bis zum 12. November 2004 laufenden Frist dieselben vier Rechtsanwälte wie in dem vorangegangenen Bewerbungsverfahren, unter ihnen der Antragsteller und der weitere Beteiligte. Das Auswahlverfahren wurde gemäß Abschnitt A II des durch Runderlass vom 10. August 2004 (JMBl. S. 323) geänderten Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung vom 25. Februar 1999 (JMBl. S. 222) durchgeführt. Aufgrund der für die Bewerber ermittelten Gesamtpunktzahlen schlug die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main den weiteren Beteiligten für die Besetzung der Stelle vor, für den eine Punktzahl von 224,50 Punkten errechnet worden war. Mit Schreiben vom 5. April 2005 unterrichtete sie den mit 195,75 Punkten ausgewiesenen und damit an zweiter Rangstelle liegenden Antragsteller, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne. Bei dem abgebrochenen Auswahlverfahren hatte er nach den damals geltenden Auswahlkriterien mit 142,50 Punkten vor dem weiteren Beteiligten mit 138,75 Punkten gelegen und war gemäß Schreiben der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. März 2004 für die Besetzung der Stelle vorgesehen worden.
Der Antragsteller meint, die Rücknahme der ersten Stellenausschreibung sei sachlich nicht gerechtfertigt gewesen; über seine Bewerbung hätte in Fortführung dieses Auswahlverfahrens aus dem damaligen Bewerberkreis ohne den weiteren Beteiligten unter Neubewertung der Eignungsvoraussetzungen zu seinen Gunsten entschieden werden müssen. Seine Nichtberücksichtigung sei aber auch im jetzigen Auswahlverfahren verfassungswidrig, weil die Übergangsfrist zwischen der Neufassung des Runderlasses und der anschließenden Stellenausschreibung zu kurz, die Änderungen bei den Auswahlkriterien "Fortbildung" und "Notarpraxis" rechtswidrig und die Anwendung der Bestimmungen über die Vergabe von Sonderpunkten und den fristgemäßen Nachweis von Beurkundungen zugunsten des weiteren Beteiligten fehlerhaft gewesen sei.
Das Oberlandesgericht hat seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt, den Antragsgegner zu verpflichten, diese Notarstelle mit seiner Person zu besetzen, hilfsweise seine Bewerbung neu zu bescheiden, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine sofortige Beschwerde, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, aber in der Sache unbegründet. Die getroffene Auswahlentscheidung erweist sich insgesamt als rechtsfehlerfrei. Der Antragsgegner hat den ihm dabei zustehenden Beurteilungsspielraum (BGHZ 124, 327) auf der Grundlage des am 10. August 2004 geänderten Runderlasses über die Ausführung der Bundesnotarordnung von 1999 zutreffend angewandt und ausgeschöpft.
1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers war der Antragsgegner nicht gehalten, das Ausgangsbesetzungsverfahren fortzuführen.
a) Nach der ersten Ausschreibung der Notarstelle hatte der Antragsgegner eine Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers getroffen. Gegen den anschließend erfolgten vom Antragsteller sachlich nicht für gerechtfertigt gehaltenen Abbruch des Besetzungsverfahrens hat er sich nicht mit dem ihm möglichen Verpflichtungsantrag gemäß § 111 BNotO zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs gerichtet auf eine ihm günstige Entscheidung im ursprünglichen Besetzungsverfahren (Senat, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 30/05 - ZNotP 2006, 154, 155 Rdn. 15 m.w.Nachw.) gewandt. Die Entscheidung des Antragsgegners, das Verfahren abzubrechen, hat daher ihm gegenüber Bestandskraft erlangt; eine Verpflichtungsklage ist nach Ablauf der Frist des § 111 Abs. 2 BNotO seit der Abbruchsmitteilung unzulässig (Senat, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 24/05 - Rdn. 17).
b) Darüber hinaus wäre ein entsprechender Verpflichtungsantrag auch nicht begründet. Die Justizverwaltung ist nicht verpflichtet, das Besetzungsverfahren auf der Grundlage der Ausschreibung vom 1. Juli 2003 fortzusetzen und die Bewerbung des Antragstellers unter Fortführung des bisherigen Auswahlverfahrens zu bescheiden.
aa) Eine Bewerbung als Notar setzt voraus, dass eine Stelle zu vergeben ist. Der Antragsgegner hat indes diese Ausschreibung mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 zurückgenommen und das Auswahlverfahren beendet. Dazu war er berechtigt. Der Senat verweist wegen weiterer Einzelheiten auf seine Beschlüsse vom 28. November 2005 (NotZ 34/05 - BGHZ 165, 146, 150 ff. sowie - u.a. - NotZ 30/05 aaO, NotZ 24/05, NotZ 27/05 und NotZ 43/05; soweit unterlegene Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerden erhoben haben, sind diese vom Bundesverfassungsgericht durch Beschlüsse vom 1. Februar 2006 - 1 BvR 198/06 - und 2. Februar 2006 - 1 BvR 159/06, 1 BvR 177/06 - nicht zur Entscheidung angenommen worden).
