Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. August 2009
Aktenzeichen: 14 W (pat) 330/06
(BPatG: Beschluss v. 11.08.2009, Az.: 14 W (pat) 330/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Patent mit der Bezeichnung "Tortengusspulver und Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss" wird widerrufen. Das Patent wurde im Jahr 2006 veröffentlicht und umfasst 16 Patentansprüche. Die Einsprechende hat Einspruch gegen das Patent erhoben und behauptet, dass die Gegenstände des Patents nicht neu oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Zur Unterstützung ihres Einspruchs verweist die Einsprechende auf verschiedene Druckschriften. Die Patentinhaberin hält dagegen und beantragt, das Patent aufrecht zu erhalten. Das Bundespatentgericht kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge keinen Bestand haben, da die Gegenstände der Ansprüche entweder nicht neu oder nicht erfinderisch sind. Auch die anderen Ansprüche teilen das gleiche Schicksal.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 11.08.2009, Az: 14 W (pat) 330/06
Tenor
Das Patent 102 56 398 wird widerrufen.
Gründe
I Die Erteilung des Patents 102 56 398 mit der Bezeichnung
"Tortengusspulver und Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss"
ist am 26. Januar 2006 veröffentlicht worden. Das Patent umfasst 16 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 12 wie folgt lauten:
1. Tortengusspulver mit -einem löslichen Salz der Alginsäure, -einem schwer oder nicht in Wasser löslichen Calciumionendonator, -einer Lebensmittelsäure, -einer Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure.
12. Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss durch Einsatz eines Tortengusspulvers nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mischung aus einem löslichen Salz der Alginsäure, einem schwer oder nicht in Wasser löslichen Calciumionendonator, einer Lebensmittelsäure und einer Puffersubstanz zur Ausbildung eines Puffersystems mit der Lebensmittelsäure in eine Flüssigkeit, die im Wesentlichen aus kaltem oder warmen Wasser besteht, eingerührt wird.
Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 16, die besondere Ausgestaltungen des Tortengusspulvers nach Anspruch 1 und des Verfahrens zur Zubereitung von Tortenguss nach Anspruch 12 betreffen, wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Gegen dieses Patent ist am 25. April 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptungen gestützt, dass die Gegenstände des Streitpatents nicht neu seien bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten, sowie der Gegenstand des Anspruchs 1 unzulässig erweitert und nicht ausreichend offenbart sei.
Dazu verweist die Einsprechende unter anderem auf die Druckschriften D6: US 3 060 032 und D11: US 5 389 393 Auch die Gegenstände der jeweiligen ein Tortengusspulver betreffenden Hauptansprüche der Hilfsanträge I bis V bzw. des ein Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss betreffenden Anspruchs 1 des Hilfsantrags VI seien gegenüber D6 oder D11 nicht neu bzw. beruhten gegenüber diesen Druckschriften nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, hilfsweise, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten im Umfang der Patentansprüche gemäß einem der Hilfsanträge I bis V, jeweils vom 5. Februar 2007, weiter hilfsweise im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag VI, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie jeweils mit Beschreibung gemäß Patentschrift.
Sie tritt dem Vorbringen der Einsprechenden entgegen und verfolgt ihr Patent gemäß Hauptantrag in vollem Umfang weiter, hilfsweise im Umfang der Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag I, weiter hilfsweise im Umfang der Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag II, im Umfang der Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag III, im Umfang der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag IV und der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag V, jeweils vom 5. Februar 2007, sowie der Patentansprüche 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag VI überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2009.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I weist gegenüber dem erteilten, weiterhin geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag das zusätzliche Merkmal auf:
"wobei die Lebensmittelsäure und die Puffersubstanz so gewählt sind, dass das Puffersystem auf einen pH-Wert zwischen 3 und 6 stabilisiert ist."
