Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. November 2008
Aktenzeichen: 23 W (pat) 330/04

(BPatG: Beschluss v. 20.11.2008, Az.: 23 W (pat) 330/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 20. November 2008 das Patent widerrufen. Die Prüfungsstelle für Klasse H05K des Deutschen Patent- und Markenamts hatte auf die am 30. Mai 2001 eingegangene Patentanmeldung ein Patent erteilt. Die Einsprechende legte fristgerecht Einspruch ein und beantragte den Widerruf des Patents, da der Gegenstand unzulässig erweitert und nicht patentfähig sei. Die Patentinhaberin verteidigte das Patent und reichte hilfsweise einen geänderten Patentanspruch ein. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Patentinhaberin, das Patent lediglich in der zuvor hilfsweise eingereichten Anspruchsfassung verteidigen zu wollen. Die Einsprechende bestand jedoch auf dem Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit. Das Patentgericht stellte fest, dass der Einspruch zulässig und begründet ist, da der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Das Patent wurde daher widerrufen und zusammen mit den Unteransprüchen 2 bis 5 für nicht rechtsbeständig erklärt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.11.2008, Az: 23 W (pat) 330/04


Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse H05K des Deutschen Patentund Markenamts hat auf die am 30. Mai 2001 eingegangene Patentanmeldung das Patent 101 26 189 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Gehäuse für ein elektrisches Gerät, insbesondere ein Schaltoder Steuergerät in einem KFZ" erteilt. Die Patenterteilung ist am 18. Dezember 2003 veröffentlicht.

Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 17. März 2004, beim Patentamt eingegangen am 18. März 2004, fristgerecht Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, da der Gegenstand des Patents unzulässig erweitert und nicht patentfähig sei. Insbesondere sei er nicht neu bzw. beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch unter anderem auf den Stand der Technik nach der -DE 100 45 728 A1 (Druckschrift D1)

und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber diesem Stand der Technik nicht neu sei.

Die Patentinhaberin ist mit Schriftsatz vom 23. Mai 2007 dem Einspruchsvorbringen in allen wesentlichen Punkten entgegengetreten. Insbesondere führt sie aus, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 zulässig sei. Auch sei er neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Lediglich hilfsweise reicht sie einen geänderten Patentanspruch 1 mit hieran anschließenden, unveränderten, direkt oder indirekt abhängigen Patentansprüchen 2 bis 5 ein, wobei der geänderte Patentanspruch 1 den Einwänden hinsichtlich des angeführten Einspruchsgrunds der unzulässigen Erweiterung Rechnung tragen soll.

In der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2008 erklärt die Patentinhaberin nach Abgabe einer vorläufigen Beurteilung der Sachlage durch den Senat, das Patent lediglich in der zuvor hilfsweise eingereichten Anspruchsfassung verteidigen zu wollen.

Die Einsprechende hält in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem jetzt geltenden Patentanspruch 1 an dem Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit fest.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 5 gemäß Schriftsatz vom 24. Mai 2007 (dortiger Hilfsantrag), im Übrigen mit den erteilten Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet (unter Hinzufügen von Gliederungspunkten): "Gehäuse (10) für ein elektrisches Gerät (1), insbesondere ein Schaltoder Steuergerät in einem Kfz, M1 mit wenigstens zwei miteinander verbindbaren Gehäuseteilen (11, 12), M2 die eine trapezförmige Ausformung (20) für einen mit einer Leiterplatte (13) verbundenen Steckerkörper (15) ausbilden, M3 sowie mit einer im Bereich der Ausformung (20) zwischen dem Steckerkörper (15) und den wenigstens zwei Gehäuseteilen (11, 12) angeordneten Dichtmassen (27, 35), M4 die vor dem Zusammenfügen der Gehäuseteile (11, 12) und dem Steckerkörper (15) aufbringbar sind, dadurch gekennzeichnet, M5 dass in einem Bereich (36) einer der Form der Ausformung (20) angepassten umlaufenden Zwischenwand (30) des Steckerkörpers (15), in dem die wenigstens zwei Gehäuseteile (11, 12) und der Steckerkörper (15) unmittelbar aufeinandertreffen, M6 wenigstens eines der Gehäuseteile (12) in zumindest einem Abschnitt als Nut (40) ausgebildet ist, M7 die einen Teil der einen Dichtmasse (35) aufnimmt, M8 wobei in die Nut (40) die Zwischenwand (30) des Steckerkörpers (15) eingreift M9 und dass die Nut (40) bis unmittelbar an das andere Gehäuseteil (11) heranreicht, M10 auf dem die andere Dichtmasse (27) aufgebracht ist."

