Verwaltungsgericht Stuttgart:
Urteil vom 29. Februar 2012
Aktenzeichen: 8 K 1644/11

(VG Stuttgart: Urteil v. 29.02.2012, Az.: 8 K 1644/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Ein Taxiunternehmer hatte geklagt, um zu erreichen, dass die Genehmigungsbehörde keine Informationen über die Art und Anzahl der Genehmigungen und Fahrzeuge an Dritte weitergibt. Der Beklagte, die Genehmigungsbehörde, hatte im Rahmen eines Auskunftsersuchens der Wettbewerbszentrale Informationen über die Genehmigungen des Klägers weitergegeben. Das Verwaltungsgericht Stuttgart entschied, dass der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung dieser Informationen hat. Die Art und Anzahl der Genehmigungen und Fahrzeuge sind offenkundige Tatsachen und stellen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse dar. Der Kläger wurde daher mit seiner Klage abgewiesen und muss die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Stuttgart: Urteil v. 29.02.2012, Az: 8 K 1644/11


Ein Taxiunternehmer, der in der Öffentlichkeit damit wirbt, "Ihr Taxipartner" in einer bestimmten Gemeinde zu sein, hat - insbesondere bei Zweifeln an der Wettbewerbswidrigkeit dieser Erklärung - kein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung von Informationen durch die Genehmigungsbehörde über die Art und Anzahl der nach dem PBefG erteilten Genehmigungen und der hiernach konkret genehmigten Fahrzeuge, die er als Taxi an einem bestimmten Betriebssitz einsetzen darf.

Die Weitergabe dieser Informationen (z. B. an die Wettbewerbszentrale) verstößt insbesondere nicht gegen § 3 b Satz 2 LVwVfG, da es sich bei diesen Tatsachen um keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger, ein Taxiunternehmer mit Sitz in ..., begehrt vom Beklagten die Unterlassung der Offenbarung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen.

Der Beklagte erteilte dem Kläger am 04.05.2009 eine bis zum 03.05.2014 befristete Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 Personenbeförderungsgesetz -PBefG - für den weiteren Betriebssitz des Klägers in Xxy. Die Genehmigung bezog sich auf das Fahrzeug Mercedes-Benz E 200 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen XY (Fahrzeugident-Nr. XY, Ordnungsnummer xy). Auf Antrag des Klägers erteilte ihm der Beklagte am 23.07.2009 die Genehmigung zur Erweiterung des Fahrzeugbestandes im Gelegenheitsverkehr. Aufgrund dieser Genehmigung durfte der Kläger zusätzlich das Fahrzeug VW-Touran mit dem amtlichen Kennzeichen YY (Fahrzeugidentitäts-Nr. YY, Ordnungsnummer yy) einsetzen.

Auf Anfrage der Wettbewerbszentrale vom 29.09.2009 teilte der Beklagte dieser mit Schreiben vom 14.10.2009 mit, dass der Kläger beim Landratsamt Yyy zwei genehmigte Taxen im Fahrzeugbestand sowie eine Konzession für einen Kraftomnibus habe, der nur angemietet werde. Der Mietwagenverkehr mit einem Mietwagen sei vorübergehend stillgelegt worden.

