Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. August 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 67/01

(BPatG: Beschluss v. 25.08.2004, Az.: 26 W (pat) 67/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 25. August 2004 (Aktenzeichen 26 W (pat) 67/01) auf die Beschwerde der Anmelderin die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben. Die Markenstelle hatte die Anmeldung für verschiedene Waren zurückgewiesen, da die angemeldete dreidimensionale Marke nur aus einer naturgetreuen Abbildung der Waren bestehe und daher nicht als betriebliches Herkunftskennzeichen diene. Das Bundespatentgericht stimmte der Markenstelle in Bezug auf einige der Waren zu, hob ihre Entscheidung jedoch in Bezug auf andere Waren auf.

Die Anmelderin hatte argumentiert, dass die besondere Ausgestaltung der Marke mit drei Schichten in verschiedenen Farben ein einprägsames Gestaltungsmerkmal sei, das als Herkunftshinweis diene. Das Bundespatentgericht stellte jedoch fest, dass die Kombination von Form und Farbgebung der Tabletten nicht ausreiche, um als Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden. Die Form der Tablette (rund, mit abgeflachter Kante) sei eine naheliegende Form für Reinigungstabletten und die verschiedenen Farbschichten seien bei Reinigungsmitteln üblich und dienten als Hinweis auf bestimmte Eigenschaften der Ware.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke für die meisten der beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft besitzt. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Marke für bestimmte Waren noch nicht jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt, da es sich um eine ungewöhnliche und nicht naheliegende Form handelt und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Marke zur Beschreibung von Eigenschaften der Waren dient.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 25.08.2004, Az: 26 W (pat) 67/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juli 2000 und 19. Februar 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Kunstharze im Rohzustand, Kunststoff im Rohzustand; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel; Mundwasser, Mundspray" zurückgewiesen worden ist. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle hat die für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 37:

Reinigung von Bekleidungsstücken und Textilien aller Art; Reinigung von Stein, Porzellan, Glas, Metall, Holz, Kunststoff Klasse 1:

Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoff im Rohzustand; Düngermittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmittel; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke Klasse 3:

Seifen, Wasch- und Bleichmittel, Wäscheeinweichmittel, Waschmittel-Zusätze, Farbzusätze zur Wäsche, Putz-, Polier-, Reinigungs- und Spülmittel, Maschinengeschirrspülmittel, Glanzmittel, Fleckentfernungsmittel; Reinigungsmittel für Maschinen, chemische Produkte zum Entfetten, Entölen und Reinigen von Metallen, Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien; Entkalkungsmittel für Haushaltszwecke, Wasserenthärtungsmittel, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnpflegemittel, Zahnputzmittel, Reinigungsmittel für dritte Zähne und Zahnspangen (auch in Form von Tabletten oder Pulver); Produkte für die Mundhygiene, Mundwasser, Mundspray; Mittel mit Zusätzen für die Zahnpflege und/oder Mundhygiene in Tablettenform, insbesondere für kosmetische Zwecke (soweit in Klasse 3 enthalten)"

angemeldete dreidimensionale Markezurückgewiesen, weil sie nur aus einer naturgetreuen Abbildung der in der Anmeldung aufgeführten Waren bestehe und deshalb geeignet sei, diese Waren und auch die beanspruchten Dienstleistungen zu beschreiben, weshalb die maßgeblichen Verkehrskreise in ihr auch kein betriebliches Herkunftskennzeichen sähen. Nicht nur beschreibende Wörter, sondern auch beschreibende Zeichen seien vom Markenschutz ausgeschlossen. Auch wenn an der unter der Geltung des Warenzeichengesetzes geübten Zurückhaltung bei der Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an Bildzeichen festzuhalten sei, müsse doch die naturgetreue Wiedergabe der in der Anmeldung aufgeführten Waren als beschreibendes Zeichen qualifiziert werden. Bei den als Marken angemeldeten Gegenständen handele es sich um "Tabs", wie sie zum Beispiel beim Wäschewaschen und Geschirrspülen Verwendung fänden. Die naturgetreue Wiedergabe dieser Ware sei nicht geeignet, diese ihrer betrieblichen Herkunft nach zu individualisieren. Nur wirklich phantasievolle und originelle Gestaltungen würden vom Verkehr als Herkunftshinweis angesehen. Hingegen werde der äußeren Formgebung reiner Gebrauchsgegenstände im allgemeinen keinerlei kennzeichnende Funktion beigemessen, solange sich diese in einem verkehrsüblichen Rahmen bewege und nicht über die im Rahmen eines modernen Industriedesigns liegende Gestaltung der Ware hinausgehe. Die angemeldete Marke halte sich im Rahmen der im Verkehr üblichen Gestaltungen von Tabs, die ihrerseits alle mehrere Schichten und zumindest ansatzweise auch abgerundete Ecken aufwiesen. Die Zahl der Schichten sei zudem technischfunktional bedingt, weil jede Schicht eine ganz spezielle Wirkung im Reinigungsprozess entfalte.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, die sie nicht begründet hat. Im Verfahren vor der Markenstelle hatte sie eingeräumt, dass zweischichtige Tabletten in zylindrischer Form durchaus bekannt seien. Die angemeldete Marke weise jedoch drei Schichten auf. Die besondere Ausgestaltung der drei Schichten in verschiedenen Farben sei ein einprägsames Gestaltungsmerkmal, dem herkunftshinweisende Funktion beizumessen sei.

