Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 11. April 2001
Aktenzeichen: 6 U 228/00

(OLG Köln: Urteil v. 11.04.2001, Az.: 6 U 228/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Anwalt erklärt dem Mandanten, dass das Oberlandesgericht Köln in dem vorliegenden Fall die Berufung der Antragsgegnerin erfolgreich war und das Urteil des Landgerichts abgeändert wurde. Die einstweilige Verfügung, die zuvor von der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln erlassen wurde, wurde aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Antragsteller zu tragen.

Der Anwalt erklärt weiter, dass die Antragsgegnerin erfolgreich argumentiert hat, dass der antragstellende Verband prozessführungsbefugt ist und der Verfügungsgrund der Dringlichkeit vorliegt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war daher zulässig.

Allerdings wurde der Antragsteller in der Sache als unbegründet erklärt. Das Gericht entschied, dass die beanstandeten Werbeaussagen für das Gewichtsreduktionsmittel CM3 der Antragsgegnerin nicht gegen die heilmittelwerberechtlichen Bestimmungen verstoßen. Daher kann das Unterlassungsbegehren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht zuerkannt werden.

Das Gericht stellte fest, dass das CM3 keine Arzneimittel sind, da sie unter das Medizinproduktegesetz fallen. Die Frage, ob das Heilmittelwerbegesetz auch auf Medizinprodukte anwendbar ist, wurde kontrovers diskutiert. Das Gericht schloss sich der Auffassung an, dass das Heilmittelwerbegesetz grundsätzlich auch auf Medizinprodukte anwendbar ist, solange sie die Voraussetzungen erfüllen. Im vorliegenden Fall stellte das CM3 jedoch kein Medizinprodukt dar, da es nicht zur Behandlung von Krankheiten oder Beschwerden eingesetzt wird. Daher unterfällt die Werbung für das CM3 nicht dem Heilmittelwerbegesetz.

Zum Abschluss erklärt der Anwalt, dass das Gericht auch keine Verstöße gegen andere Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes festgestellt hat. Daher ist das Verhalten der Antragsgegnerin nicht wettbewerbswidrig. Das Urteil ist rechtskräftig und die Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsteller.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Urteil v. 11.04.2001, Az: 6 U 228/00


Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 09.11.2000 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 510/00 - abgeändert. Die einstweilige Verfügung vom 11.07.2000 - 31 O 510/00 - wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags vom 07.07.2000 aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Antragsteller zu tragen.

Gründe

Die insgesamt zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.

I.

Allerdings folgt dieses Ergebnis nicht schon aus den seitens der Antragsgegnerin gegenüber der Zulässigkeit des Verfügungsbegehrens vorgebrachten Einwänden. Der antragstellende Verband ist nicht nur als solcher prozessführungsbefugt, sondern kann darüber hinaus auch den Verfügungsgrund der Dringlichkeit für sich in Anspruch nehmen.

Der Antragsteller hat dargetan und durch Vorlage seiner Mitgliederliste (Anlage A 2 = Bl. 26 ff d.A.) sowie der eidesstattlichen Versicherung seiner Geschäftsführerin A. L. (Anlage A 3 = Bl. 43 d.A.) belegt, dass ihm u.a. eine Anzahl von 21 Unternehmen der Ernährungsberatung, der Sch.verband e.V., der seinerseits 90 Mitglieder aufweist, sowie ein Hersteller von Diätetika angehören, die sämtlich bundesweit tätig sind. Damit ist in hinreichender Weise glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller eine i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG relevante Anzahl von Mitgliedern angehört, die Waren gleicher oder zumindest verwandter Art auf demselben örtlichen Markt anbieten und vertreiben wie die ihr Schlankheitsmittel bundesweit in den Verkehr bringende Antragsgegnerin. Dass - wie die Antragsgegnerin dies fordert - die erwähnten Mitglieder des antragstellenden Vereins solche Erzeugnisse anbieten, die denjenigen der Antragsgegnerin exakt entsprechen, ist dabei nicht vorauszusetzen. Es reicht vielmehr aus, dass die dem antragstellenden Verein als unmittelbare oder mittelbare Mitglieder zugehörigen Gewerbetreibenden sich überhaupt damit befassen, Produkte und/oder Dienstleistungen anzubieten, die dem Abbau - auch krankhaften - Übergewichts dienen. Denn maßgeblich für die aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG herzuleitende Klagebefugnis ist, ob die Waren oder gewerblichen Leistungen nach der Verkehrsanschauung so viel Übereinstimmendes aufweisen, dass sie mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit einander im Absatz behindern können (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 13 UWG Rdn. 14). So liegt der Fall aber hier, da die erwähnten, dem Antragsteller unmittelbar und mittelbar zugehörigen Mitgliedsunternehmen Waren und/oder Dienstleistungen bzw. Verfahren anbieten, die - ebenso wie das Erzeugnis der Antragsgegnerin - letztlich der Reduktion des Übergewichts dienen und die sich daher sowohl untereinander als auch im Verhältnis zum Erzeugnis der Antragsgegnerin wechselseitig im Absatz beeinträchtigen können.