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II enthält gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags das weitere Merkmal:
"-einem in kaltem oder warmen Wasser gut löslichen Verdickungsmittel".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags III lautet folgendermaßen:
"Tortengusspulver zum Einrühren in eine kalte oder warme Flüssigkeit, die Wasser mit bis zu 80% Fruchtsaftanteil, vorzugsweise 50% Fruchtsaftanteil, aufweist, mit -einem löslichen Salz der Alginsäure, -einem schwer oder nicht in Wasser löslichen Calciumionendonator, -einer Lebensmittelsäure, -einer Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure, -einem in kaltem oder warmen Wasser gut löslichen Verdickungsmittel, wobei die Lebensmittelsäure und die Puffersubstanz so gewählt sind, dass das Puffersystem auf einen pH-Wert zwischen 3,6 und 4,3 stabilisiert ist."
Im Anspruch 1 des Hilfsantrags IV ist gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III das Verdickungsmittel durch die Formulierung "wobei es sich bei dem Verdickungsmittel um Carboxymethylcellulose handelt" näher spezifiziert.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags V weist gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III folgende Angaben auf:
wobei das Tortengusspulver die folgenden Zutaten in Gewichtsprozent beinhaltet: Der Anspruch 1 des Hilfsantrags VI lautet wie folgt:
Lösliches Salz der Alginsäure 7 bis 18 %
schwache Lebensmittelsäure, insbesondere Zitronensäure 3 bis 8 %
Calciumionendonator, insbesondere Calciumhydrogenphosphat 0,3 bis 2 %
Puffersubstanz, insbesondere Trinatriumcitrat 1 bis 4 %
Verdickungsmittel, insbesondere Carboxymethylcellulose 1 bis 6 %
Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss durch Einsatz eines Tortengusspulvers, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mischung aus einem löslichen Salz der Alginsäure, einem schwer oder nicht in Wasser löslichen Calciumionendonator, einer Lebensmittelsäure und einer Puffersubstanz zur Ausbildung eines Puffersystems mit der Lebensmittelsäure in eine kalte oder warme Flüssigkeit, die aus Wasser mit einem Anteil von bis zu 80% Fruchtsaft besteht, eingerührt wird, wobei die Lebensmittelsäure und die Puffersubstanz so gewählt sind, dass das Puffersystem auf einen pH-Wert zwischen 3,6 und 4,3 stabilisiert ist, wobei das Tortengusspulver die folgenden Zutaten in Gewichtsprozent beinhaltet: Die Patentinhaberin macht im Wesentlichen geltend, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber den ursprünglichen Unterlagen nicht unzulässig erweitert sei, da die im erteilten Anspruch 1 verwendete Definition der Puffersubstanz gegenüber den ursprünglichen Unterlagen in ihrem Sinngehalt nicht verändert sei. Die Ausführbarkeit des Streitpatents sei durch die zweifelsfrei nacharbeitbaren Ausführungsbeispiele gegeben. Der entgegengehaltene Stand der Technik könne auch die beanspruchten Gegenstände nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen weder vorwegnehmen noch nahelegen, da weder D6 oder D11 noch die weiteren Entgegenhaltungen ein Tortengusspulver offenbarten, das eine Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure aufweise.
Lösliches Salz der Alginsäure 7 bis 18 %
Schwache Lebensmittelsäure, insbesondere Zitronensäure 3 bis 8 %
Calciumionendonator, insbesondere Calciumhydrogenphosphat 0,3 bis 2 %
Puffersubstanz, insbesondere Trinatriumcitrat 1 bis 4 %
Verdickungsmittel, insbesondere Carboxymethylcellulose 1 bis 6 %
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der weiteren Ansprüche gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis VI, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II 1.
Der Einspruch ist fristund formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er führt zum Widerruf des Patents.
2.
