Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2005
Aktenzeichen: 7 W (pat) 42/02

(BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az.: 7 W (pat) 42/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2005 (Aktenzeichen 7 W (pat) 42/02) entschieden, dass das Patent mit der Nummer 41 28 577 aufrechterhalten wird. Dabei werden die Patentansprüche 2 bis 7 sowie die Beschreibung und die Zeichnungen des Patents berücksichtigt.

Die R... GmbH hatte Einspruch gegen das Patent erhoben und behauptet, dass der Patentgegenstand nicht patentfähig sei und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte daraufhin das Patent mangels erfinderischer Tätigkeit widerrufen.

Die Patentinhaberin hatte gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und einen neuen Patentanspruch 1 eingereicht. Sie argumentierte, dass der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit basiere.

Die Einsprechende hatte sich nicht zu den Argumenten der Patentinhaberin geäußert und war auch nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass der neue Patentanspruch 1 zulässig ist und inhaltlich den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 entspricht. Es wurde festgestellt, dass der Patentgegenstand neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Das Patent wird daher unter Berücksichtigung der neuen Patentansprüche aufrechterhalten.

Die Entscheidung des Gerichts basiert auf der Prüfung des Standes der Technik gemäß der europäischen Patentschrift EP 0 121 790 B1 und der britischen Patentschrift 1 300 342. Diese Schriften konnten jedoch den Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 nicht nahelegen, so dass dieser als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend bewertet wird.

Die Patentfähigkeit der weiteren Patentansprüche 2 bis 7 wird von der des Patentanspruchs 1 mitgetragen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.12.2005, Az: 7 W (pat) 42/02


Tenor

Das Patent 41 28 577 wird aufrechterhalten unter Zugrundelegung des Patentanspruchs 1 vom 28. Oktober 2002, den Patentansprüchen 2 bis 7, Beschreibung und Zeichnung (Figuren 1 bis 13), jeweils gemäß Patentschrift.

Gründe

I Gegen das am 28. August 1991 angemeldete und am 11. Januar 1996 veröffentlichte Patent 41 28 577, für das die Prioritäten japanischer Anmeldungen vom 28.08.1990 (JP 2-224478), 27.09.1990 (JP 2-255136) und 03.10.1990 (JP 2-263875) in Anspruch genommen sind, hat die R... GmbH in St..., Einspruch erhoben. Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, dass der Patentgegenstand nicht patentfähig sei, insbesondere nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Patentabteilung 13 des Deutschen Patentund Markenamts hat nach Prüfung des Einspruchs das Patent mangels Beruhens seines Gegenstandes auf erfinderischer Tätigkeit widerrufen. Der Widerruf ist auf den Stand der Technik nach der europäischen Patentschrift EP 0 121 790 B1 und der britischen Patentschrift 1 300 342 gestützt.

Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2002 reicht sie einen neuen Patentanspruch 1 ein, der anstelle des erteilten Patentanspruchs 1 der Verteidigung des Patents zugrundegelegt werden soll. Sie macht geltend, dass der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 in Ansehung des Standes der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Sie stellt sinngemäß den Antrag, das Patent auf der Grundlage des neuen Patentanspruchs 1 und im Übrigen gemäß Patentschrift aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende hat sich zum Beschwerdevorbringen sachlich nicht geäußert. Sie hat auf die Ladung des Senats zur mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 14. Juli 2005 mitgeteilt, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen werde. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Gerät zur Unterdrückung des Klopfens bei einem Verbrennungsmotor, mita) einem Klopfsensor zur Erfassung eines durch Motorvibrationen und gegebenenfalls Klopfen hervorgerufenen Klopfsensorsignals;

b) einem an den Klopfsensor angeschlossenen Verstärker mit variabler Verstärkung;

c) einer an den Verstärker angeschlossenen Einrichtung zur Erzeugung eines Vibrationspegelsignals;

d) einer Schwellenwerterzeugungseinrichtung zur Erzeugung eines Schwellenwertsignals;

e) einem Komparator, der das Vibrationspegelsignal und das Schwellenwertsignal vergleicht, und, wenn Klopfen vorliegt, ein Klopfbestimmungssignal erzeugt;

f) einer Motorsteuereinrichtung zur Steuerung eines Motorbetriebsparameters in Abhängigkeit vom Klopfbestimmungssignal; undg) einer Verstärkungssteuereinrichtung zur Erzeugung eines Verstärkungssteuersignals, das dem Verstärker mit variabler Verstärkung zugeführt wird;