Da der Antragsteller sich weiter hinsichtlich des Verfügungsgrundes der Dringlichkeit auf die im Streitfall nicht widerlegte Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG berufen kann, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung danach insgesamt zulässig.

II.

Er ist indessen unbegründet. Dem Antragsteller kann das auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsbegehren nicht zuerkannt werden, da die Voraussetzungen des insoweit geltend gemachten und nach dem Sachverhalt allein in Betracht zu ziehenden Unlauterkeitstatbestandes eines Wettbewerbsverstoßes durch Rechtsbruch nicht vorliegen. Die konkret beanstandeten Werbeaussagen für das der Gewichtsreduktion dienende Erzeugnis CM 3 der Antragsgegnerin verletzen die insoweit einschlägigen heilmittelwerberechtlichen Bestimmungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 11 Nr. 2, 5 lit. c, 11 HWG) nicht mit der Folge, dass ein nach den Maßstäben des § 1 UWG unter dem dargestellten Unlauterkeitsaspekt als wettbewerblich unlauter zu qualifizierendes Verhalten aus diesem Grund, nämlich mangels des Erfordernisses eines "Normbruchs" ausscheidet.

Die den Bestimmungen des § 11 Nr. 2, 5 lit. c und Nr. 11 HWG zu entnehmenden Beschränkungen betreffend die Publikumswerbung für Heilmittel, darunter namentlich das Verbot, außerhalb der Fachkreise mit Angaben zu werben, dass das Heilmittel ärztlich oder anderweitig fachlich geprüft oder angewendet wird oder mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben Werbung zu treiben, greifen im Streitfall nicht, da es sich bei dem konkret beworbenen Erzeugnis CM 3 nicht um ein dem Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes unterfallendes Heilmittel handelt.

Gemäß seinem § 1 Abs. 1 findet das Heilmittelwerbegesetz (im folgenden: HWG) Anwendung auf die Werbung für Arzneimittel i.S. des § 2 des Arzneimittelgesetzes (Nr. 1) sowie ferner auf andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht (Nr. 2). Da der Antragsteller die Einordnung des streitbefangenen Erzeugnisses CM 3 der Antragsgegnerin als Medizinprodukt, das - da es die sog. "CE-Kennzeichnung" trägt - offenbar auch als solches das nach dem Medizinproduktegesetz (vgl. §§ 8,9 Medizinproduktegesetz - im folgenden: MPG) vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren bestanden hat, ausdrücklich nicht in Frage stellen und angreifen will (vgl. Bl. 17 d.A.) , scheidet dessen Arzneimitteleigenschaft aus. Denn gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG kann ein Präparat nicht gleichzeitig Arzneimittel und Medizinprodukt sein. Die verfahrensgegenständliche Werbung betrifft daher ein Medizinprodukt.