Der Senat hat diese Rechtsprechung ausdrücklich auch auf die Rücknahmeentscheidung des Antragsgegners bei anderen in Hessen am 1. Juli 2003 ausgeschriebenen Stellen angewandt und die darauf beruhenden Entscheidungen, die Besetzungsverfahren abzubrechen, gebilligt (Beschlüsse vom 20. März 2006 - NotZ 40/05 - ZNotP 2006, 271, 272 ff. und NotZ 51/05) und dies in weiteren Beschlüssen vom 24. Juli 2006 (NotZ 7, 14 und 17/06) noch einmal bestätigt. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Gründe davon abzuweichen sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Senat hat sich mit den vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Gesichtspunkten in den angeführten Entscheidungen bereits auseinandergesetzt.
Die Bewerbung des Antragstellers hatte durch den organisatorischen Akt des Antragsgegners ihre Erledigung gefunden (BGHZ 165, 146, 148 f.). Einen Anspruch auf Verfahrensbeendigung durch Vollzug der zuvor getroffenen Besetzungsentscheidung hatte er danach nicht mehr.
bb) Der Antragsteller wurde dadurch insbesondere auch nicht in einem berechtigten Vertrauen, die ausgeschriebene Stelle übertragen zu erhalten, verletzt. Ändern sich aus verfassungsrechtlichen Gründen während eines laufenden Verfahrens die für die Besetzungsentscheidung von der Justizverwaltung allgemein angewandten und den potentiellen Bewerbern als verbindlich vorgegebenen materiellrechtlichen Beurteilungskriterien erheblich - wie hier aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 -, gibt es für ein etwaiges von Bewerbern gebildetes Vertrauen, sie würden gemäß einer entsprechenden Mitteilung der Justizverwaltung zum Notar ernannt, keine Grundlage mehr.
2. Der Antragsgegner hat daher zu Recht die Auswahlentscheidung auf der Grundlage der Ausschreibung vom 1. Oktober 2004 und dem sich anschließenden Bewerbungsverfahren getroffen. Die vom Antragsteller gegen diese Entscheidung erhobenen Beanstandungen - soweit er für das Beschwerdeverfahren an ihnen festhält - greifen nicht durch.
a) Dem Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner habe in seine Auswahlentscheidung nur den früheren Bewerberkreis einbeziehen dürfen, ist schon deshalb nicht nachzugehen, weil der weitere Beteiligte zu diesem früheren, unverändert gebliebenen Bewerberkreis gehört. Sofern der Antragsteller dabei im Blick haben sollte, dass sich der weitere Beteiligte nicht gegen die ihm mitgeteilte damalige Besetzungsabsicht gewandt hatte, wäre dies unerheblich. Seine Zugehörigkeit zu diesem Bewerberkreis ändert sich dadurch nicht.
b) Der Antragsteller kann weiter nicht geltend machen, er habe sich wegen einer zu kurzen Übergangsfrist nicht rechtzeitig auf die neue verfassungsrechtliche Situation und die dadurch bedingten veränderten Beurteilungsmaßstäbe einstellen können, insbesondere nicht auf den Fortfall der (gemeinsamen) Kappungsgrenze für die durch Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Beurkundungen erzielbaren Punkte.
aa) Der Antragsteller hat spätestens Ende Juni 2004 von dem Abbruch des Auswahlverfahrens und der beabsichtigten Neuausschreibung erfahren. Er hatte damit - ebenso wie der weitere Beteiligte und die anderen Bewerber, die vor dieselbe Ausgangslage gestellt worden sind - knapp viereinhalb Monate Zeit, um bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist am 12. November 2004 zusätzliche, seine Aussichten für eine erfolgreiche Bewerbung verbessernde Qualifikationen zu erwerben. Eine besondere Vertrauenslage, dass es bei den damals gültigen Auswahlkriterien in Zukunft verbleiben werde, gab es auch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 für ihn nicht. Der Antragsteller kann sich daher nicht darauf berufen, er habe in schützenswerter Weise die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und den Umfang seiner Beurkundungstätigkeit nach den Punktzahlen ausgerichtet, die nach früherer Erlasslage (höchstens) erzielbar waren.
