Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Januar 2007
Aktenzeichen: 30 W (pat) 8/05
(BPatG: Beschluss v. 08.01.2007, Az.: 30 W (pat) 8/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 8. Januar 2007 über die Beschwerde eines Anmelders entschieden. In der Entscheidung wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. November 2004 aufgehoben, soweit der Anmeldung die Eintragung für bestimmte Dienstleistungen verweigert worden war. Die Beschwerde wird jedoch im Übrigen zurückgewiesen.
In dem Verfahren ging es um die Eintragung der Wortmarke "CARBON" für verschiedene Dienstleistungen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zunächst abgelehnt, da sie der Meinung war, dass die Marke eine lediglich beschreibende Angabe sei. Der Begriff "Carbon" bedeute im Deutschen "Kohle(nstoff)" und werde von einem relevanten Teil der Verkehrskreise in diesem Sinne verstanden. Insbesondere Fachkreise, Mitbewerber oder fachlich vorgebildete Abnehmer würden das Markenwort ohne weiteres als sachhinweisend erkennen.
Der Anmelder hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass der Begriff "Carbon" im zehnbändigen Duden nicht aufgeführt sei und auch keine eindeutig beschreibende Bedeutung habe. Das Bundespatentgericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass die beanspruchten Dienstleistungen durchaus auf Kohlenstoff oder Kohlenstoffverbindungen bezogen sein können und die Marke somit eine beschreibende Angabe darstellt.
Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass die Marke auch keine Unterscheidungskraft aufweist, da sie die Dienstleistungen nach Art und Zweck beschreibt und somit nicht als individuelles Merkmal zur Unterscheidung von Dienstleistungen anderer Anbieter dient.
Letztendlich hebt das Bundespatentgericht den Beschluss der Markenstelle teilweise auf und weist die Beschwerde im Übrigen zurück. Die Marke "CARBON" kann somit nur für bestimmte Dienstleistungen eingetragen werden, während die Eintragung für andere Dienstleistungen aufgrund fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende Angabe versagt bleibt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 08.01.2007, Az: 30 W (pat) 8/05
Tenor
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. November 2004 aufgehoben, soweit der Anmeldung die Eintragung für die Dienstleistungen
"Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting), Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Vermietung von Speicherplatz im Internet, Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, Wartung von Computersoftware, Wartung von Internet-Zugängen, Beratung bei der Gestaltung von Home-Pages und Internetseiten, Beratung für Telekommunikationstechnik"
versagt worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke CARBON für zahlreiche Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 42 und 43.
Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss einer Prüferin des gehobenen Dienstes vom 11. November 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft und als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe für die Dienstleistungen
"Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting), Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Vermietung von Speicherplatz im Internet, Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, Wartung von Computersoftware, Wartung von Internet-Zugängen, Beratung bei der Gestaltung von Home-Pages und Internetseiten, Beratung für Telekommunikationstechnik"
zurückgewiesen mit der Begründung, die Marke sei insoweit eine lediglich beschreibende Angabe, da sie auf den Inhalt und Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen hinweise, nämlich auf "Kohlenstoff(faser)". In einer solchen Sachangabe erblicke der angesprochene Verkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis, so dass der Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der zur Begründung ausführt, dass der Begriff auch im zehnbändigen Duden "Großes Wörterbuch der deutschen Sprache" nicht aufgeführt sei, sondern nur "Karbon", das seinerseits mehrdeutig, aber in keiner Richtung beschreibend sei. Selbst wenn man die Übersetzung "Kohlenstoff" heranziehe, ergebe sich keine beschreibende Angabe. Somit sei die Marke für die Dienstleistungen
"Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting), Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Vermietung von Speicherplatz im Internet, Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, Wartung von Computersoftware, Wartung von Internet-Zugängen, Beratung bei der Gestaltung von Home-Pages und Internetseiten, Beratung für Telekommunikationstechnik"
einzutragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG zulässige Beschwerde des Anmelders ist überwiegend begründet. Allerdings hat der Anmelder seine Beschwerde durch die ausdrückliche Aufzählung der Dienstleistungen, deren Eintragung er danach noch begehrt, beschränkt. Die Versagung der Eintragung der Marke für die Dienstleistungen "Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken" ist nicht mehr angefochten und damit rechtskräftig geworden.
Hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen, auf die sich die Beschwerde noch erstreckt, ist die angemeldete Marke nach Ansicht des Senats nur teilweise schutzunfähig, nämlich soweit die "Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Dienstleistungen einer Datenbank" betroffen sind. Insoweit unterliegt die Marke sowohl dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als auch dem einer freihaltungsbedürftigen beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zu solchen Angaben gehören insbesondere Wortkombinationen, die im Verkehr unter anderem zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Das Wort "Carbon" gehört zum englischen Grundwortschatz und bedeutet, wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, im Deutschen "Kohle(nstoff)" und wird auch so von einem relevanten Teil der angesprochenen deutschen Verkehrskreise verstanden, insbesondere wenn Gegenstand der Dienstleistungen Kohlenstoff in seinen diversen Ausprägungen ist. Gerade Fachkreise, also Mitbewerber des Anmelders, Händler oder fachlich vorgebildete Abnehmer, werden das Markenwort ohne weiteres in seiner beschreibenden Bedeutung erkennen und auch benötigen, da es aufgrund seiner vielfältigen Verwendung in der Fachsprache geläufig ist. Sie kann für die versagten Dienstleistungen zur Bezeichnung von deren Art und Zweck dienen. Die "Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Dienstleistungen einer Datenbank" können allesamt auf Kohlenstoff oder Karbonverbindungen, u. a. auch auf das technisch wichtige Gebiet der Kohlenstofffasern bezogen sein.
