Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. November 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 267/99
(BPatG: Beschluss v. 27.11.2000, Az.: 30 W (pat) 267/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 27. November 2000 (Aktenzeichen 30 W (pat) 267/99) eine Beschwerde abgelehnt. Es ging um die Eintragung der Bezeichnung "digiID" als Marke für verschiedene Geräte und Dienstleistungen im Bereich der Kontroll- und Sicherheitstechnik. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass das Zeichen einen Herstellerhinweis darstelle und von Fachleuten im Marktsegment erkannt werde. Außerdem sei der Begriff "digital" nicht eindeutig beschreibend, da biometrische Identifikationssysteme keine rein digitale Identifikation durchführen. Die Beschwerdeführerin betonte außerdem, dass es einen Fachbegriff "biometrische Identifikation" gebe.
Das Gericht entschied jedoch, dass die angemeldete Marke "digiID" beschreibend sei und daher von Mitbewerbern freigehalten werden müsse. Es führte aus, dass das Zeichen aus den beiden beschreibenden Abkürzungen "Digi" und "ID" bestehe, die sich ohne weiteres als "digitale Identifikation" übersetzen lassen könnten. Das Gericht verwies dabei auf verschiedene Beispiele von Begriffen, die mit "Digi" zusammengesetzt sind und ebenfalls digitale Technologien bezeichnen. Es stellte außerdem fest, dass die Abkürzung "ID" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ebenfalls "Identifikation" bedeute.
Das Gericht argumentierte, dass der Begriff "digitale Identifikation" eine sachliche Aussage über die Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen darstelle. Es sei in der Kontroll- und Sicherheitstechnik von entscheidender Bedeutung, dass der Benutzer schnell und zweifelsfrei identifiziert werde. Obwohl die Identifikation teilweise analog erfolge, müsse die Verarbeitung in EDV-Systemen ausschließlich digital erfolgen. Das Gericht betonte, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass biometrische Identifikation auch als "biometrische Identifikation" bezeichnet werde, jedoch bleibe dies eine Form der "digitalen Identifikation". Eine Internetrecherche habe ergeben, dass der Begriff "digitale Identifikation" bereits verwendet werde.
Daher entschied das Gericht, dass das angemeldete Zeichen aufgrund eines Freihaltebedürfnisses von Mitbewerbern gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 des Markengesetzes nicht als Marke eingetragen werden könne.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 27.11.2000, Az: 30 W (pat) 267/99
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die BezeichnungdigiID als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen Geräte und Anlagen der Kontroll- und Sicherheitstechnik, nämlich Zutrittskontrollsysteme, Zugriffskontrollsysteme, biometrische Identifikation, Fingerabdruckerkennung, Personenidentifikation.
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, nämlich Software für Anlagen der Kontroll- und Sicherheitstechnik, Software für Datenerfassung und -auswertung.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Marke, die aus einer Kombination des Wortes digi und den daran angefügten Großbuchstaben ID bestehe, enthalte lediglich einen beschreibenden Sachhinweis dahingehend, daß die damit gekennzeichneten Produkte auf der Digitaltechnik basierten bzw digitale Systeme darstellten, die eine Identifikation ermöglichten. Die Anmeldemarke nehme auf diese Zweckbestimmung und Eigenschaft der Waren und Dienstleistungen unmittelbar Bezug. Der Verkehr erfasse diesen Sinngehalt ohne gedanklichen Umweg und analytische Überlegung, so daß eine Eintragung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft ausgeschlossen sei.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und in Abrede gestellt, daß die Marke soviel wie "digitale Identifikation" heiße. Die von den Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise seien Spezialisten, die schon wegen des überschaubaren Marktsegments in dem angemeldeten Zeichen einen Herstellerhinweis erblickten. Auch würden biometrischen Identifikationssysteme die Merkmale nie digital, sondern immer nur analog ermitteln, womit der Begriff "digital" nicht glatt beschreibend sein könne. Auf Hinweis des Senats, daß eine Zurückweisung wegen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG in Betracht komme, wendet die Anmelderin ein, daß die Erkennung von biologischen Merkmalen (Fingerabdruck, Iris, Gesicht, Stimme) nicht als digitale Identifikation bezeichnet werde. Dafür gebe es vielmehr den Fachbegriff "biometrische Identifikation".
