Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 191/03
(BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az.: 26 W (pat) 191/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dieser Gerichtsentscheidung geht es um einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Wortmarke für Tabakerzeugnisse. Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die teilweise Löschung der jüngeren Marke angeordnet, da ein Bestandteil der Marke als beschreibend angesehen wird und Verwechslungsgefahr besteht. Die Markeninhaberin hat gegen diese Entscheidung Erinnerung eingelegt, jedoch ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht bestätigt die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Zigarren und erkennt die Verwechslungsgefahr an. Es wird darauf hingewiesen, dass objektiv wirtschaftlich sinnvolle Benutzungshandlungen vorliegen und die Umsätze die Grenze der Ernsthaftigkeit überschreiten. Da relevante Teile der Verkehrskreise den beschreibenden Hinweis "FINA" in der Marke als Bestandteil des Begriffs "VEGA" sehen und die Waren teilweise identisch oder hochgradig ähnlich sind, besteht in einem rechtserheblichen Umfang Verwechslungsgefahr nach dem Markengesetz. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird daher zurückgewiesen, und die Kosten des Verfahrens werden ihr auferlegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az: 26 W (pat) 191/03
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke 397 16 188 VEGA für "Rohtabak, Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse, Zigarettenpapier, Feuerzeuge, Raucherbedarfsartikel" ist Widerspruch erhoben worden aus der IR-Wortmarke 644 451 VEGAFINA, die in Deutschland Schutz geniesst für "tabac, cigares, cigarettes, articles pour fumeurs et allumettes".
Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch die teilweise Löschung der jüngeren Marke hinsichtlich der Waren "Rohtabak, Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse" angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, für die Waren, hinsichtlich derer die Löschung angeordnet wurde, sei der Bestandteil "-fina" beschreibend i. S. v. Feinschnitt, Feinheit des Rauches, Feinheit des Geschmacks, Feinheit des verwendeten Tabaks und werde auch beschreibend benutzt und verstanden, wie sich aus den dem Beschluss beigefügten Verwendungsbeispielen ersehen lasse. Insoweit werde sich der Verkehr allein an dem Wortbestandteil "Vega" der Widerspruchsmarke orientieren mit der Folge bestehender Verwechslungsgefahr. Für die übrigen Waren gelte dies nicht.
Die Markeninhaberin hat Erinnerung eingelegt und die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat Benutzungsunterlagen vorgelegt. Die Markenstelle hat die Benutzung für Zigarren als hinreichend glaubhaft angesehen und die Erinnerung zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie meint, die von der Widersprechenden belegten Umsätze seien nicht ausreichend, um eine ernsthafte Benutzung anzunehmen. Zu Unrecht habe die Markenstelle bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur auf den übereinstimmenden Bestandteil "VEGA" abgestellt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass "FINA" als beschreibend zurücktrete; in ihrer Gesamtheit seien die Zeichen nicht verwechselbar ähnlich. Die Voraussetzungen für die Annahme mittelbarer Verwechslungsgefahr lägen nicht vor.
Die Widersprechende ist der Ansicht, die Benutzungshandlungen seien objektiv als wirtschaftlich sinnvoll anzusehen und damit rechtserhaltend. Die Waren "Zigarren", für die die Benutzung belegt sei, seien mit den von der jüngeren Marke erfassten Waren identisch bzw. diesen hochgradig ähnlich. Der Bestandteil "FINA" weise - wie die Markenstelle zu Recht ausführe - auf die Feinheit des Tabakschnitts hin. Da die angesprochenen Verkehrskreise daran gewöhnt seien, dass Zigarren aus spanischsprachigen Ländern kommen, würden sie dies auch verstehen. Der Verkehr werde sich daher bei der Widerspruchsmarke allein an "VEGA" orientieren. Im Hinblick auf die teilweise Identität und im Übrigen hochgradige Ähnlichkeit der Waren und die Markenähnlichkeit bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Darüber hinaus bestehe auch mittelbare Verwechslungsgefahr.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die Markenstelle im angefochtenen Beschluss zu Recht sowohl die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Zigarren (§ 26 MarkenG) wie auch die Verwechslungsgefahr bejaht hat (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
1. Die Widersprechende hat die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für Zigarren hinreichend glaubhaft gemacht. Die Umsätze, die ausweislich der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung, an deren sachlicher Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, in den Jahren 1999 bis 2002 erzielt wurden (durchschnittlich gut ... € jährlich), überschreiten mit Sicherheit die Grenze der Ernsthaftigkeit. Dieses Kriterium soll einer Umgehung des Benutzungszwangs durch formale, nur zum Zwecke des Rechtserhalts vorgenommene Scheinbenutzungshandlungen entgegenwirken. Eine ernsthafte Benutzung ist dann gegeben, wenn die Benutzungshandlungen objektiv als wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden können (BGH GRUR 2000, 1038 ff - Kornkammer). Die vorliegend glaubhaft gemachten Umsätze sind, auch wenn sie nicht besonders hoch sind, ohne Zweifel objektiv wirtschaftlich sinnvoll. Ihnen liegen, wie sich aus den vorgelegten Rechnungskopien ergibt, Lieferungen an deutsche Händler zugrunde.
Der gegenüber der eingetragenen Form größere Anfangsbuchstabe und das größere Binnen-"F" bei der Abbildung der Marke auf der vorgelegten Zigarrenschachtel verändern den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke nicht, auch wenn das größere Binnen-"F" eine Trennung in "VEGA" und "FINA" eher nahe legt als eine einheitliche Schreibweise, denn der Verkehr ist heutzutage an derartige werbeübliche Bildungen gewöhnt, und die unterschiedliche Schreibweise verändert den Begriffsinhalt der Widerspruchsmarke nicht (vgl. BGH a. a. O. - Kornkammer und GRUR 1999, 167 - Karolus-Magnus).
2. Es ist auch in einem rechtserheblichen Umfang mit Verwechslungen zu rechnen.
Wie die Markenstelle im Erstbeschluss, auf den insoweit Bezug genommen wird, überzeugend und unter Bezugnahme auf Beispiele dargelegt hat, ist bei Tabak ein Hinweis auf die Feinheit mit dem Begriff "FINA" nicht gerade selten. Demzufolge lässt sich zur Überzeugung des Senats jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise auch in "VEGAFINA" den zweiten Wortbestandteil "FINA" nur einen beschreibenden Hinweis darauf sehen, dass es sich um eine feine Variante von "VEGA" handelt, und einen Herkunftshinweis allein dem Bestandteil "VEGA" entnehmen.
Die einander gegenüber stehenden Waren - hinsichtlich der jüngeren Marke "Rohtabak, Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse", hinsichtlich der Widerspruchsmarke "Zigarren" - sind teilweise identisch und teilweise hochgradig ähnlich.
Unter Berücksichtigung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder hochgradigen Ähnlichkeit der Waren diese nach ihrer Herkunft einem einzigen Unternehmen zuordnen. Damit besteht die Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass nach der Wechselwirkungslehre des EuGH die Verwechslungsgefahr von mehreren Komponenten - insbesondere der Ähnlichkeit oder Identität der Waren, der Ähnlichkeit oder Identität der Marken und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke - abhängt, die miteinander in Wechselwirkung stehen, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (EuGH st. Rspr., z. B. Canon, GRUR 1998, 922 ff.).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Kosten bleibt es bei der Regel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Vorsitzender Richter Albert ist wegen Eintritts in den Ruhestand gehindert zu unterzeichnen Reker Reker Friehe-Wich WA
BPatG:
Beschluss v. 07.12.2005
Az: 26 W (pat) 191/03
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