Ob die Angabe - wie der Anmelder vorträgt - als deutsches Wort lexikalisch nicht nachweisbar ist oder in verschiedener Richtung verstanden werden kann - etwa als Hinweis auf einen erdgeschichtlichen Zeitraum - , spielt dabei keine Rolle. Für das Freihaltungsbedürfnis reicht es, wenn die Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen lediglich in einer der Bedeutungen einen Sachhinweis darstellt (vgl. EuGH MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 195, 199 m. w. N.). Die beschreibende Angabe braucht sich auch nicht, wie der Anmelder offenbar meint, in einer Synonymfunktion des Dienstleistungsbegriffs zu erschöpfen; vielmehr enthält das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine Reihe von Beschreibungsvarianten, die bis zu besonderen bedeutsamen Umständen auch von Dienstleistungen reichen, solange sie bei deren Inanspruchnahme eine Rolle spielen können ("dienen können"). Hierzu gehört zweifellos auch die Inhalts- oder Bestimmungsangabe. So können sich die gewerblichen Schutz- und Urheberrechte, für die Lizenzen vergeben werden sollen, auf Kohlenstoff oder Kohlenstoffprodukte beziehen oder beschränken ebenso wie die in Datennetzen bereitgestellten Computerprogramme. Auch die "Dienstleistungen einer Datenbank" können sich auf solche beziehen, deren Inhalt diese Produkte darstellt. Da Datenbanken solchen Inhalts, die dem Begriff "Computersoftware" zuzurechnen sind, auch vermietet werden können, etwa über das Internet oder auf einer CD als Datenträger, eignet sich die beanspruchte Marke auch als Sachhinweis für die "Vermietung von Computersoftware", mit welchem der Inhalt der vermieteten Software charakterisiert wird.
Die Anmeldung entbehrt in Bezug auf die hier maßgeblichen Dienstleistungen aber auch jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Sie beschreibt diese Dienstleistungen nach Art und Zweck und erfüllt damit nicht die Funktion eines sich durch individuelle Merkmale von den Dienstleistungen anderer Anbieter unterscheidenden betrieblichen Herkunftshinweises (vgl. zur Unterscheidungskraft u. a. EuGH GRUR 2004, 674. 678 (Rdn. 86) - Postkantoor; GRUR 2002, 804, 80 - Philips; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; WRP 2004, 1173 f. - URLAUB DIREKT), auch wenn es nicht im deutschen Wörterbuch aufgeführt ist. Denn zum einen ergibt sich aus der vom Anmelder eingereichten Kopie der Fundstelle, dass zwar nicht "Carbon", aber die chemischen Ableitungen "Carbid" und "Carbonat" mit dem Hinweis auf die Wiedergabe der Stichwörter unter der Schreibweise mit jeweils "K" aufgeführt sind, so dass zumindest für Personen mit chemischer Grundausbildung der Sinngehalt auf der Hand liegt. Zum anderen werden insbesondere die Fachkreise für die beanspruchten Dienstleistungen, die mit Kohlenstoff zu tun haben, das Markenwort in seiner englischen Übersetzung für Kohlenstoff kennen und ihm angesichts des klaren beschreibenden Sinngehalts für die oben genannten Dienstleistungen keinen betriebskennzeichenrechtlichen Charakter zumessen.
Für die übrigen in der Beschwerde beanspruchten Dienstleistungen ist jedoch kein unmittelbar beschreibender Sinngehalt auszumachen. Das gilt sowohl für die verbleibenden Vermietungsdienstleistungen (hosting, Datenverarbeitungsgeräte, Speicherplatz im Internet, Zugriffszeiten zu Datenbanken) als auch für die Wartungs- und die Beratungsdienstleistungen. Selbst wenn sich beispielsweise die Wartung der Computersoftware (auch) auf Datenbanken mit dem Schwerpunkt "Kohlenstoff" beschränken würde, kann allenfalls in mehreren Gedankenschritten ein Bezug hergestellt werden, was aber für die Annahme einer beschreibenden Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gerade nicht ausreicht. Erst recht steht der beschreibende Gehalt der Marke nicht so sehr im Vordergrund, dass sie vom betroffenen Verkehr nicht mehr als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden würde.
Nach alledem konnte die Beschwerde des Anmelders nur in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg haben und war im Übrigen zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 08.01.2007
Az: 30 W (pat) 8/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/06d1f6aec359/BPatG_Beschluss_vom_8-Januar-2007_Az_30-W-pat-8-05