Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 15. Dezember 1998
Aktenzeichen: 2 Ws 476/98

(OLG Hamm: Beschluss v. 15.12.1998, Az.: 2 Ws 476/98)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss vom 15. Dezember 1998 (Aktenzeichen 2 Ws 476/98) eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses beschlossen. Hierbei ging es um die Festsetzung der Dolmetscherauslagen, die die Pflichtverteidigerin I aus der Staatskasse erstattet bekommen sollte. Die Kostenbeamtin des Landgerichts hatte die Dolmetscherkosten auf 136,16 DM festgesetzt, während die Pflichtverteidigerin Auslagen in Höhe von 651,36 DM angemeldet hatte. Die Beschwerde richtete sich gegen die Absetzung der angemeldeten Mehrkosten.

Das Gericht stellt fest, dass ein Pflichtverteidiger nur Auslagen erstattet bekommen kann, die zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Angeklagten erforderlich waren. In diesem Fall war die Pflichtverteidigerin auf die Übersetzung durch einen Dolmetscher angewiesen, was auch bereits im Beschluss des Amtsgerichts Dortmund festgestellt wurde. Das Gericht ist der Meinung, dass die Hinzuziehung eines auswärtigen Dolmetschers in diesem Fall keine Beanstandung findet und somit die angemeldeten Mehrkosten nicht abgesetzt werden können.

Die Pflichtverteidigerin hatte die Akten erst am 15. Juli 1997 erhalten und festgestellt, dass ihr Mandant inzwischen in eine Justizvollzugsanstalt verlegt worden war. Sie hat sich sofort bemüht, einen Dolmetscher aus dem Bezirk des Amtsgerichts Herford zu beauftragen, was aufgrund der Urlaubszeit jedoch nicht mehr möglich war. Daher wurde ein Dolmetscher aus Dortmund beauftragt. Das Gericht ist der Meinung, dass die Hinzuziehung eines in Dortmund ansässigen Dolmetschers in diesem Fall ausnahmsweise notwendig war und die Absetzung der Mehrkosten nicht gerechtfertigt ist.

Das Gericht hält außerdem fest, dass ein Stundensatz von 80 DM zzgl. einer 35%igen Zulage für die Übersetzung zwischen Deutsch und Polnisch angemessen und ausreichend ist. Die erstattungsfähigen Dolmetscherkosten ergeben sich somit aus den Stunden, dem Zuschlag, den Fahrtkosten und der Umsatzsteuer und betragen insgesamt 403,88 DM.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei und es werden keine Kosten erstattet.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Hamm: Beschluss v. 15.12.1998, Az: 2 Ws 476/98


Tenor

Der angefochtene Beschluß wird dahingehend abgeändert, daß die der Pflichtverteidigerin I aus der Staatskasse zu zahlenden Dolmetscherauslagen auf 403,88 DM (in Worten: vierhundertdrei Deutsche Mark 88/100) festgesetzt werden.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin, die dem früheren Angeklagten am 20. Juni 1997 zur Pflichtverteidigerin bestellt worden war, hat mit Schreiben vom 10. November 1997 beantragt, ihr im Festsetzungsverfahren nach § 98 BRAGO u.a. Dolmetscherauslagen in Höhe von 651,36 DM aus der Landeskasse zu erstatten. Hierbei handelt es sich um Auslagen, die der Beschwerdeführerin durch die Hinzuziehung eines Dolmetschers zur Besprechung mit dem früheren Angeklagten am 18. Juli 1997 entstanden sind. Unter Absetzung weiterer Kosten hat die Kostenbeamtin des Landgerichts am 3. August 1998 lediglich 136,16 DM an Dolmetscherkosten festgesetzt.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Absetzung der zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 98 Abs. 3 BRAGO zulässig und - teilweise - auch begründet.

Da die Landeskasse zum Ersatz unnötiger Sonderausgaben nicht verpflichtet ist, erhält ein Pflichtverteidiger gemäß §§ 97 Abs. 2 S.2, 126 Abs. 1 S.1 BRAGO nur solche Auslagen vergütet, die zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Angeklagten erforderlich waren. Es unterliegt hier keinem Zweifel, daß die Beschwerdeführerin für Unterredungen mit ihrem Mandanten auf die Übersetzung durch einen Dolmetscher angewiesen war; die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Dolmetschers ist im übrigen auch im Beschluß des Amtsgerichts Dortmund hinsichtlich der Pflichtverteidigerbestellung vom 20. Juni 1997 festgestellt worden.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts und des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung beim Oberlandesgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, daß vorliegend ausnahmsweise die Hinzuziehung eines auswärtigen Dolmetschers nicht zu beanstanden und folglich die insoweit angemeldeten Mehrkosten nicht abzusetzen sind.

Die Beschwerdeführerin hat die Akten zur Einsichtnahme trotz eines wesentlich früheren Gesuchs erst am 15. Juli 1997 erhalten und konnte erst zu diesem Zeitpunkt den Akten entnehmen, daß ihr Mandant zwischenzeitlich in die Justizvollzugsanstalt Herford verlegt worden war. Nach dem Inhalt ihres Schriftsatzes vom 10. November 1998 hat die Beschwerdeführerin sich sodann unverzüglich bemüht, einen Dolmetscher aus dem Bezirk des Amtsgerichts Herford für den am 18. Juli 1997 vorgesehenen Besprechungstermin zu beauftragen. Angesichts der Urlaubszeit ist ihr dies aber nicht mehr gelungen, weshalb die Beauftragung eines Dolmetschers aus Dortmund erfolgt sei. Vor dem Hintergrund dieses zeitlichen Ablaufs ist die Hinzuziehung eines in Dortmund ansässigen Dolmetschers nach Auffassung des Senats - ausnahmsweise - notwendig gewesen und die Absetzung der zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten nicht gerechtfertigt.

In Übereinstimmung mit der Urkundsbeamtin des Landgerichts und des Leiters des Dezernats 10 des Oberlandesgerichts ist der Senat der Auffassung, daß bei einer Übersetzung von der deutschen in die polnische Sprache und umgekehrt ein Stundensatz von

80,- DM zuzüglich einer 35 %igen Zulage angemessen und ausreichend ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Oktober 1998, die der Beschwerdeführerin bekanntgegeben worden ist, Bezug genommen.

Somit ergeben sich folgende erstattungsfähige Dolmetscherkosten:

- 2 Stunden (1 Stunde à 80,- DM) 160,00 DM

- 35 % Zuschlag 56,00 DM

- Fahrtkosten (2 x 130 km x 0,52 DM) 135,20 DM

- Umsatzsteuer (15 % von 351,20 DM) 52,68 DM

__________

Summe 403,88 DM

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Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 98 Abs. 4 BRAGO).






OLG Hamm:
Beschluss v. 15.12.1998
Az: 2 Ws 476/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/1ea08fa56303/OLG-Hamm_Beschluss_vom_15-Dezember-1998_Az_2-Ws-476-98




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