Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Februar 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 5/99

(BPatG: Beschluss v. 16.02.2000, Az.: 29 W (pat) 5/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 16. Februar 2000, Aktenzeichen 29 W (pat) 5/99, die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts vom 10. November 1998 erfolgreich gemacht.

In dem Verfahren ging es um die Anmeldung einer Bildmarke zur Kennzeichnung von "Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten an Lichtbildern, Lichtbildwerken, Filmen, Videos sowie Bild- und/oder Tonsequenzen auf Bild- und/oder Tonträgern aller Art; Produktion von Lichtbildern, Lichtbildwerken, Filmen, Videos sowie Bild- und/oder Tonsequenzen auf Bild- und/oder Tonträgern aller Art". Die Markenstelle hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, da "picture book" nicht nur "Bilderbuch", sondern auch "Bildband" bedeuten könne. Die Anmelderin argumentierte, dass der Schriftzug der Marke graphisch so eigenwillig verfremdet sei, dass er auch als Wort "book" lesbar sei, das als dargestellte Brille mit den Buchstaben "b" und "k" als Brillenbügel und den "oo" als Brillengläsern erkennbar sei. Außerdem sei die Marke erst nach Gedankenarbeit verständlich und habe deshalb Unterscheidungskraft.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die Beschwerde zulässig und auch in der Sache erfolgreich ist. Die Marke habe weder ein Freihaltebedürfnis noch fehle es an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Der Schriftzug der Marke sei noch zwanglos als "the picture book" lesbar und erzeugt keine bildliche Verfremdung, die an eine Brille erinnert. Zudem habe die Marke in der Dienstleistungsbranche, für die sie angemeldet wurde, keine konkrete Bedeutung, die zu deren Bezeichnung geeignet wäre. Auch jegliche beschreibenden Begriffsgehalte fehlten der Marke.

Das Bundespatentgericht hob daher den Beschluss der Markenstelle auf und gab der Beschwerde statt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 16.02.2000, Az: 29 W (pat) 5/99


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts vom 10. November 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endezuletzt zur Kennzeichnung von "Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten an Lichtbildern, Lichtbildwerken, Filmen, Videos sowie Bild- und/oder Tonsequenzen auf Bild- und/oder Tonträgern aller Art; Produktion von Lichtbildern, Lichtbildwerken, Filmen, Videos sowie Bild- und/oder Tonsequenzen auf Bild- und/oder Tonträgern aller Art, soweit in Klasse 41 enthalten".

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, "picture book" besage nach den lexikalischen Quellen nicht nur (Kinder-)"Bilderbuch", sondern auch "Bildband". Damit sei die Marke bei Druckereierzeugnissen lediglich eine Warenbezeichnung, beschreibe aber auch bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen lediglich deren Gegenstand. Die Fremdsprachigkeit sei dabei kein Hindernis. Die graphische Gestaltung führe nicht zur Unterscheidungskraft; trotz der handschriftlichen Anmutung des Schriftzugs sei die Verfremdung nicht so groß, daß er nicht ohne weiteres lesbar sei und von der durch die Zeichenwörter vermittelten Sachaussage wegführe.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, der Schriftzug der Marke sei graphisch so eigenwillig verfremdet, daß das auch als Wort "book" lesbare Wort als schematisch dargestellte Brille erscheine mit den Randbuchstaben "b" und "k" als Brillenbügel, die die beiden "oo" als enggestellte Brillengläser einfaßten. Aber auch als reine Wortmarke verstanden, sei die Marke nicht freihaltebedürftig. Der Verkehr müsse in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen erst Gedankenarbeit aufbringen, so daß die Marke nicht deutlich und unmißverständlich sei. Deshalb habe die Marke auch Unterscheidungskraft. Die Anmelderin hat zuletzt dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis unter Verzicht auf die Waren "Bildkataloge" und darauf bezogene Dienstleistungen die oben wiedergegebene Fassung gegeben.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, und sie hat jedenfalls auf der Grundlage der im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auch in der Sache Erfolg. Denn für die angemeldete Marke läßt sich nunmehr weder ein Freihaltebedürfnis noch das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft feststellen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).