Auf Antrag des Klägers vom 28.12.2009 entband der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 12.01.2010 von der Betriebspflicht nach § 21 Abs. 1 PBefG für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY (Ordnungsnummer xy), da dieses Fahrzeug nach Angabe des Klägers wegen technischer Störungen nicht betriebsbereit war. Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen YY wurde vom Kläger am 08.07.2010 zulassungsrechtlich stillgelegt. Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 23.11.2010 darauf hin, dass er nach Stilllegung seines einzigen auf den Standort Xxy zugelassenen Fahrzeugs seiner gesetzlich vorgeschriebenen Beförderungspflicht nach § 22 PBefG nicht mehr nachkommen könne und forderte ihn daher auf, die Genehmigungsurkunde für das Fahrzeug YY zurückzugeben und den Betriebszweig Mietwagen- und Taxiverkehr gewerberechtlich beim Bürgermeisteramt Xxy abzumelden. Eine Mehrfertigung dieses Schreibens wurde an das Bürgermeisteramt Xxy gesandt. Daraufhin beantragte der Kläger das Fahrzeug YY mit der Taxigenehmigung/Ordnungsnummer yy für den Betriebssitz in 75031 Xxy verwenden zu dürfen und fügte für dieses Fahrzeug eine Kopie der Zulassungsbescheinigung bei. Danach handelte es sich bei diesem Fahrzeug um einen Daimler-Chrysler E 220 CDI mit der Fahrzeugidentitätsnummer XYY. Der Beklagte teilte dem Kläger auf diesen Antrag mit Schreiben vom 30.11.2010 mit, dass für den beantragten Fahrzeugtausch noch folgende Unterlagen benötigt würden: Außerordentliche Hauptuntersuchung nach § 42 BO-Kraft, Nachweis/Gebührenbeleg vom Eichamt Yyy und ein Auszug aus der Genehmigungsurkunde. Hierauf legte der Kläger am 14.12.2012 für das Fahrzeug u. a. eine Begutachtung des TÜV Süd nach § 41 BO-Kraft vor. Auf Anfrage des Beklagten beim Landratsamt Xxx, ob das Fahrzeug mit der Fahrzeugident-Nr. ... vom Kläger bislang dort als Taxi eingesetzt gewesen sei, teilte das Landratsamt Xxx mit E-Mail vom 20.12.2010 mit, dass dieses Fahrzeug nach einer Mitteilung des Klägers aufgrund eines technischen Defekts nicht mehr als Taxi eingesetzt werden könne und fügte eine Bescheinigung der Firma Auto ... vom 11.12.2010 bei, wonach dieses Fahrzeug mit dem früheren amtlichen Kennzeichen ... wegen eines Getriebeschadens nicht mehr fahrbereit sei und sich zur Reparatur befinde. Der Beklagte forderte den Kläger daher mit Schreiben vom 21.12.2010 erneut auf, für das Fahrzeug unverzüglich eine außerordentliche Hauptuntersuchung nach § 42 BO-Kraft vorzulegen, da sonst der Fahrzeugtausch nicht vorgenommen werden könne. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung des TÜV Süd vom 27.12.2010 über die erfolgreiche Nachprüfung im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und die Zuteilung der Prüfplakette vorgelegt hatte, genehmigte der Beklagte den Fahrzeugtausch als Nachtrag zur Genehmigungsurkunde vom 04.05.2009. Eine Mehrfertigung der Genehmigung ging an folgenden Verteiler: IHK Yyy, Finanzamt Yyy, Bürgermeisteramt Xxy, VV Nordbaden, TVD Baden-Württemberg, Eichamt Yyy, BG Hamburg.

Bereits unter dem 07.12.2010 mahnte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Büro Stuttgart - Wettbewerbszentrale - den Kläger ab und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, wonach er es zu unterlassen habe, in dem geschäftlichen Verkehr mit dem Hinweis Ihr Taxipartner in Xxy zu werben, sofern tatsächlich in Xxy ein Taxi nicht unterhalten werde. Zur Begründung führte die Wettbewerbszentrale aus, ihr sei beschwerdehalber mitgeteilt worden, dass der Kläger auf seiner Homepage, unter gelbeseiten.de und auf Werbetafeln in Xxy mit dem Hinweis: Ihr Taxipartner in Xxy werbe. Tatsächlich betreibe er in Xxy nach den uns vorliegenden Informationen seit dem 24.11.2010 jedoch kein Taxi mehr. Zwar habe er noch für ein Taxi eine Genehmigung, das Fahrzeug sei aber auf der Zulassungsstelle abgemeldet worden. Die Werbung sei daher irreführend und wettbewerbswidrig nach §§ 3, 5 UWG. Auf die Einwendungen des Klägers teilte ihm die Wettbewerbszentrale am 28.12.2010 mit, dass es zwar richtig sei, dass der Kläger Halter des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen YY sei. Bekanntlich habe der Kläger aber sein Fahrzeug mit diesem Kennzeichen im Juli abgemeldet und das Landratsamt habe ihn im November 2010 aufgefordert, seine Erlaubnis für das Taxigewerbe zurückzugeben. Der Kläger besitze zwar wieder ein Fahrzeug mit demselben amtlichen Kennzeichen, allerdings mit einer anderen Fahrzeugident-Nummer. Hierfür liege jedoch nach Angaben des Landratsamtes die verlangte HU mit BO-Kraft Abnahme noch nicht vor. Dementsprechend existiere für das aktuelle Fahrzeug noch keine Genehmigung. Mit Schreiben vom 10.01.2010 teilte die Wettbewerbszentrale dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass die Angelegenheit des Klägers erledigt sei, da ihr mittlerweile eine Information des Landratsamtes Yyy vom 17.12.2010 zugegangen sei, nach welcher der Kläger anstelle des ausgeschiedenen Taxis mit dem amtlichen Kennzeichen YY ein anderes Fahrzeug einsetzen dürfe.

