Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2008
Aktenzeichen: 2 Ni 58/05
(BPatG: Beschluss v. 13.11.2008, Az.: 2 Ni 58/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 13. November 2008 (Aktenzeichen 2 Ni 58/05) entschieden, dass die Kostenfestsetzung für den Nichtigkeits- und Berufungsbeklagten abgeändert wird. Die Kosten, die von der Nichtigkeits- und Berufungsklägerin dem Beklagten zu erstatten sind, werden auf insgesamt 11.756,40 € festgelegt. Der Beschluss der Rechtspflegerin, in dem die Kosten für die Mandatierung eines Rechtsanwalts nicht erstattungsfähig erklärt wurden, wird teilweise aufgehoben. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beklagte ist Inhaber eines deutschen Patents, das er gegen die Nichtigkeitsklage der Klägerin erfolgreich verteidigt hat. Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, diese aber später zurückgenommen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat. Der Beklagte hat daraufhin beantragt, die ihm entstandenen Kosten erstattet zu bekommen. Die Rechtspflegerin hat jedoch nur einen Teil der Kosten anerkannt und die Kosten für die Mandatierung eines Rechtsanwalts als nicht erstattungsfähig angesehen.
Das Bundespatentgericht stellt fest, dass eine Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren typischerweise dann als notwendig angesehen wird, wenn zeitgleich ein Verletzungsverfahren anhängig ist. Da in diesem Fall kein Verletzungsverfahren anhängig ist, ist die Notwendigkeit einer Doppelvertretung nicht erkennbar. Auch besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen nicht vor. Eine Doppelvertretung im Berufungsverfahren hingegen ist notwendig und daher erstattungsfähig.
Der Beschluss der Rechtspflegerin wird daher teilweise aufgehoben und der Beklagte erhält die Kosten für die Mandatierung eines Rechtsanwalts erstattet. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Wert des Erinnerungsverfahrens beträgt 9.479,20 €.
Rechtsanwalt Sredl, Klante und Brandt
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 13.11.2008, Az: 2 Ni 58/05
Tenor
1.
Auf die Erinnerung des Nichtigkeitsund Berufungsbeklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 13. November 2008 dahin abgeändert, dass die von der Nichtigkeitsund Berufungsklägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 11.756,40 € festgesetzt werden. Im übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Der Wert des Erinnerungsverfahrens beträgt 9.479,20 €.
Gründe
I.
Der Beklagte ist Inhaber des am 9. Juli 1996 angemeldeten, mit Beschluss vom 28. November 2003 erteilten und mit Schriftsatz des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. Juli 2004 berichtigten deutschen Patents 196 27 543 (Streitpatent), für das die innere Priorität der deutschen Patentanmeldung ... vom 18. Mai 1996 in Anspruch genommen worden ist. Das berichtigte Streitpatent mit der Bezeichnung "..." umfasst 21 Patentansprüche, die Ansprüche 1, 12 und 13 sind nebengeordnet.
Mit Urteil vom 12. Juli 2007 hatte der erkennende Senat die Nichtigkeitsklage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt; der Streitwert für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurde auf 250.000 Euro festgesetzt. Die am 2. November 2007 von der Klägerin hiergegen eingelegte Berufung wurde, nachdem die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Frist keine Berufungsbegründung zu den Akten gereicht hatte, mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 27. Februar 2008 hatte der Bundesgerichtshof (-X ZR 147/07 -) entschieden, dass die Klägerin nach Rücknahme der Berufung dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt wird, ihr die Kosten der Berufung auferlegt und den Streitwert für das Berufungsverfahren ebenfalls auf 250.000 Euro festgesetzt.
