Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 27. April 2016
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 3/16

(BGH: Beschluss v. 27.04.2016, Az.: AnwZ (Brfg) 3/16)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 27. April 2016 (Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 3/16) den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 11. November 2015 abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Wert des Zulassungsverfahrens wurde auf 12.500 € festgesetzt.

Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Antrag auf Verleihung der Bezeichnung "Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht" gestellt, dieser wurde jedoch abgelehnt. Die Klage gegen diese Entscheidung wies der Anwaltsgerichtshof zurück. Daraufhin beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung.

Der Antrag des Klägers war nach den entsprechenden Vorschriften statthaft und zulässig. Allerdings hatten die geltend gemachten Zulassungsgründe (ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) keinen Erfolg. Damit war der Kläger nicht in der Lage, seine besonderen praktischen Erfahrungen ausreichend nachzuweisen, die für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung notwendig sind.

Der Anwaltsgerichtshof hatte festgestellt, dass der Kläger nicht die erforderliche Anzahl von 60 Fällen nachweisen konnte, die er persönlich und weisungsfrei bearbeitet hatte. Der Kläger hatte unter anderem Rechtsmittelverfahren als separate Fälle gezählt, was unzutreffend war. Darüber hinaus war der Kläger in einigen Verfahren nicht selbstständig tätig, sondern wurde durch einen anderen Anwalt vertreten. Auch die Zuordnung von Nachmeldung von Fällen außerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums war nicht zulässig.

Der Senat war der Ansicht, dass die vom Anwaltsgerichtshof vorgenommene Bewertung der einzelnen Fälle nicht zu beanstanden war. Der Kläger konnte nicht ausreichend darlegen, dass bestimmte Fälle aufgrund von Rechtsmittelverfahren oder anderen Umständen eine höhere Gewichtung verdienten. Die Rüge des Klägers, dass er nicht ausreichend rechtliches Gehör erhalten habe, wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Insgesamt wurden keine ernsthaften Zweifel an der Bewertung des Anwaltsgerichtshofs festgestellt. Daher lehnte der Bundesgerichtshof den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab. Die Kosten des Verfahrens sowie der Streitwert wurden entsprechend festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 27.04.2016, Az: AnwZ (Brfg) 3/16


Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 11. November 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 12.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 den Antrag des Klägers auf Verleihung der Bezeichnung "Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht" abgelehnt, weil der Kläger seine besonderen praktischen Erfahrungen nicht hinreichend dargelegt habe. Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er hat jedoch keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor.

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. März 2015 - AnwZ (Brfg) 47/14, juris Rn. 3 und vom 3. Juni 2015 - AnwZ (Brfg) 11/15, juris Rn. 3; jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag der Kläger mit seiner Antragsbegründung nicht darzulegen.

Nach § 2 Abs. 1 FAO hat ein Antragsteller für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung unter anderem besondere praktische Erfahrungen nachzuweisen. Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen im Bank- und Kapitalmarktrecht setzt dabei nach § 5 Abs. 1 Buchst. s FAO voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei 60 Fälle, davon mindestens 30 rechtsförmliche Verfahren bearbeitet hat. Die Fälle müssen sich auf mindestens 3 verschiedene Bereiche des § 14 Buchst. l Nr. 1 bis 9 FAO beziehen, dabei auf jeden dieser 3 Bereiche mindestens 5 Fälle. Ob die vom Kläger insoweit vorgelegten Unterlagen zum Nachweis ausreichen, ist dabei als Rechtsfrage gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, Beschluss vom 6. März 2006 - AnwZ (B) 36/05, NJW 2006, 1513 Rn. 8 mwN). Der Anwaltsgerichtshof, der eine Fallzahl von 55,5 festgestellt hat, ist insoweit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller der ihm obliegende Nachweis von 60 Fällen nicht gelungen ist.