II Die zulässige Beschwerde ist in Bezug auf die im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Waren begründet, im übrigen jedoch unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die übrigen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt ist, als von einem bestimmten Unternehmen kommend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2002, 804 ff, Rdn 35 - Philips). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den Verbrauchern dieser Waren oder den Empfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen. Dabei gilt ferner, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus der Form der Waren bestehen, sich grundsätzlich nicht von denjenigen unterscheiden, die auf andere Kategorien von Marken Anwendung finden (EuGH GRUR Int 2003, 632 ff, Rdn 42 - Linde, Winward und Rado). Im Rahmen der Anwendung dieser Kriterien ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Fall einer dreidimensionalen Marke, die aus der Form und den Farben der Ware selbst besteht, die Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrskreise nicht notwendig die gleiche ist wie bei einer Wort-, Bild- oder dreidimensionalen Marke, bei der das nicht der Fall ist. Während nämlich jene Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen gewöhnlich unmittelbar als herkunftskennzeichnende Zeichen wahrgenommen werden, gilt nicht notwendig das gleiche für den Fall, dass das Zeichen mit dem äußeren Erscheinungsbild der Ware selbst übereinstimmt (EuGH MarkenR 2004, 224, 226, Rdn 56 - Waschmitteltabs).

Hiervon ausgehend weist die angemeldete dreidimensionale, aus einer zylindrischen dreischichtigen Tablette mit abgeflachter Kante bestehende Marke für alle Waren und Dienstleistungen der Anmeldung, mit Ausnahme der im Beschlusstenor aufgeführten Waren, keine Unterscheidungskraft auf.

Die Waren und Dienstleistungen, für die die Zurückweisung der Anmeldung Bestand hat, sind weit verbreitete Konsumgüter bzw Dienstleistungsangebote. Die hiervon angesprochenen Verkehrskreise sind alle Verbraucher. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist daher auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Die Wahrnehmung der Marke durch die angesprochenen Verkehrskreise wird durch den Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Verbrauchers beeinflusst, der je nach der Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd Schuhfabrik Meyer). Der Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Verbrauchers in Bezug auf die Form und die Farben von Tabletten für Wasch- und Geschirrspülmittel, bei denen es sich um Waren des täglichen Bedarfs handelt, ist nicht hoch (EuGH aaO Rdn 48 - Waschmitteltabs). Dies gilt entsprechend auch für die Form und die Farben von Tabletten, die für andere Reinigungs- sowie Körper- und Schönheitspflegezwecke dienen sollen, da es sich auch insoweit um Waren des täglichen Bedarfs handelt.

Um beurteilen zu können, ob die Kombination von Form und Farbgebung von Tabletten im Verkehr als Herkunftshinweis wahrgenommen werden kann, ist der von dieser Kombination hervorgerufene Gesamteindruck zu untersuchen, was nicht unvereinbar damit ist, die einzelnen verwendeten Gestaltungselemente nacheinander zu prüfen (EuGH aaO Rdn 49 - Waschmitteltabs).

Die dreidimensionale Form, deren Eintragung beantragt worden ist, d.h. die einer runden Tablette, zählt zu den geometrischen Grundformen und stellt für Waschmittel-, Geschirrspülmittel-, Körper- und Schönheitspflege- sowie sonstige Reinigungstabletten eine der naheliegenden Formen dar. Die abgeschrägte Kante der Tablette entspricht praktischen Erwägungen und ist nicht geeignet, vom Durchschnittsverbraucher als Besonderheit der beanspruchten Form wahrgenommen zu werden, durch die sich die Tablette von Tabletten anderer Anbieter unterscheiden könnte.

Auch das Vorhandensein dreier verschiedenfarbiger Schichten ist entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht geeignet, der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. Die angesprochenen Verkehrskreise sind bei Reinigungsmitteln an das Vorliegen verschiedenfarbiger Bestandteile gewöhnt. Entsprechende Pulver, in der althergebrachten Aufmachung dieser Waren, weisen in der Regel eine weiße oder graue Grundfarbe auf und enthalten oft Teilchen in einer oder mehreren anderen Farben. Die Hersteller von Reinigungsmitteln stellen in ihrer Werbung heraus, dass diese Teilchen das Vorhandensein verschiedener Wirkstoffe verkörperten. Die farbigen, in Form von Schichten oder von Einsprenkelungen vorhandenen Bestandteile von Reinigungstabletten weisen für die angesprochenen Verkehrskreise somit auf bestimmte Eigenschaften der Ware hin (EuGH aaO, Rdn 51 - Waschmitteltabs). Dementsprechend werden diese den Umstand, dass die angemeldete Marke drei verschiedenfarbige Schichten aufweist, nur als Zusammensetzung der Tablette aus drei verschiedenen Wirkstoffen werten, nicht jedoch als einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts aus einem bestimmten Unternehmen.

Die Unterscheidungskraft fehlt der angemeldeten Marke für alle Waren, für die die Zurückweisung Bestand hat, deshalb, weil diese nach Kenntnis des Senats entweder bereits in Tablettenform angeboten werden oder ohne weiteres in dieser Form angeboten werden können. Im Rahmen der Erbringung der versagten Dienstleistungen kommen neben Pulvern und Flüssigkeiten auch Reinigungsmittel in Tablettenform zur Anwendung, so dass die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Marke insoweit nur einen Bestimmungshinweis sehen werden.

In Bezug auf die im Beschlusstenor aufgeführten Waren war der Beschwerde dagegen stattzugeben, denn die angemeldete Marke entbehrt insoweit (noch) nicht jeglicher Unterscheidungskraft, weil es sich bei ihr für diese Waren um eine weder im Verkehr übliche noch naheliegende Form der Ware handelt. Es liegen insoweit auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung von Eigenschaften dieser Waren dienen kann.

Albert Eder Reker Fa






BPatG:
Beschluss v. 25.08.2004
Az: 26 W (pat) 67/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/19218394ba0d/BPatG_Beschluss_vom_25-August-2004_Az_26-W-pat-67-01




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