bb) Vielmehr war der Antragsgegner seinerseits gehalten, den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine verfassungsgemäße Vergabe neu zu besetzender Notarstellen gestellt hat, umgehend gerecht zu werden und die bisherige Verwaltungspraxis entsprechend anzupassen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat der Justizverwaltung gerade keine Übergangsfrist bei der konkreten Handhabung des § 6 BNotO eingeräumt, so dass sich alle damals noch nicht abgeschlossenen Besetzungsverfahren nunmehr an den von ihm aufgestellten neuen Kriterien ausrichten müssen. Durch längeres Zuwarten hätte der Antragsgegner sowohl den bisherigen - verfassungswidrigen - Zustand manifestiert als auch dem Bedürfnis nach einer baldigen Besetzung der bereits im Juli 2003 erstmals ausgeschriebenen Notarstelle und damit dem öffentlichen Interesse an einer geordneten und flächendeckenden Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen nicht Rechnung getragen.
c) Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzlichen Eignungskriterien des § 6 Abs. 3 BNotO gebilligt, weil sie bei der Auswahl der Anwaltsnotare eine angemessene Berücksichtigung solcher Kenntnisse und Fähigkeiten erlauben, die sich speziell auf den Zweitberuf des Notars beziehen. Es hat jedoch festgestellt, dass die Auslegung und Anwendung dieser Norm gemäß dem Runderlass vom 25. Februar 1999 bei der Auswahl der Bewerber aus dem Kreis der Rechtsanwälte, die für das Amt des Notars in Betracht kommen, nicht den Vorrang desjenigen mit der besten fachlichen Eignung gewährleisten (BVerfGE 110, 304, 326 ff.). Eine nach den bisherigen Maßstäben erstellte Prognose über die Eignung eines Bewerbers für das von ihm erstrebte öffentliche Amt oder über seine bessere Eignung bei der Auswahl aus einem Kreis von Bewerbern lässt vor allem eine konkrete und einzelfallbezogene Bewertung der fachlichen Leistungen des Bewerbers vermissen. Erforderlich ist stattdessen eine Neubewertung, bei der auch die von den Bewerbern bei der Vorbereitung auf das angestrebte Amt gezeigten theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen differenziert zu gewichten sind. Insbesondere diese beiden notarspezifischen Eignungskriterien müssen mit eigenständigem, höherem Gewicht als bisher im Verhältnis zu der Anwaltspraxis und dem Ergebnis des Staatsexamens einfließen (BVerfGE 110, 304, 333, 336; Senatsbeschlüsse vom 22. November 2004 - NotZ 16/04 - ZNotP 2005, 155, 157 und vom 11. Juli 2005 - NotZ 29/04 - DNotz 2005, 942, 945).
aa) Vor diesem Hintergrund kann der Antragsteller nicht damit gehört werden, die von den Bewerbern besuchten Fortbildungskurse seien überbewertet. Denn nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Zugangskriterien zum Anwaltsnotariat ist es gerade erforderlich, eine stärkere Ausrichtung an der Notarfunktion bei der theoretischen wie praktischen Vorbereitung auf das angestrebte Amt vorzunehmen.
Überdies hat das Bundesverfassungsgericht, um eine angemessene Berücksichtigung der während der bisherigen beruflichen Tätigkeit erworbenen notarspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu gewährleisten, die gemeinsame Punktzahlbildung für Fortbildung und praktische Bewährung mit ihrer Kappung auf insgesamt erzielbare 45 Punkte beanstandet. Der Antragsgegner hat mit Blick darauf seinen Runderlass geändert. Im Unterschied zum Runderlass in seiner früheren Fassung sind die Kappungsgrenzen für den Bereich theoretischer Befähigung und praktischer Bewährung aufgegeben. Die für Fortbildung und praktische Notartätigkeit erzielbaren Punkte sind nicht mehr gedeckelt; auch gibt es keine gemeinsame Kappungsgrenze für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und den Erwerb notarieller Praxis mehr. Die Fortbildungskurse werden danach gewichtet, ob sie innerhalb der letzten drei Jahre vor Ausschreibung bis zum Ende der Bewerbungsfrist (1,0 Punkte je Halbtag) oder davor (0,5 Punkte je Halbtag) absolviert wurden. Damit ist eine weitere Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, das die bislang fehlende Differenzierung zwischen zeitlich länger zurückliegenden und jüngeren Lehrgängen beanstandet hat. Der Antragsgegner darf im Rahmen der gebotenen generalisierenden und schematisierenden Betrachtungsweise davon ausgehen, dass das in zeitnäheren Lehrgängen erworbene Wissen in seinen Einzelheiten eher abrufbar ist als Wissen, das in früheren Jahren erworben wurde. Darüber hinaus darf er berücksichtigen, dass Fortbildungsveranstaltungen, die in den letzten drei Jahren vor der Bewerbung stattgefunden haben, regelmäßig den aktuellen Stand von Rechtsprechung und Lehre wiedergeben und damit die Teilnehmer in den neuesten Stand von Praxis und Lehre versetzen; schon dies rechtfertigt die Vergabe von 1,0 Punkten je Halbtag für zeitnah besuchte Lehrgänge.