Wegen der unverändert weiterverfolgten Unteransprüche 2 bis 5 wird auf den Hilfsantrag der Patentinhaberin vom 24. Mai 2007 und die Streitpatentschrift verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 maßgeblichen Fassung. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn -wie im vorliegenden Fall -die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist. Diese befristete Regelung ist zum 1. Juli 2006 ohne weitere Verlängerung ausgelaufen, so dass ab 1. Juli 2006 die Zuständigkeit für die Entscheidung in den Einspruchsverfahren wieder auf das Patentamt zurückverlagert wurde. Das Bundespatentgericht bleibt gleichwohl für die durch § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG zugewiesenen Einspruchsverfahren auch nach dem 30. Juni 2006 zuständig, weil der Gesetzgeber eine anderweitige Zuständigkeit für diese Verfahren nicht ausdrücklich festgelegt hat und deshalb der in allen gerichtlichen Verfahren geltende Rechtsgrundsatz der "perpetuatio fori" (analog § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und analog § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) zum Tragen kommt, wonach eine einmal begründete Zuständigkeit bestehen bleibt. Die Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG durch das "Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes" (BGBl 2006, Teil I, Seite 1318) führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. Oktober 2006, GRUR 2007, 499 -"Rundsteckverbinder/perpetuatio fori"). Die Rechtsauffassung zur fortdauernden Zuständigkeit des Bundespatentgerichtswurde nunmehr auch durch den Bundesgerichtshof bestätigt (BGH GRUR 2007, 862, Tz. 10 am Ende -"Informationsübermittlungsverfahren II").

III.

Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Der Einspruch ist auch begründet. Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung beruht der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 21 Abs.1 Nr. 1 PatGi. V. m. § 4 PatG).

a) Der Einspruch ist zulässig. Zwar ist die Zulässigkeit des Einspruchs von der Patentinhaberin nicht in Frage gestellt worden. Jedoch haben Patentamt und Gericht auch ohne Antrag der Patentinhaberin die Zulässigkeit des Einspruchs in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59, Rdn. 160), da ein unzulässiger -einziger -Einspruch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents führt (vgl. hierzu Schulte, PatG, 8. Auflage, § 61, Rdn. 23; BGH GRUR 1987, 513, II.1. -"Streichgarn").

Gegen die Zulässigkeit des Einspruchs bestehen im vorliegenden Fall aber insofern keine Bedenken, als die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 die Widerrufsgründe der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht und die Tatsachen im Einzelnen angegeben hat, die den Einspruch rechtfertigen (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG).

So hat sie die Begriffe im Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 angegeben ("Ausformung 20", " Zwischenwand 30"), die ihrer Ansicht nach nicht ursprünglich offenbart sind und diesen deren entsprechende ursprüngliche Formulierung gegenübergestellt.

Darüber hinaus stellt sie den erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Stand der Technik nach beispielsweise Druckschrift D1 und sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents her (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, li. Sp. Abs. 1 -"Epoxidation"; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 91 bis 97).

Ob die dabei vorgetragenen Tatsachen den Widerruf des Patents auch tatsächlich rechtfertigen, ist nicht bei der Zulässigkeit, sondern bei der Begründetheit des Einspruchs zu prüfen (vgl. BGH GRUR 1987, 513, 514, li. Sp. zweiter Abs. "Streichgarn"; BlPMZ 1985, 142, Leitsatz -"Sicherheitsvorrichtung"; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 99).

b) Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 zulässig ist, denn der Einspruch hat jedenfalls deshalb Erfolg, weil sich die Lehre des verteidigten Patentanspruchs 1 im Hinblick auf den Stand der Technik nach Druckschrift D1 als nicht patentfähig erweist (vgl. hierzu BGH GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 -"Elastische Bandage").

c) Laut erteilter Beschreibung betrifft die Erfindung ein elektrisches Gerät, insbesondere ein Schaltoder Steuergerät in einem Kraftfahrzeug, welches wenigstens zwei Gehäuseteile mit einer Ausformung zur Aufnahme eines Steckerkörpers aufweist.

Mit Bezugnahme auf die deutsche Offenlegungsschrift DE 195 16 708 A1 werden nach Angabe der Patentinhaberin üblicherweise die Gehäuseteile unter Zuhilfenahme einer flexiblen Dichtung miteinander verbunden.

