Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 65/99

(BPatG: Beschluss v. 12.04.2000, Az.: 29 W (pat) 65/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um die Anmeldung der Wortfolge "Premium Conglomerates" als Marke zur Kennzeichnung von Druckschriften, Unternehmensberatung und Ausbildung und Erziehung. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und aufgrund eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und argumentierte unter anderem, dass die Markenstelle keine konkreten Feststellungen zum Freihaltebedürfnis getroffen habe und dass die Wortfolge mehrdeutig sei.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die Beschwerde zwar zulässig, aber in der Sache nicht erfolgreich ist. Es stellte fest, dass die Wortfolge bereits gegenwärtig beschreibend verwendet wird. In verschiedenen Artikeln und Berichten wird der Begriff "Premium Conglomerates" verwendet, um gut geführte Mischkonzerne zu kennzeichnen. Das Gericht argumentierte, dass die Marke einen glatt sachbeschreibenden Inhalt hat und eine schlagwortartige Verkürzung für eine bestimmte Lehrmeinung im Bereich des Unternehmensmanagements darstellt. Die Marke erfasst inhaltsbeschreibend das Thema der beanspruchten Druckschriften, Unternehmensberatung und Ausbildung und Erziehung.

Da die Wortfolge ein so gebräuchlicher Sachausdruck ist und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird, wurde der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen. Die Eintragung der Marke als Gemeinschaftsmarke, die von der Anmelderin beantragt wurde, bindet das Gericht nicht. Es wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung festgestellt, die eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern würde.

Insgesamt wurde die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 12.04.2000, Az: 29 W (pat) 65/99


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortfolge

"Premium Conglomerates"

als Marke zur Kennzeichnung von "Druckschriften; Unternehmensberatung; Ausbildung und Erziehung".

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, die Wortfolge der Marke sei zwar nicht nachweisbar, aber sie sei, ohne daß man dabei zergliedernd analysiere, ohne weiteres als "erstklassige Groß-(Misch-)konzerne" verständlich. Insofern sei die Marke inhaltsbeschreibend für wirtschaftsorientierte Zeitschriften, Dienstleistungen einer Unternehmensberatung und bestimmte Kursangebote der Betriebswirtschaftslehre zu Belangen von Misch- und Großunternehmen. Bei dieser Sachlage sei auch ein Freihaltebedürfnis nahegelegt.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, die Markenstelle habe keine konkrete Feststellungen zum Freihaltebedürfnis an der Marke getroffen. Deren Wortfolge ergebe auch keinen eindeutigen Sinn, insbesondere bei einer unbefangenen, nicht analysierenden Sichtweise, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich sei. So sei "premium" mehrdeutig, bedeute insbesondere auch "Prämie, Bonus", wohingegen die Übersetzung des Patentamts willkürlich herausgegriffen sei. Unterdessen sei die Marke als Gemeinschaftmarke eingetragen, wobei das Harmonisierungsamt sogar das Wortverständnis englischsprachiger Länder berücksichtigt habe. Die vom des Senat zur Kenntnis gegebenen Nachweise hätten keine relevante Aussagekraft.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, und regt an, im Falle der Zurückweisung der Anmeldung die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Der Senat hat zum gegenwärtigen werblichen Gebrauch der Wortfolge der Marke eine Internet-Recherche durchgeführt, deren Ergebnis (Bl. 15 - 23 d.A.) der Anmelderin zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt worden ist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Denn der Eintragbarkeit der angemeldeten Marke steht ein Freihaltebedürfnis entgegen und ihr fehlt auch die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 i.V.m. § 152 MarkenG).

Nach den Feststellungen des Senats wird die Wortfolge der Marke bereits gegenwärtig für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet. So wird in einem Artikel der Zeitschrift "The Manager" über die Anmelderin berichtet, sie setze bestimmte Schwerpunkte in der Unternehmensberatung; dabei wird der Begriff "premium conglomerates" benutzt, um besonders gut geführte Mischkonzerne zu kennzeichnen. Weiter wird mit ähnlichem Hintergrund in dem "Delhion-Net-Newspaper" vom 16. Januar 2000 berichtet, die Anmelderin strebe mit ihrer Unternehmensberatung danach, das indische Unternehmen "L&T" zu einem "knowledge based premium conglomerate through restructuring ..." zu machen. Schließlich stellt sich in einem Bericht der "India World" vom 17. August 1999 die indische "Hindalco Industries" selbst dar und sieht sich auf dem Weg zu einem "premium conglomerate with clear business focus at each corporate level".

Diese Quellen wenden sich ebenso wie die Marke als Folge des durch ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis umrissenen, speziellen unternehmensspezifischen Bereichs nicht nur an ein betriebswirtschaftlich interessiertes und dementsprechend sprachkundiges Publikum. Sie zeigen auch, daß die Wortfolge der Marke "Premium conglomerates" einen glatt sachbeschreibenden Inhalt hat, ersichtlich mit dem Charakter einer nahezu schlagwortartigen Wendung für eine bestimmte Lehrmeinung im Bereich des Unternehmensmanagements.

