Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 226/03

(BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az.: 29 W (pat) 226/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss die Entscheidung der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2003 aufgehoben. Ursprünglich wurde die Wortmarke "Meosoll" für verschiedene Dienstleistungen in den Klassen 38, 41, 42 und 43 zurückgewiesen, da das Zeichen als beschreibender Hinweis auf die Region der Städte Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen verstanden würde. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und vor dem Bundespatentgericht vorgetragen, dass das Zeichen eine Wortneuschöpfung sei und keine gebräuchliche Abkürzung in der genannten Bedeutung darstelle. Zudem sei der Begriff kaum bekannt und die Suchergebnisse im Internet würden hauptsächlich auf das Unternehmen der Anmelderin hinweisen. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin das Verzeichnis der Dienstleistungen eingeschränkt. Das Gericht hat entschieden, dass die Marke weder als beschreibende Angabe noch wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Abkürzung "MEO" ist im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie mit der Bedeutung "Medium Earth Orbit" bekannt. Allerdings gibt es auch andere mögliche Bedeutungen des Begriffs "Meo", sodass die Marke keinen eindeutigen Aussagegehalt hat, der als Sachangabe für die Dienstleistungen dienen könnte. Zudem weist die Marke ausreichende Unterscheidungskraft auf. Daher wurde die Entscheidung der Markenstelle aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az: 29 W (pat) 226/03


Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2003 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke Meosoll für zahlreiche Dienstleistungen der Klassen 38, 41, 42 und 43 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 5. August 2003 vollständig als freihaltebedürftige Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, das Zeichen werde von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als beschreibender Hinweis auf die Region der Städte Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen verstanden. Die Bezeichnung sei eine gängige Kurzform für die Wirtschaftsregion der drei Städte und werde in dieser Bedeutung vielfältig verwendet. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen beschreibe das Zeichen daher lediglich deren geografische Herkunft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass das Zeichen eine Wortneubildung sei und keinesfalls eine gebräuchliche Abkürzung in der von der Markenstelle genannten Bedeutung. Selbst in der betreffenden Region sei der Begriff kaum bekannt. Auch die Suchergebnisse im Internet enthielten vorwiegend einen Hinweis auf das Unternehmen der Anmelderin. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin das Verzeichnis der Dienstleistungen wie folgt eingeschränkt:

Klasse 38: Vermittlung von Zugangsberechtigungen für Benutzer zu unterschiedlichen Kommunikationsnetzen, Bereitstellung von Plattformen und Portalen im Internet; Anrufweiterschaltung, Konferenzschaltungen und SMS- Dienste als Mehrwertdienste; Auskünfte über Telekommunikation; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen; Betrieb eines Teleshopping-Kanals; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Dienstleistungen von Presseagenturen; Durchführen von Videokonferenzen; Elektronische Anzeigenvermittlung; E-Mail-Dienste; Hotlinedienste; Konferenzschaltungen; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Pressemeldungen; Telefondienst; Telefonvermittlung; Telekonferenzdienstleistungen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging)

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Aufzeichnung von Videobändern; Betrieb einer Diskothek, einer Modellagentur für Künstler, eines Clubs [Unterhaltung oder Unterricht], eines Spielcasinos; Betrieb von Kinos oder Nachtklubs; Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung, eines Fitness-, Ton- und Fernsehstudios; Digitaler Bilderdienst; Durchführung von Live-Veranstaltungen, Durchführung von Spielen im Internet; Fernsehunterhaltung; Fernunterricht; Filmproduktion; Filmverleih [Vermietung von Kinofilmen]; Fotografieren; Glücksspiele; Gymnastikunterricht; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Information über Veranstaltungen [Unterhaltung]; Online angebotene Spieldienstleistungen [von einem Computernetzwerk]; Online Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften, Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen, Party-Planung [Unterhaltung]; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Platzreservierungen und Ticketverkauf für Unterhaltungsveranstaltungen; Produktion von Shows; Turnunterricht; Unterhaltung; Veranstaltung von Schönheitswettbewerben und Unterhaltungsshows [Künstleragenturen]; Verleih von Büchern [Leihbücherei]; Vermietung von Audiogeräten, von Beleuchtungsgeräten für Bühnenausstattung und Fernsehstudios; Vermietung von Sportausrüstungen [ausgenommen Fahrzeuge]; Vermietung von Tonaufnahmen und Videokameras; Veröffentlichung von Büchern; Videofilmproduktion und -verleih Klasse 42: Aktualisieren von Computer-Software; Aktualisieren von Internetseiten; Beratung bei der Gestaltung von Home-Pages und Internetseiten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Computersystemanalysen; Datenspeicherung, Datenverwaltung auf Servern, Dienstleistungen einer Datenbank; digitale Bildbearbeitung, Datenaufbereitung und Datenverarbeitung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Webseiten; Franchising, nämlich Vermittlung von Know-How; Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; Handel mit Film-, Fernseh- und Videolizenzen; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken, Installieren von Computerprogrammen; Konzeptionierung von Web- Seiten; Kopieren von Computer-Programmen; Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Dritte; Pflege und Installation von Software; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Serveradministration; Vergabe und Registrierung von Domainnames; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting); Vermietung von Computer-Software, Datenverarbeitungsgeräten, Speicherplatz im Internet und Web-Servern; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Verwaltung von Urheberrechten; Wartung von Computersoftware; Wartung von Internet-Zugängen; Zurverfügungstellen von Speicherkapazitäten zur externen Nutzung (Web-Housing) und von Webspace (Webhosting); Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im Internet Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen, insbesondere Betrieb einer Bar oder Hotels; Catering; Dienstleistungen von Pensionen; Hotelreservierung; Reservierung von Pensionsunterkünften; Vermietung von Ferienhäusern und Gästezimmern; Vermietung von Stühlen, Tischen, Tischwäsche, Gläsern; Verpflegung von Gästen in Cafes, in Restaurants auch Schnellimbissrestaurants oder in Selbstbedienungsrestaurants; Zimmerreservierung; Zimmervermittlung [Hotels, Pensionen].