Bei der Montage des Gehäuses seien dabei insbesondere jene Fügestellen fertigungskritisch, an denen mehr als zwei Teile, beispielsweise die beiden Gehäuseteile und der Steckerkörper unmittelbar aufeinandertreffen. Dies führe in Folge bei der Serienfertigung zu Abdichtproblemen der Gehäuse (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]), da sich in diesen Bereichen die entsprechenden Fertigungsund Montagetoleranzen der Einzelteile summieren (vgl. Streitpatent, Abs. [0002]).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatentgegenstand als technisch Problem sinngemäß die Aufgabe zugrunde, ein Gehäuse für ein elektrisches Gerät anzugeben, welches die vorstehend beschriebenen Nachteile überwindet, d. h. welches bei seiner Montage eine größere Fertigungstoleranz hinsichtlich der Gehäusedichtheit aufweist, um so ein sicheres Abdichten des Steuergeräts nach außen zu erzielen (vgl. Streitpatent, Abs. [0003]).

Dieses Problem wird nach Angaben des Streitpatents dadurch gelöst, dass im Fügebereich, in welchem die mehr als zwei Bauteile (Gehäuseteile und Steckerkörper) unmittelbar aufeinandertreffen, eine der Form der Ausformung angepasste Zwischenwand, somit ein Vorsprung des Steckerkörpers, in eine mit Dichtmasse versehene Nut (Ausnehmung) des einen Gehäuseteils eingreift. Hierdurch soll die Dichtmasse gezielt in Richtung zum anderen Gehäuseteil hin verdrängt werden, so dass im Fügebereich der drei Bauteile zueinander stets ein bestimmtes Volumen an Dichtmasse vorhanden sein soll (vgl. Streitpatent, Abs. [0003]). Da beide Gehäuseteile jeweils eine Dichtmasse 27, 35 aufweisen, drückt die Zwischenwand beim Zusammenbau des Gehäuses die eine Dichtmasse 35 in der Nut 40 in Richtung der anderen Dichtmasse 27, was zu einem Überdeckungsbereich 42 beider Dichtmassen und somit zu einer dichten Gehäuseverschluss führe (vgl. Streitpatent, Abs. [0016] und [0017]).

Im Fügebereich der mindestens drei Bauteile zueinander soll stets ein bestimmtes Volumen an Dichtmasse vorhanden sein, so dass bei größtmöglicher Montagetoleranz eine luftund feuchtigkeitsdichte Abdichtung des Gehäuses bewerkstelligt werden könne (vgl. Streitpatent, Abs. [0003]).

Für die Lehre des Patentanspruchs 1 sind die Definitionen der einen Dichtmasse (35) und der anderen Dichtmasse (27) wesentlich.

Nach der Beschreibung ist im Bodenteil (11) auf der dem Deckel (12) zugewandten Seite im Randbereich eine erste Dichtung in Form einer umlaufenden, raupenförmig aufgebrachten Dichtmasse (27), die im Sinne des Anspruchs 1 der "anderen Dichtmasse (27)" entspricht, während die zur Abdichtung der beiden Seitenkanten (33, 34) und der Oberseite der Zwischenwand (30) zum Deckel (12) hin eine zweite Dichtung in Form einer ebenfalls raupenförmig aufgebrachten Dichtmasse (35), die im Sinne des Anspruchs 1 der "einen Dichtmasse (35)" entspricht und an den entsprechenden Stellen der Zwischenwand (30) in dem Deckel eingebracht wird (vgl. Streitpatentschrift Abs. [0014]).

d) Der Einspruch hat in der verteidigten Fassung des Streitpatents jedenfalls deshalb Erfolg, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D1, zweite und erste Ausführungsform nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht.

Der zuständige Fachmann ist hier als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Gehäusen für ein elektrisches Gerät befasster, berufserfahrener Elektroingenieur mit Fachhochschulausbildung zu definieren.

Druckschrift D1 offenbart mit der Lehre seiner zweiten Ausführungsform die Merkmale des Oberbegriffs des verteidigten Patentanspruchs 1 (vgl. insbesondere Fig. 7 bis 10 mit zugehöriger Beschreibung). In Worten des Streitpatents offenbart die Druckschrift D1 ein Gehäuse für ein elektrisches Gerät, insbesondere für ein Schaltoder Steuergerät in einem Kraftfahrzeug (vgl. Beschreibung, Spalte 1, erster Abs.) mit wenigstens zwei miteinander verbindbaren Gehäuseteilen (vgl. Fig. 1 und 7, Gehäusekörper 5, Abdeckung 8), die eine trapezförmige Ausformung (vgl. Fig. 1 und 7, Verbindungsgliedöffnung 56) für einen mit einer Leiterplatte (vgl. Fig. 1 und 7, Schaltungsplatte 2) verbundenen Steckerkörper (vgl. Fig. 1 und 7, Verbindungsglied 3) ausbilden, sowie im Bereich der Ausformung (vgl. Fig. 7, Verbindungsgliedöffnung 56) zwischen dem Steckerkörper und den wenigstens zwei Gehäuseteilen angeordneten Dichtmassen (vgl. Fig. 7, Flüssigkeitsabdichtmaterial 9 in den Rinnenabschnitten 65, 67, 61, 59, 31 im Bereich der Verbindungsgliedöffnung 56 und im Bereich des bodenseitigen Gehäusekörpers 5 und an der Oberseite des Verbindungsglieds 3), die vor dem Zusammenfügen der Gehäuseteile und dem Steckerkörper aufbringbar sind.