a) Unter einem "Fall" ist jede juristische Aufarbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhalts zu verstehen, der sich von anderen Lebenssachverhalten dadurch unterscheidet, dass die zu beurteilenden Tatsachen und die Beteiligten verschieden sind (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 6. März 2006, aaO Rn. 12 und vom 20. April 2009 - AnwZ (B) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 Rn. 7). Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel, soweit der Anwaltsgerichtshof davon ausgegangen ist, der Umstand, dass der Kläger einen Mandanten zusätzlich auch im Rechtsmittelverfahren vertreten hat, stelle keinen weiteren Fall dar. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung zählt ein Fall nur einfach, auch wenn sich das Mandat auf mehrere gerichtliche Instanzen erstreckt (vgl. nur Beschlüsse vom 21. Juni 1999 - AnwZ (B) 81/98, BRAK-Mitt. 1999, 230, 231 und vom 12. Juli 2010 - AnwZ (B) 85/09, NJW-RR 2011, 279 Rn. 3). Gegebenenfalls können solche Verfahren - siehe dazu II 1d - im Rahmen des § 5 Abs. 4 FAO höher als mit 1 gewichtet werden. Eine erweiternde Auslegung des Fallbegriffs scheidet insoweit aber aus (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 2010 aaO). Soweit der Kläger daher in seiner Fall-Liste Rechtsstreitigkeiten, die von ihm in erster und zweiter Instanz betreut wurden, als zwei Fälle gewertet hat, ist dies unzutreffend. Genauso wenig können als zusätzliche Fälle die Nr. 29 und 41 der Fall-Liste berücksichtigt werden, in denen gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt worden ist. Im Übrigen konnte der Kläger diese Verfahren mangels Postulationsfähigkeit nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 FAO persönlich und weisungsfrei bearbeiten. Vielmehr wurden die Mandanten durch den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. S. vertreten.

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Wertung der Rechtsmittelverfahren als keine neuen Fällen eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch den Anwaltsgerichtshof rügt, geht dieser Vorwurf schon mangels Entscheidungserheblichkeit ins Leere, da die beanstandete Wertung im Einklang mit der ständigen Senatsrechtsprechung steht. Im Übrigen ist dem Kläger ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Bereits die Beklagte hat die streitgegenständliche Thematik in ihren Schreiben vom 6. Januar 2013 und 5. Februar 2014 (dort i.V.m. dem beigefügten Votum des Berichterstatters des Fachausschusses) sowie im angefochtenen Bescheid angesprochen.

b) Zu Unrecht rügt der Kläger, die Fälle 25, 40, 63 und 65 hätten berücksichtigt werden müssen, weil die Beklagte ihre Kammerpraxis willkürlich zu seinen Lasten geändert habe. Diese Rüge bezieht sich auf die Formulierung im angefochtenen Bescheid, wonach "nach hiesiger Verwaltungspraxis vor einiger Zeit nachgemeldete Fälle, die nach der Antragstellung begonnen wurden, ohne Verschiebung des Drei-Jahres-Zeitraums berücksichtigt werden konnten, sofern der Toleranzzeitraum von drei bis vier Monaten seit der Antragstellung gewahrt war. Diese Rechtsauffassung ist aber inzwischen nach allgemeiner Auffassung überholt". Abgesehen davon, dass von dieser überholten Praxis nur die in der Fall-Liste unter Nr. 63 und Nr. 65 aufgeführten Sachverhalte erfasst wären (wobei der Kläger zu letzterem Fall im Gerichtsverfahren noch einen geänderten Bearbeitungszeitraum vorgetragen hat) und die Beklagte ihre Praxis auch nicht erst aus Anlass des anhängigen Verfahrens, sondern bereits viel früher geändert hat, entspricht die Nichtberücksichtigung dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 FAO. Fälle, die nicht innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums vor der Antragstellung bearbeitet worden sind, können insoweit nicht berücksichtigt werden. Das Erfordernis der Bearbeitung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums vor Antragstellung soll sicherstellen, dass der Durchschnitt der Mandate auf dem Fachgebiet des Rechtsanwalts die Zahl der Aufträge deutlich übersteigt, die von nicht spezialisierten Berufskollegen im betreffenden Zeitraum auf dem Gebiet bearbeitet werden. Wegen der Formalisierung des Nachweises kommt es zwar nicht darauf an, ob die wesentliche Fallbearbeitung innerhalb dieses Zeitraums liegt. Auf der anderen Seite reicht aber nicht jede beliebige Tätigkeit aus, die sich in jedem Fall stellen kann. Praktische Erfahrung vermittelt nur eine solche Tätigkeit, die das in § 14 FAO jeweils näher umschriebene Fachgebiet betrifft. Im maßgeblichen Zeitraum muss daher eine Frage aus diesem Fachgebiet behandelt worden sein (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Juli 2010, aaO Rn. 10 mwN). Werden nach Antragstellung bearbeitete Fälle gemeldet, ist eine solche Nachmeldung als alternative Antragstellung zu prüfen, woraus sich ein alternativer Drei-Jahres-Zeitraum ergibt. Der für den Antragsteller günstigste Zeitraum ist dann zu berücksichtigen (vgl. nur Senat, Urteile vom 10. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 9/11, NJW-RR 2012, 298 Rn. 7 und vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 58/12, NJW-RR 2014, 752 Rn. 9).

