Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2009
Aktenzeichen: 20 W (pat) 341/04
(BPatG: Beschluss v. 11.05.2009, Az.: 20 W (pat) 341/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat am 11. Mai 2009 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 20 W (pat) 341/04 einen Beschluss gefasst. In dem Beschluss wird das Patent 102 15 793 widerrufen.
In dem Verfahren ging es um eine Patentanmeldung, die am 10. April 2002 eingereicht wurde. Das Patent wurde am 15. Oktober 2003 vom Deutschen Patent- und Markenamt erteilt und am 15. April 2004 veröffentlicht. Gegen das Patent wurde Einspruch erhoben mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei und die anderen Patentansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden. Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf verschiedene Druckschriften.
Die Patentinhaberin verteidigte ihr Patent im Einspruchsverfahren mit verschiedenen Anträgen. Das Patentgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass keiner der Anträge das Patent schutzfähig macht.
Im ersten Antrag wurde eine Hauskommunikationsanlage mit verschiedenen Stationen über einen Zwei-Draht-Bus beschrieben. Die Einsprechende führte jedoch an, dass eine ähnliche Anlage bereits in den Druckschriften D1 und D2 beschrieben wurde. Das Patentgericht kam zu dem Schluss, dass die anspruchsgemäße Anlage nicht neu ist, da die Comelit-Anlage in den Druckschriften D1 und D2 bereits ähnliche Merkmale aufweist.
Im zweiten Antrag wurde eine zusätzliche Verstärkungseinheit in der Anlage vorgesehen. Das Patentgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass diese Anpassung für den Fachmann naheliegend ist und keine erfinderische Tätigkeit darstellt.
Im dritten Antrag wurde zusätzlich eine umstellbare Verstärkungsrichtung in der Anlage vorgesehen. Das Patentgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass auch diese Anpassung für den Fachmann naheliegend ist und keine erfinderische Tätigkeit darstellt.
Aufgrund der fehlenden Schutzfähigkeit des Patents wurde das Patent vollständig widerrufen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 11.05.2009, Az: 20 W (pat) 341/04
Tenor
Das Patent 102 15 793 wird widerrufen.
Gründe
I.
Auf die am 10. April 2002 eingereichte Patentanmeldung wurde durch Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts -Prüfungsstelle für Klasse H 04 M -vom 15. Oktober 2003 das Patent 102 15 793 mit der Bezeichnung "Hauskommunikationsanlage" erteilt. Die Erteilung wurde am 15. April 2004 veröffentlicht. Das erteilte Patent umfasst insgesamt 11 Patentansprüche.
Gegen das Patent hat die Einsprechende am 14. Juli 2004 Einspruch erhoben und dabei geltend gemacht, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht neu sei und die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 2 bis 11 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden. Der Patentgegenstand sei deshalb insgesamt nicht patentfähig, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG.
Die Einsprechende stützt ihren Einspruch unter anderem auf die Druckschriften:
D1 Auszüge aus dem Katalog "Cat. 50" der Firma Comelit, Italien, 2000 D2 Prospekt der Firma Comelit: SIMPLEBUS -Das erste Systemzweiadriger Video-Gegensprechanlagen D3 FÄRBER, G. [Hrsg.]: Bussysteme. Parallele und serielle Bussysteme, lokale Netze. 2. Auflage, München, Wien: R. Oldenbourg Verlag, 1987, Seiten 9-17, 44-49, 86-109, 153-153, ISBN 3-486-20120 4. D4 DE-PS 889 172 Zu den Druckschriften D1 und D2 trägt die Einsprechende vor, dass ihr die Dokumente seit etwa Mai 2000 durch Lieferung über die Firma E... GmbH in H... im Original vorliegen würden, nachdem sie die Dokumente zuvor auf der vom 19. bis 23. März 2000 in Frankfurt stattgefundenen Messe Light & Building bestellt hatte.