Die Frage, ob das Heilmittelwerbegesetz auch auf Medizinprodukte anwendbar ist, wird kontrovers diskutiert. Während teilweise der Standpunkt vertreten wird, dass Medizinprodukte bzw. die Werbung hierfür generell der Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entzogen sind (vgl. Zipfel/Rathke, § 1 HWG Rdnr. 11 und Wiesbadener Kommentar, § 9 Anm. 4 c ), wird demgegenüber in der zu dieser Frage bisher ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main, MD 1999, 237/238 sowie OLG Stuttgart OLGR 2000, 105 ff) sowie in weiteren Fachkommentierungen (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 1 Rdn. 105; Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, § 1 Rdn. 116; Kleist/Albrecht/Hoffmann, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl. § 1 Rdn. 53 a) der Standpunkt vertreten, dass das Heilmittelwerbegesetz grundsätzlich auch auf Medizinprodukte anwendbar und - soweit die übrigen materiellen Voraussetzungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG erfüllt sind - die Werbung hierfür nach den einschlägigen Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen ist. Letztere Auffassung überzeugt. Solange die nunmehr als Medizinprodukte i.S. von § 3 MPG einzuordnenden Präparate teilweise noch vom Arzneimittelgesetz erfasst und als Arzneimittel eingeordnet waren (z.B. § 2 Abs. 2 Nr. 3 AMG - Verbandstoffe u.ä.), konnte kein Zweifel bestehen, dass u.a. auf sie das HWG Anwendung findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG). Mit der Einführung des MPG im Jahre 1994 wurden diese Erzeugnisse aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes herausgenommen und fallen nunmehr unter § 3 Nr. 1 MPG. In § 48 Abs. 1 MPG wurde dabei eine Übergangfrist bestimmt, wonach nunmehr als Medizinprodukte einzustufende Erzeugnisse nach den bis zum Inkrafttreten des MPG (31.12.1994) geltenden Regelungen weiter in den Verkehr gebracht werden dürfen. Kann es vor diesem Hintergrund aber nicht fraglich sein, dass die den sachlichen Kriterien nach als Medizinprodukte einzustufenden Erzeugnisse, solange sie als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden durften, weiterhin ebenfalls dem Anwendungsbereich des HWG unterfallen, besteht kein sachlicher Grund, sie nunmehr allein wegen des Ablaufs der Übergangsfrist dem Anwendungsbereich des HWG zu entziehen. Das Schweigen des Gesetzgebers, der zur Frage der Anwendbarkeit der heilmittelwerberechtlichen Bestimmungen auf Medizinprodukte keine ausdrücklichen Regelungen getroffen hat, spricht in dieser Situation vielmehr dafür, dass diese - soweit sie die sachlichen Kriterien des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG erfüllen - der Beurteilung gemäß der Bestimmungen des HWG ebenso zugänglich sind, wie dies für andere Erzeugnisse gilt. Etwas anderes lässt sich auch dem Umstand nicht entnehmen, dass nach dem Referentenentwurf des BMG für ein 1. MP-Änderungsgesetz vom 11.06.1999 die Bestimmung des § 1 Abs. 4 HWG dahin ergänzt werden sollte, dass das HWG keine Anwendung auf Medizinprodukte i.S. von § 3 MPG findet (vgl. Doepner, a.a.O., § 1 Rdn. 103). Unabhängig davon, dass diese Haltung des BMG inzwischen eine Novellierung erfahren hat (vgl. Bl. 212 d.A.), lässt sich dem Umstand, dass die Medizinprodukte durch eine Änderung von § 1 Abs. 4 HWG aus dessen Anwendungsbereich herausgenommen werden sollten, entnehmen, dass sie - ohne eine solche Änderung - dessen Anwendungsbereich grundsätzlich unterfallen. Dem widerspricht auch der Umstand nicht, dass nach der jetzigen Auffassung des BMG - so wie die Antragsgegnerin sie vorträgt - das HWG ausdrücklich zumindest teilweise für anwendbar erklärt werden soll. Denn vor dem Hintergrund der entstandenen kontrovers geführten Diskussion über die Frage der Anwendbarkeit des HWG auf Medizinprodukte käme einer solchen Regelung klarstellender und im übrigen privilegierender Charakter zu.