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Inhalt des patentamtlichen Beschlusses Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist warenbeschreibend und somit wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift sind Zeichen nicht eintragungsfähig, wenn sie ausschließlich aus Angaben bestehen, die den Verkehr ua zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder Bezeichnung sonstiger Merkmale von Waren dienen bzw dienen können (ständige Rechtsprechung, zB BGH Markenrecht 2000, 330 - Bücher für eine bessere Welt).
Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ist das Zeichen aus den beiden beschreibenden Abkürzungen bzw Kurzworten Digi und ID zusammengesetzt und läßt sich in seiner Gesamtaussage ohne weiteres mit dem fachspezifischen Begriff "digitale Identifikation" übersetzen. Daß Digi als Abkürzung für Digital steht, hat auch die Anmelderin nicht in Abrede gestellt. Ergänzend zu den zahlreichen, bereits von der Markenstelle angeführt Beispielen (und ohne daß es für die Entscheidung darauf ankommt) konnten noch folgende mit DIGI zusammengesetze Begriffe festgestellt werden: DIGICASH (digitales Geld), DIGICOM (digitale Kommunikation), DIGINET (Digitalnetz), DIGIPEATER (Digitalverstärker), DIGISAT (digitaler Datenübertragungsdienst über Satellit), DIGISET (digitale Setzmaschine; vgl hierzu Schulze, Computerkürzel, 1998, S 106). Das Kurzwort Digi steht also für "digital"".
Ebensowenig kann die Abkürzung ID in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine andere Bedeutung als "Identifikation" haben. Neben den bereits von der Markenstelle aufgeführten Nachweisen wird dies auch in neueren Veröffentlichungen bestätigt (vgl zB Linke, Winkler, Das M & T Computerlexikon, 2000, S 860; Rosenbaum, Informationstechnologie von A - Z, April 2000, Abkürzungen; Kreisel, Tabbert, Net Jargon, S 155; Voss, Data Becker, Das große PC-Lexikon 2000, S 445 usw).
Der Begriff "digitale Identifikation" ist für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Sachaussage. Die schnelle und zweifelfreie Identifikation des Benutzers ist im Kontroll- und Sicherheitstechnik von entscheidender Bedeutung. Die Digitaltechnik ermöglicht eine solche Erkennung mittels Zahlen, Namen oder anderer eindeutiger Schlüssel, wie zB der biometrischen Merkmale. Auch wenn diese Art der Identifikation zum Teil analog erfolgt, so muß deren Verarbeitung in EDV-Systemen ausschließlich in digitaler Form geschehen. Eine deratige Funktionsweise mit "digitale Identifikation" zu bezeichnen, steht somit nicht im Widerspruch zu der Art der Erkennung, sondern beschreibt sie zuteffend bei einem Verarbeitungsschritt. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, daß die Identifikation anhand biologischer Merkmale auch mit dem Fachbegriff "biometrische Identifikation" bezeichnet wird: Gleichwohl bleibt diese Art der Identifikation weiterhin eine "digitale Identifikation" (als weiteren Oberbegriff). Eine Internetrecherche ergab, daß diese naheliegende Bezeichnung bereits verwendet wird. Mehrer Treffer zeigten Fundstellen im Bereich der Erkennung und Erfassung von Personen und Daten zB bei Kreditkartenunternehmen, Kontrollsystemen, Textchiffrierung udgl. Diese Recherche ergänzt und verstärkt die naheliegnden Anhaltspunkte, daß der mit dem angemeldeten Zeichen abgekürzte Begriff zur zukünftigen freien Verwendung benötigt wird.
Die Eintragung als Marke ist somit wegen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht möglich.
Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.
Dr. Buchetmann Sommer Richter Sommer ist in den Ruhestand versetzt und daher an der Unterschriftsleistung verhindert Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Na
BPatG:
Beschluss v. 27.11.2000
Az: 30 W (pat) 267/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/0cb0375ecaf0/BPatG_Beschluss_vom_27-November-2000_Az_30-W-pat-267-99