Auf den mit Schriftsatz vom 14. Januar 2008 eingereichten Antrag des Beklagten, die ihm insgesamt entstandenen Kosten in Höhe von 16.906,40 € : (Kosten für die 1. Instanz in Höhe von 10.300 € [5.150,00 € Rechtsanwaltskosten + 5.150,00 € Patentanwaltskosten] und Kosten für die Berufungsinstanz in Höhe von 6.606,40 € [3.303,20 € Patentanwaltskosten + 3.303,20 € Rechtsanwaltskosten]) zu erstatten, hat die Rechtspflegerin mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. November 2008 Als erstattungsfähig anerkannt wurden lediglich Kosten für den beauftragten Patentanwalt: für die 1. Instanz in Höhe von 5.150,00 €, für die Berufungsinstanz in Höhe von 2.277,20 €. Zur Begründung wurde ausgeführt, die seitens des Beklagten weiter geltend gemachten Kosten für die Manditierung eines Rechtsanwalts seien vorliegend nicht erstattungsfähig. Eine Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren werde nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen als notwendig angesehen. Dies könne der Fall sein, wenn besondere rechtliche Schwierigkeiten gegeben seien, denen der Patentanwalt ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts alleine nicht zu begegnen vermöge oder im Hinblick auf die unmittelbaren Auswirkungen auf ein Verletzungsverfahren, die eine rechtliche Abstimmung erforderten. Beides sei vorliegend nicht der Fall. Zwischen den Parteien des Nichtigkeitsverfahrens sei kein Verletzungsprozess anhängig gewesen.
Auch in der Berufungsinstanz würden die Kosten für den beauftragten Rechtsanwalt nicht als notwendig anerkannt. Selbst wenn grundsätzlich eine Doppelvertretung im Berufungsverfahren anerkannt werde, sei diese im vorliegenden Fall nicht notwendig gewesen, da keine Berufungsbegründung zu den Akten gereicht worden sei. Aufgrund der Berufungsrücknahme sei für den Patentanwalt auch keine 1,6 fache Gebühr gemäß RVG VVNr. 3200 in Höhe von 3.283,20 € entstanden, sondern lediglich eine 1,1 Verfahrensgebühr in Höhe von 2.257,20 € nach RVG VVNr. 3201 festsetzbar.
Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte am 12. Dezember 2008 Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die Klägerin habe ihm kurz vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 3. Juli 2007 einen Vergleichsvorschlag (Datum 29.6.2007) unterbreitet, der eine erschöpfende, gütliche Beilegung sämtlicher Rechtsstreitigkeiten durch Gewährung von Kreuzlizenzen und einen vollständigen Ausschluss zukünftiger, wechselseitiger Patentstreitigkeiten enthalten habe.
Diesen Vergleichsvorschlag habe er durch einen Rechtsanwalt überprüfen lassen müssen. Es sollte ein mögliches Verletzungsverfahren ausgeschlossen werden. Ein Verletzungsverfahren werde nicht erst dadurch zum Verletzungsverfahren, wenn die Gegenseite abgemahnt oder Klage erhoben werde, sondern erste Schritte könnten auch darin bestehen, sich darüber zu einigen, künftige Streitigkeiten auszuschließen. Vorliegend habe es konkrete Anhaltspunkte für ein Verletzungsverfahren gegeben, da die Nichtigkeitsklägerin selbst das Patent DE 102 52 308 angemeldet habe, dem das Streitpatent in einem Einspruchsverfahren neuheitsschädlich entgegengehalten worden sei. Insofern sei die Beauftragung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen; es dürfe nicht nur auf ein bereits anhängiges Verletzungsverfahren abgestellt werden. Auch in der mündlichen Verhandlung sei die Thematik der Konfliktbeilegung durch Kreuzlizenzen diskutiert worden.
Die Notwendigkeit einer Doppelvertretung sei auch im Berufungsverfahren zu bejahen. Das Bundespatentgericht habe bisher in ständiger Rechtsprechung immer für die 2. Instanz die Notwendigkeit einer Doppelvertretung durch einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt bejaht. Der Anlass zur Bestellung eines Rechtsanwalts bestehe grundsätzlich ab Zustellung der Klage, daher auch vor der Berufungsbegründung.
Der Beklagte beantragt, den Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. November 2008 insoweit aufzuheben, als die in Höhe von insgesamt 8.453,20 € angesetzten Kosten zuzüglich Zinsen für den mitwirkenden Rechtsanwalt in beiden Instanzen und die in Höhe von 1.026,00 € angesetzten Kosten im Berufungsverfahren für den Patentanwalt als nicht erstattungsfähig angesehen wurden.
die Erinnerung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, die Beklagte sei bereits durch einen Patentanwalt vertreten gewesen, der auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes spezialisiert sei. Deshalb sei eine Doppelvertretung durch Rechtsanwalt und Patentanwalt nicht erforderlich. Die Vereinbarung vom 29. Juni 2007 enthalte auch keine komlizierte Verzahnung rechtlicher Gesichtspunkte zwischen Nichtigkeitsverfahren einerseits und der geplanten Vereinbarung andererseits, die die Überprüfung durch einen Rechtsanwalt erforderlich mache.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Erinnerung ist teilweise begründet (§§ 84 Abs. 2 PatG, 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2 RpflG).