bb) Der weitere Beteiligte hat eine höhere Anzahl von ihm besuchter Fortbildungsveranstaltungen aufzuweisen als der Antragsteller, wodurch er nach Fortfall der Kappungsgrenze auch eine höhere Punktzahl erzielt. Er kann insgesamt 87 Halbtage geltend machen, womit er - ohne Unterscheidung nach bewertungsnahen und bewertungsfernen Fortbildungen - auf 43,5 Punkte kommt gegenüber 78 Halbtagen des Antragstellers mit 39 Punkten. Der sich daraus ergebende Abstand von 4,5 Punkten erhöht sich auf 5,5 Punkte, wenn für Fortbildungsseminare in den letzten drei Jahren vor Ausschreibung je Halbtag 1,0 Punkte (statt 0,5 Punkte) angesetzt werden.
Der Vorwurf des Antragstellers - sofern er mit der Beschwerde noch aufrechterhalten wird -, der Antragsgegner habe für den fünf Halbtage umfassenden "Intensivkurs Erbrecht" vom 24. bis 26. Februar 1994 unberechtigterweise 1,5 Punkte angerechnet, weil der weitere Beteiligte nur an drei Halbtagen den Kurs besucht und einen Testatnachweis nicht erbracht habe, trifft nicht zu. Die als Anlage B zum Schriftsatz vom 23. Mai 2006 in notariell beglaubigter Form vorgelegte Teilnahmebescheinigung für drei Tage enthält auf der Rückseite den vom Antragsteller vermissten Erfolgsnachweis vom 27. Oktober 1994. Der weitere Beteiligte hat unbeanstandet dargetan, dass die Originalteilnahmebescheinigung in beglaubigter Fotokopie mit den Bewerbungsunterlagen eingereicht worden ist.
Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller ferner, der Antragsgegner habe dem weiteren Beteiligten für den am 12. November 2004 wahrgenommenen Notarlehrgang nicht 2 Punkte gutschreiben dürfen, weil der Fortbildungsnachweis erst - wie im Bewerbungsschreiben angekündigt - nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingereicht worden sei. Der weitere Beteiligte hat dargelegt, dass er die Teilnahmebescheinigung mit dem vorgelegten Anschreiben noch am Abend des Lehrgangstages gegen 22.00 Uhr in den Nachbriefkasten des Landgerichts Limburg eingeworfen habe. Zweifel an der rechtzeitigen Vorlage des Testats bestehen danach nicht und werden auch vom Antragsteller nicht geltend gemacht. Die im Bewerbungsschreiben enthaltene Ankündigung hat der weitere Beteiligte nachvollziehbar damit erläutert, dass er aus Sicherheitsgründen das Bewerbungsschreiben bereits am Vortag abgesandt hatte.
Zu Recht wehrt sich der Antragsteller allerdings gegen den in den Gründen der angefochtenen Entscheidung vermittelten Eindruck, allein deshalb, weil er nicht in vergleichbarer Weise wie der weitere Beteiligte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 die Fortbildung wieder aufgegriffen habe, sei er weniger geeignet. Auf diesen Gesichtpunkt kommt es nicht an. Er ist für die getroffene Auswahlentscheidung nicht erheblich und auch vom Antragsgegner nicht herangezogen worden.
Auf die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte und vom Antragsteller vermisste Qualitätssicherung durch Bewertung fachspezifischer Leistungen kommt es hier nicht an, weil der Antragsteller jedenfalls nicht darlegt, gegenüber dem weiteren Beteiligten im Vorteil zu sein, insbesondere Veranstaltungen besucht zu haben, bei denen strengere Leistungskontrollen stattgefunden haben als bei den durch den weiteren Beteiligten absolvierten Fortbildungen.
Aus den Bereichen Examensnote, Dauer der anwaltlichen Tätigkeit, bei der - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nur die Grundwehrdienstzeit von damals 15 Monaten zu berücksichtigen ist (A II Nr. 3 Buchst. b bb des Runderlasses), und theoretischer Fortbildung liegt der Antragsteller mit 154,05 Punkten hinter dem weiteren Beteiligtem mit 158 Punkten zurück.
d) Der weitere Beteiligte hat dagegen mit 63 Punkten eine deutlich höhere Punktzahl aus 932 Urkundsgeschäften erreicht als der Antragsteller mit 42,3 Punkten aus 248 Urkundsgeschäften.