Die in den Dokumenten D1 und D2 beschriebenen Anlagen seien darüber hinaus bereits seit Januar 2000 verkauft worden, so dass insoweit auch offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht werde (Blatt 12 der Akte).
Dem Vortrag der Einsprechenden bezüglich der Umstände der Vorveröffentlichung der Druckschriften D1 und D2 hat die Patentinhaberin nicht widersprochen.
Die Einsprechende beantragt, das Patent 102 15 793 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat ihr Patent im Einspruchsverfahren beschränkt verteidigt und beantragt, das Patent 102 15 793 auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Ansprüche 1 bis 12;
hilfsweise: Ansprüche 1 bis 11;
weiter hilfsweise: Ansprüche 1 bis 10;
jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung, für alle drei vorgenannten Anträge Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 8 wie Patentschrift.
Die mit den Anträgen weiter verfolgten Patentansprüche umfassen jeweils einen Hauptanspruch und diesem zugeordnete Unteransprüche. Die Hauptansprüche lauten in den einzelnen Fassungen:
Hauptantrag: "Hauskommunikationsanlage mit mindestens einer einen Monitor aufweisenden ersten Station (10, 12), die eine Wohnungsstation ist, mindestens einer eine Kamera aufweisenden zweiten Station (20, 22), die eine Etagentürstation ist, einem ersten Bus (16), an den die erste und die zweite Station (10, 12; 20, 22) angeschlossen sind und der zur Übertragung von Audio-Signalen, Video-Signalen und/oder Steuersignalen dient, wobei der erste Bus (16) ein Zwei-Draht-Bus ist, gekennzeichnet durch mindestens eine als Busvideosteuergerät ausgelegte dritte Station (24), an die einerseits über einen Monitorzweig (14) des ersten Busses (16) die erste Station (10, 12) und andererseits über einen Kamerazweig (18) des ersten Busses (16) die zweite Station (20, 22) angeschlossen ist und die über einen zweiten Bus (28; 34) mindestens an eine einen Monitor oder eine Kamera aufweisende[n] vierte Station (36, 38), die eine Türstation oder eine Monitorstation ist, angeschlossen ist, wobei ein den ersten und den zweiten Bus (16; 28, 34) zumindest teilweise einschließender Signalübertragungsweg zum Übertragen von Video-Signalen zwischen der vierten Station (36, 38) einerseits und der ersten oder der zweiten Station (10, 12; 20, 22) andererseits ausgelegt ist."
1. Hilfsantrag: "Hauskommunikationsanlage mit mindestens einer einen Monitor aufweisenden ersten Station (10, 12), die eine Wohnungsstation ist, mindestens einer eine Kamera aufweisenden zweiten Station (20, 22), die eine Etagentürstation ist, einem ersten Bus (16), an den die erste und die zweite Station (10, 12; 20, 22) angeschlossen sind und der zur Übertragung von Audio-Signalen, Video-Signalen und/oder Steuersignalen dient, wobei der erste Bus (16) ein Zwei-Draht-Bus ist, gekennzeichnet durch mindestens eine als Busvideosteuergerät ausgelegte dritte Station (24), an die einerseits über einen Monitorzweig (14) des ersten Busses (16) die erste Station (10, 12) und andererseits über einen Kamerazweig (18) des ersten Busses (16) die zweite Station (20, 22) angeschlossen ist und die über einen zweiten Bus (28; 34) mindestens an eine einen Monitor oder eine Kamera aufweisende[n] vierte Station (36, 38), die eine Türstation oder eine Monitorstation ist, angeschlossen ist, wobei ein den ersten und den zweiten Bus (16; 28, 34) zumindest teilweise einschließender Signalübertragungsweg zum Übertragen von Video-Signalen zwischen der vierten Station (36, 38) einerseits und der ersten oder der zweiten Station (10, 12; 20, 22) andererseits ausgelegt ist, wobei die dritte Station (24) mindestens einen Verstärker aufweist."