Mit Schriftsatz vom 28.01.2011 legitimierte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber dem Beklagten und teilte diesem mit: Nach seinen Informationen habe der Beklagte Ende 2010/Anfang 2011 mehrfach Einzelheiten über die Genehmigung des Klägers zum Verkehr mit Taxen in Xxy, u. a. zur Hauptuntersuchung von Fahrzeugen mit Abnahme nach der BO-Kraft, an Dritte weitergeleitet, weshalb es zu einem Abmahnungsverfahren der Wettbewerbszentrale gekommen sei. Das unbefugte Offenbaren von Betriebsgeheimnissen sei nach § 3 b LVwVfG verboten und gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar. Der Beklagte wurde aufgefordert, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Hierauf teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 09.02.2011 mit, dass das Landratsamt Yyy keine unbefugte Datenübermittlung vorgenommen habe und deshalb die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 28.01.2011 nicht unterzeichnet werde.

Am 09.05.2011 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er vortrug: Der Beklagte habe Ende 2010/Anfang 2011 mehrfach Einzelheiten über die Genehmigung des Klägers zum Verkehr mit Taxen oder Kraftomnibussen in Xxy, u. a. zur Stilllegung oder zur Hauptuntersuchung von Fahrzeugen mit Abnahme nach der BO-Kraft, an Dritte weitergegeben, worauf es zu einem Abmahnverfahren der Wettbewerbszentrale gekommen sei. Die Wettbewerbszentrale habe die Informationsweiterleitung bestätigt. Schon 2009 habe der Beklagte die Wettbewerbszentrale über Art und Anzahl der Konzessionen des Klägers informiert. Ferner gebe es einen regen Austausch zwischen dem Beklagten, dem Landratsamt Xxx und der Stadt Xxy über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Klägers. So habe sich der Beklagte über die näheren Umstände der Taxigenehmigung des Klägers für Walldorf oder die Qualität der Betriebsstätten des Klägers ausgetauscht. Der Kläger habe einen Anspruch auf Unterlassung der Offenbarung seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gegenüber Dritten. Das unbefugte Offenbaren von Betriebsgeheimnissen sei wegen die behördliche Geheimhaltungspflicht (§ 3 b Satz 2 LVwVfG) verboten und gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar. Eine entsprechende Befugnis zur Offenbarung von Betriebsgeheimnissen (hier: Zustand der Taxen des Klägers) und Geschäftsgeheimnissen (hier: Stilllegung einer Taxigenehmigung) gegenüber der Wettbewerbszentrale, dem Landratsamt Yyy (gemeint ist wohl: Landratsamt Xxx) oder der Stadt Xxy sei nicht ersichtlich. Das Interesse des Klägers am Ausschluss der Übermittlung dieser Daten sei auch schutzwürdig. Die Abmahnung durch die Wettbewerbszentrale tangiere den Kläger in seinen Rechten am Gewerbebetrieb und sei mit einer Kostentragungspflicht im Hinblick auf das Verfahren verbunden. Die Übermittlung habe daher nur mit Einwilligung des Klägers erfolgen dürfen. Gegenüber dem Landratsamt Xxx oder der Stadt Xxy scheide nach der Gesetzesbegründung der Novellierung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes im Jahr 1991 die bloße Amtshilfe als Rechtsgrundlage zur Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen aus. Die Daten seien auch nicht offenkundig und zudem sei die Übermittlung personenbezogener Daten an einen privaten Dritten, wie die Wettbewerbszentrale, nach § 18 Abs. 1 Landesdatenschutzgesetz - LDSG - unzulässig, weil sie weder zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich gewesen seien, noch die Wettbewerbszentrale ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelten Daten glaubhaft dargelegt habe. Vielmehr habe der Kläger ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dass dieser es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren unterlässt, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Klägers ohne Einwilligung des Klägers oder sonstige Berechtigung zu offenbaren, insbesondere allgemein unbekannte Informationen über die personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen des Klägers zum Verkehr mit Taxen in Xxy oder zur Hauptuntersuchung von Fahrzeugen des Klägers mit Abnahme nach der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr an Dritte weiterzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger nicht rechtsschutzbedürftig sei. Der Kläger wende sich gegen ein drohendes Verwaltungshandeln und begehre somit gerichtliche Überprüfung, bevor die Verwaltung gehandelt habe. Grundsätzlich ergebe sich aus dem Gewaltenteilungsprinzip, dass Gerichte nur erfolgtes Verwaltungshandeln überprüfen. Der vorbeugende Rechtsschutz stelle eine Ausnahme dar und sei daher nur unter besonderen Anforderungen zulässig, die vorliegend nicht gegeben seien. Unabhängig davon, sei die Klage auch unbegründet, da dem Kläger ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegenüber dem Landratsamt Yyy nicht zustehe. Eine Verletzung von § 3 b LVwVfG liege nicht vor. Der Beklagte habe zu dem vom Kläger genannten Zeitpunkt (Ende 2010/Anfang 2011) überhaupt keinen Kontakt, d. h. weder schriftlich noch mündlich, zur Wettbewerbszentrale gehabt. Der Beklagte habe daher bereits nichts offenbart. Nach den in den Schreiben der Wettbewerbszentrale gebrauchten Formulierungen sei offen, wer die Wettbewerbszentrale informiert habe. Zwar habe das Landratsamt Yyy das Bürgermeisteramt Xxy über die Aufforderung des Klägers, die Genehmigungsurkunde zurückzugeben, informiert. Auch seien Abschriften des Schreibens vom 21.12.2010, worin das Landratsamt Yyy den Kläger zur Durchführung einer Hauptuntersuchung mit BO-Kraft ersucht habe, dem Landratsamt Xxx und dem Amt für Nahverkehr und Wirtschaftsförderung zugesandt worden. Die vom Kläger genannten Informationen seien weder ein Betriebs- noch ein Geschäftsgeheimnis. Die Art und Anzahl von Taxikonzessionen stelle vielmehr eine offenkundige Tatsache dar, da sich der Taxiunternehmer in der Öffentlichkeit bewege. Zudem habe er insoweit kein schutzwürdiges berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung. Kontakte zum Landratsamt Xxx und zur Stadt Xxy seien ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, d.h. im Wege der Amtshilfe gemäß §§ 4 ff. LVwVfG, erfolgt und daher rechtmäßig. Soweit notwendig, seien die Daten des Klägers im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (vgl. insbesondere § 14 PBefG) weitergegeben worden. Hierzu habe der Kläger am 05.05.2009 auch schriftlich sein Einverständnis gegeben. Die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsmitteln seien ebenfalls nicht gegeben.