Dieser beschreibende Sinn der Marke läßt sich auch lexikalisch ohne weiteres, aus sich heraus und ohne Zuhilfenahme weiterer Sachhinweise erschließen. "Conglomerates" sind allgemein "Häufungen, Gemische" (vgl. Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch, 1988, zu diesem Stichwort), bezeichnen indessen in dem hier vornehmlich vorgegebenen betriebswirtschaftlichen Sachzusammenhang der Marke "Mischkonzerne", also in verschiedenen Branchen tätige Konzerne (vgl. Webster's Encyclopedic Unabrigded Dictionary, 3. Aufl., zum Stichwort "conglomerate":"a company consisting of a number of subsidiary companies or divisions in a variety of unrelated industries, usually as a result of merger or acquisition"; ebda. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 1990; auch die weiteren Internet-Belege des Senats und die von der Markenstelle zitierten lexikalischen Fundstellen). Diese Begriffsverengung ergibt sich auch und gerade aus der Kombination mit dem weiteren Markenbestandteil "premium" (d.h. "hochwertig", "erstklassig", s. auch Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1999 29 W (pat) 152/99 betr. "Premium Images"). Als Attribut gerade von "conglomerates" ist nämlich "premium" auf anderen Sachgebieten als dem hier vorliegenden - wie die Recherche des Senats ergeben hat - völlig ungebräuchlich (so ist dieser Ausdruck nicht z.B. für "hochwertige Steingemenge" nachweisbar). Daher verbleibt, wie die Fundstellen zeigen, allein die Unternehmenssphäre als Anwendungsbereich der Gesamtmarke. Da die Marke als Ganzes zu würdigen ist, ergeben theoretisch konstruierbare Bedeutungen auf anderen Sachgebieten, die grundsätzlich, z.B. als Inhalt der beanspruchten Druckschriften und Unterrichts-Dienstleistungen, möglich wären, keinen Sinn, führen vielmehr von den vorhandenen naheliegenden Sachzusammenhängen weg und sind damit rechtlich ebenso wenig relevant wie andere Bedeutungen von "premium" (etwa "Prämie", "Bonus"). Den betroffenen Verkehrskreisen sagt die Marke im gegebenen Umfeld ohne weiteres, daß es um "erstklassige Mischkonzerne" geht, wie es dem Gebrauch in der obigen, an letzter Stelle genannten Fundstelle auch entspricht. Sie ist eine schlagwortartige Verkürzung insofern, als damit - wie die weiteren beiden aufgeführten Quellen zeigen - letztlich erstklassig geführte branchenübergreifende Konzerne gemeint sind, die ihre Spitzenstellung aufgrund eines entsprechend angepaßten, flexiblen Unternehmenskonzepts und Managements erreicht haben und verdienen. Auch wenn die Wendung "premium conglomerates" ersichtlich bevorzugt von der Anmelderin auf dem Gebiet der Managementberatung mit dem Ziel der Schaffung solcher erstklassiger Mischkonzerne verwendet werden und sie vielleicht sogar diesen Begriff ursprünglich geprägt haben sollte, benutzt sie selbst ihn aber weder als Einzige noch ersichtlich in ausschließlich markenmäßiger Form. Aus diesen Gründen ist die Marke keine phantasievolle Neuschöpfung. Sie erfaßt vielmehr inhaltsbeschreibend sowohl in treffender Weise ein naheliegendes und klar umrissenes Thema der beanspruchten Druckschriften als auch die konkreten Inhalte von Unternehmensberatung mit dem Ziel solcher erstklassig geführten Unternehmen, und schließlich von Unterrichtungs-Dienstleistungen, insbesondere den auf diesem Gebiet üblichen Seminaren und Lehrgängen, die dieses Thema behandeln.

Bei dieser Sachlage muß der Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Der Senat hat im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses einen für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) festgestellt, wie dies oben näher ausgeführt ist. Da es sich auch um einen so gebräuchlichen Sachausdruck einer bekannten Fremdsprache handelt, daß er vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird, bestehen im vorliegenden Falle genügende Anhaltspunkte dafür, daß er die Marke aufgrund ihrer eindeutig beschreibenden Aussage als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten wird.

Die geltend gemachte Eintragung der angemeldeten Marke als Gemeinschaftsmarke vermag den Senat nicht zu binden. Zwar ist eine europarechtskonforme Auslegung der nationalen Vorschriften, mit denen die Markenrechtsrichtlinie umgesetzt wurde, geboten, um eine Harmonisierung der Rechtsanwendung zu erreichen. Die konkrete Ausgestaltung des nationalen Markenrechts sowie die stets im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigenden nationalen Verkehrsgepflogenheiten und die nationale Verkehrsauffassung können jedoch zu abweichenden Ergebnissen führen (vgl. Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl. 1997, § 8 Rdn. 58; Beschluß 27 W (pat) 38/97 vom 23. Juni 1998 - SHOE4YOU). Diese Auffassung vertritt auch die Dritte Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (vgl. HABM, R172/98, GRUR Int. 1999, 962 - ToxAlert). Im vorliegenden Fall hat der Senat konkrete Belege für den beschreibenden Gebrauch der angemeldeten Wortfolge ermittelt. Die Eintragung als Gemeinschaftsmarke mag deshalb auf einer anderen rechtlichen Beurteilung des beschreibenden Charakters der Wortfolge, auf einer anderen Rechtslage oder auf einer mangelnden Ermittlung zum tatsächlichen Sprachgebrauch beruhen.

Der Senat ist der Anregung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, nicht gefolgt, da vorliegend weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Vielmehr beruht die Entscheidung des Senats auf anerkannten Grundsätzen zur Beurteilung des Freihaltebedürfnisses und der Unterscheidungskraft; die Problematik des vorliegenden Falls liegt auf tatsächlicher Ebene.

Dr. Vogel von Falckenstein Viereck Guth Na






BPatG:
Beschluss v. 12.04.2000
Az: 29 W (pat) 65/99


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