Die dagegen erhobenen Einwendungen der Beschwerde bleiben im Ergebnis erfolglos, zumal der in diesem Bereich hervorgetretene Unterschied bei der Bewertung der fachlichen Eignung nicht durch Vergabe von Sonderpunkten ausgeglichen werden könnte.
aa) Die Urkundsgeschäfte haben das ihnen zukommende spezifische Gewicht erhalten, wenn der Antragsgegner zwischen ihrer Anzahl, ihrer zeitlichen Vornahme und ihrer Bewältigung während einer Notarvertretung von mehr als zwei Wochen differenziert. Allein der Anzahl der Urkundsgeschäfte kommt nur eine beschränkte Aussagekraft für die fachliche Qualifikation eines Bewerbers zu, weil der Lern- und Vorbereitungseffekt bei der Beurkundung mit der Zahl der Urkundsgeschäfte abnimmt; überdies ist mit steigender Zahl der Urkundsgeschäfte mit einer Wiederholung der Art der Beurkundungsvorgänge zu rechnen. Es ist ferner ohne weiteres nachzuvollziehen, dass bei Notarvertretungen von längerer Dauer die Bewältigung aller - auch schwieriger - notarieller Tätigkeiten abverlangt wird, weil sich diese nicht bis zur Rückkehr des Amtsinhabers aufschieben lassen. Wenn der Antragsgegner dafür einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen zum Maßstab nimmt, liegt dies innerhalb des ihm zugewiesenen Beurteilungssspielraums. Es werden erneut für alle Bewerber gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen, auf die sie sich einrichten können; die damit verbundene Generalisierung und Schematisierung ist unvermeidlich und vom Antragsteller hinzunehmen.
Wenn der Antragsteller sich dagegen wendet, dass für die Anzahl der Notargeschäfte einfache notarielle Dienstleistungen, nämlich Niederschriften nach § 38 BeurkG und Vermerke nach § 39 BeurkG einschließlich Beglaubigungen (mit und ohne Entwurf) außer Betracht geblieben sind, so ist diese Vorgehensweise des Antragsgegners ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handelt sich dabei im Allgemeinen um einfache und einfachste Urkundsgeschäfte, durch die keine größere notarielle Erfahrung gewonnen werden kann. Durch ihre Einbeziehung in den Leistungsnachweis angehender Notare wäre die praktische Erfahrung mit schwierigen Vertragsgestaltungen nicht sichergestellt, weil sich ein hoher Punktwert auch ohne besonderen Arbeitsumfang für Vorbereitung, Ausarbeitung und Abwicklung von Urkunden erzielen ließe (vgl. BVerfGE 110, 304, 331). Der Antragsteller legt zudem nicht dar, inwieweit sich eine Berücksichtigung auch solcher Urkundsgeschäfte in seinem Falle auf die Ermittlung der Punktezahl ausgewirkt und sich im Gesamtergebnis das Punkteverhältnis zum weiteren Beteiligten zu seinen Gunsten verschoben hätte. Das gleiche gilt für seinen pauschalen Angriff, die Aufgabe der Limitierung der durch Urkundsgeschäfte erzielbaren Punkte sei abhängig von den einzelnen Sozietätsformen. Der Antragsteller übt seinen Beruf nicht als Einzelanwalt aus. Allein das Büro Wetzlar besteht aus 13 Sozien, von denen drei zugleich im Zweitberuf als Anwaltsnotar tätig sind. Der Antragsteller macht nicht deutlich, weshalb sich der weitere Beteiligte, in der aus drei Rechtsanwälten bestehenden Sozietät mit nur einem Rechtsanwalt als Anwaltsnotar in einer Situation befindet, die ihm hinsichtlich des Beurkundungsaufkommens oder der Möglichkeit zu Notarvertretungen einen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbaren Vorteil verschafft.
bb) Ohne Erfolg zieht die Beschwerde den aus dem Übergewicht der Urkundstätigkeit abzuleitenden Eignungsvorsprung des weiteren Beteiligten in Zweifel, weil dessen 195 Urkundsgeschäfte in der Zeit vom 11. Oktober bis 11. November 2005 mit der Bescheinigung des vertretenen Notars vom 23. November 2005 erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist am 12. November 2005 nachgewiesen worden seien.