Der geltende erteilte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 6 i. V. m. S. 2 Abs. 3, S. 3 le. Abs. bis S. 4 Abs. 2 und S. 5 Abs. 3 der Erstunterlagen ableitbar. Die geltenden erteilten Ansprüche 2 bis 16 gemäß Hauptantrag gehen auf die ursprünglichen Ansprüche 2 bis 5, 7 bis 12 und 16 bis 20 zurück. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I geht auf den erteilten Anspruch 1 und die erteilten Ansprüchen 7 und 8 (ursprüngliche Ansprüche 8 und 9) zurück. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags II basiert auf den erteilten Ansprüchen 1 und 9 (ursprünglicher Anspruch 10). Der Anspruch 1 des Hilfsantrags III geht auf die erteilten Ansprüche 1, 7 bis 9 zurück, die den ursprünglichen Ansprüchen 8 bis 10 entsprechen. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags IV ist zusätzlich noch aus den erteilten Ansprüchen 10, 12 und 14 ableitbar, die den ursprünglichen Ansprüchen 11, 16 und 18 entsprechen. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags V basiert zusätzlich auf dem erteilten Anspruch 11, der dem ursprünglichen Anspruch 12 entspricht. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags VI ist schließlich aus den erteilten Ansprüchen 12, 14, 15, 16, 7, 8 und 11 ableitbar, die auf den ursprünglichen Ansprüchen 16, 1, 6, 8, 9, 12, 18, 19 und 20 i. V. m. S. 2 Abs. 3 der Erstunterlagen basieren. Auch die Unteransprüche aller Hilfsanträge gehen auf die erteilte sowie die ursprüngliche Anspruchsfassung zurück.
Die Anspruchsfassungen sind nicht zu beanstanden. In der in den jeweiligen Ansprüchen 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge I bis V gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 6 verwendeten Definition einer Puffersubstanz ist auch keine unzulässige Erweiterung zu sehen. Denn eine Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure ist nach Überzeugung des Senats in ihrem Sinngehalt nichts anderes als eine Puffersubstanz zur Ausbildung eines Puffersystems mit der Lebensmittelsäure, wie es im ursprünglichen Anspruch 6 formuliert wurde. Dies wird durch die Erläuterung für die Puffersubstanz in der Beschreibung in Absatz [0014] und durch den Verfahrensanspruch (Hauptantrag, Hilfsantrag I: Anspruch 12; Hilfsantrag II: Anspruch 11; Hilfsantrag III: Anspruch 9; Hilfsantrag IV und V: Anspruch 8; Hilfsantrag VI: Anspruch 1) gestützt, in dem die ursprüngliche ausführliche Definition in allen Anträgen entsprechend den ursprünglichen Unterlagen beibehalten wurde.
Auch ein Offenbarungsmangel liegt nicht vor. Im Anspruch 1 werden zwar keine Mengen für die im Tortenguss enthaltenen Inhaltsstoffe angegeben. Dies ist für den Fachmann, einen Lebensmittelchemiker, auch nicht nötig, da er nur solche mengenmäßige Mischungen in Betracht zieht, die zur Ausbildung einer AlginatCalcium-Gelbildungsreaktion für einen Tortenguss geeignet sind. Die Angaben, die der Fachmann hierzu benötigt, müssen dabei nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben (BGH GRUR 2003, 223 -Kupplungsvorrichtung II). Dies ist vorliegend der Fall. Im Ausführungsbeispiel (Abs. [0019, 0020] der Streitpatentschrift) ist auch ein ausführbarer Weg zur Herstellung des beanspruchten Tortengusspulvers nacharbeitbar offenbart. Dies ist zum Beleg der Ausführbarkeit ausreichend (vgl. BGH GRUR 2009, 749 [24] -Sicherheitssystem; 2001, 813 (IV) -Taxol).
3. Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen sind aber mangels Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist nicht neu.
Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft eine pulverförmige Zusammensetzung mit den Merkmalen:
(a)
Tortengusspulver mit
(b)
einem löslichen Salz der Alginsäure,
(c)
einem schwer oder nicht in Wasser löslichen Calciumionendonator,
(d)
einer Lebensmittelsäure,
(e)
einer Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure.