Den vom Kläger am 25.02.2011 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat die Kammer mit Beschluss vom 08.04.2011 - 08 K 701/11 - abgelehnt. Der Beschluss ist seit 30.04.2011 rechtskräftig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.

Zwar ist die vom Kläger erhobene (vorbeugende) Unterlassungsklage statthaft, dem Kläger fehlt jedoch nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ein schutzwürdiges Interesse an einer richterlichen Entscheidung über die von ihm geltend gemachten Ansprüche. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine (vorbeugende) Unterlassungsklage ist nur dann gegeben, wenn dem Betroffenen der Verweis auf nachträglichen Rechtsschutz nicht zuzumuten ist. Vorbeugende Unterlassungsklagen gegen schlichtes Verwaltungshandeln sind daher im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG nur zulässig, wenn hinreichend sicher ist, dass die Behörde eine bestimmte konkretisierte Handlung vornehmen wird (vgl. Pietzcker in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 22. Ergänzungslieferung 2011, m.w.N.). Dass der Beklagte Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Klägers ohne dessen Einwilligung oder sonstige Berechtigung offenbart, ist aber vorliegend nicht zu befürchten und daher nach Lage der Sache ausgeschlossen.

Nach § 3 b Satz 2 LVwVfG darf eine Behörde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte in der Vergangenheit gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen haben könnte, oder in Zukunft dagegen verstoßen wird. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob das Landratsamt Yyy Ende 2010/Anfang 2011 - wie vom Kläger behauptet - mehrfach Einzelheiten über die Genehmigung des Klägers zum Verkehr mit Taxen oder Kraftomnibussen in Xxy an die Wettbewerbszentrale weitergegeben hat. So trägt der Kläger zwar unter Bezugnahme auf Schreiben der Wettbewerbszentrale vom 07.12.2010, 28.12.2010 und 10.01.2011 vor, dass die Wettbewerbszentrale im Dezember 2010 gewusst habe, dass der Kläger das Fahrzeug mit dem Kennzeichen YY, für welches er vom Beklagten eine Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erhalten hatte, abgemeldet und das Landratsamt Yyy ihn deshalb im November 2010 aufgefordert hatte, seine Erlaubnis für das Taxigewerbe zurückzugeben. Auch ergibt sich aus diesen Schreiben, dass der Wettbewerbszentrale bekannt war, dass für das neue Fahrzeug des Klägers mit demselben amtlichen Kennzeichen zum damaligen Zeitpunkt noch keine Genehmigung zum Einsatz dieses Fahrzeugs als Taxi in Xxy vorlag, da der Kläger die verlangte Hauptuntersuchung nach der BO-Kraft noch nicht nachgewiesen hatte. Ob die Wettbewerbszentrale diese Informationen tatsächlich vom Landratsamt Yyy und nicht etwa von anderen öffentlichen Stellen erhalten hatte, lässt sich zur Überzeugung des Gerichts aber weder den Schreiben der Wettbewerbszentrale noch den Behördenakten des Beklagten entnehmen und wird von diesem auch bestritten. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn die Erteilung dieser Auskünfte und die Übermittlung der - vom Beklagten eingeräumten - Informationen an das Landratsamt Xxx und die Stadt Xxy erfüllten jedenfalls nicht den Tatbestand der unbefugten Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 3 b Satz 2 LVwVfG.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind - wie die Kammer bereits im Beschluss vom 08.04.2011 (8 K 701/11) ausgeführt hat - alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen wie z. B. Kalkulationen, Marktstrategien und Kundenlisten. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt danach neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrundeliegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, Urt. v. 24.09.2009 - 7 C 2/09 - NVwZ 2010, 189-194, m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 10. Aufl., § 30 Rdnr. 9 a). Gemessen hieran handelt es sich bei den vom Kläger beanstandeten Auskünften des Beklagten weder um Betriebs- noch um Geschäftsgeheimnisse.

