Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 15. Januar 2009
Aktenzeichen: 12 U 103/08

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 15.01.2009, Az.: 12 U 103/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Kläger hat gegen das am 14. Mai 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin Berufung eingelegt. Er verlangt weiterhin Schadensersatz von den Beklagten, da diese seiner Ansicht nach an einer Gesamtvollstreckungsverschleppung beteiligt waren. Der Kläger wirft den Beklagten vor, den Vorstand der Gemeinschuldnerin nicht auf seine Pflicht zur Stellung eines Gesamtvollstreckungsantrags hingewiesen und stattdessen auf die Durchführung eines außergerichtlichen Vergleichsverfahrens hingewirkt zu haben. Die Parteien streiten darüber, ob bereits im Juli 1993 Gesamtvollstreckungsreife eingetreten war und die Beklagten dies erkennen konnten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Widerklage für unzulässig erklärt. Die Berufung des Klägers wird nun vom Brandenburgischen Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Berufung des Klägers war zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet wurde. In der Sache hatte der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Schadensersatz von den Beklagten. Ansprüche der Widerbeklagten, die auf den Kläger übertragen wurden, bestanden nicht. Die Berufung des Klägers wird daher abgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Brandenburgisches OLG: Urteil v. 15.01.2009, Az: 12 U 103/08


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Mai 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin, Az.: 3 O 264/04, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der R.genossenschaft T. e. G. (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) die Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht der Widerbeklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte zu 1. nahm im Jahre 1993 die Pflichtprüfung der Gemeinschuldnerin gem. § 53 GenG für das Jahr 1992 vor. Der Beklagte zu 2. war als Wirtschaftsprüfer des Beklagten zu 1. bei der Pflichtprüfung tätig. Der Beklagte zu 3. wurde in der Folgezeit als außergerichtlicher Vergleichsverwalter für die Gemeinschuldnerin tätig. Der Kläger wirft den Beklagten vor, trotz bereits damals eingetretener Gesamtvollstreckungsreife den Vorstand der Gemeinschuldnerin nicht über seine Pflicht zur Stellung eines Gesamtvollstreckungsantrages hingewiesen, sondern stattdessen auf die Durchführung eines außergerichtlichen Vergleichsverfahrens hingewirkt und sich damit an einer Gesamtvollstreckungsverschleppung beteiligt zu haben. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob bereits im Juli 1993 bei der Gemeinschuldnerin Gesamtvollstreckungsreife eingetreten war und die Beklagten diese erkennen konnten.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die von dem Beklagten zu 2. zum Stichtag 30.06.1993 erstellte Rohbilanz wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1.033.136,88 DM auf. In den Erläuterungen heißt es dazu, der Status beruhe auf Schätzungen, da gesicherte Unterlagen nicht vorlägen (Bl. 263 ff GA).