Aus D11 sind pulverförmige Trockenmischungen zur Herstellung von schnell sich bildenden Alginatgelen bekannt, deren Textur einem konventionellen gelatinehaltigen Dessertgel entspricht. Die Pulvermischungen der D11 enthalten ein lösliches Salz der Alginsäure, einen in Wasser schwer oder nicht löslichen Calciumionendonator, eine Lebensmittelsäure und eine Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure. Als Salze der Alginsäure werden Natriumund Kaliumalginate, als schwer bzw. nicht lösliche Calciumionendonatoren u. a. Calciumphosphate, als Lebensmittelsäuren u. a. Zitronensäure und Weinsäure und als Puffersubstanz insbesondere Trinatriumcitrat und des weiteren Tartrate genannt (Abstr., Ansprüche 1, 9, Sp. 2 Z. 3 bis 15, Z. 65 bis Sp. 3 Z. 6, Z. 28 bis 31, Tabelle Sp. 3 sowie die Beispiele 1, 2 und 3). Damit lehrt die D11 Pulvermischungen mit den auch beim Streitpatent bevorzugten Inhaltsstoffen (vgl. Streitpatent Ansprüche 2 bis 6). Alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sind daher von D11 vorweggenommen. Auch die Angabe des Verwendungszwecks der Pulvermischung als Tortengusspulver entsprechend Merkmal (a) verleiht dem Gegenstand des Anspruchs 1 keine Neuheit. Denn die Angabe eines neuen Zwecks verleiht dem Erzeugnis selbst, wenn dieses, wie vorliegend, bekannt ist, keine Neuheit (vgl. Schulte PatG 8. Aufl. § 1 Rdn. 219). Der Patentinhaberin kann auch dahingehend nicht gefolgt werden, dass in D11 keine Puffersubstanz für die Lebensmittelsäure gemäß Merkmal (e) vorliege, da die Puffersubstanzen der D11 zum Abpuffern der Wasserhärte, also von gelöstem Calcium und Magnesium eingesetzt würden, nicht aber zur Ausbildung eines Puffersystems mit der Lebensmittelsäure (vgl. D11 Sp. 2 Z. 65 bis Sp. 3 Z. 6). Denn aus der gleichzeitigen Anwesenheit einer Lebensmittelsäure und ihrem Alkalisalz, wie Zitronensäure bzw. Weinsäure und Natriumcitrat bzw. Tartraten, in den auch im Streitpatent gemäß Anspruch 11 bevorzugt genannten Mengen, ergibt sich zwangsläufig bei D11 ein Puffersystem für die Lebensmittelsäure, das dem mit der Pulvermischung hergestellten Dessertgel einen pH-Wert in einem Bereich verleiht, der dem im Streitpatent genannten pH-Bereich entspricht (vgl. D11 Sp. 3 Z. 31 bis 34 und Streitpatent Ansprüche 7 und 8). Auch die in der mündlichen Verhandlung überreichte Anmerkung der Gesellschaft für Getränkeuntersuchungen führt zu keiner anderen Beurteilung, da, wie dargelegt, beim Streitpatent und der D11 die gleichen Säuren und Puffersubstanzen in entsprechenden Mengen eingesetzt werden, denen selbstverständlich die gleiche Wirkung zukommt. Die in der Anmerkung getroffenen Annahmen, ob sich eine stabiler Calcium-Citrat-Komplex bildet oder nicht bildet, sind daher lediglich von theoretischer Bedeutung.
4. Auch die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge I, II und III sind nicht neu.
4.1 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I weist gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrages das zusätzliche Merkmal auf, dass die Lebensmittelsäure und die Puffersubstanz so gewählt sind, dass das Puffersystem auf einen pH-Wert zwischen 3 und 6 stabilisiert ist. Dieses Merkmal überlappt mit den Angaben zum pH-Wert in D11, wonach ein pH-Wert im fertigen Dessertgel von 3,5 bis 5,5 durch die Pulvermischung eingestellt wird (vgl. Sp. 3 Z. 31 bis 34).
4.2 Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags II enthält das Tortengusspulver gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich ein in kaltem oder warmen Wasser gut lösliches Verdickungsmittel. Auch die Pulvermischungen der D11 können zusätzlich ein Verdickungsmittel enthalten. Denn, wie die Einsprechende unwidersprochen vorträgt, ist die in D11 als weiterer Inhaltsstoff genannte hydrolysierte Stärke ein in kaltem oder warmem Wasser gut lösliches Verdickungsmittel (vgl. Sp. 2 Z. 11 bis 15).