Der rechtliche Ansatz der Beschwerde trifft allerdings zu. Gemäß § 6b Abs. 4 Satz 1 BNotO sind bei der Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 BNotO nur solche Umstände zu berücksichtigen, die bei Ablauf der Bewerbungsfrist bereits vorlagen. Die Justizverwaltung darf die fachliche Eignung eines Bewerbers um das Amt des Notars nur dann bejahen, wenn diese bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nachgewiesen ist, soweit es sich nicht um bloße nachträgliche Erläuterungen eines bereits rechtzeitig eingebrachten Umstandes handelt. Das gilt nicht nur für die Erbringung, sondern vor allem auch für den Nachweis der fachlichen Leistungen. Dieser setzt neben der Mitteilung des Bewerbers, welche von ihm bei der Vorbereitung auf den Notarberuf bereits erbrachten Leistungen zu seinen Gunsten in die Auswahlentscheidung einbezogen werden sollen, die fristgemäße Vorlage entsprechender Bescheinigungen voraus. Insoweit dient die Festlegung des Stichtags der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, aber auch der Gleichbehandlung aller Bewerber aufgrund einer einheitlichen Bewertungssituation, die nur gewährleistet ist, wenn zu Beginn des Auswahlverfahrens sämtliche für jeden Bewerber maßgeblichen Kriterien feststehen (Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2005 - NotZ 29/04 - ZNotP 2005, 431, 433 und vom 22. November 2004 - NotZ 13/04 -, jeweils m.w.N.).
Nach A II Nr. 3 Buchst. d des Runderlasses sind die anrechenbaren Urkundsgeschäfte und Zeitpunkt und Dauer der Tätigkeit durch eine Bescheinigung des vertretenen Notars oder, soweit dies nicht möglich ist, der Behördenleitung des zuständigen Amtsgerichts nachzuweisen. Die "Eigenbescheinigung" des weiteren Beteiligten vom 11. November 2005 genügt diesen Anforderungen nicht, die nachgereichte Bescheinigung des Notars vom 23. November 2005, der krankheitsbedingt an einer rechtzeitigen Ausstellung gehindert war, ist erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist erstellt worden. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der weitere Beteiligte kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist mit der Justizverwaltung und der Notarkammer ins Benehmen gesetzt hatte und ihm dabei empfohlen worden war, so wie geschehen zu verfahren. Ob diese mit der Justizverwaltung abgesprochene Verfahrensweise zu beanstanden ist, kann dahinstehen. Denn bejahendenfalls hätte dem weiteren Beteiligten - wie bereits das Oberlandesgericht erwogen hat - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 6b Abs. 3 BNotO gewährt werden müssen, die dieser umgehend - hilfsweise - beantragt hat, nachdem der Antragsteller gegen die eingeschlagene Verfahrensweise Bedenken erhoben hatte.
Selbst wenn aber die in diesem Zeitraum getätigten 195 Urkundsgeschäfte nicht berücksichtigt würden, bliebe dem weiteren Beteiligten ein beträchtlicher Vorsprung. Ohne diese Beurkundungen hätte er aus den Urkundsgeschäften 43,6 Punkte erzielt (70 x 0,2 + 96 x 0,1 + 300 x 0,05 + 227 x 1,0 pro volle 50), mithin 19,4 Punkte weniger als die ihm zuerkannten 63 Punkte. Damit bliebe er auch in diesem Bereich immer noch vor dem Antragsteller mit 42,3 Punkten. In der Gesamtberechnung führte er dann mit 206,6 Punkten (226 - 19,4) weiterhin deutlich vor dem Antragsteller mit 196,35 Punkten.
e) Schließlich erweisen sich die Einwände der Beschwerde gegen die Handhabung des Antragsgegners bei der Vergabe von Sonderpunkten im Ergebnis als nicht stichhaltig.
Der Antragsgegner hat, bevor er seine endgültige Auswahl trifft, danach zu fragen, ob für die jeweiligen Bewerber Umstände ersichtlich sind, die in das an den festen Kriterien (Examensnote, Dauer der anwaltlichen Tätigkeit, theoretische Fortbildung, praktische Beurkundungserfahrung) ausgerichtete Punktesystem keinen Eingang gefunden haben, aber dennoch zu berücksichtigen sind, um die Kenntnisse und Fähigkeiten des Bewerbers zutreffend und vollständig zu erfassen. Folgerichtig sieht der Runderlass in Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. e vor, dass "im Rahmen der Gesamtentscheidung" die Vergabe von Sonderpunkten in Betracht kommt. Dadurch erhalten herausragende Leistungen - wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert - das ihnen gebührende Gewicht.
