Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 131/01

(BPatG: Beschluss v. 20.03.2002, Az.: 32 W (pat) 131/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 20. März 2002 entschieden, dass die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 19. Juli 2000 und vom 25. Januar 2001 aufgehoben werden.

In dem Verfahren ging es um die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke für die Dienstleistungen Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Wettbewerbe, vorzugsweise Ausrichtung, Durchführung und Veranstaltung von Schönheitskonkurrenzen bzw. -wettbewerben. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Marke nach Ansicht der Markenstelle für Klasse 41 keine Unterscheidungskraft besitze.

Das Bundespatentgericht ist jedoch der Meinung, dass die Marke sehr wohl Unterscheidungskraft hat. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Es reicht bereits eine geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Im vorliegenden Fall besteht die Marke aus zwei Elementen: dem Wortbestandteil "Miss" und dem Bildbestandteil, der eine kaiserliche Krone darstellt. Das Gericht argumentiert, dass das Bildelement der Marke nicht rein dekorativ ist und Hinweise auf einen bestimmten Anbieter enthalten kann. Die Krone weicht erheblich von den Kronen ab, mit denen die Siegerinnen von "Miss"-Wahlen geschmückt werden. Daher ist das Markenamt zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Marke keine Unterscheidungskraft besitzt.

Das Gericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass die Marke auch nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können. Zwar ist das Wort "Miss" eine unmissverständliche und übliche Bezeichnung für Veranstaltungen zur Wahl einer Schönheitskönigin, jedoch besteht die Marke nicht nur aus diesem Wortbestandteil. Die beanspruchte Krone kann für sich allein genommen nicht zur Bezeichnung der Art der Dienstleistung oder anderer Merkmale dienen. Daher ist das Schutzhindernis nicht gegeben.

Zusammenfassend hat das Bundespatentgericht entschieden, dass die Marke doch Unterscheidungskraft besitzt und dass sie auch nicht ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht. Daher werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.03.2002, Az: 32 W (pat) 131/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 19. Juli 2000 und vom 25. Januar 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür die Dienstleistungen Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Wettbewerbe, vorzugsweise Ausrichtung, Durchführung und Veranstaltung von Schönheitskonkurrenzen bzw. -wettbewerben.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Marke aus dem Wortbestandteil Miss (= Fräulein) bestehe, was "Schönheitskönigin" bedeute, dem lediglich eine geographische (schutzunfähige) Angabe hinzugefügt sei. Auch der Bildbestandteil sei glatt beschreibend und damit schutzunfähig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Besteht eine Marke - wie im Streitfall - aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den (geringen) Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH BlPMZ 2001, 397, 398 - antiKalk). Es kann dahinstehen, ob der Wortbestandteil der Marke unterscheidungskräftig ist, denn es kann aufgrund seines Bildbestandteils nicht völlig ausgeschlossen werden, dass nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs bei der entsprechenden Kennzeichnung der beanspruchten Dienstleistungen einen Hinweis auf einen bestimmten Anbieter sehen. Bei diesem handelt es sich um eine sogenannte "Kaiserkrone", die fünf Bögen mit abwechselnden Hell/dunkel-Kontrasten, eine knopfartige Zusammenführung der Bögen an der Oberseite und eine besondere Verzierung am Kopfreif aufweist. Es war nicht feststellbar, dass sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung an solche Kaiserkronen als rein dekorative Elemente gewöhnt hat (vgl. BGH, aaO, S 398). Das gilt auch im Zusammenhang mit "Miss-Wahlen", denn die Kaiserkrone der Anmelderin weicht erheblich von den Kronen ab, mit denen die Siegerinnen geschmückt werden. Eine Recherche im Internet hat ergeben, dass "Miss"-Krönchen i.d.R. nur aus einem etwa stirnbreiten Segment bestehen, die nicht wie eine Krone auf dem Haupt getragen, sondern an einem offenen Reif in das Haar gesteckt werden.

Die angemeldete Marke besteht auch nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Allerdings ist der Wortbestandteil im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eine unmissverständliche und übliche Beschreibung für Veranstaltungen zur Wahl der "Schönheitskönigin" von Hamburg. "Miss"-Wahlen zur Ermittlung einer "Schönheitskönigin" finden seit rund 100 Jahren statt (vgl. http://www.missgermany.de/11.02.2002) und werden von verschiedenen Anbietern durchgeführt (z.B. Miss RTL-Online, Miss Deutschland 2002, Miss World 2001, Miss Germany usw.). Jedoch besteht die Marke nicht ausschließlich aus dem Wortbestandteil. Die beanspruchte Krone kann für sich allein genommen weder zur Bezeichnung der Art der Dienstleistung noch sonstiger Merkmale dienen. Aus der Krone kann nichts entnommen werden, das die beanspruchten Dienstleistungen in irgendeiner Weise im Hinblick auf Art oder Beschaffenheit beschreibt (vgl. BGH BlPMZ 2001, 241, 242 - Jeanshosentasche). Ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausnahmsweise eine weite Auslegung in den Fällen erfahren muss, wo es einen ganz beschränkten Formenschatz gibt und dieser für die Wettbewerber zwingend freizuhalten ist, kann für diese Entscheidung dahinstehen, denn aus der Auswahl der Kronen der Miss Deutschland 2002, der Miss Germany 1999, der Miss Germany 1997, der Miss Germany 1993 und der Miss Germany 1991 ist ersichtlich, dass die jeweiligen Kronen in vielfältiger Weise gestaltet werden können. Eine Krone der beanspruchten Art ist - wie oben dargelegt - nicht darunter.

Winkler Klante Sekretaruk Ko Abb. 1 Grafik der Marke 39974560.2






BPatG:
Beschluss v. 20.03.2002
Az: 32 W (pat) 131/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/07f0771f6f47/BPatG_Beschluss_vom_20-Maerz-2002_Az_32-W-pat-131-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share