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil sowohl die Klage als auch die seitens des Beklagten zu 1. erhobene Drittwiderklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch gegen den Beklagten zu 1. aus Auftragsrecht, da zwischen der Widerbeklagten und dem Beklagten zu 1. kein Auftragsverhältnis bestanden habe. Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gegen den Beklagten zu 2., da auch zwischen dem Beklagten zu 2. und der Widerbeklagten kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Eine eventuelle Haftung des Beklagten zu 2. nach § 62 GenG sei verjährt. Ansprüche gegen den Beklagten zu 3. aus Verletzung des mit ihm geschlossenen Anwaltsvertrages seien ebenfalls nach § 51 BRAO a. F. seit 1997 verjährt. Der Einwand der Verjährung greife auch gegenüber etwaigen deliktischen Ansprüchen durch. Der Kläger habe spätestens mit Einreichung der Klagen gegen die Widerbeklagte bzw. die übrigen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Gemeinschuldnerin im Jahre 1998 Kenntnis der maßgeblichen Umstände gehabt. Allein ein Anspruch der Widerbeklagten aus § 426 BGB gegen die Beklagten als Teilnehmer an einer Gesamtvollstreckungsverschleppung sei nicht verjährt. Der Kläger habe jedoch trotz entsprechender Hinweise nicht dargelegt, dass die Gemeinschuldnerin zum damaligen Zeitpunkt zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei. Die Widerklage sei unzulässig, da sich die Widerbeklagte zu keinem Zeitpunkt irgendwelcher Ansprüche gegenüber dem Beklagten zu 1. berühmt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 21.05.2008 zugestellte Urteil (Bl. 894 GA) hat der Kläger mit einem am 27.05.2008 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 898 GA) und sein Rechtsmittel mit einem per Telefax am 21.07.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet (Bl. 916 ff GA).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Klageforderung weiter. Er rügt, das Landgericht habe zunächst seinen Sachvortrag übersehen, wonach die Gemeinschuldnerin nicht Rechtsnachfolgerin des Vereins für gegenseitige Bauernhilfe geworden sei, was zwischen den Parteien unstreitig sei. Dies habe besondere Bedeutung für das Ausmaß der gemeinschuldnerischen Überschuldung sowie deren Erkennbarkeit für die Beklagten. Ebenso habe er vorgetragen, dass er die Kenntnis der für die deliktischen Ansprüche maßgeblichen Umstände erst im September 2002 erlangt habe. Soweit das Landgericht konkreten Sachvortrag zur Überschuldung vermisst habe, habe es sein Vorbringen nebst korrespondierenden Beweisantritten in der Klageschrift sowie in den nachfolgenden Schriftsätzen übergangen. Dagegen hätten die Beklagten zu keiner einzigen Bilanzposition konkreten Vortrag geleistet, insbesondere fehle jeder konkrete Vortrag zu angeblichen stillen Reserven. Das angegriffene Urteil überspanne die Anforderungen an die Darlegung der Überschuldung. Er habe die Überschuldung i.S.d. § 99 Abs. 1 GenG hinreichend dargelegt, insbesondere, dass die Gemeinschuldnerin bilanziell in erheblicher Größenordnung überschuldet gewesen und in ihrem Vermögen keine stillen Reserven verborgen gewesen seien. Er habe ausführlich dargelegt, dass insbesondere der gemeinschuldnerische Immobilienbestand eine Überbewertung erfahren habe und zugunsten der Gemeinschuldnerin auch keine positive Fortbestehensprognose zu stellen gewesen sei, weil der werbende Geschäftsbetrieb im unmittelbaren zeitlichen Umfeld eingestellt worden sei. Hingegen hätten die Beklagten trotz ihrer prozessualen Obliegenheit keinen substanziierten Sachvortrag dazu geleistet, aufgrund welcher stillen Reserven keine Überschuldung bestanden habe. Auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Zahlungsunfähigkeit habe das Landgericht einseitig zu seinen Lasten Prozessstoff übergangen. So habe der Beklagte zu 2. in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2006 die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zum 30.06.1993 eingeräumt. Hinsichtlich des Merkmals des €ernstlichen Einforderns€ sei er nicht darlegungs- und beweisbelastet. An die Darlegung seien im Übrigen nur geringe Anforderungen zu stellen. Er habe erstinstanzlich ausdrücklich und unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Großgläubiger der Gemeinschuldnerin ihre Forderungen nicht gestundet hätten und auch keine Teilverzichte ausgesprochen hätten. Er habe ferner dargelegt, dass der Beklagte zu 3. über mehrere Jahre vergeblich versucht habe, im Rahmen eines Gesamtvergleichs sämtliche Gläubiger zu Stundungen und Teilverzichten zu bewegen. Zudem habe er unter Beweisantritt einen dynamischen Liquiditätsstatus zum 30.06.1993 eingeführt, aus dem sich eine Zahlungsunfähigkeit ergebe, so dass es der Feststellung des Hilfsumstandes der Zahlungseinstellung nicht mehr bedurft habe. Darüber hinaus wendet sich der Kläger gegen die Auffassung des Landgerichts, wonach ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten zu 1. nicht zustande gekommen sei, und die Voraussetzungen für das Bestehen eines Auskunftsvertrages mit dem Beklagten zu 2. entgegen seiner erstinstanzlichen Darlegung nicht vorlägen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin zum Az.: 3 O 264/04 vom 14.05.2008 die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 306.782,22 € nebst 4 % Zinsen seit dem 13.12.1998 zu zahlen;

hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Neuruppin zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Der Beklagte zu 1. hält die Berufung bereits für unzulässig, weil die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genüge. Im Übrigen verteidigt er die Auffassung des Landgerichts, der Kläger habe eine Überschuldung und eine Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin nicht substanziiert dargelegt, indem er sich darauf beschränkt habe, die Aussagen Dritter zu zitieren, die angeblich von einer Überschuldung der Gemeinschuldnerin ausgegangen seien. Allein die Tatsache, dass er die in der Bilanz ausgewiesenen Grund-stücke der Gemeinschuldnerin später zu ihren Gunsten liquidiert habe, spreche dafür, dass die Grundstücke mit Liquidationswerten auch im Jahre 1993 anzusetzen gewesen seien. Letztlich komme es auf die Frage der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit nicht an, weil der Kläger selbst nicht davon ausgehe, dass eine von der Widerbeklagten begangene vorsätzliche Gesamtvollstreckungsverschleppung vorliege, an der sich der Beklagte zu 1. hätte beteiligen können. Vielmehr habe der Kläger selbst vorgetragen, dass die handelnden Vorstandsmitglieder der Gemeinschuldnerin ihre rechtlichen Verpflichtungen nach dem Genossenschaftsgesetz nicht gekannt hätten, so dass eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung ausscheide. Darüber hinaus berücksichtige der Kläger nicht, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis untereinander nur zu gleichen Anteilen verpflichtet seien, so dass selbst bei einer bestehenden Haftung dem Kläger gegen jeden der Beklagten nur ein Anspruch in Höhe von maximal 76.695,56 € zustehe. Die vom Kläger angenommene Konstruktion eines Auftragsverhältnisses zwischen ihm, dem Beklagten zu 1., und der Widerbeklagten scheitere daran, dass keine übereinstimmenden Willenserklärungen über die unentgeltliche Ausführung eines Auftrages durch die Widerbeklagte vorgelegen hätten und eine etwaige Haftung hinter dem nach § 254 BGB zu berücksichtigende Mitverschulden der Widerbeklagten vollständig zurücktreten würde.

