Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. September 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 75/06
(BPatG: Beschluss v. 01.09.2008, Az.: 25 W (pat) 75/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 1. September 2008 (Aktenzeichen 25 W (pat) 75/06) die Beschwerde einer Widersprechenden zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens war ein Widerspruch gegen eine farbige Marke, die für Filmapparate und -instrumente, Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräte für Ton und Bild sowie andere Dienstleistungen im Medienbereich eingetragen wurde. Die Widersprechende, Inhaberin einer älteren Marke für Zeitungen, argumentierte, dass beide Marken Verwechslungsgefahr begründen könnten. Das Patentgericht verneinte jedoch eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen. Obwohl es zwischen Zeitungen und Medien Verbindungen geben könne, seien die Unterschiede zwischen unkörperlichen Dienstleistungen und dem Vertrieb körperlicher Waren zu groß, um von Ähnlichkeit sprechen zu können. Das Gericht entschied zudem, dass der Markenbestandteil "bild" keine selbstständig kollisionsbegründende Stellung in der jüngeren Marke einnehme, da er schutzunfähig sei. Das Gericht betonte auch, dass fehlende Produktähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr begründet. Schließlich lehnte das Gericht die Beschwerde der Widersprechenden ab und ordnete keine Kostenauferlegung an.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 01.09.2008, Az: 25 W (pat) 75/06
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 1. Dezember 2003 farbig angemeldete Marke Grafik der Marke 30362375.6 ist am 30. März 2004 für die Waren und Dienstleistungen
"Filmapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Materialbearbeitung; digitale Bildbearbeitung, elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien, insbesondere die Herstellung und Bearbeitung von Filmen, die Überlassung von Filmteams und Technik, die Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten sowie der Verleih und die Vermietung von Sportbooten"
unter der Nummer 303 62 375 in das Markenregister eingetragen worden. Auf die Waren "Magnetaufzeichnungsträger" hat die Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren nunmehr verzichtet.
Die Inhaberin der seit 15. November 1972 für die Waren
"Zeitungen"
eingetragenen farbigen Marke Nr. 899 441 Grafik der Marke 899441 hat dagegen Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 5. Juli 2005 und vom 7. März 2006, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.
Nach Ansicht des Erstprüfers komme vorliegend eine Verwechslungsgefahr bereits wegen fehlender Produktähnlichkeit nicht in Betracht. Die Waren wiesen sowohl im Hinblick auf ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, sowie ihre regelmäßige Vertriebs- und Erbringungsart keinerlei Überschneidungen mit "Zeitungen" auf. Zu den beanspruchten Dienstleistungen bestehe ebenfalls keine Ähnlichkeit. Der Umstand, dass Verlage auch Techniken wie die der digitalen Bildbearbeitung oder der elektronischen Datenverarbeitung anwenden, sei für die Annahme einer Ähnlichkeit nicht geeignet, da es sich bei diesen Tätigkeiten nur um unselbständige Hilfsdienstleistungen handle. Selbst wenn man eine Produktähnlichkeit unterstellte und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrads als erhöht einstufe, bestehe keine Gefahr von Verwechslungen, da die angegriffene Marke einen ausreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalte. Die Erinnerungsprüferin ließ dahingestellt, ob und in welchem Umfang eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit vorliege, denn die Marken seien selbst unter der Annahme von Waren- und Dienstleistungsidentität und unter Berücksichtigung des erhöhten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke nicht verwechselbar ähnlich. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr komme nicht in Betracht, da das Wort "bild" in der angegriffenen Marke ein rein beschreibender Hinweis sei. Wegen der Schutzunfähigkeit des Begriffs "bild" in Bezug auf den hier beanspruchten Medienbereich sei davon auszugehen, dass dieser Bestandteil nicht isoliert zur Benennung herausgegriffen werde. Vielmehr werde der Verkehr den weiteren, die Marke mitprägenden Bestandteil "pool" mit heranziehen und die Marke als "bildpool" bezeichnen. Auch mittelbar seien die Marken nicht verwechselbar ähnlich. Zwar seien für die Widersprechende zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Bild" registriert, wobei das Wort "Bild" sowohl am Zeichenanfang als auch am Zeichenende erscheine. Jedoch sei der abweichende Bestandteil bei den Zeichenserien der Widersprechenden stets glatt beschreibend. Dies sei bei der angegriffenen Marke nicht der Fall. Es sei davon auszugehen, dass die Bedeutung des Begriffs "pool" als Hinweis auf eine Ansammlung von verschiedenen Produkten nur einem kleinen Teil des Verkehrs bekannt sein dürfte und nur eine vage Vorstellung davon bestehe, was man sich unter einem "bildpool" vorzustellen habe.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke aufgrund des Widerspruchs zu löschen.