2. Hilfsantrag: "Hauskommunikationsanlage mit mindestens einer einen Monitor aufweisenden ersten Station (10, 12), die eine Wohnungsstation ist, mindestens einer eine Kamera aufweisenden zweiten Station (20, 22), die eine Etagentürstation ist, einem ersten Bus (16), an den die erste und die zweite Station (10, 12; 20, 22) angeschlossen sind und der zur Übertragung von Audio-Signalen, Video-Signalen und/oder Steuersignalen dient, wobei der erste Bus (16) ein Zwei-Draht-Bus ist, gekennzeichnet durch mindestens eine als Busvideosteuergerät ausgelegte dritte Station (24), an die einerseits über einen Monitorzweig (14) des ersten Busses (16) die erste Station (10, 12) und andererseits über einen Kamerazweig (18) des ersten Busses (16) die zweite Station (20, 22) angeschlossen ist und die über einen zweiten Bus (28; 34) mindestens an eine einen Monitor oder eine Kamera aufweisende[n] vierte Station (36, 38), die eine Türstation oder eine Monitorstation ist, angeschlossen ist, wobei ein den ersten und den zweiten Bus (16; 28, 34) zumindest teilweise einschließender Signalübertragungsweg zum Übertragen von Video-Signalen zwischen der vierten Station (36, 38) einerseits und der ersten oder der zweiten Station (10, 12; 20, 22) andererseits ausgelegt ist, wobei die dritte Station (24) mindestens einen Verstärker aufweist, dessen Verstärkungsrichtung umstellbar ist."
Wegen des Wortlauts der jeweiligen Unteransprüche wird auf die Akte verwiesen.
Die Patentinhaberin macht geltend, dass der durch die Druckschriften D1 und D2 bekannte Stand der Technik (im weiteren "Comelit-Anlage") den Patentgegenstand weder neuheitsschädlich vorwegnähme noch für den Fachmann nahelege. Insbesondere sei der in der Comelit-Anlage vorgesehene Umschalter nicht vergleichbar mit der patentgemäßen, als Busvideosteuergerät ausgelegten dritten Station. Auch handele es sich bei der in der Comelit-Anlage vorgesehenen Verbindung der als zweite Station ansehbaren Türstation mit dem Umschalter nicht um einen Buszweig im Sinne des Patentgegenstandes. Darüber hinaus sei eine Verbindung von der als zweite Station ansehbaren Türstation mit der als vierte Station ansehbaren weiteren Türstation nicht möglich.
In Hinblick auf die Hilfsanträge vertritt die Patentinhaberin weiter die Meinung, dass der Fachmann aus dem Stand der Technik keine Anregung erhalte, in dem Busvideosteuergerät einen Verstärker vorzusehen, schon gar nicht einen solchen, dessen Verstärkungsrichtung umstellbar sei.
Die Einsprechende macht den vorgetragenen Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit auch bezüglich der von der Patentinhaberin zuletzt verteidigten Anspruchsfassungen geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1.
Der Einspruch ist zulässig. Er wurde formund fristgerecht erhoben. Im Einspruchsschriftsatz sind auch die Tatsachen, die ihn rechtfertigen, im Einzelnen angegeben.
2.
Der Einspruch ist auch begründet. Er führt zum Widerruf des Patents, weil dessen Gegenstand weder in der verteidigten Fassung gemäß Hauptantrag noch in den hilfsweise verteidigten Fassungen patentfähig ist.
3.
Als für die Beurteilung der Lehre des Streitpatents und des Standes der Technik maßgeblichen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulabschluss der Fachrichtung Elektrotechnik an, der über Berufserfahrung auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik, insbesondere der Hauskommunikation verfügt.
4.
Die Erfindung betrifft eine Hauskommunikationsanlage, mit mindestens einer ersten Station, mindestens einer zweiten Station und einem Bus, an den die erste und die zweite Station angeschlossen sind und der zur Übertragung von Audio-Signalen, Video-Signalen und Steuersignalen dient (Absatz [0001] der Patentschrift).
