Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Januar 2003
Aktenzeichen: 19 W (pat) 49/01

(BPatG: Beschluss v. 30.01.2003, Az.: 19 W (pat) 49/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 30. Januar 2003 (Az. 19 W (pat) 49/01) das Gesuch um Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr abgelehnt. In dem Fall hatte der Anmelder am 1. März 2000 eine Patentanmeldung eingereicht und gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt. Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hatte den Antrag jedoch mit Verweis auf einen Prüfungsbescheid abgelehnt, in dem die mangelnde Deutlichkeit und Klarheit der Anmeldung beanstandet wurde. Der Anmelder legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Anschließend stellte er einen weiteren Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben muss, um Verfahrenskostenhilfe bewilligt zu bekommen. Nach einer vorläufigen Würdigung der Erfolgsaussichten stellte das Gericht fest, dass den Anmeldungsunterlagen nichts Erfinderisches entnehmbar ist. Die Kombination von Elektromotoren/generatoren mit Getrieben, wie sie in der Anmeldung beschrieben ist, ist dem Fachmann bereits bekannt. Der Gegenstand der Ansprüche unterscheidet sich nur minimal von bereits bekannten Techniken und erfordert keine erfinderischen Überlegungen. Auch die in der Anmeldung angedeutete Energieerzeugung ohne Energiezufuhr von außen konnte nicht ausreichend erklärt werden und wird von der Physik als nicht realisierbar angesehen. Daher besteht keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents.

Das Bundespatentgericht ist zur Entscheidung in diesem Fall zuständig und hat das Gesuch um Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr abgelehnt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 30.01.2003, Az: 19 W (pat) 49/01


Tenor

Das Gesuch um Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I Der Anmelder hat am 1. März 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"..."

eingereicht und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt. Mit Beschluss vom 24. April 2001 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts diesen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf ihren Prüfungsbescheid vom 2. Februar 2001 ausgeführt, dass es dem Anmeldungsgegenstand in der Anmeldung an der von PatG § 35 Absatz 2 geforderten Deutlichkeit/Klarheit fehle, dass es eine Stromerzeugung ohne Energiezufuhr von außen nicht gebe, und dass hinsichtlich der in der Anmeldung offenbarten Merkmale solche Anordnungen zur Stromerzeugung mit Planetengetrieben bekannt seien.

Dagegen hat der Anmelder mit Schreiben vom 12. Juni 2001, eingegangen am 16. Juni 2001, Beschwerde eingelegt, die beim 19. Senat anhängig ist.

Mit Eingabe vom 14. September 2002, eingegangen am 16. September 2002 hat er einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr einschließlich Verspätungszuschlag gestellt.

Die Patentansprüche 1 und 2 ("Schutzansprüche") lauten :

"1. Ausgestaltung des Planeten(motoren)getriebesdadurch gekennzeichnet, daß das Sonnenrad, oder entsprechende Einrichtung, insofern verlängert wird, daß um diese nach unten ausgestaltete Verlängerung die technische Einheit eines Wicklungskranzes, also mit Wicklungsstrang - Wechsel - oder Drehstromwicklung - installiert ist, um den wiederum ein Kranz aus Feldspulenmagneten angeordnet ist, wobei die Feldmagneten eine für den Sinn und Zweck ihres technischen Einsatzes Ausformung aufweisen können, so daß bei Betrieb des Planeten(motoren)getriebes die installierte Einheit zur Strom/Energieproduktion dient und die ausgeformten Feldspulenmagneten, auch durch die Ausformung, ihre Energie, möglichst nur, nach innen auf den Wicklungskranz abgeben, wobei der Feldspulenmagnetenkranz extra, fest gelagert ist.

2. Ausgestaltung des Planeten(motoren)getriebesdadurch gekennzeichnet, daß der Buchsenscheibenrand eine, die Ausgestaltung eines Wicklungskranzes, mit Wicklungsstrang - Wechsel - oder Drehstromwicklung - aufweist, wobei das technische Gegenstück des Feldspulenmagnetenkranzes in oder auf dem Gehäuse installiert, integriert ist, die Feldspulenmagneten ebenfalls, für ihren Sinn und Zweck, ausgeformt sein können, so daß bei Betrieb des Planeten(motoren)getriebes, überhaupt wenn dieses, auch in der mehrstufig aufgebauten - Drehzahlerhöhungs-Anwendung eingesetzt, Strom/Energieproduktion getätigt wird, wobei auch jeweils nur ein Buchsenscheibenrand der Buchsen diese Ausgestaltung aufweisen kann sowie, zudem auch der Schutzanspruch 1 mit angewendet werden kann."

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II Der Senat ist zur Entscheidung zuständig.

Mit der Änderung des Patentgesetzes zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums (Patentkostengesetz - PatKostG) wurde der PatG § 18 - Stundung von Jahresgebühren - gestrichen. Nach § 130 Abs 1 PatG kann auf Antrag nunmehr auch für Jahresgebühren Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden. Das Verfahren für die Bewillligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren ist nach der Beschwerde vom 16. Juni 2001 beim 19. Senat anhängig.

