Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 246/03

(BPatG: Beschluss v. 07.07.2004, Az.: 26 W (pat) 246/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 7. Juli 2004 über die Beschwerde einer Anmelderin gegen den Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts entschieden. Die Anmelderin hatte die Wortfolge "CRAFTED BY THE MIND" als Marke für eine Vielzahl von Waren angemeldet. Die Markenstelle hatte die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, da es sich um einen Werbeslogan handele, der Waren mit wohl durchdachten Eigenschaften beschreibe.

Die Anmelderin war anderer Ansicht und legte gegen den Beschluss Beschwerde ein. Sie argumentierte, dass die Wortfolge nicht eindeutig beschreibend sei und auch keine klare Bedeutung habe.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass die beanstandete Wortfolge weder ausschließlich beschreibend noch ohne Unterscheidungskraft sei. Obwohl die Wortfolge "CRAFTED BY THE MIND" übersetzt werden könne als "mit Verstand hergestellt", sei dies keine eindeutige Sachangabe für die beanspruchten Waren. Die Internetbelege, die von der Markenstelle angeführt wurden, konnten eine Eignung der Wortfolge als Sachangabe nicht belegen. Daher wurde das Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht bestätigt.

Auch die Unterscheidungskraft der Marke konnte nicht abgesprochen werden. Die Wortfolge hatte einen verschwommenen Aussagegehalt und konnte nicht ohne weiteres mit den beanspruchten Waren in Verbindung gebracht werden. Angesichts des umfangreichen Warenverzeichnisses und des breiten inländischen Publikums konnte nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr den Sinngehalt der Wortfolge ohne weiteres erkennen würde. Daher wurde der angefochtene Beschluss aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.07.2004, Az: 26 W (pat) 246/03


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juli 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortfolge CRAFTED BY THE MIND ist als Marke für die Waren

"Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;

Flaschenverschlüsse, Verschlüsse für Kisten und Kästen, Schnallen, Geldscheinklammern, Schlüsselanhänger, Messergriffe, alle vorgenannten Waren aus Metall.

Taschenmesser und andere Messerwaren, Rasierer, handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Etuis für Taschenmesser und andere Messerwaren, Etuis für Rasierer.

Brillen, Sonnenbrillen, Brillenfassungen und -etuis; Lineale, Barometer und andere Meßgeräte; elektronische Zeitplaner und andere elektronische Geräte und Instrumente, Teile für vorgenannte Waren; Taschenrechner und andere Rechenmaschinen.

Uhren, Armbanduhren, Zeitmeßinstrumente; Schmuckwaren, nämlich Broschen, Anstecknadeln, Ohrringe, Ohrstecker, Ringe, Armbänder, Halsketten; Etuis zur Aufbewahrung von Armbanduhren und Juwelen.

Federfüllhalter, Kugelschreiber, Bleistifte, Filzstifte, Textmarker, Schreibbeutel, Geschenkkassetten für Schreibutensilien, Tinten und Nachfüllpatronen, Notizpapier, Schreibpapier, Terminkalender, Organizer, Briefbeschwerer, Halter für Füller und Bleistifte.

Brieftaschen, Geldbörsen, Kreditkartenetuis, Schreibtischsets aus Leder, Aktentaschen und -mappen, Handtaschen, Beutel aus Leder, Reisetaschen.

Trinkflaschen, nicht aus Edelmetall; Tabletts, Tassen und anderes Tafelgeschirr, Behälter für Haushalts- oder Küchenzwecke, alle vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall; Rasierpinsel und -ständer, andere Toiletten- und Kosmetikutensilien.

Mäntel, Morgenmäntel, Jacken, Pullover, Hosen, Schlafanzüge, Oberhemden, Röcke, Strümpfe, Anzüge, Badeanzüge, Sweater, T-Shirts, Hosen, Shorts, Handschuhe, Halstücher, Schals, Schultertücher, Hüte, Mützen und andere Kleidungsstücke; Gürtel, Bänder, Hosenträger, Strumpfhalter, Schuhe, Sportschuhe, Stiefel, Hausschuhe und andere Schuhwaren; spezielle Sport- und Gymnastikkleidung; spezielle Sport- und Gymnastikschuhe; Faschingskostüme.

Pfeifen, Aschenbecher, nicht aus Edelmetall, Zigaretten- und Zigarrenspitzen, nicht aus Edelmetall, Pfeifenreiniger, Pfeifenständer, Tabakbeutel, Tabakdosen, nicht aus Edelmetall, Zigarrenschneider, Zigarren- und Zigarettenetuis, nicht aus Edelmetall, Feuerzeuge, nicht aus Edelmetall, sonstige Raucherartikel, nicht aus Edelmetall"

zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Bei der schutzsuchenden Marke handele es sich um einen Werbeslogan, der sprachüblich aus vier einfachen englischen Wörtern zusammengesetzt sei. Von beachtlichen Teilen der angesprochenen, breiten Verkehrskreise werde er im Sinne von "mit Verstand hergestellt" verstanden werden. Soweit die Anmelderin auf die weiteren Bedeutungen des englischen Wortes "mind" (= Absicht, Ansicht, Gedanke, Geist, Gemüt, Meinung) verwiesen habe, wiesen diese Übersetzungsmöglichkeiten einen vergleichbaren Bedeutungsgehalt auf, der nicht zu einer interpretationsbedürftigen Mehrdeutigkeit dieses Begriffs führe. In Verbindung mit sämtlichen beanspruchten Waren beschreibe die angemeldete Bezeichnung deshalb nur Waren, die mit Verstand gefertigt worden seien und daher besonders nützliche und wohl durchdachte Eigenschaften aufwiesen. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den abzustellen sei, dessen Englischkenntnisse nicht zu gering veranschlagt werden dürften, werde die Anmeldung deshalb ohne besondere Überlegungen und ohne weitere gedankliche Zwischenschritte als werbeüblichen Hinweis auf Waren mit wohl durchdachten Eigenschaften auffassen. Wegen ihres im Vordergrund stehenden beschreibenden Gehalts könne der Anmeldung deshalb keine Unterscheidungskraft zuerkannt werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach ist die angemeldete Wortfolge "CRAFTED BY THE MIND" schutzfähig. Entgegen der Annahme der Markenstelle könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr diesen Slogan ohne besondere Überlegungen und ohne gedankliche Zwischenschritte als "mit Verstand hergestellt" übersetze und als reine Beschreibung besonders nützlicher, wohl durchdachter Produkte werte. Das Wort "CRAFTED" gehöre nicht zum Wortschatz des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, auf den hier abzustellen sei. Es sei also bereits mangels Verständnisses ausgeschlossen, dass der relevante Verkehr "CRAFTED BY THE MIND" als rein beschreibend interpretiere. Der kleine Teil des Verkehrs, der den Begriff "crafted" übersetzen könne, erkenne seine Bedeutung "handgemacht". Körperliche Dinge, wie die beanspruchten Waren, könnten jedoch nur handgemacht, nicht aber mit dem Geist hergestellt werden. Die von der Markenstelle angeführten Internetbelege seien ausschließlich an ein englischsprachiges Publikum in England gerichtet. Sie belegten auch nur eine Verwendung der Anmeldung für geistige Schöpfungen. Schließlich lasse sich aus der Übersetzung: "erschaffen/erdacht vom Geist" auch nicht der erforderliche unmittelbare Produktbezug zu den beanspruchten Waren herstellen.

Demgemäss beantragt die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Kennzeichnungen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU) und die entweder bereits als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Der Beurteilung ist dabei die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legen und keine zergliedernde Betrachtungsweise vorzunehmen (BGH MarkenR, 2000, 410 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die Anmeldung "CRAFTED BY THE MIND" jedoch nicht.

Eine Verwendung dieser um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als eindeutig beschreibende Angabe für die von der Anmelderin beanspruchten Waren hat die Markenstelle nicht belegt. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, dass die englischsprachige Wortfolge mit "mit Verstand hergestellt" übersetzt werden kann, so sagt dieser Sinngehalt beispielsweise nichts Konkretes darüber aus, inwieweit und mit welchem Ergebnis sich das "vom Geist erschaffene" Produkt auszeichnet, zumal in der Regel sämtliche Erzeugnisse "mit Verstand" gefertigt sein dürften. Schon aus diesem Grunde sind die dem Beanstandungsbescheid beigefügten Internetfundstellen nicht geeignet, eine Eignung der angemeldeten Gesamtbezeichnung als eindeutige Sachangabe für die beanspruchten Waren zu belegen.

2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (vgl BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BlPMZ 2004, 30 - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (vgl EuGH GRUR 2002, 804 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der unter diesen Marken angebotenen Waren zu garantieren und damit die Herkunftsfunktionen der Marke zu erfüllen (EuGH 2001, 1148 - BRAVO). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen unterliegen dabei den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Das ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft weisen Slogans auf, die keinen eindeutigen, sondern allenfalls einen verschwommenen Aussagegehalt vermitteln, der nicht in unmittelbarem Bezug zu den beanspruchten Waren steht, wobei neben Kürze, Originalität und Prägnanz der jeweiligen Wortfolge, insbesondere deren Mehrdeutigkeit und deshalb Interpretationsbedürftigkeit von wesentlicher Bedeutung sind (vgl dazu Ströbele/ Hacker, MarkenG 7. Aufl § 8 Rdn 157 mwNachw).

Die Beurteilung der vorliegenden fremdsprachigen Wortfolge hängt darüber hinaus davon ab, ob für beachtliche Teile der hier angesprochenen Verkehrskreise ein die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung (möglicherweise) ausschließender Sinngehalt ohne weiteres erkennbar ist (vgl Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 110, 116).

Hiervon ausgehend kann der angemeldeten, fremdsprachigen Wortfolge nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden: Zwar kann mit der Markenstelle davon ausgegangen werden, dass die englischsprachige Anmeldung "CRAFTED BY THE MIND" mit "(handwerklich-) gemacht mit Geist/Verstand" übersetzt werden kann. Mit dieser Aussage kann der Sprachkundige die Anmeldung (nur) als Werbeslogan werten, mit der die betreffenden Produkte als besonders durchdacht und damit qualitätsvoll angepriesen werden. Dieser, die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung ausschließende Sinngehalt ist den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen jedoch nicht ohne weiteres erkennbar. Angesichts des beanspruchten umfangreichen Warenverzeichnisses und dem damit angesprochenen breiten inländischen Publikum kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass diese Abnehmerkreise insbesondere den Sinngehalt des englischen Wortes "CRAFTED" und damit den Sinngehalt der Anmeldung in ihrer Gesamtheit ohne weiteres erkennen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das englische Verb "craft(ed)" zu den im deutschen Sprachraum gängigen Ausdrücken gehört, zumal auch das englische Substantiv "craft" (= Handwerk) wenig bekannt sein dürfte und die Art der beanspruchten Waren auch nicht von vornherein auf eine handwerkliche Fertigung hinweist. Angesichts ihrer relativen Kürze und Prägnanz kann der Anmeldung deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben war.

Kraft Richter Reker ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Ederbr/Ko






BPatG:
Beschluss v. 07.07.2004
Az: 26 W (pat) 246/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/15db5c9b8915/BPatG_Beschluss_vom_7-Juli-2004_Az_26-W-pat-246-03




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