gek ennzeic hnet durc hh) einen Speicher, in dem eine obere Grenze und eine untere Grenze gespeichert sind, die einen vorbestimmten Bereich zwischen der oberen Grenze und der unteren Grenze für das Schwellenwertsignal festlegen;

i) wobei die Verstärkungssteuereinrichtung als Verstärkungssteuersignal ein Verstärkungsumschaltsignal erzeugt, das bei Erreichen der unteren Grenze bzw der oberen Grenze die Verstärkung des Verstärkers zumindest von einem zweiten Verstärkungswert auf einen ersten Verstärkungswert bzw vom ersten Verstärkungswert auf den zweiten Verstärkungswert so umschaltet, dass das Schwellenwertsignal innerhalb des vorbestimmten Bereichs bleibt.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 7 beinhalten Weiterbildungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1.

Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, ein Gerät zur Unterdrückung des Klopfens bei einem Verbrennungsmotor zu schaffen, welches auf einfache Weise das Klopfen über den gesamten Drehzahlbereich des Verbrennungsmotors unterdrückt (Patentschrift Sp 1 Z 14 bis 18).

II Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg.

Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung iSd § 1 bis § 5 PatG dar.

Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Seine Merkmale entsprechen inhaltlich denen des erteilten Anspruchs 1. Es ist lediglich eine Umgruppierung in den Merkmalsgruppen h) und i) vorgenommen worden.

Als hier zuständiger Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus oder der Elektrotechnik anzusehen, der auf dem Gebiet des Motormanagements bei Brennkraftmaschinen tätig ist und über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist unbestritten neu. Keine der Entgegenhaltungen offenbart ein Gerät zur Unterdrückung des Klopfens bei einem Verbrennungsmotor, das sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aufweist.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Ein Gerät zur Unterdrückung des Klopfens bei einem Verbrennungsmotor mit sämtlichen Oberbegriffsmerkmalen (a bis g) des Patentanspruchs 1 geht unstreitig aus der EP0121790B1 hervor (Anspruch5 iVm Sp1 Z8 bis 36 u Sp3 Z4 bis Sp 4 Z 5, Fig 1). Der Klopfsensor 1 ist an einen variablen Verstärker 2 angeschlossen. Aus dem Signal des Verstärkers wird über Bandfilter 3, Demodulator oder Gleichrichter 4, Integrator 6 und Analog/Digitalwandler 7 ein digitales Vibrationspegelsignal erzeugt, aus dem mittels eines Tiefpassfilters 8 ein Signal gewonnen wird, das dem Schwellenwertsignal beim Gegenstand des Streitpatents entspricht (Sp 4 Z 22 bis 25). Vibrationspegelsignal und Schwellenwertsignal werden dann in einem Komparator 9 verglichen und aus dem Ergebnis ein Klopfbestimmungssignal abgeleitet, das der Motorsteuerung 10 zur Klopfregelung, zB durch Zündzeitpunktverstellung (Sp 1 Z 65 bis Sp 2 Z 2), zugeführt wird. Aus dem demodulierten Signal wird ferner in einem als Verstärkungssteuereinrichtung verwendeten Regler 5, der im wesentlichen aus einem Tiefpass besteht, eine Stellgröße bzw ein Verstärkungssteuersignal gebildet, durch das die Verstärkung des Verstärkers 2 kontinuierlich dahingehend veränderbar ist, dass sie bei großen Klopfsignalpegeln klein und bei kleinen Klopfsignalpegeln groß ist (Sp 3 Z 35 bis 42).

Von diesem Gerät unterscheidet sich das nach dem geltenden Patentanspruch 1 durch dessen kennzeichnende Merkmale, nach welchen in einem (elektronischen) Speicher eine obere und eine untere Grenze eines vorbestimmten Bereichs für das Schwellenwertsignal gespeichert sind (Merkmal h) und in der Verstärkungssteuereinrichtung ein Verstärkungsumschaltsignal erzeugt wird, das bei Erreichen der unteren bzw der oberen Grenze des Schwellenwertbereichs die Verstärkung des Verstärkers von einem zweiten (niedrigeren) Verstärkungswert auf einen ersten (höheren) Verstärkungswert bzw in entgegengesetzter Richtung derart umschaltet, dass das Schwellenwertsignal innerhalb des vorbestimmten Bereichs verbleibt (Merkmal i).