Der Beklagte zu 2. wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Er meint, das einfache Bestreiten der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit sei zulässig, da allein der Kläger über komplette Unterlagen verfüge. Nach seiner Erinnerung habe eine verlässliche Aussage über eine bilanzielle Überschuldung ohne Feststellung der Vorräte und Aufdeckung der stillen Reserven nicht getroffen werden können. Insbesondere die Bewertung des Gebäudebestandes sei unter den damals geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen außerordentlich schwierig gewesen und habe von ihm nicht geleistet werden können. Etwas anderes habe er zu keinem Zeitpunkt behauptet. Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Zahlungsunfähigkeit habe er bei seiner Anhörung vor dem Landgericht unstreitig dargelegt, dass von der Hausbank noch ein Kredit über 20.000,00 DM ausgereicht worden sei, um die Liquidität herzustellen.

Der Beklagte zu 3. trägt vor, dem Vortrag des Klägers sei weder eine Überschuldungsbilanz noch eine Erläuterung einer solchen zu entnehmen. Sein Vortrag beschränkte sich ausnahmslos auf Angaben vom Hörensagen, so dass ein weitergehendes substanziiertes Bestreiten seitens der Beklagten nicht geboten sei. Es sei keine Frage gewesen, dass aufgrund der ungeklärten Eigentumssituation an den Baulichkeiten und Gebäuden ein erhebliches Potential an stillen Reserven bestanden habe. Allein hinsichtlich des Grundstückes am Hauptsitz der Gemeinschuldnerin habe unter Berücksichtigung der damals geltenden Bodenrichtwerte sowie der Größe des Grundstücks eine stille Reserve von über 300.000,00 DM eingestellt werden können. Das vom Kläger vorgelegte Zahlenmaterial dokumentiere, dass von einer Zahlungsunfähigkeit offenkundig gerade nicht habe ausgegangen werden können. Da er lediglich für die rechtstechnische Abwicklung der stillen Liquidation zuständig gewesen sei, könne ihm ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgehalten werden, insbesondere dass ihm das Risiko eines strafbaren Verhaltens hätte bewusst sein müssen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO. Für die Zulässigkeit der Berufung nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO ist die auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BGH NJW 2003, 2532; Reichold in Thomas/ Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rn. 22). Dazu gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt (vgl. BGH NJW 2003, 3145; BGH NJW 2006, 142, 143). Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils gefährden. Zur Bezeichnung des Umstandes, aus dem sich die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung materiellen Rechts ergibt, genügt regelmäßig die Darlegung einer Rechtsansicht, die dem Berufungskläger zufolge zu einem anderen Ergebnis als dem des angefochtenen Urteils führt (vgl. BGH a.a.O.). Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO muss der Berufungskläger die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (vgl. BGH NJW 2004, 1876, 1877).

Die Berufungsbegründung des Klägers genügt diesen Anforderungen. Zwar ist sie in Teilen recht knapp gehalten, soweit der Kläger die Auffassung des Landgerichts hinsichtlich der Verjährung deliktischer Ansprüche oder das Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Beklagten zu 2. angreift. Aus ihr wird jedoch noch hinreichend deutlich, in welchen Punkten der Kläger das angefochtene Urteil für falsch hält und aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts bestehen. So wendet er sich u. a. dagegen, dass das Landgericht an seine Darlegungslast hinsichtlich der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zu hohe Anforderungen gestellt und andererseits von den Beklagten kein substanziiertes Bestreiten gefordert habe. Zugleich macht er deutlich, mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen ausreichend zur Vorlage der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin vorgetragen zu haben. Darüber hinaus rügt er, das Landgericht habe die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des €ernstlichen Einforderns€ von Verbindlichkeiten verkannt. Damit rügt er zum einen die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht, zum anderen macht er hinreichende konkrete Anhaltspunkte geltend, die Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, wonach eine Gesamtvollstreckungsreife der Gemeinschuldnerin in dem fraglichen Zeitraum nicht feststehe, begründen können.

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel des Klägers ohne Erfolg. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche in der geltend gemachten Höhe sowohl aus abgetretenem Recht der Widerbeklagten (dazu unter a)) als auch aus eigenem Recht (dazu unter b)) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a) Ansprüche der Widerbeklagten, die mit der Abtretungsvereinbarung gem. § 398 BGB auf den Kläger übergegangen sind, bestehen nicht. Das Landgericht hat zu Recht die Voraussetzungen einer (Mit-) Haftung der Beklagten gegenüber der Widerbeklagten im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Auszahlungen von den Geschäftskonten der Gemeinschuldnerin im Zeitraum vom 14.10.1993 bis zum 31.12.1993 verneint.

aa) Ansprüche gegenüber dem Beklagten zu 1. sind nicht gegeben.

