Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. August 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 543/10

(BPatG: Beschluss v. 25.08.2010, Az.: 28 W (pat) 543/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Entscheidung geht es um die Zurückweisung einer Markenanmeldung für die Wortfolge "Der ORANGE Laden" für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 14 und 35. Die Markenstelle hat die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt. Die Wortfolge sei eine sprachüblich gebildete, beschreibende Angabe für einen Verkaufsladen, der Produkte in der Farbe Orange anbietet. Auch die zusätzlich beanspruchten Einzel- und Großhandelsdienstleistungen könnten auf entsprechende Produkte ausgerichtet sein. Der Anmelderin wurde die Möglichkeit gegeben, Stellung zu nehmen, jedoch hat sie keine Stellungnahme abgegeben. Die Beschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen, da die angemeldete Wortfolge nicht die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist. Sie stellt für Verbraucher lediglich eine sprachüblich gebildete Sachaussage und werbliche Zielgruppenansprache dar, ohne auf einen bestimmten Anbieter hinzuweisen. Es besteht daher keine betriebliche Kennzeichnungsfunktion, was das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Markengesetzes darstellt. Die Frage, ob auch ein Freihaltungsbedürfnis gegeben ist, kann bei der vorliegenden Sachlage offenbleiben. Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 25.08.2010, Az: 28 W (pat) 543/10


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortfolge Der ORANGE Ladenals Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 14 und 35

"Waren aus Metall, so weit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, so weit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Einzelund Großhandelsdienstleistungen auch über das Internet mit Waren der Klassen 6, 14, 18, 20 und 21".

Die Markenstelle für Klasse 6 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Marke stelle sich als sprachüblich gebildete, beschreibende Angabe dar, mit der produktbezogenen Bedeutung einer Verkaufsstätte, in der Waren einer bestimmten Farbe angeboten würden. Die darüber hinaus beanspruchten Einzelund Großhandelsdienstleistungen könnten auf entsprechende Produkte ausgerichtet bzw. spezialisiert sein. Ein Teil des Verkehrs werde in der Wortfolge zudem einen Sachhinweis auf die farbliche Gestaltung der Verkaufsräumlichkeiten sehen, aber ihr auch in dieser Bedeutung keinen Hinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter entnehmen.

Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisungsentscheidung am 8. Januar 2010 Beschwerde eingelegt, in der Sache aber keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Wortfolge weist nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt hat und sie nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist. Der Umstand, dass sich die Anmelderin im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, steht einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ebenfalls nicht entgegen. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung (§ 69 MarkenG). Die Anmelderin konnte auch nicht davon ausgehen, dass sie durch das Gericht im Vorhinein über den konkreten Termin für die Beschlussfassung unterrichtet wird (vgl. BGH GRUR 1997, 223 -Ceco). Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet es lediglich, ihr die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben und ihre eigene Auffassung zu den entsprechenden Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen (vgl. Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 83 Rdn. 30 ff.). Nachdem seit Einlegung der Beschwerde mehr als sieben Monate vergangen sind, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Anmelderin hierzu hinreichend Gelegenheit hatte. Die anwaltlich vertretene Anmelderin hat auch nicht angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt noch zur Sache Stellung nehmen zu wollen.

Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 -Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 -Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 -Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 -FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 -SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 -FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Dies gilt für Marken, die nur aus einem einzelnen Wort bestehen ebenso wie für Wortfolgen, ohne dass insoweit unterschiedliche Anforderungen an ihre Unterscheidungskraft anzulegen sind (vgl. BGH, MarkenR 2002, 338 -Bar jeder Vernunft).

Mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden die allgemeinen Endverbraucher angesprochen. Diese Verkehrskreise werden in der angemeldeten Marke eine sprachüblich gebildete und aus sich heraus verständliche Sachaussage sehen, mit der in unzweideutiger Weise auf ein Einzelhandelsgeschäft (vgl. Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., 2006 [CD-ROM] -Stichwort: "Laden") mit einem auf die Farbe Orange fokussierten Produktspektrum hingewiesen wird. Mit diesem Bedeutungsgehalt stellt die Wortfolge für die Verbraucher gleichzeitig einen werbeüblich formulierten Zielgruppenhinweis dar, durch den ein bestimmter Kundenkreis mit einer Vorliebe für die Farbe Orange angesprochen werden soll. Dieses Verständnis ist umso naheliegender, als farborientiertes Design auf dem hier einschlägigen Schmuckund Uhrensektor eine zentrale Rolle spielt und sich Orange als belebender, fröhlicher Farbton beim Publikum besonderer Beliebtheit erfreut.

Vor diesem Hintergrund ist die angemeldete Wortfolge geeignet, die angesprochenen Verbraucher über ein wesentliches Merkmal der beanspruchten Waren sowie über ihren Vertriebsort zu informieren (vgl. hierzu auch EuG, T-226/07, Rdn. 33 -PRANAHAUS, veröffentlicht unter http://curia.europa.eu; ihn bestätigend EuGH MarkenR 2010, 85 ff. -PRANAHAUS). So kann es sich bei den fraglichen Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumenten sowie aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren um in der Farbe Orange gehaltene Produkte handeln. Die darüber hinaus beanspruchten Edelmetalle und deren Legierungen sowie Edelsteine (wie etwa Karneole oder Jaspis) können zur Herstellung derartiger Produkte bestimmt sein. Soweit mit der Anmeldung Einzelund Großhandelsdienstleistungen beansprucht werden, beziehen sich diese häufig auf ein spezifisches, d. h. auf besondere Kundenvorlieben ausgerichtetes Produktspektrum, so dass der jeweilige Dienstleistungserbringer gehalten ist, ein diesen Kundenwünschen entsprechendes Warensortiment aufzubauen bzw. die fraglichen Produkte auszuwählen und zu präsentieren. In diesem Zusammenhang ist die angemeldete Wortfolge geeignet, den Gegenstand der Dienstleistungen zu beschreiben, indem sie das maßgebliche Produktmerkmal benennt.

Als häufig verwendetes Werbemittel ist der Verkehr seit langem an solche sloganartigen Aussagen gewöhnt, wobei ihm bewusst ist, dass mit ihnen die Aufmerksamkeit auf die beworbenen Produkte oder Leistungen gelenkt werden soll. Zwar lässt der Umstand, dass eine Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbemittel wahrgenommen wird, nicht schon für sich genommen den Rückschluss auf ihre fehlende Unterscheidungskraft zu (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rdn. 41 f. -Vorsprung durch Technik). Vielmehr schließt es ein werbemäßig anpreisender Sinngehalt nicht von vornherein aus, dass eine solche Wortmarke (auch) als betriebsbezogener Hinweis wahrgenommen werden kann (vgl. EuGH, a. a. O., Rdn. 45; sowie EuGH GRUR 2004, 1027, Rdn. 41 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, Rdn. 12 -My World). Die vorliegend angemeldete Wortfolge erschöpft sich jedoch in einer gewöhnlichen Werbemitteilung, so dass nicht von einer in markenrechtlicher Hinsicht unterscheidungskräftigen Marke ausgegangen werden kann.

Da das angemeldete Zeichen somit die zwingend erforderliche betriebliche Kennzeichnungsfunktion nicht erfüllen kann, steht ihrer Eintragung bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Frage, ob auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist -wofür nach Auffassung des Senats vieles spricht -, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war zurückzuweisen.

Stoppel Martens Schell Fa






BPatG:
Beschluss v. 25.08.2010
Az: 28 W (pat) 543/10


Link zum Urteil:
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