Als Taxiunternehmer wird der Kläger im öffentlichen Raum tätig und unterliegt der Genehmigungspflicht des Personenbeförderungsgesetzes (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG). Die Genehmigung wird für bestimmte Fahrzeuge erteilt, zudem dürfen die in der Genehmigungsurkunde genannten Fahrzeuge nur am Betriebssitz des Unternehmers (hier: in der Gemeinde Xxy) bereitgehalten werden. Ein Auszug der Genehmigungsurkunde ist auf jeder Fahrt mitzuführen und den zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. Aus diesem Grund spricht bereits einiges dafür, dass es sich bei der Art und Anzahl der Konzessionen und der Frage, ob und welche konkreten Fahrzeuge der Taxiunternehmer an einem bestimmten Betriebsort einsetzen darf, um offenkundige Tatsachen handelt, da diese gerade nicht ausschließlich einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind, sondern vom Taxiunternehmer auf Verlangen nachgewiesen werden müssen, um entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen mit Kraftfahrzeugen befördern zu dürfen. Jedenfalls handelt es sich bei diesen Tatsachen aber deshalb nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, weil der Kläger gerade kein berechtigtes Interesse an deren Nichtverbreitung hat. Denn weder die Anzahl oder Art der erteilten Konzession noch die Nennung der Fahrzeuge, die aufgrund der Genehmigungsurkunde an einem bestimmten Betriebssitz bereitgehalten werden dürfen, sind geeignet, durch ihre Offenlegung exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen. Vielmehr haben insbesondere Taxikunden, Konkurrenten des Klägers und auch die Wettbewerbszentrale ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob ein Unternehmer, der in der Öffentlichkeit mit dem Slogan: Ihr Taxipartner in Xxy wirbt, auch tatsächlich eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und mit welchen Fahrzeugen er konkret von dieser Genehmigung Gebrauch machen darf. Über ein Auskunftsersuchen dieser Personen hat die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. zum Auskunftsanspruch eines Mitbewerbers um eine Linienverkehrsgenehmigung: VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07.12.2001 - 3 S 334/01 -, VBlBW, 2002, 306 - 309). Auch die Stadt Xxy hatte vorliegend ein berechtigtes Interesse an den vom Beklagten erteilten Auskünften. Denn die Stadt war zur Erfüllung ihrer eigenen öffentlichen Aufgaben, d. h. insbesondere ihrer Aufgaben als Ortspolizeibehörde, darauf angewiesen, zu erfahren, welches konkrete Fahrzeug eines Taxiunternehmers in ihrem Gemeindegebiet bereit gehalten werden darf und deshalb insbesondere berechtigt ist, ausgewiesene Taxenstellplätze in der Gemeinde zu benutzen. Die Information der Stadt Xxy über die Aufforderung an den Kläger, sein Gewerbe abzumelden, war zur Erfüllung der Aufgabe der Stadt als Gewerbebehörde erforderlich. Der vom Kläger beanstandete Informationsaustausch zwischen dem Landratsamt Yyy und dem Landratsamt Xxx im Dezember 2010 war nach den Regelungen der Amtshilfe (§§ 4 ff. LVwVfG) gerechtfertigt, weil der Kläger ein Fahrzeug, das er bisher im Xxx als Taxi eingesetzt hatte, nunmehr als Taxi im Landkreis Yyy einsetzen wollte und zwischenzeitlich auch einsetzt.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich ein Rechtsschutzinteresse für die erhobene Klage auch nicht aus § 18 LDSG. Nach § 18 Abs. 1 LDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs zulässig, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden Stelle erforderlich ist und für Zwecke erfolgt, für die eine Nutzung nach § 15 Abs. 1 bis 4 LDSG zulässig wäre (Nr. 1) oder der Dritte, an den die Daten übermittelt werden sollen, ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft dargelegt und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung hat (2.). Ein Verbot der Offenbarung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, wie sie der Kläger mit seiner Klage ausdrücklich geltend macht, lässt sich dieser Vorschrift hingegen nicht entnehmen.