(1) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 670 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob zwischen der Widerbeklagten und dem Beklagten zu 1. ein Auftragsverhältnis zustande gekommen ist, indem die Widerbeklagte im Auftrag des Beklagten zu 1. sich in den Vorstand der Gemeinschuldnerin hat berufen lassen. Eine Schadensersatzpflicht des Auftraggebers in entsprechender Anwendung des § 670 BGB besteht nur für diejenigen Schäden, die dadurch entstanden sind, dass mit der Ausführung des Auftrages seiner Natur nach oder aufgrund besonderer Umstände eine für beide Beteiligte erkennbare Gefahr für den Beauftragten verbunden war (so genanntes tätigkeitsspezifisches Risiko; vgl. Münchener Kommentar/Seiler, BGB, 4. Aufl., § 670 Rn. 14; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 670 Rn. 11; Bamberger/Roth/Czub, BGB, § 670 Rn. 15). Dies setzt neben dem Bestehen eines Auftragsverhältnisses voraus, dass zum einen die Übernahme der mit der Vorstandstätigkeit für die Gemeinschuldnerin verbundenen Risiken für die Widerbeklagte erkennbar war und zum anderen der Widerbeklagten bei der Ausführung des Auftrages unverschuldet ein Schaden entstanden ist. Beide Voraussetzungen sind nach dem Vorbringen des Klägers jedoch zu verneinen. Zum einen war sich die Widerbeklagte danach über die mit der Übernahme der Vorstandstätigkeit verbundenen Risiken, insbesondere die Haftungsrisiken des § 99 GenG, nicht bewusst, zum anderen handelt es sich nicht um einen €Zufallsschaden€, da die Widerbeklagte jedenfalls nicht ohne Verschulden handelte, indem sie es nach dem Vortrag des Klägers zumindest fahrlässig unterließ, trotz Eintritts der Gesamtvollstreckungsreife einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zu stellen, und Auszahlungen vom Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin trotz bestehender Gesamtvollstreckungsreife zuließ.

Das wirksame Zustandekommen eines Auftragsverhältnisses zwischen der Widerbeklagten und dem Beklagten zu 1. setzt zudem voraus, dass der Beklagte zu 2., der nach dem maßgeblichen Vorbringen des Klägers allein für den Beklagten zu 1. den Auftrag erteilt haben soll, namens und in Vollmacht des Beklagten zu 1. gehandelt hat. Dem Vorbringen des Klägers in der Klageschrift lässt sich jedoch weder entnehmen, dass der Beklagte zu 2. ausdrücklich oder nach den Umständen erkennbar für den Beklagten zu 1. aufgetreten ist, noch dass er von dem Beklagten zu 1. zur Erteilung eines entsprechenden Auftrages bevollmächtigt war oder aus welchen Gründen die Widerbeklagte von dem Bestehen einer entsprechenden Vertretungsmacht des Beklagten zu 2. ausgehen durfte. Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang widersprüchlich vor, indem er einerseits das Zustandekommen eines Auftragsverhältnisses zwischen der Widerbeklagten und dem Beklagten zu 1. damit begründet, dass in der Bitte des Beklagten zu 2. in dem im Juni 1993 mit der Widerbeklagten geführten Gespräch, der Gemeinschuldnerin im außergerichtlichen Vergleichsverfahren als geschäftsführender Vorstand zur Seite zu stehen, eine Auftragserteilung namens des Beklagten zu 1. liegen soll, andererseits der Beklagte zu 2. in eigenem Namen gehandelt habe, indem der Kläger geltend macht, mit dem Beklagten zu 2. sei ein eigenständiger Auskunfts- oder Beratungsvertrag zustande gekommen. Schließlich hat der Kläger auch das Bestehen einer entsprechenden Vollmacht des Beklagten zu 2., für den Beklagten zu 1. rechtsgeschäftlich bindende Verträge abzuschließen, nicht dargelegt, auch nicht in Form einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht. Allein der Hinweis auf eine Repräsentantenstellung des Beklagten zu 2. reicht dafür nicht aus, da es nicht um die Haftung des Beklagten zu 2. aus einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung geht, für die der Beklagte zu 1. möglicherweise gemäß den §§ 31, 89 BGB einzustehen hätte, sondern um die Begründung eines eigenständigen Vertragsverhältnisses mit dem Beklagten zu 1., für die neben einer entsprechenden Willenserklärung in fremdem Namen gem. § 164 Abs. 1 BGB auch eine entsprechende Vollmacht des als Vertreter Auftretenden erforderlich ist.

