Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 176/01

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 32 W (pat) 176/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die Wortmarke "KANGAL Sportswear Company" für "Knöpfe" gelöscht wird. Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte den Widerspruch gegen die Marke teilweise zurückgewiesen. Die Beschwerde der Widersprechenden wurde nun teilweise stattgegeben, da eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Waren "Knöpfe" besteht. Es wurde festgestellt, dass Knöpfe und Bekleidungsstücke unter derselben Marke vertrieben werden und der Verkehr daher eine Verbindung zwischen den Herstellern annimmt. Allerdings besteht keine Verwechslungsgefahr hinsichtlich anderer Waren wie "Haken und Ösen, Nadeln und Reißverschlüsse, Gürtelschließen, Etiketten für Bekleidungsstücke aus Leder", da diese nicht unter identischen Marken vertrieben werden und keine ergänzenden Produkte sind. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke "Kangol" wurde als durchschnittlich eingestuft. Insgesamt wird festgestellt, dass bei Knöpfen eine Verwechslungsgefahr besteht, während diese Gefahr bei anderen Waren fehlt. Es wurden keine Kosten auferlegt. Die Entscheidung wurde von Richter Dr. Albrecht, der mittlerweile ans Oberlandesgericht München abgeordnet wurde, getroffen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az: 32 W (pat) 176/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. November 1999 und vom 3. Mai 2001 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch hinsichtlich "Knöpfe" zurückgewiesen wurde. Die Marke 396 43 350 wird für "Knöpfe" gelöscht.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 29. September 1996 angemeldete, am 20. November 1996 eingetragene und noch für

"Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln und Reißverschlüsse, Haken und Ösen für Bekleidungsstücke und Schuhwaren; Gürtelschließen; Etiketten für Bekleidungsstücke aus Leder"

beanspruchte Wortmarke KANGAL Sportswear Companyist Widerspruch erhoben aus der am 15. November 1994 angemeldeten und seit 20. April 1995 für

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren"

eingetragenen Wortmarke 2 095 069 Kangol.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, wovon einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die angegriffene Marke auf den Widerspruch hinsichtlich der Waren Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbändergelöscht und den Widerspruch im übrigen wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln und Reißverschlüsse, Haken und Ösen für Bekleidungsstücke und Schuhwaren, Gürtelschließen und Etiketten für Bekleidungsstücke aus Leder keine Ähnlichkeit mit Bekleidungsstücken und Schuhwaren aufwiesen.

Gegen diese Entscheidungen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält es für rechtsfehlerhaft, von einer fehlenden Warenähnlichkeit auszugehen, da von einem funktionellen Zusammenhang zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und den durch die Widerspruchsmarke geschützten Waren auszugehen sei. Sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen wurde und die angegriffene Marke insgesamt zu löschen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet; die angegriffene Marke ist - soweit von ihr Knöpfe beansprucht werden - wegen des Widerspruchs zu löschen.

Nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

1. Eine Ähnlichkeit von Waren ist dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, so enge Berührungspunkte auftreten, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind.

a) Soweit sich Knöpfe auf Seiten der angegriffenen Marke und Bekleidungsstücke auf Seiten der Widerspruchsmarke gegenüberstehen, ist dies der Fall. Es differieren zwar die Herstellungsstätten von Knöpfen und Bekleidungsstücken und es handelt sich auch nicht um sich ergänzende Waren, da Bekleidungsstücke, sofern sie Knöpfe aufweisen, bereits nach der Lebenserfahrung mit diesen ausgestattet sind. Eine Ähnlichkeit ergibt sich jedoch daraus, dass Knöpfe und Bekleidungsstücke - vor allem im hochpreisigen Sektor - unter derselben Marke vertrieben werden. So gibt es bei Herrenanzügen und Mänteln Knöpfe, auf denen die Anzugmarke eingeprägt ist. Bei dieser Sachlage ist anzunehmen, dass der Verkehr, wenn er eine identische Marke auf einem Bekleidungsstück und einem Knopf angebracht sieht, zumindest organisatorische Verbindungen zwischen den jeweiligen Herstellern annimmt.

b) Soweit sich "Haken und Ösen, Nadeln und Reißverschlüsse, Haken und Ösen für Bekleidungsstücke und Schuhwaren, Gürtelschließen, Etiketten für Bekleidungsstücke aus Leder" auf Seiten der angegriffenen Marke und "Bekleidungsstücke, Schuhwaren" auf Seiten der Widerspruchsmarke gegenüberstehen, kann der Senat die Voraussetzungen einer Ähnlichkeit nicht feststellen. Bei den hier gegenständlichen Waren der angegriffenen Marke handelt es sich um Teile der von der Widerspruchmarke beanspruchten Fertigprodukte. Dem Verkehr ist bekannt, dass diese Teile und die Fertigprodukte regelmäßig in unterschiedlichen Herstellungsstätten produziert werden. Es handelt sich auch nicht um einander ergänzende Produkte, da erfahrungsgemäß die Fertigprodukte komplett sind und beim Erwerb nicht durch die entsprechenden angegriffenen Waren noch ergänzt werden müssen. Anders als bei Knöpfen ist auch nicht feststellbar, dass diese Produkte unter jeweils identischen Marken vertrieben werden, so dass keine ähnlichkeitsbegründenden Tatsachen festgestellt werden können.

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich.

3. Die Marken sind einander klanglich überdurchschnittlich ähnlich. Die angegriffene Marke besteht zwar aus den Bestandteilen "Kangol" und "Sportswear Company". Es ist jedoch von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr dazu neigt, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (vgl. BGH, GRUR 2002, 626, 628 - IMS). Demzufolge ist anzunehmen, dass der Verkehr die angegriffene Marke mit "Kangal" aussprechen wird. Damit stehen sich "KANGAL" und "Kangol" gegenüber. Diese unterscheiden sich lediglich im Vokal der zweiten und zugleich letzten Silbe, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Verkehr erfahrungsgemäß mehr die Wortanfänge beachtet. Demzufolge ist von einer überdurchschnittlichen Ähnlichkeit der Marken auszugehen.

Bei durchschnittlicher Warenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und überdurchschnittlicher Markenähnlichkeit ist die Gefahr von Verwechslungen festzustellen, soweit von der angegriffenen Marke "Knöpfe" beansprucht werden. Im übrigen scheitert die Gefahr von Verwechslungen schon an der fehlenden Warenähnlichkeit.

Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Richter Dr. Albrecht wurde am 17. März 2003 an das Oberlandesgericht München abgeordnet und war gehindert die Entscheidung zu unterschreiben Sekretaruk Engels Sekretarukbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 32 W (pat) 176/01


Link zum Urteil:
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