Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2000
Aktenzeichen: 20 W (pat) 79/99

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2000, Az.: 20 W (pat) 79/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 10. Juli 2000 (Aktenzeichen 20 W (pat) 79/99) entschieden, dass der Beschluss des Patentamtes vom 11. Juni 1999 aufgehoben wird und das Patent erteilt wird.

Es ging in dem Verfahren um eine Vorrichtung und ein Verfahren zur dosierten und kontrollierten Abgabe von Gießharz. Die Anmeldung wurde zunächst abgelehnt, da der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs bereits in einer anderen Patentschrift bekannt war.

Die Anmelderin reichte jedoch neue Unterlagen ein und beantragte die Erteilung des Patents. Das Bundespatentgericht entschied, dass der geänderte Anspruch und die neuen Unterlagen den Anforderungen des Patentrechts genügen. Der Gegenstand des Anspruchs gilt als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

Das Verfahren sieht vor, dass Gießharz zunächst vom Pumpzylinder über eine Rückschlagleitung in den Zulauf zurückgeführt wird. Anschließend wird eine vorbestimmte Menge des Gießharzes über eine Fördserleitung abgegeben. Die vorgeschlagenen Änderungen und die Funktionsweise der Vorrichtung unterscheiden sich jedoch von den bekannten Vorgehensweisen in anderen Patentschriften.

Das Bundespatentgericht erkennt die Gewährbarkeit des geänderten Anspruchs und der weiteren Ausführungsformen. Die Anmeldung erfüllt zudem die Anforderungen des Patentrechts.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.07.2000, Az: 20 W (pat) 79/99


Tenor

Der Beschluß des Patentamts vom 11. Juni 1999 wird aufgehoben und das Patent erteilt.

B e z e i c h n u n g: Vorrichtung und Verfahren zur dosierten und kontrollierten Abgabe von Gießharz A n m e l d e t a g: 22. August 1991 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Spalten 1 bis 4, Einschubseiten E1 und E2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung Figur 1, eingegangen am 23. August 1991.

Gründe

I Die Anmeldung wurde zurückgewiesen, weil der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 aus

(1) DE 27 41 803 C2 bekannt sei.

Die Anmelderin legt neue Textunterlagen vor und beantragt wie entschieden.

Der Anspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur dosierten und kontrollierten Abgabe von Gießharz aus einem Zulauf (1), an dessen Bodenbereich ein Pumpzylinder (2) ausgebildet ist, in welchen ein in dem Zulauf (1) bewegbar gelagerter Pumpkolben (3) einbringbar ist, wobei der Pumpkolben (3) in einem Vorhub (x) unter Verdrängung von Gießharz aus dem Pumpzylinder (2) über eine Rückführleitung (6) in den Zulauf (1) um einen vorgegebenen Eintauchweg (z) in den Pumpzylinder (2) eingeschoben wird und nachfolgend der Pumpkolben (3) unter Verdrängung einer vorbestimmten Gießharzmenge über eine Förderleitung (17) einen Arbeitshub (y) ausführt."

Der Anspruch 7 lautet:

"7. Vorrichtung zur dosierten und kontrollierten Abgabe von Gießharz zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6."

Im Prüfungsverfahren wurden außer (1) noch folgende Entgegenhaltungen genannt:

(2) DE 37 38 656 C1,

(3) DE 39 13 000 A1.

II 1. Der Anspruch 1 ist gewährbar, sein Gegenstand patentfähig.

1.1 Der Anspruch 1 ist zulässig. Die neu in den Anspruch aufgenommenen Merkmalsteile sind in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart (S 6 Abs 3 iVm Fig 1, S 3 Z 11 bis 13).

1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu.

Die Vorrichtung nach (1) zum Fördern und/oder Dosieren flüssiger bis hochviskoser Medien ist nicht eigens mit einer Rückführleitung vom Pumpzylinder 5 zum Zulauf 4 ausgestattet. Wenn der Pumpkolben, bestehend aus Förderkolben 9 und Einlaßkolben 10, Gießharz aus dem Pumpzylinder 5 verdrängt, so fließt es unmittelbar vom Pumpzylinder 5 in den Zulauf 4 zurück, bis der Einlaßkolben 10 dichtend in den Zulauf 4 eingefahren ist (Fig 1). Verschiebt sich dann der Pumpkolben 9, 10 noch weiter in Richtung zum Zulauf 4, so führt der damit einhergehende Druckanstieg im abgedichteten Pumpzylinder 5 zum Öffnen des Rückschlagventils 7 und damit zur Abgabe einer vorbestimmten Gießharzmenge an die Dosierstelle (Sp 4 Z 33 bis 35).

Ist der Pumpkolben 9, 10 mit einer Bohrung versehen, so strömt über die damit zwischen Pumpzylinder 5 und Zulauf 4 gebildete Leitung im Einlaßkolben 10 Gießharz allenfalls von Zulauf 4 in den Pumpzylinder 5 (Fig 2) oder von diesem zurück ins Innere des Einlaßkolbens 10 (Fig 3).

