Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 120/02
(BPatG: Beschluss v. 12.02.2004, Az.: 25 W (pat) 120/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 12. Februar 2004 (Aktenzeichen 25 W (pat) 120/02) entschieden, dass der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2002 aufgehoben wird. In dem Verfahren ging es um die Anmeldung einer Wort-Bildmarke für die Dienstleistungen "Verpflegung von Gästen in Restaurants, Cafes und Cafeterias". Die Markenstelle hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt. Der angemeldeten Wort-Bildmarke sei lediglich ein Sachhinweis auf die Dienstleistungen zu entnehmen. Das Wort "FRISH" werde vom Verkehr als Variation des Wortes "FRISCH" erkannt und der Hinweis auf "Messer und Gabel" werde als übliches Gestaltungselement angesehen. Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass das angemeldete Zeichen ausreichend von "FRISCH" unterscheidbar ist und daher eine Unterscheidungskraft besitzt. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass das Zeichen als Sachangabe verstanden wird. Die Beschwerde der Anmelderin wurde daher für zulässig und begründet erklärt und der Beschluss der Markenstelle aufgehoben.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 12.02.2004, Az: 25 W (pat) 120/02
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2002 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wort/-Bildmarkeist am 10. August 2001 für die Dienstleistungen "Verpflegung von Gästen in Restaurants, Cafes und Cafeterias" zur farbigen Eintragung (Farben helles grün, Pantone 390C und dunkles grün, Pantone 3308C) in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Zwischenbescheid vom 17. Januar 2002 beanstandet. Der angemeldeten Wort-Bildmarke sei lediglich ein unmittelbar beschreibender Sachhinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen des Inhalts zu entnehmen, dass es sich hierbei um Verpflegung von Gästen mit frischen Speisen handele, wobei der an Anglizismen gewöhnte Verkehr in dem Wort "frish" das deutsche Wort "frisch" wiedererkenne. Auch der als eyecatcher angebrachte Hinweis auf "Messer und Gabel" werde allgemein als Hinweis auf die Verpflegung von Gästen verwendet, wie zB auf den Hinweisschildern "Rasthof" an Autobahnen, und stelle deshalb ein übliches grafisches Gestaltungselement dar, welches eine Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht begründe. Durch Beschluss vom 2. April 2002 ist schließlich die Anmeldung wegen des bestehenden Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG unter ergänzendem Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "marktfrisch" (WRP 2001, 1082) sowie "antiKALK" (GRUR 2001, 1153) zurückgewiesen worden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem (sinngemäßen) Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Entgegen der Annahme der Markenstelle könne in dem Wort "FRISH" weder eine im Vordergrund stehende Sachaussage über bestimmte Eigenschaften der beanspruchten Dienstleistungen noch eine gebräuchliche Werbeaussage gesehen werden. Es handele sich auch nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder der englischen Sprache. Das Wort "FRISH" sei in Großschreibung und Alleinstellung ungewöhnlich und für den Verkehr wegen der erkennbaren Unterschiede zu dem Wort "FRISCH" auch gut zu unterscheiden. Keinesfalls wiese das angemeldete Zeichen einen eindeutigen Bedeutungsgehalt in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats kann letztlich weder festgestellt werden, dass es sich bei der angemeldeten Wort-/Bildmarke um eine beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt noch dass der Eintragung das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.
1) Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass allein der für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen grafischen und farblichen Ausgestaltung der zur farbigen Eintragung angemeldeten Marke keine Unterscheidungskraft begründende Eigentümlichkeit zukommt, auch wenn die Buchstaben ohne Leerräume aneinandergereiht sind, der Buchstabe "I" eine Abbildung von Messer und Gabel (Piktogramm) enthält und in farblicher Hinsicht nur die zur Eintragung angemeldeten Farben zu berücksichtigen sind (zum Schutzgegenstand einer zur farbigen Eintragung angemeldeten Wort/Bildmarke vgl BPatG MarkenR 2002, 348 - Farbige Arzneimittelkapsel). Denn der Wortbestandteil des angemeldeten Zeichens stellt sowohl in der Wahl der Schrifttype, der Schreibweise der Buchstaben ohne Zwischenräume wie auch in der farblichen Gestaltung nur eine übliche und in allen Bereichen des täglichen Lebens verwendete Schreibweise und Farbgestaltung von Schrift und Hintergrund dar, welche der bloßen Hervorhebung oder Ausschmückung, nicht aber der Kennzeichnung dient (vgl auch BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl. § 8 Rdn 69).