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Hauskommunikationsanlage der genannten Art derart weiterzuentwickeln, dass strangbzw. busübergreifende Kommunikation möglich ist (Absatz [0003] der Patentschrift).
5. Zum Hauptantraga) Zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe lehrt Patentanspruch 1 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung eine Hauskommunikationsanlage, deren Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
M1 Hauskommunikationsanlage mit M2 mindestens einer einen Monitor aufweisenden ersten Station (10, 12), die eine Wohnungsstation ist, M3 mindestens einer eine Kamera aufweisenden zweiten Station (20, 22), die eine Etagentürstation ist, M4 einem ersten Bus (16), an den die erste und die zweite Station (10, 12; 20, 22) angeschlossen sind und der zurÜbertragung von Audio-Signalen, Video-Signalenund/oder Steuersignalen dient, wobei M5 der erste Bus (16) ein Zwei-Draht-Bus ist, g e k e n n z e i c h n e t d u r c h M6 mindestens eine als Busvideosteuergerät ausgelegte dritte Station (24), M7 an die einerseits über einen Monitorzweig (14) des ersten Busses (16) die erste Station (10, 12)
M8 und andererseits über einen Kamerazweig (18) des ersten Busses (16) die zweite Station (20, 22) angeschlossen ist M9 und die über einen zweiten Bus (28; 34) mindestens aneine einen Monitor oder eine Kamera aufweisende vierte Station (36, 38), die eine Türstation oder eine Monitorstation ist, angeschlossen ist, M10 wobei ein den ersten und den zweiten Bus (16; 28, 34) zumindest teilweise einschließender Signalübertragungswegzum Übertragen von Video-Signalen zwischen der vierten Station (36, 38) einerseits und der ersten oder der zweiten Station (10, 12; 20, 22) andererseits ausgelegt ist.
b) Es kann dahinstehen, ob die im Rahmen der Beschränkung in den Patentanspruch 1 zusätzlich eingefügten Merkmale in den ursprünglichen Unterlagen eine ausreichende Stütze finden, weil der beschränkte und insoweit mit dem Hauptantrag verteidigte Patentanspruch 1 jedenfalls nicht schutzfähig ist, da sein Gegenstand nicht neu ist.
c) In den Druckschriften D1 und D2, die als eine Entgegenhaltung anzusehen sind, da sie den gleichen technischen Gegenstand betreffen, ist die sogenannte Comelit-Anlage offenbart, bei der es sich um eine in zahlreichen Varianten konfigurierbare Video-Gegensprechanlage handelt, die nichts anderes als eine Hauskommunikationsanlage ist (Merkmal M1). Insbesondere die in der Druckschrift D2 auf Seite 7 unten links wiedergegebene Abbildung zeigt mit der Bezeichnung SBV/09 eine Konfiguration, die - mindestens eine erste Station, die einen Monitor umfasst und eine Wohnungsstation ist (oben rechts dargestellter "EUROCOM semiflushmounted monitor 4600W"; Merkmal M2), und - mindestens eine zweite Station, die eine Kamera umfasst und eine Etagentürstation ist ("Video module with B/W TV camera 4060";
Merkmal M3),
-
aufweist. (Die Bezeichnungen für 4600W bzw. 4060 finden sich in der D1 auf S. 150 bzw. 141.)
Dabei sind die erste und die zweite Station an einen ersten Bus angeschlossen, der ganz offensichtlich der Übertragung von Audio-Signalen, Video-Signalen und/oder Steuersignalen dient (Merkmal M4). Wie die Ziffer "2" neben den Verbindungen belegt und wie es im Übrigen in der Druckschrift angegeben ist, handelt es sich bei dem Bus um einen Zwei-Draht-Bus (Merkmal M5).