aa) Die Vergabe von 5 Sonderpunkten an den weiteren Beteiligten für den erfolgreichen Abschluss im Wiederholungs- und Vertiefungskurs für angehende Anwaltsnotare Ende 1994 durch drei benotete Klausuren auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Familien- und Erbrechts und des Grundstücksrechts ist nicht zu beanstanden. Zwar hat der Senat im Rahmen der Gesamtbewertung eine über die erfolgreiche Teilnahme an einem Vorbereitungskurs hinausgehende differenzierte Einbeziehung erteilter Leistungsnoten für Klausuren durch die Vergabe von Sonderpunkten wegen der Gefahr unzulässiger Doppelbewertungen grundsätzlich nicht mehr für zulässig erachtet (Senat, Beschlüsse vom 25. November 1996 - NotZ 46/95 - DNotZ 1997, 879 und vom 24. November 1997 - NotZ 3/97 - DNotZ 1999, 237). Daran kann angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (aaO) und der Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2005 (aaO) und 22. November 2004 (aaO) nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Gefahr unzulässiger Doppelbewertungen mit Blick auf die anzustrebende, über Benotungen zu erreichende objektivierte Leistungsbewertung verneint (BVerfGE 110, 304, 328 f.); gerade Benotungen könnten die fachlichen Leistungen transparenter machen, denen dann gegebenenfalls, wenn sie herausragen, durch Sonderpunkte Rechnung getragen werden kann (BVerfGE 110, 304, 334).
Auch die Beschwerde zieht das nicht grundsätzlich in Zweifel. Ihre Bedenken, die Klausuren ließen hier einen Schluss auf die Eignung nicht zu, weil "alle Kurse daran interessiert sind, dass die Teilnehmer die Kurse bestehen", was allein durch vorher erteilte Hinweise sichergestellt werden könne, sind jedoch ausgeräumt. Das DAI hat in dem vorgelegten Schreiben vom 5. November 2004 bestätigt, dass die Klausuren nicht aus Testaufgaben im Rahmen der allgemeinen Erfolgskontrolle mit überwiegend "Multiple-Choice-Fragen" bestanden haben, sondern dass die gestellten Fragen eine ausformulierte Stellungnahme mit entsprechenden Lösungsvorschlägen, zum Teil auch die Erstellung von Urkunden bzw. Urkundsteilen verlangten. Sie wurden unter vergleichbaren Bedingungen der juristischen Staatsexamina nur unter Verwendung von Gesetzestexten unter Aufsicht eines Notars oder Notarassessors geschrieben und bewertet. Von den 33 Teilnehmern des vom weiteren Beteiligten besuchten Kurses haben die Prüfung 11 nicht (0-11 Punkte aus den drei Klausuren oder eine Klausur weniger als 4 Punkte), 18 mit Erfolg (12-29 Punkte) und 4 mit besonderem Erfolg (30-54 Punkte) bestanden. Die vom Antragsgegner für diese notarspezifische Vorbereitungsleistung vergebenen Sonderpunkte berücksichtigen die bei den drei Klausuren jeweils erzielten Punktzahlen (10, 10, 7) in angemessener Weise und halten sich auch mit Blick auf den Zeitablauf insgesamt im Rahmen seines Beurteilungsspielraums.
bb) Die vom Antragsgegner abgelehnte Vergabe von Sonderpunkten für die vom Antragsteller geltend gemachten Leistungen orientiert sich an der Rechtsprechung des Senats unter Beachtung der im Runderlass spezifizierten Auswahlkriterien.
Der Antragsgegner war nicht gehalten, für die Promotion des Antragstellers auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts Sonderpunkte zu vergeben. Eine solche Promotion besagt lediglich, dass der Antragsteller in der Lage ist, zu einem ihm gestellten Thema wissenschaftlich zu arbeiten. Es handelt sich um eine allgemeine juristische Leistung, die in keiner Sonderbeziehung zum Notarberuf steht. Sie hat grundsätzlich keine Aussagekraft für die Befähigung, das Amt als Notar in der täglichen Praxis auszuüben. Das gilt in gleichem Maße für die Tätigkeit des Antragstellers als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität T. und die von ihm im ersten Staatsexamen erzielte Note (BGHZ 124, 327, 338).