Die Erinnerungsprüferin habe die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, dass die Übernahme einer älteren (auch verkehrsdurchgesetzten) Marke in eine jüngere Mehrwortmarke geeignet sei, die Gefahr von Verwechslungen zu begründen. Wesentlich sei, dass der übereinstimmende Bestandteil in der jüngeren Marke nicht seine Eigenständigkeit verliere. Der Bestandteil "bild" sei optisch stark betont und hervorgehoben. Die angegriffene jüngere Marke reihe sich in die bestehende Markenserie der Widersprechenden ein. Auch stehe die beschreibende Bedeutung von "pool" außer Frage. So gebe es Bezeichnungen wie "Schreibpool, Wissenspool, Akademikerpool, Pool-Redaktion usw.. Werde der Bestandteil "pool" mit dem bekannten Zeitschriftenartikel "Bild" verbunden, so sei das für jeden ohne weiteres erkennbar ein Hinweis auf eine Pool-Redaktion der Zeitschrift "Bild" bzw. auf einen "pool" (eine Sammlung) mit Artikeln etc der Zeitschrift "Bild". Es bestehe eine enge Verzahnung in den Bereichen Unterhaltung generell und Information. Die traditionellen Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften fänden sich eng mit den Medien Fernsehen und Film verbunden. Heutzutage umfassten Medienkonzerne nicht nur eine Mediensparte. Damit Hand in Hand gehe die Auffassung des Verkehrs, dass bekannte Marken aus dem Printbereich auch im Bereich Filmmedien eingesetzt werden. Die Bekanntheit einer Marke wie "Bild" für Zeitungen lasse sich ohne weiteres auch auf den gesamten Medienbereich übertragen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Es bestehe keine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen. Eine Ähnlichkeit mit den Dienstleistungen scheide schon aus, weil grundlegende Unterschiede zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestünden. Der Hinweis der Widersprechwenden, dass sich Verlage mittlerweile nicht mehr lediglich mit der Herausgabe von Zeitungen bzw. Zeitschriften beschäftigten, sei bei der Frage der Produktähnlichkeit nicht relevant. Die angegriffene Marke halte einen ausreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke. In der Gesamtheit wiesen die Marken hinreichende Unterschiede auf. Dem Markenbestandteil "bild" komme innerhalb der angegriffenen Marke auch keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu, weil er nicht deren Gesamteindruck präge, da er schutzunfähig sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg, da mangels Ähnlichkeit hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bemisst sich nach dem Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der Marken sowie dem Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
Auch wenn für die Ware "Zeitungen" aufgrund einer langjährigen umfangreichen Benutzung von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, besteht keine Verwechslungsgefahr.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren bzw. Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebs- oder Erbringungsart, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung, ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder sich ergänzende Produkte und Leistungen (zur Definition der Ähnlichkeit von Waren/Dienstleistungen vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 9 Rdn. 44). Insbesondere kommt es darauf an, ob der Verkehr (bei gleicher Kennzeichnung) erwartet, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt oder vertrieben bzw. erbracht werden, welches für ihre Qualität verantwortlich ist.