Die dem Erinnerungsführer, Nichtigkeitsund Berufungsbeklagten von der Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 11.756,40 € festgesetzt. Mithin sind ihm noch 4.329,20 € zu erstatten, nämlich die Kosten des Rechtsanwalts für die Berufungsinstanz in Höhe von 3.303,20 € = 3.283,20 (1,6 Verfahrensgebühr Nr. 3201 V) + 20,00 € (Auslagenpauschale Nr. 7002 VV) sowie 1.026,00 € Differenz von 1,6 zu 1,1 Verfahrensgebühr für den beauftragen Patentanwalt zuzüglich 5% Zinsen vom 27. Februar 2008 an (Datum der Kostenentscheidung des Bundesgerichtshofs). Im übrigen hat die Erinnerung keinen Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens ist § 84 Abs. 2 PatG, wonach die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kosten entsprechend anzuwenden sind. Hinsichtlich Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht verweist § 84 Abs. 2 PatG auf §§ 91 ff. ZPO.
Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Zweckentsprechend ist eine Maßnahme, die eine verständige Prozesspartei bei der Führung des Rechtsstreits in dieser Lage als sachdienlich ansehen musste (Herget in: Zöllner, ZPO § 91 Rdnr. 12, 25. Auflage 2005). Notwendig sind danach alle Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden könnten (Herget, a. a. O.). Daraus folgt, dass die Kosten, die durch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt neben der Hinzuziehung eines Patentanwalts entstanden sind, nur erstattungsfähig sind, soweit diese Doppelvertretung auch tatsächlich notwendig war. Bei Prüfung der Notwendigkeit kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen.
Allerdings ist bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme für geeignete Fallkonstellationen eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH Beschl. v. 2. Dezember 2004 -I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 -Unterbevollmächtigter III; Beschl. v. 12. Dezember 2002 -I ZB 29/02, NJW 2003, 901 -Auswärtiger Rechtsanwalt I; Beschl. v. 13. September 2005 -X ZB 30/04, GRUR 2005, 1072 -Auswärtiger Rechtsanwalt V; Beschl. v. 11. Dezember 2007 Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze kann davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung der Kosten im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden sind.
Eine Doppelvertretung bei der Einleitung eines Nichtigkeitsverfahrens wird typischerweise dann als notwendig angesehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig ist. In diesen Fällen ist regelmäßig das Vorgehen in beiden Verfahren aufeinander abzustimmen, beispielsweise im Hinblick auf die Beurteilung der Tragweite einer beschränkten Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren (vgl. BPatG 2 ZA (pat) 44/08 vom 11. Februar 2010; 2 ZA (pat) 82/07 vom 12. März 2009; 1 ZA (pat) 15/07 vom 21. November 2008; 1 ZA (pat) 13/08 vom 22. Dezember 2008; 3 ZA (pat) 51/08 vom 1. September 2008; anders: 3 ZA (pat) 44/08 vom 21. August 2008 für den Fall der Nebenintervention; 4 ZA (pat) 81/08 vom 29. Januar 2009; alle Entscheidungen veröffentlicht in www.bpatg.de unter dem Stichwort "Entscheidung").
Vorliegend ist zwischen den Parteien ein Verletzungsverfahren nicht anhängig geworden, so dass die Notwendigkeit einer Kostenerstattung für eine Doppelvertretung im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist. Die Anhängigkeit, besser Rechtshängigkeit des Verletzungsstreits, wird ausschließlich durch die Erhebung der Klage begründet (§ 261 ZPO), was weiterer Ausführungen nicht bedarf. Angesichts der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ( BGH -Unterbevollmächtigter III, a. a. O.) ist auch ausschließlich auf die Rechtshängigkeit der Verletzungsklage und entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf "erste Schritte, künftige Streitigkeiten auszuschließen" abzustellen. Denn diese übermäßig differenzierende Betrachtung im Einzelfall steht der gebotenen Typisierung entgegen (vgl. auch BGH, Beschl. v. 12.12.2002 -I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 -Auswärtiger Rechtsanwalt I; 2 ZA (pat) 44/08).