Eine Anwendung des HWG auf Medizinprodukte kommt danach allerdings nur insoweit in Betracht, als es sich um "Verfahren, Behandlungen und Gegenstände" i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG handelt. Denn da es sich bei Medizinprodukten nicht um die in § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG weiter aufgeführten "anderen Mittel" i.S. der unter § 1 Abs. 2 Satz 1 HWG vorgenommenen Legaldefinition handelt, fallen sie von vornherein - wie alle anderen Erzeugnisse, die nicht den Anforderungen der erwähnten Legaldefinition entsprechen - insoweit aus dem Anwendungsbereich des HWG heraus.

Ist das HWG infolgedessen mit dieser - sich aus den sachlichen Auswahlkriterien des HWG selbst ergebenden - Beschränkung im Grundsatz zwar auch auf Medizinprodukte anwendbar, so unterfällt die streitbefangene Werbung für das vorliegend in Frage stehende Erzeugnis CM 3 der Antragsgegnerin gleichwohl dem Anwendungsbereich des HWG nicht. Denn es handelt sich bei dem Erzeugnis CM 3 weder um einen "Gegenstand" noch um ein "Verfahren" bzw. eine "Behandlung" im Sinne der den Anwendungsbereich des HWG definierenden Bestimmung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG.

"Gegenstände" i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG sind in der Regel zum wiederholten Gebrauch bestimmt. Im Gegensatz dazu stehen die "Mittel", die ihrer Zweckbestimmung nach auf den Verbrauch (z.B. durch Verzehr, durch Auftragen u.ä.) ausgerichtet sind (vgl. Doepner, a.a.O., § 1 Rdn. 110; Gröning, Heilmittelwerberecht, § 1 Rdn. 203 - jeweils m.w.N.). Die hier zu beurteilenden CM 3-Kapseln, die der Verbraucher einnimmt und die - nach Aufquellen des Kapselinhalts im Magen - in dieser unveränderten Form vom Körper nach Passage des Magen-Darm-Trakts auf natürlichem Wege ausgeschieden werden, sind indessen aus auf der Hand liegenden Erwägungen nicht für einen neuerlichen Gebrauch vorgesehen, sondern haben ihre ursprüngliche Zweckbestimmung nach einmaliger Einnahme verbraucht. Soweit der Antragsteller und ihm folgend das Landgericht darauf abgestellt haben, dass der Inhalt der verzehrten CM 3-Kapseln keine stoffliche Veränderung erfährt, sondern im Magen lediglich aufquillt und in diesem Zustand erhalten gemeinsam mit den natürlichen Verdauungsprodukten ausgesondert wird, lässt dies selbst bei theoretischer Betrachtungsweise die Zuführung des substanziell unveränderten Kapselinhaltes zur bestimmungsgemäßen weiteren Verwendung, mithin zum wiederholten Gebrauch von vornherein als fernliegend erscheinen. Spricht schon danach alles dagegen, die CM 3-Kapseln der Antragsgegnerin nicht als zum wiederholten Gebrauch, sondern zum einmaligen "Verbrauch" bestimmt, mithin als "Mittel" einzuordnen, so erfährt diese Würdigung auch eine Stützung durch das allgemeine Sprachverständnis. Danach wird das hier fragliche Erzeugnis "eingenommen", was nach natürlichem Sprachempfinden mit einem zum Verzehr bestimmten "Mittel", nicht aber mit einem "Gegenstand" in Verbindung gebracht wird. Auch wenn - was der erkennende Senat bei seiner Würdigung nicht unberücksichtigt gelassen hat - Gegenstände i.S. der Definition des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG nur "in aller Regel" zum wiederholten Gebrauch bestimmt sein müssen, und daher nicht ausgeschlossen ist, dass sie sich nach Abnutzung in längerer oder kürzerer Zeit "verbrauchen", stellt sich vor dem aufgezeigten Hintergrund eine andere Einordnung der CM 3-Kapseln, die ihren bestimmungsgemäßen Zweck von vornherein nach nur einmaligen Verzehr erfüllt und sich daher insofern sogleich "verbraucht" haben, als wenig überzeugend dar. Denn die für eine Qualifizierung als "Gegenstand" allein in Betracht zu ziehende "Abnutzung" der CM 3-Kapseln nach nur einmaligem Gebrauch ist sachlich einem "Verbrauch" durch Verzehr gleichzusetzen, der aber wiederum für die Einordnung eines Erzeugnisses als "Mittel" typisch ist. Spricht danach aber alles dafür, die beworbenen CM 3-Kapseln der Antragsgegnerin nicht als "Gegenstände", sondern als "Mittel" i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG einzuordnen, sind sie als solche dem Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes entzogen, weil sie im übrigen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 HWG nicht erfüllen, nämlich keine kosmetischen Mittel i.S. von § 4 LMBG darstellen, die zur äußerlichen Anwendung am Menschen oder in seiner Mundhöhle bestimmt sind.