(2) Eine Haftung des Beklagten zu 1. aus einem von dem Beklagten zu 2. im Namen des Beklagten zu 1. abgegebenen selbständigen Garantieversprechens kommt im Streitfall ebenfalls nicht in Betracht. Das selbständige Garantieversprechen ist als Vertrag eigener Art dadurch gekennzeichnet, dass sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs einzustehen oder die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (vgl. BGH NJW 1996, 2569, 2570; BGH NJW-RR 2001, 1611, 1612), und hat die Übernahme der Verpflichtung zur Schadloshaltung für den Fall des Nichteintritts des garantierten Erfolgs zum Inhalt (vgl. BGH NJW 1999, 1542, 1543; OLG Frankfurt OLGR 2008, 449 - zitiert nach Juris).

In der vom Kläger behaupteten Erklärung des Beklagten zu 2. gegenüber der Widerbeklagten, sie werde für den außergerichtlichen Vergleich nicht verantwortlich sein und Schaden könne ihr hierdurch nicht entstehen, kann ein Angebot auf Abschluss eines solchen selbständigen Garantievertrages, verbunden mit einer entsprechenden Haftungsfreistellung, nicht gesehen werden. Dies setzt das Vorliegen eines entsprechenden Rechtsbindungswillens auf Seiten des Beklagten zu 2., verbunden mit dem Bewusstsein, mit dieser Erklärung zugleich eine rechtsgeschäftlich bindende Willenserklärung abzugeben, voraus, wovon nach den vom Kläger geschilderten Umständen jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. Die entsprechende Erklärung des Beklagten zu 2. erfolgte danach in der Absicht, die Widerbeklagte trotz der von ihr geäußerten Vorbehalte von der Notwendigkeit der Übernahme des Vorstandsamtes zu überzeugen und etwaige Bedenken zu zerstreuen. Aus diesem Grund sagte der Beklagte zu 2. zu, dass der Beklagte zu 1. der Widerbeklagten jederzeit beratend zur Seite stehen werde. Die Äußerung des Beklagten zu 2., der Widerbeklagten werde durch die Übernahme des Vorstandsamtes kein Schaden entstehen, bezog sich somit auch aus Sicht der Widerbeklagten als Erklärungsempfängerin darauf, dass die Widerbeklagte im Bedarfsfall auf Unterstützung und Ratschläge seitens des Beklagten zu 1. vertrauen sollte. Es sind hingegen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte zu 2. eine derart weitreichende Verpflichtungserklärung für den Beklagten zu 1. abgeben wollte zu einem Zeitpunkt, in dem die Konsequenzen aus der Entscheidung, ein außergerichtliches Vergleichsverfahren durchzuführen, obwohl dem Beklagten zu 2. nach der Behauptung des Klägers bereits zum damaligen Zeitpunkt bewusst war, dass die Gemeinschuldnerin überschuldet bzw. zahlungsunfähig war, für eine sich daraus ergebende Haftung der Widerbeklagten und damit auch des Beklagten zu 1. aus einer etwaigen Garantieerklärung noch völlig ungeklärt waren. Im Übrigen fehlt es auch hier an der Darlegung einer entsprechenden Bevollmächtigung des Beklagten zu 2. seitens des Beklagten zu 1.

(3) Deliktische Ansprüche der Widerbeklagten aus abgetretenem Recht sind ebenfalls nicht gegeben. Ein Anspruch der Widerbeklagten aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da der Beklagte zu 1. nicht das Eigentum, den Besitz oder sonstige Rechtsgüter der Widerbeklagten verletzt hat. Auch ein Anspruch der Widerbeklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 99, 148 GenG (a. F.) besteht nicht. Die §§ 99, 148 GenG a. F. sind Schutzgesetz nur zugunsten der Genossenschaft und ihrer Gläubiger, nicht jedoch zugunsten des Vorstandsmitgliedes, das es unterlassen hat, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zu stellen, oder Zahlungen trotz Eintritt der Gesamtvollstreckungsreife vorgenommen hat. Ein darüber hinaus in Betracht kommender etwaiger Anspruch aus § 826 BGB i.V.m. §§ 31, 89 BGB ist jedenfalls verjährt. Die Widerbeklagte hatte unstreitig spätestens mit der Erhebung der gegen sie gerichteten Klage im Jahre 1998 Kenntnis von der Antragspflicht und der damit im Zusammenhang stehenden möglichen Verharmlosung der Haftungsrisiken durch den Beklagten zu 2., die eine Haftung aus § 826 BGB begründen könnte. Etwaige Ansprüche sind damit mit Ablauf des Jahres 2001 gem. § 852 Abs. 2 BGB a. F. verjährt. Die damit bereits zum Zeitpunkt der Abtretung der Ansprüche der Widerbeklagten im Oktober 2002 eingetretene Verjährung muss der Kläger gem. § 404 BGB gegen sich gelten lassen. Die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts werden vom Kläger mit der Berufung auch nicht substanziiert angegriffen. Soweit der Kläger lediglich auf seine eigene Kenntniserlangung abstellt, kommt es im Hinblick darauf, dass es sich um einen abgetretenen Anspruch handelt, nicht an.

(4) Schließlich hat das Landgericht zu Recht auch einen Ausgleichsanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der Widerbeklagten aus den §§ 426 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 99, 148 GenG a. F., 830 Abs. 2, 398 BGB verneint.