Besondere rechtliche Schwierigkeiten, die die Notwendigkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich machten, liegen nach Auffassung des Senats nicht vor, wobei auf eine Betrachtung ex ante abzustellen ist, also darauf, ob eine Partei bei der Erteilung des Mandats eine (mitwirkende) Vertretung durch einen Rechtsanwalt als sachdienlich ansehen durfte (vgl Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 91, Rdnr. 103 m. w. N.). Die rechtliche Bewertung der Patentfähigkeit gehört zum Arbeitsbereich eines im gewerblichen Rechtsschutz erfahrenen Patentanwalts, § 3 Abs. 2 PatAnWO. Im Zusammenhang mit der beiden Parteien obliegenden Verpflichtung, die Kosten des Verfahrens möglichst niedrig zu halten (vgl. Baumbach / Lauterbach, ZPO, 66. Aufl., § 91 Rdnr. 29 m. w. N.; BGH GRUR 2005, 271 m. w. N.), kann davon ausgegangen werden, dass diese rechtliche "Standardfrage" auch von einem Patentanwalt beantwortet werden kann.
Das Gleiche gilt im Hinblick für die Überprüfung des Vergleichsangebots der Klägerin. Auch dieses enthielt keinerlei besondere rechtliche Schwierigkeiten, die die Notwendigkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich machten. Hier wurde lediglich angeboten, wechselseitige Patentstreitigkeiten aufgrund des Streitpatents und des einspruchsbehafteten Patents der Klägerin auszuschließen. Auch hierbei handelt es sich um die rechtliche Bewertung der Patentfähigkeit der beiden Patente, was zum Kernbereich der Tätigkeit eines Patentanwalts zählt ( § 3 Abs. 2 PatAnWO).
Letztlich kann auch die Tatsache, dass die Gegenpartei, hier die Erinnerungsgegnerin und Nichtigkeitsklägerin, ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ihrerseits durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt vertreten war, nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Es bleibt jeder Partei unbenommen, sich mit einer Mehrzahl von Vertretern, Rechtsoder Patentanwälten, aus Gründen bestmöglichen Rechtsschutzes vertreten zu lassen. Auf die Frage der Notwendigkeit einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung hat dies indes keinen Einfluss. Die Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von Seiten des Gerichts nach objektiven KriHingegen sind die Kosten für eine Doppelvertretung im Berufungsverfahren notwendig und mithin erstattungsfähig.
Zwar sind die im Berufungsrechtszug des Nichtigkeitsverfahrens zu würdigenden Umstände im wesentlichen dieselben wie in erster Instanz. Auch ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Patentanwalt nach seiner Ausbildung und dem Berufsbild seines Standes grundsätzlich befähigt ist, Patentgerichtsverfahren auf dem ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgabengebiet mit hinreichendem juristischem Sachverstand durchzuführen (vgl. auch BPatG, Beschl. v. 21. August 2008 3 ZA (pat) 44/08, BPatGE 511, 62 = BlPMZ 2009, 128, ebenso Beschl. v.
29. Januar 2009 -4 ZA (pat) 81/088, a. a. O.; Beschl. v. 21. September 2009 5 W (pat) 432/06, BPatGE 51, 81 = GRUR 2010, 556 -Medizinisches Instrument). Jedoch besteht anders als in Verfahren vor dem Bundespatentgericht in Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 11 Abs. 4 PatG die Pflicht einer Partei, sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Patentanwalt als Bevollmächtigten vertreten zu lassen, was zeigt, dass aus den Besonderheiten der Gerichtsverfassung und des Verfahrensablaufs so gewichtige Unterschiede zwischen den Rechtszügen bestehen, dass es gerechtfertigt ist ,die Vertretung einer Partei anderen Notwendigkeiten zu unterstellen als vor dem Bundespatentgericht. Dementsprechend entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts -worauf auch die Rechtspflegerin in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. November 2008 hingewiesen hat -(vgl. auch BPatG, Beschluss vom 15. Juni 2010 -3 ZA (pat) 17/09; Beschluss v. 19. April 1982 -3 ZA (pat) 2/82, BPatGE 24, 4215), die Mitwirkung eines Rechtsanwalts im Rahmen eines Nichtigkeitsberufungsverfahrens als typischerweise angebracht, die entstehenden Kosten demgemäß als regelmäßig für die Rechtsverfolgung zweckentsprechend und damit als erstattungsfähig anzusehen.
Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, dass der Bundesgerichtshof als gemeinsame oberste Instanz in allen Patenterteilungs-, Nichtigkeitsund Verletzungsverfahren ständig zu einheitlichen Auslegung und Fortbildung des Patentrechts im Rahmen der Gesamtrechtsordnung berufen ist und hierzu auch juristisch geschulten Rechtsanwälten in besonderem Maße bedarf. Ferner gilt weiterhin, dass aus Sicht der vertretenden Partei berücksichtigt werden darf, dass der Bundesgerichtshof im Patentnichtigkeitsverfahren als Berufungsgericht letztinstanzlich entscheidet. Anders als bei dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht besteht somit keine Möglichkeit mehr, unsachgemäßen, lückenhaften oder gar falschen Rechtsvortrag in einem späteren Stadium des Prozesses klarzustellen, zu ergänzen oder zu berichtigen. Es kann daher insbesondere nicht als "übertriebenes Sicherheitsbestreben" angesehen werden, wenn eine Partei sich für das Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof der Mitwirkung eines Rechtsanwalts versichert, selbst wenn zunächst (ex ante) keine rechtlich schwierigen oder besonders komplexe Rechtsfragen für das Nichtigkeitsberufungsverfahren erkennbar sind (vgl. auch BPatG 3 ZA (pat) 17/09; BPatGE 24, 215).
In der Berufungsschrift war nicht dargelegt, dass die Berufung zunächst ausschließlich aus Gründen der Fristwahrung eingelegt worden ist. Vielmehr hatte der Beklagte keinen Anlass daran zu zweifeln, dass demnächst eine Berufungsbegründung zu den Akten gereicht würde. Ab Zustellung der Berufungsschrift bestand daher für eine sorgfältige, das Gebot kostenbewussten Vorgehens beachtende Partei Anlass, Rechtsanwalt und Patentanwalt mit der Wahrnehmung der Interessen zu beauftragen.
Die Kosten für Rechtsanwalt und Patentanwalt waren mit einem Gebührensatz von 1,6 gemäß Nr. 3200 VV zu §§ 13, 2. Abs. 1 RVG in Ansatz zu bringen. Die Sondervorschrift der Nr. 3201 VV lag bereits ihrem Wortlaut nach nicht vor. Die Beendigung des Berufungsverfahrens dadurch, dass eine Berufungsbegründung nicht zu den Akten gereicht und anschließend die Berufung zurückgenommen wurde, fällt ersichtlich nicht unter diese Vorschrift. Dies bezieht sich ihrem Wortlaut nach vielmehr eindeutig auf Fälle, in denen der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt ein Rechtsmittel einlegt oder bevor er einen Schriftsatz, der einen Sachantrag enthält, einreicht. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Nichtigkeitsklägerin hatte Berufung eingelegt; ihre Berufungsschrift ließ nicht erkennen, dass die Berufung ausschließlich aus Gründen der Fristbewahrung eingelegt worden ist. Vielmehr ist in der Berufungsschriftexplizit dargelegt, dass die Berufungsbegründung innerhalb der gesetzlichen Frist gemäß § 111 PatG nachgereicht werde. Davon musste der Beklagte auch ausgehen. Ihm kann demnach weder vorgeworfen werden, dass er unverzüglich sowohl Patentanwalt als auch Rechtsanwalt mandadiert hat; noch kann ihm angelastet werden, dass er zu Recht beantragt, die Berufung als unzulässig zurückzuweisen. vielmehr entspricht dieser Antrag dem wohlverstandenen Rechtsverständnis eines im Berufungsverfahren tätigen Rechtsanwalts.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens waren gegeneinander aufzuheben, da jede Parteien teils obsiegt hat und teils unterlegen ist (§ 84 Abs. 2, § 99 Abs. 1 PatG i. V.m. §92Abs. 1 ZPO).
Der Wert des Erinnerungsverfahrens folgt der Höhe des geltend gemachten Betrages.
Sredl Klante Brandtprö
BPatG:
Beschluss v. 13.11.2008
Az: 2 Ni 58/05
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