Auch das in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen verwendete glatt beschreibende Piktogramm "Messer und Gabel" wird wohl trotz seiner grafischen Einbindung in das Wort "FRISH" aus der Sicht der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise und des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers wegen seines glatt beschreibenden Gehalts und seiner üblichen Verwendung als Sachhinweis auch vorliegend nicht als betrieblicher Herkunftshinweis angesehen werden. Die Markenstelle hat insoweit auch zutreffend auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach einfache grafische Gestaltungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter nicht aufzuwiegen vermögen (vgl BGH MarkenR 2001, 407, 408 - anti KALK unter Hinweis auf seine ständige Entscheidungspraxis; vgl auch BGH MarkenR 2003 388, 389 - AntiVir/AntiVirus; vgl auch EuG MarkenR 2003, 314 - Best Buy), ebenso wie auch Piktogramme mit erkennbarem beschreibenden Aussagegehalt, sofern sie nicht erheblich verfremdet oder in ungewöhnlicher Verbindung dargestellt sind, auch in farbiger Ausgestaltung nicht ohne weiteres Unterscheidungskraft begründen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Auflage § 8 Rdn 176; BPatG GRUR 1997, 530, 531 - Rohrreiniger).
2) Die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens wird jedoch nach Auffassung des Gerichts durch die Schreibweise des Wortes "FRISH" selbst begründet. Denn die hier maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise - zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen - werden bei der maßgeblichen unbefangenen Betrachtungsweise - insbesondere auch ohne analytische und eingehende Betrachtung (vgl hierzu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn 73 mwH) - das Wort "FRISH" als sprachregelwidrig gebildetes Wort erkennen und dieses nicht dem deutschen Wort "FRISCH" oder dem englischen Wort "FRESH" gleichsetzen. Insoweit unterscheidet sich das vorliegend zu beurteilende Zeichen von solchen, für welche der Verkehr erst aufgrund einer eingehenden Betrachtung und/oder aufgrund besonderer Aufmerksamkeit schutzbegründende Umstände erkennt und für welche der Senat deshalb auch eine Schutzfähigkeit verneint hat (zur Unterscheidungskraft BPatG MarkenR 2000, 437 - COOL-MINT; zum Freihaltungsbedürfnis BPatG GRUR 2001, 741 - Lichtenstein, bestätigt von BGH GRUR 2003, 882; vgl im übrigen auch zu schutzbegründenden Bestandteilen bei dreidimensionalen Marken BPatG GRUR 2002, 163, 165 - BIC-Kugelschreiber).
a) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Verkehr in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen das Wort "FRISH" inhaltlich im Sinne von "frisch" verstehen mag. Denn maßgeblich für die Beurteilung fehlender Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wie auch des Schutzhindernisses nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ist insoweit allein, ob sich die Wortbildung als ein Zeichen darstellt, welches auch tatsächlich als die Sachbezeichnung selbst verstanden bzw von Mitbewerbern benötigt wird oder ob es sich nur um ein Zeichen handelt, welches trotz seines sprechenden Gehalts bzw erkennbaren Sachbezugs nicht nur als Sachangabe verstanden wird. Hierfür ist - insbesondere bei Wortneubildungen - wesentlich, ob die entsprechende Bezeichnung in der Wortstruktur oder Semantik dem üblichen bzw fachlichen Sprachgebrauch als Sachangabe entspricht und deshalb eine entsprechendes sich unmittelbar erschließendes Verständnis auf dem beanspruchten Waren- bzw Dienstleistungssektor nahe liegt bzw das Zeichen seine Funktion als Sachbegriff ohne weiteres erfüllen kann (vgl hierzu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn 127 und Rdn 380 mwH).
b) Vorliegend lässt sich weder eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung "FRISH" als Sachangabe belegen noch bestehen aus anderen Gründen Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verkehrsverständnis als Sachbegriff. Der Verkehr hat deshalb keine Veranlassung, das angemeldete Zeichen in seiner konkreten Sprachform und Gestaltung nicht als ein Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufzufassen (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz. 22 - Bravo - zur GMV). Auch bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Mitbewerber an der Freihaltung des Zeichens in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen als beschreibende Angabe ein Interesse besitzen oder ein solches künftig entstehen könnte (vgl hierzu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn 234 ff).