Eine gesamtschuldnerische Haftung der Widerbeklagten und der Beklagten gegenüber dem Kläger aus einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung ist nicht gegeben. Da Täter einer Gesamtvollstreckungsverschleppung gem. § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG in der im Jahre 1993 geltenden Fassung nur der Vorstand oder der Liquidator der Genossenschaft sein konnte, kommt eine deliktische Haftung des Beklagten zu 1. nur unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme gem. § 830 Abs. 2 BGB in Betracht. Der Kläger hat jedoch weder eine entsprechende Anstiftungshandlung, noch eine Beihilfehandlung durch den Beklagten zu 1. substanziiert vorgetragen. Da die Widerbeklagte erst mit Wirkung ab dem 16.08.1993 zum Vorstand bestellt wurde, konnte sie erst ab diesem Zeitpunkt eine Straftat gem. § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG begehen. Eine Haftung des Beklagten zu 1. als Anstifter einer von der Widerbeklagten begangenen vorsätzlichen Gesamtvollstreckungsverschleppung setzt daher voraus, dass der Beklagte zu 1. nach diesem Zeitpunkt bei der Widerbeklagten den Entschluss hervorgerufen hat, eine Gesamtvollstreckungsverschleppung zu begehen. Es sind jedoch keine Handlungen ersichtlich, aufgrund derer der Beklagte zu 1., handelnd durch den Beklagten zu 2., nach dem 16.08.1993 einen entsprechenden Entschluss bei der Widerbeklagten hervorgerufen haben soll. Eine Anstiftung zu einer von der Widerbeklagten begangenen Straftat gem. § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG käme im Streitfall ohnehin nur durch Unterlassen in Betracht, da der Kläger dem Beklagten zu 1. vorwirft, die Widerbeklagte nicht über die mit der Übernahme des Vorstandsamtes verbundenen verschärften Haftungsrisiken informiert zu haben. Das Bestehen einer entsprechenden Garantenstellung des Beklagten zu 1. ist jedoch nicht ersichtlich.

Auch eine Beihilfehandlung seitens des Beklagten zu 1., die geeignet gewesen sein muss, die tatbestandsmäßige Handlung zu fördern, zu erleichtern oder den Täter in seinem Entschluss zur Tatbegehung zu bestärken (vgl. BGH NJW 2005, 3137, 3139), ist nicht substanziiert vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, wodurch der Beklagte zu 1. in dem fraglichen Zeitraum einen etwaigen, bei der Widerbeklagten bereits vorhandenen Entschluss zur Begehung einer Gesamtvollstreckungsverschleppung unterstützt oder die Willensbildung erleichtert haben soll. Hinzu kommt, dass die Teilnahme an einer von der Widerbeklagten begangenen Straftat nach § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG a. F. nur möglich ist, wenn die Widerbeklagte vorsätzlich gegen ihre Pflicht aus § 99 GenG zur Stellung eines Insolvenzantrages verstoßen hat. Eine vorsätzliche Tatbegehung setzt daher voraus, dass die Widerbeklagte ihre sich aus § 99 Abs. 1 GenG ergebende Pflicht, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zu beantragen, positiv kannte oder zumindest mit der Möglichkeit des Bestehens einer entsprechenden Antragspflicht rechnete und diese billigend in Kauf nahm. Der Kläger hat jedoch in seinem Schriftsatz vom 24.05.2006 selbst vorgetragen, dass den damals handelnden Organen der Gemeinschuldnerin einschließlich der Widerbeklagten die notwendige Kenntnis des Genossenschaftsgesetzes und damit auch der Antragspflicht nach § 99 GenG fehlte (Bl. 676 GA). Der Kläger wirft den Beklagten zu 2. und 3. in dem vorliegenden Rechtsstreit selbst vor, die Widerbeklagte nicht über die mit der Übernahme des Vorstandsamtes verbundenen Haftungsrisiken gem. § 99 GenG, insbesondere auch die Pflicht zur Antragstellung im Fall der Gesamtvollstreckungsreife, informiert zu haben. Damit im Einklang steht auch das Vorbringen des Klägers, wonach die Widerbeklagte sich die in Rede stehenden Zahlungen jeweils von dem Beklagten zu 3. genehmigen ließ und insoweit vollständig auf den Beklagten zu 3., auch was die Zulässigkeit der Vornahme der Zahlungen betraf, vertraute. Da jedoch eine Haftung aus § 830 Abs. 2 BGB das Bestehen einer vorsätzlichen Haupttat voraussetzt, ein entsprechender Vorsatz der Widerbeklagten jedoch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers gerade nicht festgestellt werden kann, scheidet somit eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten aus einer gemeinschaftlich mit der Widerbeklagten begangenen unerlaubten Handlung aus.