Darüber hinaus ist mindestens eine dritte Station ("switching device 1224" (vgl. auch in D1 S. 153]) vorgesehen, die die Signale von der Kamera der Etagentürstation zu dem Monitor der Wohnungsstation durchschaltet und insoweit auch als Busvideosteuergerät verstanden werden kann (Merkmal M6).
Durch die dritte Station wird der Bus quasi in zwei Teile aufgeteilt. Der Teil des Busses, der die Wohnungsstation (erste Station) mit der dritten Station verbindet, kann zwanglos als Monitorzweig bezeichnen werden, nachdem durch diesen Teil der Monitor der Wohnungsstation mit der dritten Station verbunden wird (Merkmal M7). Analog kann der Teil des Busses, der die Etagentürstation (zweite Station) mit der dritten Station verbindet, als Kamerazweig bezeichnet werden, nachdem durch diesen Teil die Kamera der Etagentürstation mit der dritten Station verbunden wird (Merkmal M8). Dass zur Verbindung der einzelnen Stationen zusätzlich Busverbindungsleitungen zum Einsatz kommen, ist dabei unerheblich.
Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass die Aufteilung des Busses in zwei Zweige, den Monitorzweig und den Kamerazweig im anspruchsgemäßen Zusammenhang ohne technische Bedeutung ist. Diese Auffassung resultiert aus der Tatsache, dass eine Busstruktur gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass alle angeschlossenen Teilnehmer (hier: Etagentürstation, Wohnungsstationen) durch einen gemeinsamen Übertragungsweg miteinander verbunden sind, was zur Folge hat, dass die Signale in allen Teilen des Bussystems dieselben sind. Dies ist auch vorliegend der Fall. Die von der Kamera stammenden Signale (Kamerasignale) sind identisch mit den von den Monitoren empfangenen Signalen (Monitorsignale).
Weiterhin sind an die dritte Station über einen zweiten Bus weitere Türoder Monitorstationen angeschlossen (unten mittig dargestelltes weiteres "Video module with B/W TV camera 4060"; oben links dargestellter weiterer "EUROCOM semi flushmounted monitor 4600W"), die zusammengefasst als vierte Station bezeichnet werden können und insoweit mindestens einen Monitor oder eine Kamera aufweisen (Merkmal M9).
Durch die Zusammenschaltung der beiden Busse werden Signalübertragungswege zum Übertragen von Video-Signalen geschaffen, die den ersten und den zweiten Bus zumindest teilweise einschließen. Über den Übertragungsweg können Video-Signale von der Kamera der vierten Station zu den Monitoren der ersten Station und umgekehrt von der Kamera der zweiten Station zu den Monitoren der vierten Station übertragen werden (Merkmal M10).
d) Von diesem bekannten Stand der Technik unterscheidet sich die Hauskommunikationsanlage gemäß dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags nicht, so dass die beanspruchte Anlage nicht als neu gelten kann (§ 3 Abs. 1 PatG).
Auch die Auffassung der Patentinhaberin, dass der in der Comelit-Anlage vorgesehene Umschalter nicht vergleichbar mit der anspruchsgemäßen, als Busvideosteuergerät ausgelegten dritten Station sei, ändert an der fehlenden Neuheit nichts. Denn es ist weder im Patentanspruch noch in der Erfindungsbeschreibung angegeben, welchen konkreten Aufbau oder welche spezielle Funktion die dritte Station aufweist, die über die Schaltfunktion des Umschalters der Comelit-Anlage hinausgehen würden. Der Umschalter in der Comelit-Anlage verbindet einerseits die beiden "Buszweige" und dient andererseits der Zusammenschaltung der beiden Bussysteme, um die busbzw. strangübergreifende Kommunikation zu ermöglichen. Dieselbe Funktion weist die anspruchsgemäße dritte Station auf. Dass die dritte Station als "sogenanntes Busvideosteuergerät" (Absatz [0028] der Patentschrift) ausgelegt ist, liefert keine konkrete Anhaltspunkte für ihren Aufbau.
