Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. April 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 290/01

(BPatG: Beschluss v. 23.04.2002, Az.: 33 W (pat) 290/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde wurde vom Bundespatentgericht zurückgewiesen. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Wortmarke "PRIVAT VOLLKASKO" für verschiedene Dienstleistungen im Bereich Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte und Immobilienwesen zurückgewiesen, da sie keine Unterscheidungskraft aufweise. Der Anmelder hatte gegen diese Entscheidung Beschwerde eingereicht und sein Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt, indem er nur noch "Beratung und Abschluss von Versicherungen" angab. Er argumentierte, dass die Wortkombination "PRIVAT VOLLKASKO" nirgendwo zu finden sei und dass die Marke es einem gewerblichen Versicherer ermöglichen solle, sich von Wettbewerbern abzuheben. Das Patentgericht entschied jedoch, dass die Marke aufgrund ihres beschreibenden Charakters keine Unterscheidungskraft aufweise und daher nicht eingetragen werden könne. Das angemeldete Zeichen "PRIVAT VOLLKASKO" drücke lediglich aus, dass ein umfassender Versicherungsschutz für den nicht gewerblichen Bereich angeboten werde. Die Bezeichnung sei nicht geeignet, vom Verkehr als Herkunftshinweis auf das Unternehmen des Anmelders aufgefasst zu werden. Das Dienstleistungsverzeichnis wurde zudem als unklar angesehen. Die Entscheidung des Patentamts, die Anmeldung zurückzuweisen, wurde daher vom Bundespatentgericht bestätigt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.04.2002, Az: 33 W (pat) 290/01


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 9. November 2000 die Wortmarke PRIVAT VOLLKASKO für die Dienstleistungen

"Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen (Klasse 36)"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 1. August 2001 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs 2 Nr. 1, 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Wortkombination von den maßgebenden allgemeinen bzw spezialisierten Verkehrskreisen lediglich als Hinweis auf einen bestimmten Typ Versicherung verstanden werde, nicht jedoch als Herkunftshinweis auf das Unternehmen des Anmelders.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und sein Dienstleistungsverzeichnis beschränkt wie folgt:

"Beratung und Abschluß von Versicherungen".

Er hat ausgeführt, daß die Verbindung der beiden in Großbuchstaben geschriebenen Begriffe "PRIVAT" und "VOLLKASKO" in dieser Zusammensetzung in keinem Nachschlagewerk, Lexikon oder dergleichen zu finden sei. Der Begriff "Vollkasko" sei bislang nur im Sachversicherungsbereich gebräuchlich. Die Marke "PRIVAT VOLLKASKO" solle es einem gewerblichen, nicht aber einem öffentlichen Versicherer ermöglichen, für sein Produkt (eine Erwerbsunfähigkeits- bzw Berufsunfähigkeitsversicherung) gegenüber Wettbewerbern die nötige Unterscheidungskraft zu erwerben.

Der Senat hat den Anmelder mit Zwischenbescheid vom 14. Dezember 2001 unter Übersendung verschiedener Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen. Er hat weiter ausgeführt, daß die neue Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses nicht zulässig sei, da die nunmehr gewählten Dienstleistungen "Beratung und Abschluß von Versicherungen" begrifflich unklar seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach Auffassung des Senats fehlt der als Marke angemeldeten Bezeichnung "PRIVAT VOLLKASKO" jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft, so daß sie bereits wegen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als einer der Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO, Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; 1999, 1093 - FOR YOU mwN).

Das angemeldete Zeichen besteht aus den beiden deutschen Begriffen "Privat" und "Vollkasko". Der Begriff "Vollkasko" wurde auf dem Gebiet der Kfz-Versicherung entwickelt und soll einen umfassenden Versicherungsschutz - auch bei eigenem Verschulden- im Versicherungsfall zum Ausdruck bringen. Der Begriff hat mittlerweile eine Bedeutungserweiterung insbesondere auf dem Gebiet der Krankenversicherung erlangt (vgl zB Süddeutsche Zeitung, 21. März 2000, S V2/12 - "Patient mit Vollkasko-Mentalität", Süddeutsche Zeitung 22. Februar 2000, S 14 - Wahlrecht des Patienten bezüglich des Versicherungsschutzes "analog Teilkasko, Vollkasko...").

Im Zusammenhang der Begriffe "PRIVAT" und "VOLLKASKO" bringt die angemeldete Marke daher ohne weiteres verständlich lediglich zum Ausdruck, daß ein umfassender Versicherungsschutz für den nicht gewerblichen Bereich angeboten wird. Zwar ist, worauf der Senat den Anmelder im Zwischenbescheid hingewiesen hat, das Dienstleistungsverzeichnis unklar, weil insbesondere nicht verständlich ist, ob sich die Dienstleistungen an die Versicherungen selbst oder an die Versicherungsnehmer wenden sollen. Letztlich kann eine diesbezügliche Klärung jedoch dahingestellt bleiben, weil in beiden Fällen die angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen in seinem beschreibenden Begriffsinhalt verstehen und daher nicht als Herkunftshinweis auffassen werden.

Soweit der Anmelder vorträgt, daß beabsichtigt sei, daß mit der angemeldeten Marke ein gewerblicher, nicht aber ein öffentlicher Versicherer (insbesondere für Erwerbsunfähigkeits- bzw Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen) werben solle, kann dies die Bedenken des Senats hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit der Marke nicht ausräumen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Dienstleistungsverzeichnis selbst keine Einschränkungen auf bestimmte Versicherungszweige bzw -teilgebiete enthält.

Schließlich kann die Schutzfähigkeit der Anmeldermarke auch nicht aus der Art der Wortfolge abgeleitet werden. Die schlagwortartige Nebeneinanderstellung von zwei großgeschriebenen Begriffen ist für kurze Sachhinweise üblich, so daß auch keine sprachregelwidrige Wortkombination vorliegt, die herkunftskennzeichnend wirken könnte.

Der Senat neigt im übrigen auch zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG an dem beschreibenden Gesamtbegriff "PRIVAT VOLLKASKO", was hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.

Vorsitzender Richter Winkler ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

v. Zglinitzkiv. Zglinitzki Dr. Hock Na






BPatG:
Beschluss v. 23.04.2002
Az: 33 W (pat) 290/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/1d8dfafd6fbe/BPatG_Beschluss_vom_23-April-2002_Az_33-W-pat-290-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share