Die Waren "Filmapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild" weisen zu "Zeitungen" keine Berührungspunkte auf, die eine Warenähnlichkeit begründen könnten. Selbst wenn es zwischen Zeitungen und elektronischen Medien Verknüpfungen gibt, führt dies nicht dazu, dass Waren allein deshalb ähnlich sind, weil die Bilder oder Dokumente, deren Herstellung, Aufzeichnung oder Wiedergabe die Geräte dienen, auch in Zeitungen veröffentlicht werden können. Gleiches gilt für die Dienstleistungen "Materialbearbeitung; digitale Bildbearbeitung, elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien, insbesondere die Herstellung und Bearbeitung von Filmen", die zu Zeitungen nur insoweit eine Verbindung haben können, als zur Herstellung von Zeitungen diese Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Solche im Rahmen eines Warenherstellungsprozesses erfolgenden Tätigkeiten rechtfertigen - auch wenn sie im geschäftlichen Verkehr als selbständige Dienstleistungen durch und für Dritte erbracht werden können - die Annahme einer Ähnlichkeit mit dem unter Markenschutz stehenden Endprodukt nur dann, wenn die beteiligten Verkehrskreise in entscheidungserheblichem Umfang davon ausgehen, dass Warenhersteller und Dienstleistungsunternehmen sich jeweils auch auf dem anderen Gebiet eigenständig gewerblich betätigen. Dafür liegen hier keine konkreten Anhaltspunkte vor. Zudem ist auch der generell zwischen Waren und Dienstleistungen bestehende Unterschied zu berücksichtigen. Die bloße Möglichkeit von Fehlvorstellungen über irgendwelche Zusammenhänge wirtschaftlicher oder organisatorischer Art reicht nicht aus (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 83). Wenn im Printmedienbereich - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - Firmen teilweise auch einzelne Fernsehsendungen (wie z. B. Stern TV) produzieren, so handelt es sich insoweit bei den genannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke allenfalls um unselbständige Dienstleistungen (Hilfsdienstleistungen) zur Produktion solcher Sendungen. Im Hinblick auf die hier maßgebliche Ware "Zeitungen", für die allein die Widerspruchsmarke geschützt ist, ergeben sich daraus keine Berührungspunkte, welche die Annahme einer Ähnlichkeit rechtfertigen könnten.
Dementsprechend gibt es auch bezüglich der noch ferner stehenden Dienstleistung "Überlassung von Filmteams und Technik", welche trotz der sehr ungenauen Formulierung wohl nicht zur mit "insbesondere" eingeleiteten Aufzählung unter den Oberbegriff "elektronische Datenverarbeitung und Konvertierung von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien" zu zählen ist, sondern offenbar einen eigenständigen Dienstleistungsbegriff darstellen soll, keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Ähnlichkeit mit Zeitungen.
Die Dienstleistungen "Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten sowie der Verleih und die Vermietung von Sportbooten" haben als eigenständige Dienstleistungen keine Ähnlichkeit mit "Zeitungen". Auch wenn in Zeitungen gelegentlich Ratschläge erteilt werden oder Zeitungen Verwertungsrechte innehaben können, so handelt es sich dabei nicht um die selbständigen Dienstleistungen "Erbringung von Beratungsleistungen und der Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten", sondern "Tipps" stellen nur ein Thema dar, mit dem sich die Zeitungen inhaltlich befassen können bzw. es handelt sich bei dem "Handel mit medienbezogenen Verwertungsrechten" um eine Tätigkeit, die die Zeitung für sich selbst und nicht für andere erbringt. Der Verleih und die Vermietung von Sportbooten mag etwa bei einem Preisausschreiben auch von einem Zeitungsverlag angeboten werden oder in einer Zeitung können entsprechende Anzeigen abgedruckt werden, jedoch sind diese nicht regelmäßig Erbringer der genannten Dienstleistung.
Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.
Kliems Merzbach Bayer Na
BPatG:
Beschluss v. 01.09.2008
Az: 25 W (pat) 75/06
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