Auch das Argument der Patentinhaberin, es handele sich bei der in der Comelit-Anlage vorgesehenen Verbindung der als zweite Station ansehbaren Türstation mit dem Umschalter nicht um einen Buszweig im Sinne des Patentgegenstandes, sondern lediglich um eine Busanschlussleitung, kann nicht durchgreifen. Die Video-Gegensprechanlage SBV/09 gemäß der Druckschrift D2 zeigt -wie oben bereits ausgeführt -die Verbindung der Etagentürstation (zweiten Station) mit dem Bus, über den die Video-Signale übertragen werden. Dass dazu eine Anschlussleitung erforderlich ist, ist für den Fachmann selbstverständlich (zum Beleg des Fachwissens vgl. Fachbuch D3, Seite 12, Fig. 3c). Dabei kann angesichts des Anspruchswortlauts dahinstehen, wie lang diese Leitung ist. Entscheidend ist nach Überzeugung des Senats allein, dass die Kamera an den Bus angeschlossen ist; hierbei ist es unerheblich, wie groß dieser Teil des Busses ist und wie das Teil genannt wird, bei dem der Anschluss erfolgt.
Im Übrigen ist zwar eine Verbindung von der als zweite Station ansehbaren Etagentürstation mit der als vierte Station ansehbaren weiteren Türstation nicht möglich. Dies ist aber auch kein Merkmal des Anspruchs; darin wird lediglich festgelegt, dass der Signalübertragungsweg zum Übertragen von Video-Signalen zwischen der vierten Station einerseits und der ersten oder der zweiten Station andererseits ausgelegt sein soll. Die als vierte Station anzusehenden Teile der Comelit-Anlage umfassen sowohl mindestens eine Kamera als auch mindestens einen Monitor. Der Übertragungsweg ist durch die Zusammenschaltung der beiden Busse -entgegen der Auffassung der Patentinhaberin -auch dazu ausgelegt, einerseits Video-Signale von der vierten Station einerseits und der ersten oder zweiten Station andererseits zu übertragen. Es werden nämlich sowohl Video-Signalübertragungen von der Kamera der vierten Station zu den Monitoren der ersten Station als auch Video-Signalübertragungen von der Kamera der zweiten Station zu den Monitoren der vierten Station ermöglicht. Damit sind beide in dem Merkmal M10 beanspruchten Alternativen realisiert. Dass eine Übertragung von Video-Signalen von der Kamera der vierten Station zur Kamera der zweiten Station ebenso wie eine Übertragung von Video-Signalen von dem Monitor der vierten Station zu dem Monitor der ersten Station -nicht möglich ist, stellt insoweit unter Neuheitsgesichtspunkten gegenüber dem Anspruchswortlaut keinen Unterschied dar. Der Fachmann erkennt ohnehin die technische Unsinnigkeit einer solchen Übertragung zwischen zwei Datenquellen (Kameras) bzw. zwei Datensenken (Monitoren). Das Fehlen eines solchen Übertragungswegs stellt deshalb entgegen der Auffassung der Patentinhaberin keinen Unterschied zur Erfindung dar.
6. Zum 1. Hilfsantraga) Zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe lehrt Patentanspruch 1 in der gemäß
1. Hilfsantrag verteidigten Fassung eine Hauskommunikationsanlage, die sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und das Merkmal, M11 dass die dritte Station (24) mindestens einen Verstärker aufweist, umfasst.
b) Das Merkmal M11 ist zugleich Unterscheidungsmerkmal des Gegenstands des Anspruchs gegenüber der aus den Druckschrift D1 und D2 bekannten Comelit-Anlage.
Durch dieses Unterscheidungsmerkmal mag der Anspruchsgegenstand zwar neu sein, er beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ausgehend von der Comelit-Anlage, die die Merkmale M1 bis M10 bereits offenbart (siehe unter II.5.c), stellt sich dem Fachmann in der Praxis ohne weiteres die Aufgabe, die durch die Ankopplung der Stationen an den Bus, und die Kabelverluste bedingten Energieverluste zu kompensieren.