Sie beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auch in der Sache begründet. Für die Dienstleistungen, die nunmehr noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, ist die angemeldete Marke weder als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG noch wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können. Nach dieser Vorschrift ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann. Auch in diesem Fall ist die Voraussetzung erfüllt, dass die in dem Zeichen enthaltene Aussage als Sachangabe dienen kann (vgl EuGH MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE). Nach Auffassung des Senats stellt die angemeldete Marke für die beanspruchten Dienstleistungen jedoch keine in diesem Sinne unmittelbar beschreibende Angabe dar.

1.1. Als Abkürzung ist "MEO" im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie mit der Bedeutung "Medium Earth Orbit" lexikalisch belegt (vgl Klußmann, Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik, 2001, S 630; Rosenbaum, Fachverzeichnis Informationstechnologie von A bis Z, Stand August 2003, S 470; Schulze, Computerkürzel, 1998, S 239). Im Zusammenhang mit mobilen Kommunikationsdiensten wird die Abkürzung außerdem im Sinne von "Middle earthorbit" beschreibend verwendet, zB "Verteiltes Management von LEO/MEO-Satellitennetzen" - wwwhegering.informatik.tumuenchen.de. Darüber hinaus ist der Begriff "Meo" in unterschiedlichen Bedeutungen gebräuchlich: zum einen in der von der Markenstelle genannten Bedeutung als Hinweis auf die Region der Städte Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen, zB www.meonet.de - "MEO NET ist ein Netzwerk ... zur Förderung der Wirtschaftskooperation der Region MEO (Mülheim an der Ruhr, Essen, Oberhausen) mit der Präfektur Nagasaki", aber auch als Name eines thailändischen Bergvolks, zB www.clickthai.de - "Die Meo ... setzen sich in Thailand aus zwei Hauptzweigen zusammen: die weißen Meo ... und die grünen oder blauen Meo", und als Fantasiebezeichung, zB www.sexstore.de - MEO-team: Bondage, Fetish Wear; www.gay123.de - NEUER MEO SLING.

1.2. Angesichts dieser verschiedenen möglichen Bedeutungen des Begriffs "Meo" enthält die angemeldete Marke nach Auffassung des Senats keinen eindeutigen Aussagegehalt, der als Sachangabe für die beanspruchten Dienstleistungen oder deren Merkmale dienen kann. Dies gilt auch hinsichtlich der noch verbleibenden Dienstleistungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Zwar ist es denkbar, dass diese mittels eines MEO-Satelliten erbracht werden. Insoweit besteht aber zu der Angabe "Meo" allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang, denn es lässt sich nicht feststellen, dass diese Dienstleistungen für die Erbringung mit MEO-Satelliten spezielle Merkmale aufweisen müssen, um sie von Dienstleistungen, die mittels anderer Satelliten erbracht werden, zu unterscheiden. Zur sachlichen Beschreibung dieser Dienstleistungen ist die angemeldete Marke daher nicht geeignet.

2. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen weist die Marke "Meo" auch die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft auf.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen aufgefasst zu werden. Sie fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn ihr für die fraglichen Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches verstanden wird (vgl BGH WRP 2003, 1429, 1430 - Cityservice). Dies ist hier nicht der Fall, weil es sich bei der angemeldeten Kennzeichnung für die nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen aus den oben angeführten Gründen nicht um eine hinreichend konkrete Sachangabe handelt.

Grabrucker Baumgärtner Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 03.03.2004
Az: 29 W (pat) 226/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/06624ff42f47/BPatG_Beschluss_vom_3-Maerz-2004_Az_29-W-pat-226-03




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