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Jetter der Widerbeklagten mitgeteilt habe, dass nach Aussage des Beklagten zu 2. €Konkursantrag€ gestellt werden müsse (Bl. 49 GA). Denn der Kläger trägt für das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB seitens der Widerbeklagten, also auch des subjektiven Tatbestandes, die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit ist der Vortrag des Klägers jedoch widersprüchlich und damit unbeachtlich, wenn er in einem späteren Schriftsatz ausdrücklich vorträgt, die für die Gemeinschuldnerin handelnden Organe einschließlich der Widerbeklagten hätten keine Kenntnis von den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes, also auch nicht der Antragspflicht aus § 99 Abs. 1 GenG, gehabt. Auch nachdem der Beklagte zu 1. diesen Punkt ausdrücklich in seiner Berufungserwiderung aufgegriffen hat, hat der Kläger sich nicht veranlasst gesehen, sein Vorbringen entsprechend zu korrigieren oder richtigzustellen.

Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass die Widerbeklagte in ihrer Eigenschaft als geschäftsführendes Vorstandsmitglied an Besprechungen teilgenommen hat, in denen es auch um die Überschuldung bzw. die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin gegangen sei, liegen diese Besprechungen zeitlich nach den hier in Rede stehenden Zahlungsabflüssen und vermögen daher eine Kenntnis der Widerbeklagten von einer Antragspflicht zu diesem Zeitpunkt nicht zu begründen.

bb) Ansprüche der Widerbeklagten gegen den Beklagten zu 2. sind ebenfalls nicht gegeben.

(1) Vertragliche Ansprüche der Widerbeklagten bestehen nicht. Zwischen der Widerbeklagten und dem Beklagten zu 2. ist kein Auskunfts- oder Beratungsvertrag stillschweigend zustande gekommen. Zwar kann im Einzelfall ein Auskunfts- und Beratungsvertrag zu bejahen sein, wenn die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und der Verkehrsbedürfnisse den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärung die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben, wofür ein wesentliches Indiz ist, dass die Auskunft für den Anfragenden von erheblicher Bedeutung ist und dieser sie zur Grundlage wesentlicher Entscheidungen machen will und dies für den Erteilenden erkennbar ist (vgl. Palandt/Sprau a.a.O., § 675 Rn. 30 m.w.N.). Im vorliegenden Fall reichen die von dem Kläger vorgetragenen Umstände jedoch nicht aus, um eine eigene vertragliche Verpflichtung des Beklagten zu 2. gegenüber der Widerbeklagten zu begründen. Danach hat die Widerbeklagte den Beklagten zu 2. lediglich gefragt, was ein außergerichtliches Vergleichsverfahren sei und worin der Unterschied zum gerichtlichen Vergleichsverfahren liege und warum es notwendig sei, dass sie zum Vorstand berufen werde. Weitergehende Fragen, insbesondere nach dem Umfang der mit der Übernahme des Vorstandsamtes verbundene Rechten und Pflichten, hat die Widerbeklagte nicht gestellt. Für den Beklagten zu 2. war danach nicht ohne weiteres erkennbar, dass die Widerbeklagte von ihm darüber hinausgehende Auskünfte erwartete, zumal der Beklagte zu 2. als Wirtschaftsprüfer über weitergehende, mit der Übernahme des Vorstandsamtes verbundene Rechte und Pflichten ohnehin keine sachkundige Auskunft geben konnte, was auch der Widerbeklagten bekannt sein musste. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 2. gegenüber der Widerbeklagten einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat und die Widerbeklagte dieses Vertrauen in Anspruch genommen hat, da er nach dem Vorbringen des Klägers in erster Linie für den Beklagten zu 1. aufgetreten sein soll. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2. einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen zum stillschweigenden Abschluss eines Vertragsverhältnisses in eigenem Namen mit der Widerbeklagten hatte.

Ein Garantievertrag in Form eines selbständigen Garantieversprechens ist aus dem vorstehend unter aa) (2) genannten Gründen nicht zustande gekommen. Eine etwaige Haftung des Beklagten zu 2. als vollmachtloser Vertreter gem. § 179 Abs. 1 BGB scheitert bereits daran, dass der Widerbeklagten jedenfalls nach § 179 Abs. 3 BGB hätte bekannt sein müssen, dass der Beklagte zu 2. nicht berechtigt war, den Beklagten zu 1. wirksam rechtlich zu verpflichten.

(2) Hinsichtlich einer deliktischen Haftung des Beklagten zu 2. gegenüber der Widerbeklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 99, 148 GenG a. F. sowie aus § 826 BGB gelten die obigen Ausführungen unter aa) (3) bzw. hinsichtlich einer Haftung des Beklagten zu 2. aus §§ 426 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 2, 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB die vorstehenden Ausführungen unter aa) (4) entsprechend. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht, inwieweit der Beklagte zu 2. nach dem 06.08.1993 noch Einfluss auf die Willensbildung der Widerbeklagten genommen und damit einen Entschluss der Widerbeklagten, trotz Eintritt der Gesamtvollstreckungsreife einen Antrag nach § 99 Abs. 1 GenG nicht zu stellen bzw. die Zahlungsabflüsse zuzulassen, hervorgerufen oder gefördert haben soll.