3) Der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens steht auch nicht entgegen, dass das angemeldete Zeichen bei der zu erwartenden Aussprache klanglich identisch mit dem deutschen Wort "frisch" ist, welches der Senat im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen durchaus als eine nicht unterscheidungskräftige und zudem freihaltungsbedürftige Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG ansieht (vgl BGH MarkenR 2001, 314 - marktfrisch).
a) Aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise stellt das Adjektiv "frisch" lediglich eine beschreibende, schlagwortartige Anpreisung oder Eigenschaftsangabe der angebotenen Dienstleistungen in dem Sinne dar, dass die zur Verpflegung der Gäste in Restaurants, Cafes und Cafeterias angebotenen Waren frisch sind bzw sich durch ihre Frische auszeichnen. Auch ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung bei einem Dienstleistungsverzeichnis, welches wie vorliegend durch die Verwendung eines weiten Oberbegriffs wie "Verpflegung von Gästen in..." eine Vielzahl unterschiedlicher Einzeldienstleistungen umfasst, die Eintragung eines Zeichens bereits dann für einen beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle, hierunter fallende Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl BGH WRP 2002, 91, 93-94 - AC), wobei sich dieses nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Dienstleistung selbst ergeben kann, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR 2003, 148, 149 - Winnetou; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).
b) Wenn sich danach der begriffliche und klangliche Gehalt der angemeldeten Marke aus den genannten Gründen auch als nicht schutzfähig erweist, so hindert dies allerdings nicht zugleich die Eintragung des Zeichens, sofern dieses wie vorliegend allein aufgrund seiner Schreibweise als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet und nicht als Sachangabe freizuhalten ist. Denn auch für die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens ist von der angemeldeten Form - und zwar in der Gesamtheit (vgl zur st Rspr BGH MarkenR 2001, 407-408 - anti KALK mwH - auszugehen. Damit nimmt zugleich die Form der Eintragung maßgeblich auf den durch Marke und beanspruchte Ware/Dienstleistung bestimmten Schutzgegenstand Einfluss und kann bewirken, dass das Zeichen in gewisser Hinsicht nur einen eingeschränkten Schutzgegenstand aufweist (vgl hierzu auch BPatG MarkenR 2002, 348, 353 - Farbige Arzneimittelkapsel; zur Festlegung und Bedeutung des Schutzgegenstandes für den Schutzumfang ausführlich auch BPatG MarkenR 2000, 280, 284-285 - CC 1000/Cec mwH). Somit kann die angemeldete Marke hinsichtlich Klang- und Begriffsgehalt keinen Schutz beanspruchen, ebenso wie bei Wort-, Wort-/Bildmarken, Bildmarken oder dreidimensionalen Marken nicht schutzfähige Bestandteile am Markenschutz nicht teilhaben und deshalb für sich keine Verwechslungsgefahr begründen können (vgl BGH MarkenR 2000, 178, 179 - MAG-LITE).
Gegenstand der Schutzgewährung ist somit die eingetragene Gestaltung des Zeichens in der Schreibweise des Wortes ohne "C", nicht jedoch eine klangliche Wiedergabe, die dem deutschen Wort "frisch" oder auch dem englischen Wort "fresh" gleichzusetzen wäre und auch nicht der darin verkörperte Begriffsgehalt. Daraus folgt auch, dass der Schutzbereich (Verteidigungsumfang) der angemeldeten Marke aus Rechtsgründen im Kollisionsfall nicht die beschreibende Verwendung der genannten Wörter erfasst. Denn dies käme - vergleichbar dem Grundsatz, dass aus schutzunfähigen Bestandteilen von Kombinationsmarken isoliert keine Rechte hergeleitet werden können (vgl BGH MarkenR 2002, 253, 256 - Festspielhaus; MarkenR 2004, 31, 35 - Kinder; BPatG MarkenR 2000, 103, 106 - Netto 62) - einer ungerechtfertigten Schutzgewährung gleich, hier einem markenrechtlichen Schutz für die beschreibende Angabe "frisch" selbst (vgl auch BGH WRP 2003, 1353, 1355 - AntiVir/AntiVirus).
Nach alledem war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.
Kliems Bayer Engels Ko
BPatG:
Beschluss v. 12.02.2004
Az: 25 W (pat) 120/02
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