4.3 Das im Anspruch 1 des Hilfsantrags III zusätzlich zu den Hilfsanträgen I und II enthaltene Merkmal, zum Einrühren in eine kalte oder warme Flüssigkeit, die Wasser mit bis zu 80% Fruchtsaftanteil aufweist, stellt eine den Schutzbereich des vorliegenden Erzeugnisanspruchs nicht beschränkende Zweckangabe dar, und kann dem Erzeugnis keine Neuheit verleihen (vgl. Schulte PatG 8. Aufl. § 1 Rdn. 219). Auch der gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags I beschränkte Bereich des pH-Werts auf Werte zwischen 3,6 und 4,3 wird weiterhin vom in D11 angegebenen Bereich des einzustellenden pH-Werts von 3,5 bis 5,5 überlappt.
Damit sind auch die Tortengusspulver gemäß den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge I, II und III gegenüber D11 nicht neu.
5. Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge IV, V und VI beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Tortenguss zu schaffen, der ohne Aufkochen zubereitet werden kann (Streitpatent Abs. [0006]). Diese Aufgabe wird durch die Tortengusspulver nach den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge IV und V bzw. durch das Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss nach Anspruch 1 des Hilfsantrags VI gelöst.
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann von D11 ausgehen. Denn der D11 liegt eine vergleichbare Aufgabe zugrunde, nämlich ein sich schnell bildendes Dessertgel bereitzustellen, dessen Edukte in einer Packung vorliegen und dessen Textur den konventionellen Dessertgelen auf Gelatinebasis, die unter Aufkochen zubereitet werden müssen, entspricht. Bei der D11 soll also auch das Aufkochen zur Herstellung der Dessertgele vermieden werden (Sp. 1 Z. 5 bis 27). Diese Aufgabe wurde bei der D11 durch die Bereitstellung von Trockenmischungen auf der Basis eines löslichen Salzes der Alginsäure, einem in Wasser schwerlöslichen Calciumsalz, einer Lebensmittelsäure und einer Puffersubstanz entsprechend den Merkmalen a) bis e), wie vorstehend dargelegt, gelöst. Diese Trockenmischungen liefern nach Einrühren in kaltes Wasser innerhalb von 20 Minuten oder weniger Dessertgele, die einen pH-Wert zwischen 3,5 und 5,5 aufweisen, der mit den Angaben in den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge IV, V und VI überlappt (Sp. 3 Z. 31 bis 34 und 60 bis 68). Wie bereits ausgeführt, können die Trockenmischungen zur Herstellung von sich schnell bildenden Dessertgelen der D11 auch wasserlösliche hydrolisierte Stärke oder Maltodextrin, also Verdickungsmittel enthalten. Dessertgele sind gleich einem Tortenguss zuckerhaltige Lebensmittelgele, die der Fachmann daher als einschlägigen Stand der Technik zwangsläufig als Vorbild in Betracht zieht, um die streitpatentgemäße Aufgabe zu lösen.
5.1 Gerade Carboxymethylcellulose (CMC) als Verdickungsmittel gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags IV in solchen kaltlöslichen Trockenmischungen einzusetzen, wird durch D6 nahegelegt. Aus D6 sind nämlich in kaltem Wasser lösliche Trockenmischungen bekannt, die ein Tortendessertgel -also einen Tortenguss mit saurem pH-Wert liefern. Diese bekannten Trockenmischungen enthalten Alginat, Calciumsalz, wie Dicalciumphosphat, als die Gelbildung verzögernde Mittel bezeichnete Komplexbildner, wie u. a. Natriumcitrat, sowie Carboxymethylcellulose als Verdickungsmittel, denen bei der Gelzubereitung eine Lebensmittelsäure, wie Zitronensäure zugesetzt wird (Ansprüche 1 bis 3, Beispiele 1 bis 3, Sp. 2 Z. 27 bis 30, 46 bis 56). Der Fachmann wird also ausgehend von D11 zur Lösung der Aufgabe einen Tortenguss zu schaffen, der ohne Aufkochen zubereitet werden kann, durch D6 dazu angeregt, dem Pulver Carboxymethylcellulose zuzusetzen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV beruht damit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5.2 Auch die streitpatentgemäße Aufgabe durch