Ein aktuelles Freihaltebedürfnis besteht an der Marke nicht. Ihr Schriftzug ist zeichnerisch nicht so verfremdet, daß er sich nicht noch zwanglos als "the picture book" lesen ließe. Eine bildliche Verfremdung ergibt sich auch nicht durch die graphische Wirkung des Wortes "book", die nach Meinung der Anmelderin an eine eingezeichnete Brille gemahnt. Eine solche bildlichbegriffliche Assoziation liegt auch für das vorliegend angesprochenen Publikum eher fern, da bildliche Darstellungen als Bestandteile von Marken nur bei eindeutiger Sachaussage begrifflich aufgenommen werden (vgl. auch Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl. § 8 Rdn. 108), dieser Effekt sich aber hier, wenn überhaupt, erst auf einen entsprechenden Hinweis hin und bei genauerer Betrachtung einstellen wird. Diese inländischen Verkehrskreise, nämlich Fachleute auf dem Gebiet der Verwertung und Produktion von Bild- und Tonmedien, haben mit der englischen Fassung der Marke, im Deutschen "das Bilderbuch", keine Verständnisprobleme (BGH GRUR 1988, 379, 380 - RIGIDITE), zumal es sich um Wörter des englischen Grundwortschatzes handelt. Bei dieser Ausgangslage käme zunächst eine Zurückweisung der Anmeldung nur in Betracht, wenn die Wortfolge der Marke nachweislich bereits gegenwärtig als sachbeschreibende Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen in Gebrauch wäre. Das ist ersichtlich nicht der Fall. Der Senat hat zwar aufgrund einer Internet-Recherche zum gegenwärtigen werblichen Gebrauch des Begriffs "picture book" festgestellt, daß er sehr verbreitet ist und nicht nur Kinderbücher umfaßt, sondern generell bebilderte Darstellungen, auch unabhängig von einem damit verfolgten Unterhaltungszweck und bis hin in den Bereich der Wissenschaft (z.B. "Picture Books for Middle & Secondary Students", "Kevin Cowtan's Picture Book of Fourier Transforms"). Indessen bleibt nach diesen Fundstellen, aber auch nach den lexikalischen Nachweisen (z.B. Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, 1988, zu diesem Stichwort) ein "picture book" regelmäßig eine druckschriftliche Veröffentlichung in Buchform, so daß andere Arten von Bildzusammenstellungen, insbesondere die Standbild-, Laufbild- und Tonwerke und ihre Träger nicht unter diesen Begriff fallen. Um so weniger werden die sich darauf beziehenden Dienstleistungen der Marke so genannt werden.

Unter diesen Umständen sind Anhaltspunkte dafür, daß Dritte jedenfalls künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke oder ihrer Wortfolge für diese Dienstleistungen haben könnten, ebenfalls nicht ersichtlich. An ein solches potentielles Freihaltebedürfnis sind strenge Anforderungen zu stellen. Es sind konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende Entwicklung erforderlich (BGH GRUR 1990, 517, 518 - SMARTWARE; 1992, 515, 516 - VAMOS). Die Wendung "the picture book" hat aber im Dienstleistungsbereich der Marke, wie oben bereits ausgeführt, keine so konkrete Bedeutung, daß sie zu deren Bezeichnung geeignet wäre. Es handelt sich vielmehr um einen für die beanspruchten Dienstleistungen als Eigenschafts- wie als Bestimmungsangabe neben der Sache liegenden Ausdruck, den Wettbewerber so nicht als konkret und unmittelbar beschreibende Sachangabe benötigen.

Aus diesen Gründen kann der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Der Senat hat im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses keinen für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - ABSOLUT) feststellen können. Da es sich auch nicht um eine so gebräuchliche Wendung der englischen Fremdsprache handelt, daß sie vom Verkehr stets nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird, fehlen im vorliegenden Falle jegliche Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr ungeachtet der dargestellten sachlichen Ungenauigkeit die Wortfolge der Marke als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten würde.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Schuster V/Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)5-99.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 16.02.2000
Az: 29 W (pat) 5/99


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