Darüber hinaus lehrt das zweite Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 folgende kennzeichnenden Merkmale des verteidigten Patentanspruchs 1, wonach in einem Bereich einer der Form der Ausformung (vgl. Fig. 7, Verbindungsgliedöffnung 56) angepassten, umlaufenden Zwischenwand in Form der Außenkontur des Steckerkörpers (vgl. Fig. 7, Seitenabschnitte 33, 34), in dem die wenigstens zwei Gehäuseteile und der Steckerkörper unmittelbar aufeinandertreffen (M5), davon wenigstens eines der Gehäuseteile (im Sinne des Streitpatents des "anderen" Gehäuseteil; bodenseitiger Gehäusekörper 5) in zumindest einem Abschnitt als Nut (vgl. Fig. 7, Rinnenabschnitte 59, 61, 65, 67 i. V. m. Beschreibung Spalte 10, Zeilen 18 bis 20, "In den zwei Seiten der Wülste 66 und 68 sind darüber hinaus Rinnenabschnitte 65 und 67 zum Einfüllen und Halten des Flüssigkeitsabdichtmaterials ...")

ausgebildet ist (M6), der einen Teil der einen Dichtmasse aufnimmt (M7), wobei die Nut (Rinnenabschnitte 65, 67) bis unmittelbar an das andere Gehäuseteil (im Sinne des Streitpatents das "eine" Gehäuseteil; Abdeckung 8) heranreicht (M9).

Dabei ist die Dichtmasse (9) in dem Rinnenabschnitt (31) des Verbindungsglieds (3) wirkungsgleich mit der "einen Dichtmasse" im Sinne des Streitpatents, während die Dichtmasse (9) in den Rinnenabschnitten (59, 61, 65, 67) des bodenseitigen Gehäuseteils (5) der "anderen Dichtmasse" im Sinne des Streitpatents entspricht, so dass sich auch das Merkmal M10, demzufolge auf dem "anderen Gehäuseteil" (hier bodenseitiges Gehäuseteil 5) die andere Dichtmasse aufgebracht ist, ebenfalls in der Druckschrift D1 offenbart ist.

Somit offenbart die zweite Ausführungsform der Druckschrift D1 lediglich das Merkmal M8 nicht, dem zufolge in die Nut des einen Gehäuseteils die Zwischenwand des Steckerkörpers eingreift.

Jedoch offenbart die erste Ausführungsform der Druckschrift D1, bei dem bodenseitigen Gehäuseteil (5) eine mit Dichtmasse gefüllte Nut (61) vorzusehen, in die ein Vorsprung (32) des Steckerkörpers (3) eingreift (vgl. Fig. 5 mit zugehöriger Beschreibung).

Für den Fachmann ist es naheliegend, diesen Vorsprung (32) in der Form der Aussparung angepassten, um den Steckerkörper umlaufenden Vorspruch auszubilden und in eine Nut des einen Gehäuseteils eingreifen zu lassen, weil die Anordnung gemäß der Druckschrift D1 (Vorsprung des Deckelteils greift in das Rinnenteil 31 an der Oberseite des Steckerkörpers 3 ein) und derjeniger gemäß Streitpatentschrift (Zwischenwand 30 greift in eine Nut des Deckels (12) ein) äquivalent sind.

Somit fehlt es dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 unter Berücksichtigung der Lehre der ersten und zweiten Ausführungsform der Druckschrift D1 an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist daher nicht rechtsbeständig.

e) Mit dem nicht rechtsbeständigen Patentanspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die Unteransprüche 2 bis 5 in ihrer direkten oder indirekten Rückbeziehung auf den Patentanspruch 1 (BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz -"Informationsübermittlungsverfahren II").

f) Das Patent war daher zu widerrufen.

Dr. Tauchert Lokys Martens Maile Pr






BPatG:
Beschluss v. 20.11.2008
Az: 23 W (pat) 330/04


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