Auch der Fachanwaltslehrgang Steuerrecht ist nicht gezielt auf die notarielle Tätigkeit ausgerichtet und deshalb nicht notarspezifisch. Es genügt nicht, dass ein Lehrgang Bezüge zum Notarberuf aufweist, wenn das in gleicher oder ähnlicher Weise auch für andere juristische Berufe der Fall ist. Es müssen vielmehr die erforderlichen Rechtskenntnisse unter Beachtung der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Notarberufs nahe gebracht werden. Ein Kurs ist nicht in diesem Sinne notarspezifisch, wenn er sich allgemein an steuerlich interessierte Juristen wendet, die die Fachanwaltsbezeichnung für den Bereich des Steuerrechts anstreben (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2005 aaO unter II 3 c und vom 14. Juli 1997 - NotZ 31/96 - DNotZ 1997, 902, 904 unter II 2). An dieser Einschätzung hat sich durch die jüngste Senatsrechtsprechung zur Möglichkeit, bei der Vergabe von Sonderpunkten eine Qualifikation und Tätigkeit als Fachanwalt zu berücksichtigen (Beschluss vom 24. Juli 2006 - NotZ 11/06 - juris), nichts geändert. Zwar kann danach die Tätigkeit als Fachanwalt Hinweise darauf geben, inwieweit der jeweilige Schwerpunkt der Anwaltstätigkeit "notarnäher" oder "notarferner" ausgestaltet ist, was nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 für die Auswahlentscheidung von Bedeutung ist. Der Besuch eines einzelnen Lehrgangs zur Vermittlung von theoretischen Kenntnissen für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung reicht indes weder für die Anerkennung eines notarspezifischen Fortbildungskurses aus (Senat, aaO Rdn. 18) noch gar für die Vergabe von Sonderpunkten für sonstige herausragende Leistungen in diesem Bereich.
Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass der Antragsgegner für eine Mitarbeit im Notariat außerhalb von Notarvertretungen - wie sie dem Antragsteller unter Auflistung darauf bezogener Urkundsnummern bescheinigt worden sind - keine Sonderpunkte zugebilligt hat. Die Qualifikation durch praktische Notartätigkeit wird in A II Nr. 3 Buchst. d des Runderlasses für Urkundsgeschäfte während einer Notarvertretung und in A II Nr. 3 Buchst. e aa des Runderlasses für Langzeitvertretungen erfasst. Für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung rein vorbereitender Unterstützung eines amtierenden Notars, der die Urkundsgeschäfte verantwortlich vornimmt, ist grundsätzlich kein Raum. Ein beachtenswerter zusätzlicher und - nicht zuletzt mit Blick auf Mitbewerber - auch nachprüfbarer Qualifizierungszugewinn für das angestrebte Amt ist in Ermangelung konkreter Anknüpfungspunkte oder auch nur vergleichbarer Erfahrungswerte für eine einigermaßen verlässliche Bewertung solcher Hilfstätigkeiten nicht auszumachen. Diese Leistungen, die zweifellos Sachkunde erfordern, könnten - was bereits das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben hat -, ohne dass sie aussagekräftig zu objektivieren wären, von allen Bewerbern geltend gemacht werden, die - wie in einer Sozietät regelmäßig möglich - außerhalb von Vertretungen in die Tätigkeit eines Notars einbezogen werden. Es ist nicht dargetan, dass sich der Antragsteller - gerade auch im Verhältnis zum weiteren Beteiligten - insoweit wesentlich mehr qualifiziert hätte, was die Vergabe von Sonderpunkten nahe legen könnte.
Letztlich kann sogar dahinstehen, ob es vertretbar gewesen wäre, in einer Gesamtschau für die vorgenannten Leistungen auf theoretischem wie praktischem Gebiet zusammen Sonderpunkte zu vergeben, da der Antragsteller den Vorsprung des weiteren Beteiligten auch damit nicht hätte einholen können.
3. Der Antragsgegner durfte nach alledem angesichts dieses deutlichen Punktevorsprungs bei seiner Auswahlentscheidung dem weiteren Beteiligten den Vorzug geben. Auf den vom Oberlandesgericht zusätzlich herangezogenen - für sich genommen durchaus gewichtigen - Verstoß des Antragstellers gegen das Mitwirkungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG bei der Beurkundung eines GmbH-Vertrages, an der ein angestellter Rechtsanwalt der Sozietät beteiligt war, kommt es dabei nicht an.
Andere Umstände, die im Hinblick auf eine bessere persönliche und fachliche Eignung des Antragstellers für ein Abweichen von der vorgenannten Reihenfolge sprechen könnten und vom Antragsgegner in eine auf den Einzelfall bezogene, abschließende Prognose über die Befähigung des Antragstellers für das von ihm erstrebte Amt hätten einbezogen werden müssen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Schlick Wendt Becker Bauer Lintz Vorinstanz:
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 30.03.2006 - 2 Not 4/05 -
BGH:
Beschluss v. 20.11.2006
Az: NotZ 15/06
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/01abce12711b/BGH_Beschluss_vom_20-November-2006_Az_NotZ-15-06