Der Fachmann wird dazu auf der Grundlage seines Fachwissens Zwischenverstärker vorsehen, wie das bereits in dem das Fachwissen belegenden Fachbuch D3 vorgeschlagen wurde (vgl. Seite 101, Abschnitt 4.3.3).
Dies gilt in besonderem Maße auch für die Zusammenschaltung zweier Bussysteme in dem Koppelpunkt, vorliegend in der dritten Station, nachdem der Fachmann weiß, dass an den Koppelpunkten regelmäßig Pegelanpassungen vorgenommen werden müssen. Insoweit erschöpft sich die anspruchsgemäße Weiterbildung der bekannten Anlage dahingehend, in der dritten Station einen Verstärker vorzusehen, in einer rein fachgemäßen Maßnahme. Dabei geht der Senat davon aus, dass der in Merkmal M11 genannte Verstärker der Verstärkung der Bussignale dient, ohne dass dies explizit im Anspruch angegeben ist.
Die Hinzufügung eines Verstärkers zu der an sich bekannten Comelit-Anlage ergibt sich für den Fachmann auf Grund seiner Fachkenntnisse auf naheliegende Weise.
7. Zum 2. Hilfsantraga) Zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe lehrt Patentanspruch 1 in der gemäß
2. Hilfsantrag verteidigten Fassung eine Hauskommunikationsanlage, die sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag und das Merkmal, M12 dass die Verstärkungsrichtung des Verstärkers umstellbar ist, umfasst.
b) Ein Gegenstand mit dem Merkmalen M1 bis M12 mag zwar neu sein, er beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bedingt durch die Zusammenschaltung der beiden Bussysteme in der dritten Station und der damit geschaffenen Möglichkeit Video-Signale vom ersten Bus zum zweiten Bus und umgekehrt zu übertragen, ergibt sich die Aufgabe, die Verstärkungsrichtung des nach fachgemäßen Überlegungen vorzusehenden Verstärkers (vgl. die Ausführungen unter II.6.b) der jeweiligen SignalÜbertragungsrichtung entsprechend anzupassen, für den Fachmann in der Praxis von selbst.
Als Lösung für diese Aufgabe kann der Fachmann auf der Basis seines Fachwissens entweder zwei getrennte Verstärker vorsehen, die sich in der Verstärkungsrichtung unterscheiden, oder aber er sieht einen Verstärker vor, dessen Verstärkungsrichtung an die jeweilige Übertragungsrichtung angepasst werden kann und insoweit umstellbar ist. Die Verwendung eines in seiner Verstärkungsrichtung umstellbaren Verstärkers ist ersichtlich nicht so aufwändig wie die Verwendung von zwei Verstärkern. Schon unter diesem Gesichtspunkt liegt die Verwendung eines umstellbaren Verstärkers nahe.
Eine diesbezügliche Anregung erhält der Fachmann im Übrigen auch schon aus der im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschrift D4 (vgl. Seite 1, Zeilen 1 bis 12).
Der anspruchsgemäße Weiterbildung mit dem Merkmal M12 erschöpft sich insoweit ebenfalls in einer rein fachgemäßen Maßnahme, die das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht begründen kann.
8. Nachdem sich sowohl der Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags als auch die Patentansprüche 1 in der Fassung der Hilfsanträge als nicht rechtsbeständig erweisen (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG), kann die antragsgemäße beschränkte Aufrechterhaltung des Patents nicht erfolgen. Das Patent ist unter diesen Umständen vollständig zu widerrufen (BGH in GRUR-RR 2008, 456 -Installiereinrichtung, Tz. 22, m. w. N.).
Dr. Mayer Werner Gottstein Kleinschmidt Pr
BPatG:
Beschluss v. 11.05.2009
Az: 20 W (pat) 341/04
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