Ungeachtet des Vorliegens der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen (vgl PatG § 130 Abs 1 Satz 1 iVm ZPO § 114 Satz 1) für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe, bleibt dem Gesuch des Antragstellers auf Verfahrenskostenhilfe für die 3. Jahresgebühr einschließlich Verspätungszuschlag der Erfolg versagt.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg (ZPO § 114 Satz 1) haben. Es muss somit hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents bestehen (PatG § 130 Abs 1 Satz 1).

Hierzu ist im Hinblick auf den Charakter des Verfahrenskostenhilfeverfahrens als einem summarischen Verfahren eine vorläufige Würdigung der Erfolgsaussichten erforderlich, aber auch ausreichend.

Nach dieser Würdigung sind hinreichende Erfolgaussichten jedoch zu verneinen, weil den Anmeldungsunterlagen nichts Erfinderisches entnehmbar ist.

Der Anmelder hat sich bei seiner Anmeldung die Aufgabe gestellt, die kraftverstärkende Wirkung und die Vielzahl der Kraftumsetzungsmöglichkeiten ("Drehmoment- und Drehzahlachsen und Kraftabnahmemöglichkeiten") des Planetengetriebes zu nutzen (Beschreibung S I, Abs 2).

Dazu ist auf einer Seite eines Planetengetriebes mit dem Sonnenrad (Anspruch 1, Fig I) oder den Planetenrädern ("Buchsenscheiben", Anspruch 2, Fig II) eine technische Einheit eines Wicklungskranzes mit Wechsel- oder Drehstromwicklung und einem Kranz von Feldspulenmagneten - also einer Elektromotor/generatoreinheit - installiert, die der Strom-/Energieproduktion dienen soll.

Als zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik anzusehen, der sich in seiner Berufstätigkeit mit der Entwicklung von dynamoelektrischen Maschinen beschäftigt und für zugehörige Getriebe einen Getriebefachmann zu Rate zieht.

Die Kombination von elektrodynamischen Maschinen (Motoren oder Generatoren) mit Getrieben - auch Planetengetrieben - ist dem Fachmann geläufig, wie sich zum Beispiel aus dem Buch Herbert W. Müller: "Die Umlaufgetriebe", Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, 1971, Seite 97, entnehmen lässt. Die Abbildung 87 zeigt dabei eine Verbindung der elektrischen Maschinen, die als Motoren oder als "Bremsen", also als Generatoren arbeiten können (vgl S 97, Abs 2), sowohl mit dem Sonnenrad als auch mit den Planetenrädern.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich hiervon nur noch durch die nicht genauer beschriebene "extra feste" Lagerung des Feldspulenmagnetkranzes, der Gegenstand des Anspruchs 2 durch die eingesetzte "Drehzahlerhöhungs-Anwendung" also durch die Nutzung der drehzahlerhöhenden Wirkung des Getriebes.

Dass die Wicklungen der elektrischen Maschine ausreichend fest für alle auftretenden Belastungen gelagert werden müssen, ist für den Fachmann ebenso selbstverständlich wie die Nutzung der für alle Getriebe charakteristischen drehzahlerhöhenden oder drehzahlerniedrigenden Eigenschaft.

Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 oder 2 zu kommen, bedarf es somit keiner erfinderischen Überlegungen durch den Fachmann.

Auch in den übrigen Anmeldungsunterlagen ist nichts zu erkennen, was sich vom Stand der Technik in erfinderischer Weise abhebt.

Was die in der Eingabe vom 9. April 2001 angedeutete Energieerzeugung mit einmaliger Anlauf-Energiezufuhr von außen und folgender Eigenversorgung betrifft, so zeigen die Anmeldeunterlagen dem Fachmann nicht, wie diese Strom/Energieerzeugung ausgeführt werden könnte. Energieerzeugungseinrichtungen, die ohne entsprechende dauerhafte Energiezufuhr von außen funktionieren, sind dem zuständigen Fachmann nicht bekannt. Daher bedürfte es näherer Erläuterungen in der Anmeldung, um dem Fachmann die Ausführung einer derartigen Einrichtung mit Eigenversorgung zu ermöglichen. Diese Erläuterungen fehlen. Die Ausführungen in der Anmeldung lassen somit nur den nach den Erkenntnissen der Physik nicht realisierbaren Wunsch erkennen, durch Nutzung der in den Magneten gespeicherten Energie - entgegen dem Energieerhaltungssatz - eine Energievermehrung zu erreichen.

Eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht somit nicht.

Dr. Mayer Schmöger Dr. Kaminski Dr. Scholz Be






BPatG:
Beschluss v. 30.01.2003
Az: 19 W (pat) 49/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/147fa5467b19/BPatG_Beschluss_vom_30-Januar-2003_Az_19-W-pat-49-01




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