Dies hat der Anwaltsgerichtshof im Übrigen im Hinblick auf die vom Kläger nachgereichte Fall-Liste getan. Er hat alternativ zwei Beurteilungszeiträume (3. November 2008 - 3. November 2011; 19. Juni 2009 bis 19. Juni 2012) geprüft und hierbei den für den Kläger günstigeren als maßgeblich seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der (ungünstigeren) Alternativbetrachtung im Hinblick auf Nr. 37 der Fall-Liste eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG rügt, ist dieser Vorwurf bereits nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon legt der Kläger nicht dar, was er, wenn der Anwaltsgerichtshof ihm insoweit eine Erklärungsfrist eingeräumt hätte, zusätzlich vorgetragen hätte.

Im Rahmen der günstigeren Alternativbetrachtung hat der Anwaltsgerichtshof die Nr. 25, 40 und 63 der Fall-Liste zu Recht nicht berücksichtigt, da sie außerhalb des maßgeblichen Zeitraums liegen. Allerdings ist Nr. 65 zu zählen. Insoweit hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10. April 2015 ausreichend dargelegt, dass dieser Fall in den maßgeblichen Zeitraum fällt. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dieser Vortrag des Klägers im anwaltsgerichtlichen Verfahren könne als verspätet nicht mehr berücksichtigt werden, da dem Kläger insoweit ein grober Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren anzulasten sei und er dort bereits so hätte vortragen können. Streitgegenständlich ist eine Verpflichtungsklage, bei der der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom 3. August 2012 - AnwZ (Brfg) 39/11, juris Rn. 6 mwN). Für eine Zurückweisung als verspätet fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Allerdings führt die Berücksichtigung dieses Falls im Ergebnis nicht dazu, dass der Kläger die notwendige Anzahl von 60 Fällen nachgewiesen hat.

c) Zutreffend rügt der Kläger, dass aus den gleichen Gründen Nr. 49 der Fall-Liste zusätzlich zu berücksichtigen ist. Der Anwaltsgerichtshof, der insoweit festgestellt hat, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Juni 2015 den bankrechtlichen Bezug des Verfahrens hinreichend dargelegt habe, hat diesen Vortrag zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen. Allerdings führt auch die weitere Berücksichtigung dieses Sachverhalts im Ergebnis nicht dazu, dass der Kläger die notwendige Anzahl von 60 Fällen nachgewiesen hat.

Der Senat teilt die Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass die vom Kläger unter Nr. 66 seiner Fall-Liste aufgeführten Zwangsvollstreckungsverfahren nicht gezählt werden können. Dass sich spezifisch bankrechtliche Fragen in diesem Zusammenhang gestellt haben, ist auch bei Berücksichtigung der Zulassungsbegründung nicht ersichtlich.

d) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, der Anwaltsgerichtshof habe im Rahmen der Gewichtung der einzelnen Fälle dem Umstand, dass einzelne Rechtsstreitigkeiten von ihm auch in der Rechtsmittelinstanz bearbeitet worden seien, nicht ausreichend Rechnung getragen. Nach § 5 Abs. 4 FAO können Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung führen. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aber allein daraus, dass ein Fall in eine höhere Instanz gelangt, nicht zwingend eine höhere Gewichtung (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Juli 2010, aaO Rn. 5 f.; Urteile vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 54/11, BGHZ 197, 118 Rn. 34 und vom 10. März 2014, aaO Rn. 38). Eine schematische Aufwertung kommt nicht in Betracht. Denn die zusätzliche Fallbearbeitung in einem Berufungs- oder sonstigen Rechtsmittelverfahren bietet nicht schon für sich genommen eine Gewähr dafür, dass der Rechtsanwalt hierbei in dem betreffenden Fachgebiet besondere praktische Erfahrungen erwirbt, die über diejenigen eines "durchschnittlichen" Falls hinausgehen. So kann eine Berufung zunächst fristwahrend eingelegt und dann zurückgenommen werden. Der Anwalt kann auch mit der Vertretung gegenüber einer vom Gegner nur fristwahrend eingelegten Berufung beauftragt worden sein. Wird bei unstreitigem Sachverhalt um Fragen des materiellen Rechts gestritten, besteht, wenn die Sache in zweiter Instanz nicht gleichsam rechtlich auf "neue Beine" gestellt wird, ebenfalls kein Anlass für eine Höhergewichtung. Im Übrigen kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass das Rechtsmittelverfahren überhaupt noch einen ausreichenden Bezug zu dem betreffenden Fachgebiet aufweist. Daran kann es etwa fehlen, wenn infolge einer Beschränkung des Streitstoffs Fragen aus dem betreffenden Fachgebiet nicht mehr erheblich sind. Wesentlich ist insoweit letztlich, ob sich aus dem Vortrag des jeweiligen Antragstellers hinreichend ergibt, dass der Fall durch seine Bearbeitung in mehr als einer Instanz eine höhere Gewichtung verdient. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn sich die Verhandlung in zweiter Instanz auf andere bank- oder kapitalmarktrechtliche Fragen konzentriert hat als die, auf denen in erster Instanz der Schwerpunkt gelegen hat, oder wenn etwa prozessuale Umstände vorgelegen haben, die mit Blick auf das Tätigwerden auch in der zweiten Instanz die Sache besonders schwierig oder umfangreich erscheinen lassen (vgl. Senat aaO).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger aber nicht dargelegt. Sein allgemeiner Hinweis, dass sich in Rechtsmittelverfahren andere Fragen stellen können als in 1. Instanz und dass eine Berufung auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden könne, ist für die Gewichtung der konkreten Fälle ohne Substanz. Die Behauptung, dass sich in den aufgeführten Fällen nicht dieselben Rechtsfragen gestellt hätten und der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, der Anwaltsgerichtshof habe sich nicht ausreichend mit der Fall-Liste befasst, ist nicht nachvollziehbar. Die Fall-Liste enthält nichts Entscheidungserhebliches zu dieser Thematik. Soweit der Kläger eine Höherwertung mit der Begründung begehrt, er habe in zwei Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren den Schriftverkehr mit dem beim Bundesgerichtshof tätigen Rechtsanwalt geführt und diesen "unterstützt", ist letzteres substanzlos, zum anderen der Vortrag insgesamt unerheblich. Im Rahmen des § 5 FAO können nur Fälle berücksichtigt werden, die der Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat. Fehlt dem Anwalt die Postulationsfähigkeit, kann der Umstand, dass ein Verfahren in die dritte Instanz gelangt ist, auch unter den vom Kläger behaupteten Umständen nicht zu einer höheren Gewichtung führen.

Es bestehen deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Bewertung des Anwaltsgerichtshofs, soweit der Kläger eine Höhergewichtung geltend macht. Vielmehr führt umgekehrt der Umstand, dass dem Kläger bezüglich der Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Postulationsfähigkeit fehlt, dazu, dass der Fall Nr. 33, 40, 41 der Fall-Liste überhaupt nicht gezählt werden kann. Denn die Tätigkeit des Klägers in 1. (Nr. 33) und 2. Instanz (Nr. 40) lag außerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums (3. November 2008 - 3. November 2011). Das am 6. November 2008 von dem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. S. eingeleitete Beschwerdeverfahren (XI ZR ) kann, auch wenn es zu demselben Lebenssachverhalt gehört, nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt werden. Innerhalb des maßgeblichen Zeitraums ist deshalb keine entscheidungserhebliche anwaltliche Tätigkeit des Klägers erfolgt.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge des Klägers, das angefochtene Urteil verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil der Anwaltsgerichtshof auf die seine Entscheidung tragenden Gründe nicht vorher hingewiesen habe und er daher dazu nicht rechtzeitig habe Stellung nehmen können, geht fehl. Der Kläger hat sowohl in dem mehrjährigen Verwaltungsverfahren der Beklagten als auch im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof ausreichend Zeit gehabt, zu allen Fällen vorzutragen. Abgesehen davon scheitert die Rüge daran, dass der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht näher dargelegt hat, was er im Falle einer weiteren Gewährung rechtlichen Gehörs neu und entscheidungserheblich vorgetragen hätte. Jedenfalls hat der Kläger jetzt im Rahmen des Zulassungsantrags ausreichend rechtliches Gehör bekommen. Sein diesbezügliches Vorbringen, das der Senat geprüft hat, ist jedoch unerheblich, da es zum Nachweis der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. s FAO nicht ausreicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG; insoweit setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung den Streitwert mit 12.500 € fest (vgl. nur Urteil vom 11. Januar 2016 - AnwZ (Brfg) 49/14, juris Rn. 15).

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AGH Berlin, Entscheidung vom 11.11.2015 - II AGH 17/14 -






BGH:
Beschluss v. 27.04.2016
Az: AnwZ (Brfg) 3/16


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