Die EP 0 121 790 B1 kann für die diesbezügliche Lehre keine Anregungen liefern. Der Verstärkungsfaktor wird hier über einen Regler, zB einen Tiefpass, kontinuierlich derart geregelt, dass das Ausgangssignal des Verstärkers weitgehend konstant und somit unabhängig von der Motordrehzahl ist (Sp 3 Z 42 bis 48). Demgegenüber wird beim Patentgegenstand der Verstärkungsfaktor so festgelegt, dass das Schwellenwertsignal stets in einem vorbestimmten Bereich verbleibt, dessen Grenzen in einem Speicher abgelegt sind. Die Umschaltung des Verstärkungsfaktors erfolgt also nicht kontinuierlich, sondern nur wenn das Schwellenwertsignal einen vorbestimmten Bereich verlässt.

Die britische Patentschrift 1 300 342 befasst sich mit dem Problem der Vergrößerung des verfügbaren Messbereichs von Messblenden bei Verwendung von Differenzdruck-Messgeräten. Wenn bei diesen für die Differenzdruck-Messung ein Messbereich von 1:10 gewählt werde, resultiere daraus ein Messbereich für den Durchfluss von nur etwas mehr als 3:1, und zwar aufgrund der Abhängigkeit des Durchflusses von der Quadratwurzel des Differenzdruckes. Soll dieser Bereich jedoch vergrößert werden, erfordere das bekanntermaßen einen Geräte-Mehraufwand (S 1 Z 14 bis 60). Um zB mit nur einer Messblende auszukommen, ist daher im Wesentlichen vorgeschlagen, den Differenzdruck-Messbereich bedarfsweise zu verändern durch Änderung der Charakteristik eines elektrischen Schaltkreises (Fig 2) für die Erzeugung eines den gemessenen Differenzdruck repräsentierenden Signals (S 1 Z 61 bis 69). Der analoge Schaltkreis sorgt dafür, dass abhängig vom Erreichen eines vorgegebenen oberen und eines vorgegebenen unteren Verstärker-Ausgangssignals bzw Differenzdrucksignals ein einen ersten Messbereich kennzeichnendes positives oder ein einen zweiten Messbereich kennzeichnendes negatives Ausgangssignal (level detector output) erzeugt und als Kriterium zum Ändern des Verstärkungsfaktors verwendet wird (Fig 1 bis 3 iVm S 3 Z 84 bis S 4 Z 46). Aus der britischen Patentschrift 1 300 342 ist also die Lehre entnehmbar, verschiedenen Messbereichen entsprechende Verstärkungsfaktoren zuzuordnen und an vorbestimmten Differenzdrucksignalpegeln den Verstärkungsfaktor zur Einstellung des gewünschten Messbereichs umzuschalten (S 4 Z 4 bis 85).

Der Senat kann keinen Anhaltspunkt erkennen, der den mit der Klopferkennung befassten Fachmann veranlassen könnte, die aus der britischen Patentschrift 1 300 342 bekannte Lehre -die im übrigen im Unterschied zum angefochtenen Patent auf eine Reduzierung des Messgeräteeinsatzes abzielt -mit der Lehre aus der EP 0 121 790 B1 zu kombinieren. Zur Klopferkennung wird bei letzterer nämlich, wie oben beschrieben, das erfasste Signal des Klopfsensors durch einen kontinuierlich veränderten Verstärkungsfaktor in ein weitgehend konstantes Ausgangssignal umgewandelt. Der Fachmann hätte diese Druckschrift daher nicht weiter in Betracht gezogen. Sofern er diese auf einem anderen Fachgebiet liegende Druckschrift dennoch heranzieht, um sich daraus Anregungen zu versprechen, musste er bereits den für die Erfindung wesentlichen Gedanken gehabt haben, in welche Richtung bzw in welchem Teilbereich die bekannte Klopfunterdrückungsvorrichtung nach EP 0 121 790 B1 abzuändern ist. Diese Gedanke lag nach Ansicht des Senats aber weder für den Fachmann auf der Hand, noch wurden er ihm durch den Stand der Technik im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Klopfunterdrückung bei Brennkraftmaschinen nahegelegt.

Wenn die Einsprechende meint, dass es üblich gewesen sei, den Verstärkungsfaktor eines Verstärkers bei Erreichen eines Schwellwertes umzuschalten, so reicht der Hinweis allein auf die britische Patentschrift 1 300 342 A, die sich mit der Messbereichserweiterung für ein spezielles Messgeräte befasst, als Beleg dafür nicht aus. Auch die fachkundige Patentabteilung hat gemäß ihrem Beschluss derartiges nicht unterstellt.

Nachdem der im Einspruch aufgezeigte Stand der Technik den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht nahe zu legen vermochte, ist er als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend zu bewerten.

Die Patentfähigkeit der Gegenstände nach den Patentansprüchen 2 bis 7 werden von der des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 mitgetragen.

Tödte Eberhard Köhn Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 07.12.2005
Az: 7 W (pat) 42/02


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