Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2011
Aktenzeichen: 33 W (pat) 70/10
(BPatG: Beschluss v. 27.09.2011, Az.: 33 W (pat) 70/10)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 27. September 2011, Aktenzeichen 33 W (pat) 70/10, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 3. Juni 2010 teilweise aufgehoben. Konkret betraf die Aufhebung die unter den Klassen 1 und 29 angemeldeten Waren, nämlich Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck, sowie Speiseöle und -fette.
Die Anmelderin hatte das Wortzeichen "Ecoferm" für verschiedene Waren angemeldet. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung jedoch aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Es argumentierte, dass die Wortkombination eine beschreibende Angabe sei und vom Verkehr auch so verstanden werde. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und argumentierte, dass das Wortzeichen nicht die Bedeutung "ökologisches Ferment" besitze und auch nicht auf die beanspruchten Waren hinweise. Sie argumentierte, dass das Zeichen allenfalls gewisse Sinnanklänge enthalte.
Das Bundespatentgericht entschied, dass das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sowie nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben sei. Es stellte fest, dass die Wortkombination "Ecoferm" nicht als beschreibende Sachangabe für die beanspruchten Waren angesehen werden könne. Es argumentierte, dass der Bezug zu den Waren nicht so eng sei, dass die Verkehrskreise dem Zeichen eine beschreibende Bedeutung entnehmen würden. Insbesondere gebe es keinen unmittelbaren Sachbezug zur Fermentation bei den betreffenden Waren. Da die Marke somit weder eine unmittelbare Sachaussage enthalte noch eine gebräuchliche Wortkombination sei, fehle ihr auch nicht die Unterscheidungskraft. Die Beschwerde der Anmelderin wurde somit teilweise begründet.
Der gefasste Beschluss des Bundespatentgerichtes bedeutet, dass die Wortmarke "Ecoferm" für die Waren Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck sowie Speiseöle und -fette zugelassen wurde. Die Zurückweisung der Anmeldung in Bezug auf andere Waren bleibt hingegen bestehen. Die Begründung für diese Entscheidung liegt darin, dass das Wortzeichen keinen unmittelbaren Sachbezug zu den betreffenden Waren hat und auch keine gebräuchliche Beschreibung darstellt. Somit fehlt es der Marke nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft.
Sie können zufrieden sein, dass Ihr Wortzeichen "Ecoferm" für bestimmte Waren zugelassen wurde, obwohl die Anmeldung in Bezug auf andere Waren abgelehnt wurde. Dies bedeutet, dass Sie die Marke für die entsprechenden Waren nutzen und schützen können. Allerdings dürfen Sie die Marke nicht für die abgelehnten Waren verwenden. Insgesamt ist dies ein teilweise erfolgreicher Ausgang des Verfahrens.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 27.09.2011, Az: 33 W (pat) 70/10
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Deutschen Patentund Markenamtes vom 3. Juni 2010 wird teilweise aufgehoben, soweit er die unter Klassen 1 und 29 angemeldeten Waren betrifft, nämlich Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecitine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck, (Stabilisatoren für Backmittel). Speiseöle und -fette.
Gründe
I.
Am 14. August 2008 hat die Anmelderin die Wortmarke Ecofermfür das nachfolgende Verzeichnis von Waren angemeldet:
Klasse 1: Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck (Stabilisatoren für Backmittel);
Klasse 29: Speiseöle und -fette;
Klasse 30: im Wesentlichen aus Malzextrakten oder Getreidemehlen bestehende Backmittel unter Beigabe von Ölsaaten, Leguminosen, Emulgatoren und Lecithinen; Backaromen (ausgenommen ätherische Öle); Sauerteigzubereitungen; Zucker; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Teig; Hefe, Backpulver; Hefeextrakte, nicht für medizinische Zwecke; Honig; Melassesirup; Malz für den menschlichen Verzehr; Salz; Gewürze; Vormischungen und Fertigmischungen zur Herstellung von Backwaren.
Mit Beschluss vom 3. Juni 2010 hat die Markenstelle für Klasse 1 die Anmeldung mangels hinreichender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass es sich um eine beschreibende Angabe handele, die vom Verkehr auch als solche verstanden werde. Die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich auch um breite Verkehrskreise handeln könne, würde die Wortkombination ohne weiteres verstehen. Der Bestandteil "Eco" entstamme der englischen Sprache, sei jedoch dem entsprechenden deutschen Begriff "ökologisch" sehr ähnlich und werde auch ohne weitergehende Englischkenntnisse verstanden. Der weitere Bestandteil "ferm" sei als Kurzform für "Fermente, Fermentierung" unmittelbar erkennbar. In Zusammenhang mit den vorliegend beanspruchten Waren werde die Zeichenkombination dahingehend verstanden, dass es sich um ökologische Fermente handele, und diese mittels solcher hergestellt worden seien oder diese enthalten. Damit würden Art, Inhaltsstoffe bzw. Wirkstoffe der beanspruchten Waren bezeichnet. Die vorliegend beanspruchten Waren könnten nämlich entweder ökologische Fermente sein, diese als Inhaltsstoffe haben, oder mit deren Hilfe hergestellt worden sein. So würden bei der Lebensmittelherstellung und -verarbeitung Fermente verwendet. Da diese aus Pflanzen oder Tieren gewonnen würden, könnten sie auch biologisch hergestellt werden. Worin genau die ökologische Eigenschaft bestehe und wofür die Fermente benötigt werden, müsse nicht genau definiert werden. Auch wenn "ferm" nicht unbedingt eine offizielle Abkürzung für "Fermente, Fermentation" sei, werde die sprachüblich gebildete Wortkombination unmittelbar verstanden, auch wenn heute eher der Begriff "Enzym" gebräuchlich sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, dass das begehrte Wortzeichen nicht die Bedeutung "ökologisches Ferment" besitze und auch nicht auf Waren hinweise, die mittels eines solchen hergestellt seien oder dieses enthalten würden. Das Zeichen sei kein beschreibender Hinweis auf die Art, den Inhaltsstoff oder die Wirkung der beanspruchten Waren, sondern enthalte allenfalls gewisse Sinnanklänge.
Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich nicht um breite Verkehrskreise, da die Waren der Anmelderin sich nicht an Endverbraucher, sondern an Wiederverkäufer aus dem Bäckerhandwerk und der Backindustrie wenden würden.
Es treffe nicht zu, dass der Bestandteil "Eco" der englischen Sprache entnommen sei und dem deutschen Begriff "ökologisch" sehr ähnlich sei. Auch werde dieser nicht ohne weitergehende Englischkenntnisse verstanden. Mit der gleichen Begründung könne die Vorsilbe "Eco" als Abkürzung von "Economy" verstanden werden. Bereits der Umstand, dass die Vorsilbe "Eco" vollkommen unterschiedlich interpretiert werden könne, zeige, dass die Marke nicht glatt beschreibend sei. Auch der Begriff "ferm" existiere in der englischen Sprache nicht. Man kenne aber auch im Deutschen keine Kurzform für "Fermente" oder "Fermentierung". Insbesondere handele es sich im Hinblick auf alle Waren, die keinerlei Bezug zu Fermenten haben, nicht um einen beschreibenden Hinweis. Zwar seien die Begriff "Eco" und "ferm" durchaus bekannt. Die Bezeichnung "Ecoferm" erwecke aber einen Gesamteindruck, der von dem Eindruck abweiche, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entstehe.
Ergänzend weist die Anmelderin auf verschiedene Voreintragungen mit dem Zeichenbestandteil "ferm" hin.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Anmeldung für die unter der Klasse 30 angemeldeten Waren zurückgenommen.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im Hinblick auf die nach der teilweisen Rücknahme der Anmeldung noch verfahrensgegenständlichen Waren "Stabilisatoren, Emulgatoren und Lecithine als Backmittel, auch für gewerbliche Zwecke; Stabilisierungsmittel für Brot und Kleingebäck (Stabilisatoren für Backmittel); Speiseöle und -fette" begründet.
Der angemeldeten Marke steht hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren weder das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104, MarkenRL) noch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL) entgegen, weil es sich insoweit nicht um eine beschreibende Angabe handelt und ihr auch im Übrigen nicht die Unterscheidungskraft fehlt.
Wenngleich die Wortkombination "Ecoferm" als Kurzform für ökologische Fermente bzw. ökologische Fermentation dienen kann, ist der Bezug zu den angemeldeten Waren der Klasse 1 und 29 nicht so eng, dass die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen Endverbraucher und Fachverkehrskreise zählen, dem Zeichen im Hinblick auf diese Waren eine beschreibende Sachangabe entnehmen würden.
Ein Zeichen ist zur Beschreibung eines Produktmerkmals geeignet, wenn es geeignet ist, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, zu bezeichnen (EuGH GRUR 2011, 400 (Nr. 50) -1000). Dies ist hier nicht der Fall.
Backmittel werden dem Teig zur Backwarenherstellung zugegeben, um die Verarbeitung zu erleichtern, eine gleichbleibende Produktqualität zu erhalten und die Qualität des Produktes zu erhöhen. Dazu enthalten sie Stabilisatoren, Emulgatoren und Enzyme. Stabilisatoren dienen dabei der Haltbarmachung und dem Beibehalten einer bestimmten Konsistenz (vgl: Anlage 8: Stabilisator: http://de.wikipedia.org/wiki/Stabilisator_(Lebensmittelchemie). Eine Form der Stabilisatoren sind Emulgatoren, sie dienen dazu Zweiphasengemische, z. B. Öl und Wasser, zu einer fein verteilten Emulsion zu vermischen und zu stabilisieren (vgl: Anlage 9: Emulgator: http://de.wikipedia.org/wiki/Emulgator; Anlage 9a: Informationen aus dem Backmittelinstitut: Emulgatoren in Backmitteln und Backgrundstoffen, Broschüre). Lecithine sind dabei eine Unterart der Emulgatoren, die ihre spezifische Fähigkeit in dem Vermengen von Wasser und Öl haben (vgl: Anlage 10: Lecithine: http://de.wikipedia.org/wiki/Lecithine). Zwar fördert eine gute Vermischung mittelbar auch die Fermentation, einen unmittelbaren Sachbezug zur Fermentation haben diese Waren indes nicht. Auch für Speiseöle und -fette ergibt sich kein hinreichend enger Sachbezug. Zwar dient deren Verwendung in Backwaren nicht nur der Erreichung eines guten Geschmacks, sondern auch der Verbesserung des Luftaufnahmeund Gashaltevermögens (vgl: Anlage 11: Wissensforum Backwaren: Backmargarinen und -fette, Broschüre 26), daraus folgt indes nicht, dass der Begriff "Fermentation" oder dessen Kurzform "ferm" für den Verkehr erkennbar ein Merkmal der Ware bezeichnen würde.
Der Marke ist somit weder eine unmittelbare Sachaussage zu entnehmen noch handelt es sich um eine gebräuchliche Wortkombination, die vom Verkehr in Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen Waren nur als solche verstanden wird.
Bender Kätker Hoppe Cl
BPatG:
Beschluss v. 27.09.2011
Az: 33 W (pat) 70/10
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/025292bd34b5/BPatG_Beschluss_vom_27-September-2011_Az_33-W-pat-70-10