Unabhängig davon, weist die Kammer darauf hin, dass die vom Kläger beanstandeten und behaupteten Informationen des Beklagten an die Stadt Xxy, das Landratsamt Xxx und die Wettbewerbszentrale auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines unberechtigten Eingriffs in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, d. h. in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung, unzulässig waren. Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat kein Recht im Sinne einer absoluten uneinschränkbaren Herrschaft über seine Daten. Vielmehr muss er wegen der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Das trifft im besonderen Maße auf Daten des Einzelnen zu, die nicht nur den Bereich seiner privaten Lebensgestaltung, sondern sein soziales Verhalten betreffen und die unter diesem Blickwinkel seiner ausschließlichen Verfügungsmöglichkeit entzogen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 42/83 -, BVerwGE 84, 375 bis 390, m.w.N.). Nach diesen Maßgaben ist im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 LDSG abzuwägen zwischen dem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutzinteresse des Einzelnen. Erforderlich ist eine Einzelfallabwägung unter Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und unter Berücksichtigung des Verwendungszusammenhangs der Daten. Je näher die Daten zum unantastbaren Persönlichkeitskern stehen und je geringer daher ihr Sozialbezug ist, desto intensiver ist ihr Schutz gegenüber staatlichen Eingriffen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.07.2010 - 1 S 501/10 -, Beck-online). Da der Kläger selbst mit der Werbung Ihr Taxipartner in Xxy in der Öffentlichkeit auftritt, hatte die Wettbewerbszentrale ein berechtigtes Interesse an der objektiven Klärung der Frage, ob sich der Kläger damit wettbewerbswidrig verhält. Der Kammer ist nicht ersichtlich, worin das schutzwürdige Interesse des Klägers am Ausschluss der Mitteilung von Tatsachen liegen soll, die sich auf die konkret erteilten Genehmigungen beziehen. Dass Abmahnungen der Wettbewerbszentrale - wie der Kläger meint - in dessen Recht am Gewerbebetrieb eingreifen und mit Kosten verbunden sind, ist nicht Folge der Auskunft des Beklagten, sondern des wettbewerbswidrigen Verhalten des Klägers. Die Klage wäre daher auch dann mangels Rechtsschutzinteresses des Klägers abzuweisen gewesen, wenn dieser seinen Klagantrag geändert und im Wege der (vorbeugenden) Unterlassungsklage die Unterlassung der unberechtigten Übermittlung personenbezogener Daten an (konkret benannte) Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs beantragt hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).






VG Stuttgart:
Urteil v. 29.02.2012
Az: 8 K 1644/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/188505a24722/VG-Stuttgart_Urteil_vom_29-Februar-2012_Az_8-K-1644-11




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