Auch eine Qualifikation als "Verfahren" oder "Behandlung" i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG scheidet aus. "Verfahren" oder "Behandlung" stellt jede Anordnung oder Durchführung u.a. therapeutischer Maßnahmen unter Anwendung heilkundlicher Erkenntnisse am Menschen zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG genannten Zwecken dar (vgl. Doepner, a.a.O., Rdn. 108). Das hier beworbene Erzeugnis CM 3 tritt dem Verkehr indessen nicht als ein Verfahren bzw. eine Behandlung i.S. der vorbezeichneten Definition gegenüber, sondern als den versprochenen Erfolg der Gewichtsreduktion ganz maßgeblich für sich allein beanspruchendes Mittel. Denn maßgeblicher Initiator und Hebel des versprochenen Erfolges der Gewichtsreduktion ist nach den werblichen Anpreisungen gerade das Schlankheitsmittel CM 3, welches über den angeblichen Effekt der Verminderung des Hungergefühls zu einer geringeren Nahrungsaufnahme führt und daher "erfolgreich auf die Essbremse treten" lässt. Soweit in der Werbung auf die Bedeutung des Umstandes hingewiesen ist, dass "Sandra M. aus D." es gelernt habe "vernünftig zu essen" und dass ihr Speiseplan nunmehr aus einer "ausgewogenen Mischkost bestehe, obwohl sie auch auf Chips und Schokolade nicht völlig verzichte", stellt sich das demgegenüber als bloßer Nebeneffekt dar, der ebenfalls mit der Einnahme der CM 3-Kapseln bewirkt werden kann, die ein "Hungergefühl" und damit die Ursache für eine ungesunde übermäßige Nahrungszufuhr angeblich erst gar nicht aufkommen lassen. Dies würdigend stellen sich die hier zu beurteilenden CM 3-Kapslen nicht als ein zum Zwecke der Gewichtsreduktion zu beschreitendes "Verfahren" oder eine "Behandlung" dar, sondern geht es um das Mittel selbst, welches die versprochene Gewichtsabnahme bereits für sich genommen maßgeblich initiiert.

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass - wie auch dem Warnhinweis in der dem Erzeugnis beigefügten Gebrauchsinformationen zu entnehmen ist - von dem beworbenen Mittel CM 3 der Antragsgegnerin bei vorschriftswidriger Einnahme durchaus auch Gesundheitsgefährdungen ausgehen können. Indessen kann dieser Umstand nicht dazu führen, die in § 1 des Heilmittelwerbegesetzes vorgenommen Definitionen, mit denen der Gesetzgeber "andere Mittel" von vornherein dem Anwendungsbereich des HWG entzogen und insofern privilegiert hat, entgegen dieser ausdrücklichen gesetzgeberischen Wertung erweiternd anzuwenden und auf solche Präparate zu erstrecken, die ihrer Art nach außerhalb des von der Norm erfassten Bereichs liegen (sollen).

Unterfällt die in Frage stehende Werbung nach alledem damit insgesamt nicht dem Anwendungsbereich des HWG, bedarf es aus diesem Grund schließlich ebenfalls nicht des Eingehens auf die Frage, ob die im einzelnen beanstanden Textpassagen unter die in § 11 Nr. 2, 5 lit. c, 11 HWG fallenden spezifisch heilmittelwerberechtlichen Beschränkungen der Publikumswerbung fallen und ob weiter die Voraussetzungen des wettbewerblichen Unlauterkeitstatbestandes i.S. von § 1 UWG erfüllt sind.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO ist das Urteil mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Streitwert: 50.000,00 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 11.04.2001
Az: 6 U 228/00


Link zum Urteil:
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