den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags V zu lösen, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Im Anspruch 1 des Hilfsantrags V sind gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III, der wie vorstehend dargelegt, von D11 neuheitsschädlich vorweggenommen wird, zusätzlich die Mengen einzelner Zutaten des Tortengusspulvers in Gewichtsprozentbereichen angegeben und zwar 7 bis 18 % lösliches Salz der Alginsäure, 3 bis 8 % schwache Lebensmittelsäure, 0,3 bis 2 % Calciumionendonator, 1 bis 4 % Puffersubstanz und 1 bis 6 % Verdickungsmittel. Auch diese Angaben finden weitgehend ihre Entsprechung in der D11. Denn die Trockenmischung zur Herstellung der Dessertgele der D11 enthält 4 bis 10 Gew.-% Alginat, 3 bis 12 Gew.-% Lebensmittelsäure, 0,5 bis 2,0 Gew.-% Calciumsalz und 2 bis 12 Gew.-% Puffersubstanz (Anspruch 9). Lediglich detaillierte Angaben zur Menge an Verdickungsmittel fehlen in der D11. Diese kann der Fachmann wiederum der D6 entnehmen. Denn dort enthalten die Trockenmischungen zur Herstellung von Tortendessertgelen -also einem Tortenguss -25 bis 75 % des Verdickungsmittels Carboxymethylcellulose in Bezug auf die in der Trockenmischung enthaltene Alginatmenge bzw. gemäß den Beispielen 2 % Carboxymethylcellulose (Anspruch 2, Beispiele 1 bis 3). Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags V wird also durch die Kombination der Druckschriften D11 und D6 nahegelegt.
5.3 Auch das Verfahren zur Zubereitung von Tortenguss durch Einsatz eines Tortengusspulvers gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags VI beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das dabei eingesetzte Tortengusspulver entspricht dem Tortengusspulver gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags V. Wie vorstehend dargelegt, sind sämtliche Merkmale dieses Tortengusspulvers durch die Zusammenschau von D11 mit D6 nahegelegt. Aber auch die Verfahrenmaßnahmen entsprechen der in D11 und D6 beschriebenen Herstellung der Dessertgele bzw. Tortendessertgele. Denn bei D11 wird die Trockenmischung in kaltes Leitungswasser eingerührt und innerhalb von 20 Minuten bildet sich dann innerhalb oder außerhalb eines Kühlschranks ein Gel. Dem Wasser bis zu 80 % Fruchtsaft zuzusetzen wird von D6 nahegelegt: Unter den wässrigen Flüssigkeiten sind nämlich gemäß D6 auch Fruchtsäfte zu verstehen, in die die Trockenmischungen der D6, die wie vorstehend dargelegt Alginat, Calciumsalz, Komplexbildner und Verdickungsmittel enthalten, unter weiterem Zusatz von Zitronensäure als Lebensmittelsäure zur Herstellung der Tortendessertgele -also eines Tortengusses -in der kalten Flüssigkeit gelöst werden (Sp. 2 Z. 20 bis 23 und 52 bis 56 sowie Beispiele 1 bis 3). Die streitpatentgemäße Aufgabe durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags VI zu lösen, wird also ebenfalls vom Stand der Technik nahegelegt.
Der Hinweis der Patentinhaberin, die vorliegend beanspruchten Tortengusspulver bzw. Verfahren zur Zubereitung eines Tortengusses, hätten sich erfolgreich auf dem Markt durchgesetzt, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage. Wirtschaftliche Erfolge können zwar im Einzelfall ein Indiz für das Ausmaß der erfinderischen Leistung sein. Sie vermögen jedoch die fehlende erfinderische Tätigkeit nicht zu ersetzen (vgl. BGH GRUR 1967, 25, 29 -Spritzgussmaschine III).
6.
Die Ansprüche 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis VI haben daher mangels Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit ihrer Gegenstände keinen Bestand.
7.
Die übrigen Ansprüche nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis VI teilen das Schicksal der jeweiligen Ansprüche 1 (vgl. BGH GRUR 1997, 120 -elektrisches Speicherheizgerät).
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BPatG:
Beschluss v. 11.08.2009
Az: 14 W (pat) 330/06
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