cc) Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Haftung des Beklagten zu 3. aus abgetretenem Recht der Widerbeklagten aus. Eigene vertragliche Ansprüche der Widerbeklagten gegenüber dem Beklagten zu 3. sind nicht ersichtlich, da auch der Kläger selbst nicht behauptet, dass zwischen der Widerbeklagten und der Sozietät des Beklagten zu 3. ein Mandatsverhältnis bestanden hat. Hinsichtlich einer Haftung des Beklagten zu 3. aus Delikt oder einem sich aus einem Gesamtschuldverhältnis ergebenden Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

b) Dem Kläger stehen schließlich auch keine Ansprüche aus eigenem Recht der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagten zu bzw. sind derartige Ansprüche verjährt.

aa) Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagten zu 1. und 2. wegen einer fehlerhaften Durchführung der Pflichtprüfung nach § 53 GenG sind jedenfalls nach § 62 Abs. 6 GenG in der damaligen Fassung verjährt. Danach verjähren Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Obliegenheitsverletzung im Zusammenhang mit der Prüfung in 3 Jahren, beginnend mit dem Eingang des Prüfungsberichts der Genossenschaft. Verjährung ist damit spätestens im Januar 1997 eingetreten. Die entsprechenden Ausführungen der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils werden vom Kläger mit der Berufung auch nicht in Frage gestellt.

Eigene Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagten zu 1. und 2. aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 99, 148 GenG, 830 Abs. 2 BGB scheiden mangels Vorliegen einer von der Widerbeklagten begangenen vorsätzlichen Haupttat aus. Etwaige in Betracht kommende Ansprüche aus § 826 BGB sind verjährt. Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, er habe erst im Jahre 2002 Kenntnis von den im Zusammenhang mit der Übernahme der Vorstandstätigkeit durch die Widerbeklagte stehenden Vorgängen erlangt. Abzustellen ist auch hier auf die Kenntnis der Widerbeklagten als Organ der Gemeinschuldnerin. Eine Kenntnis der Widerbeklagten von der Person des Schädigers bestand danach jedoch bereits im Jahre 1993, von dem möglichen Schadenseintritt jedenfalls spätestens im Jahre 1998, als die Widerbeklagte von dem Kläger auf Schadensersatz in Höhe der von den Geschäftskonten der Gemeinschuldnerin abgeflossenen Zahlungen in Anspruch genommen wurde.

Der Geltendmachung von Ansprüchen des Klägers aus eigenem Recht gegen den Beklagten zu 3. steht die Rechtskraft des Urteils des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15.06.1999 zum Az.: 6 U 101/98 in dem Umfang, in dem der Bundesgerichtshof die Revision nicht zur Entscheidung angenommen hat, sowie im Übrigen der in diesem Rechtsstreit vor dem 6. Zivilsenat abgeschlossene Vergleich entgegen. Gegenstand dieses Rechtsstreits waren die von dem Kläger gegen den Beklagten zu 3. und dessen Sozietät geltend gemachten Ansprüche im Zusammenhang mit der Verletzung anwaltlicher Pflichten durch den Beklagten zu 3. im Hinblick auf die unterlassene Belehrung der Gemeinschuldnerin über ihre Pflicht zur Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach § 99 GenG. In diesem Zusammenhang wurde der Beklagte zu 3. zugleich durch den Kläger aufgrund einer faktischen Organstellung auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Der von dem Kläger seinerzeit zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt, der den Streitgegenstand bestimmt, umfasste somit bereits den durch die Tätigkeit des Beklagten zu 3. als €außergerichtlicher Vergleichsverwalter€ entstandenen Schaden. Auch wenn der Kläger seinerzeit die geltend gemachten Ansprüche nicht ausdrücklich auf eine deliktische Haftung des Beklagten zu 3. oder eine im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs bestehende Haftung des Beklagten zu 3. gestützt hat, handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, über den bereits durch das Urteil des 6. Zivilsenats bzw. dem im nachfolgenden Verfahren geschlossenen Vergleich abschließend entschieden worden ist. Im Rahmen des vor dem 6. Zivilsenat seinerzeit geschlossenen Vergleiches hat sich der Kläger mit einer entsprechenden Abgeltungsklausel einverstanden erklärt, so dass darüber hinausgehende Ansprüche aus dem gleichen Lebenssachverhalt nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können.

Im Ergebnis kann somit offen bleiben, ob zum Zeitpunkt der Vornahme der streitgegenständlichen Zahlungen eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin vorgelegen hat, wobei dem Kläger zuzugestehen ist, dass im Streitfall nach den vorliegenden schriftlichen Unterlagen und den übrigen Indizien vieles dafür spricht, dass eine Überschuldung bereits zum damaligen Zeitpunkt vorlag.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung aus den §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 709 S. 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Es handelt sich um eine Entscheidung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles, bei der der Senat nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, so dass der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 306.782,22 € festgesetzt.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 15.01.2009
Az: 12 U 103/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/15a70e6f983f/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_15-Januar-2009_Az_12-U-103-08




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