Die Dosierpumpe nach (2) zeigt zwar eine Rückführleitung 12. Sie entspringt aber nicht dem Pumpzylinder 3, sondern dem als Zulauf aufzufassenden Kolbenraum 4 (Fig 4). Wenn der Pumpkolben 8 aus dem Pumpzylinder 3 Dosiermittel zu verdrängen beginnt, so wird es über einen Ringspalt in den Kolbenraum 4 zurückgeführt, bis ein am oberen Rand des Pumpzylinders 3 vorgesehener Kompressions-O-Ring den Pumpkolben 8 dichtend umgibt. Dieser Ringspalt ist aber nicht als Rückführleitung aufzufassen. Unterhalb des O-Rings ist der Pumpzylinder nur mit der Dosierstelle verbunden - Ausgang 10 (Sp 2 Z 32 bis 35).

Bei der Vorrichtung nach (3), die hochviskose, pastöse, kompressible Substanzen von einem Pumpzylinder 1 über eine Düse 10 abgibt, mündet lediglich eine Speiseleitung 11 in den Pumpzylinder 1 des Zulaufs. Eine Rückführleitung fehlt (Fig 1, 2).

1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

a) Nach der Lehre des Anspruchs 1 führt das beanspruchte Verfahren bei der Gießharzabgabe folgende Arbeitsschritte aus:

Während der Pumpkolben aus dem Pumpzylinder Gießharz verdrängt, wird zunächst in einem ersten Schritt verdrängtes Gießharz vom Pumpzylinder über eine eigens dafür vorgesehene Rücklaufleitung in den Zulauf zurückgeführt und daraufhin in einem zweiten Schritt eine vorbestimmte Gießharzmenge vom Pumpzylinder über eine Förderleitung abgegeben.

b) Bei Benutzung der Vorrichtung nach (1) tritt zwar mitunter die Forderung heran, das Dosierverfahren abzubrechen, ohne dabei Gießharz an die Dosiermittelstelle zu leiten. Die Entleerung des Pumpzylinders 5 ohne Gießharzabgabe an die Dosiermittelstelle mag auch erwünscht sein für Testläufe, oder dann, wenn bei Inbetriebnahme zuerst ein Entlüftungsvorgang stattfinden soll. Allenfalls hier oder für vergleichbare Zwecke wird der Fachmann eine eigene Rückführleitung vom Pumpzylinder 5 zu einem an dem Zulauf 4 angeschlossenen Vorratsgefäß vorsehen. Über sie verdrängt er das im Pumpzylinder 5 nach dessen Abdichtung durch den Einlaßkolben 10 verbliebene Gießharz zur Entnahmestelle.

Dies hat aber nichts damit zu tun, und hieran denkt der Fachmann dabei auch nicht, nur einen Teil des im Pumpzylinder befindlichen Gießharzes über die Rückführleitung in den Zulauf zu bringen und anschließend einen vorbestimmten Teil des im Pumpzylinder verbliebenen Gießharzes über die Förderleitung an die Dosierstelle abzugeben. Hierzu besteht keine Veranlassung.

Diese Überlegungen gelten sinngemäß für die Dosierpumpe nach (2), da auch ihr Pumpzylinder 3, sobald der Pumpkolben 8 dichtend in ihn eingefahren ist, ausgangsseitig nur mit der Dosierstelle in Verbindung steht.

Die Rücklaufleitung 12 dient lediglich zur Rückleitung des im Zulauf 4 angesammelten überschüssigen Dosiermittels in den Vorratsbehälter (Fig 4, Sp 3 Z 63 bis 68). Damit tritt nicht die Frage nahe, ob man, sobald der Pumpkolben 8 in den Kompressionsring 9 eintritt und damit das Abdichten des Pumpzylinders 3 beginnt, nicht besser - wie es der Erfinder vorschlägt - das dort befindliche Dosiermittel zunächst zum Teil an den Zulauf zurückleitet und erst daraufhin eine vorbestimmte Menge desselben an die Dosierstelle fördert.

(3) kommt weniger nahe als (1) und (2).

Die Ansprüche 2 bis 6 sind gleichfalls gewährbar. Sie beschreiben besondere Ausführungsarten der Erfindung nach dem Anspruch 1.

2. Auch der Vorrichtungsanspruch ist gewährbar. Die Bezugnahme auf einen der vorangehenden Verfahrensansprüche verlangt, daß die Vorrichtung im einzelnen derart ausgebildet ist, daß sie zumindest die im Verfahrensanspruch 1 im einzelnen angegebenen Funktionen ausführen kann. Damit wird die Patentfähigkeit der Vorrichtung nach dem Anspruch 7 von denselben Gründen getragen (vgl BPatGE 40, 219 - Elektronische Programmzeitschrift).

Die Ansprüche 8 bis 10 betreffen besondere Ausführungen der Vorrichtung nach dem Anspruch 7 und sind gleichfalls gewährbar.

3. Die Anmeldung genügt den Anforderungen des § 34 PatG.

Dr. Anders Obermayer Kalkoff Dr. van Radenbr/be






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2000
Az: 20 W (pat) 79/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/15243e74fb81/BPatG_Beschluss_vom_10-Juli-2000_Az_20-W-pat-79-99




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