Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Februar 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 35/01

(BPatG: Beschluss v. 13.02.2003, Az.: 25 W (pat) 35/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um die Anmeldung einer Marke mit dem Namen "GSI" für Dienstleistungen im Bereich der Sicherheitsdienste. Die Markenstelle hat die Anmeldung zurückgewiesen, da sie der Meinung ist, dass die Abkürzung "GSI" für "General Safety Inspection" steht und daher nicht unterscheidungskräftig genug ist. Die Anmelderin legt Beschwerde ein und argumentiert, dass die Marke ausreichend phantasievolle Eigenart aufweist und daher eintragbar ist. Sie ist der Ansicht, dass die beteiligten Verkehrskreise die Bedeutung der Abkürzung "GSI" nicht kennen und dass sie auch andere mögliche Bedeutungen haben könnte. Das Bundespatentgericht entscheidet, dass die Beschwerde zulässig und begründet ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Marke Schutzhindernisse im Sinne des Markenrechts entgegenstehen. Es fehlt der Marke nicht an ausreichender Unterscheidungskraft und es besteht auch kein Beschreibungsmerkmal, dass die Marke ausschließlich beschreibt. Es wird darauf hingewiesen, dass Abkürzungen nicht automatisch als beschreibend angesehen werden sollten und dass es an ausreichenden Feststellungen fehlt, dass die beteiligten Verkehrskreise die Abkürzung "GSI" mit "General Safety Inspection" gleichsetzen. Die Entscheidung der Markenstelle wird somit aufgehoben. Die genaue Begründung und weitere Details der Gerichtsentscheidung können den Akten entnommen werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.02.2003, Az: 25 W (pat) 35/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung GSI ist am 22. April 1998 für die Dienstleistungen "Be- und Überwachung von Personen, Gebäuden und Wertobjekten; Transport von Geld und Wertsachen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 29. September 1999 durch einen Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung wegen bestehender Schutzhindernisse zurückgewiesen. Die angemeldete Marke sei nicht unterscheidungskräftig (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Bei "GSI" handele es sich um die lexikalisch nachweisbare Abkürzung für den Begriff "General Safety Inspection" (allgemeine Sicherheitsüberprüfung). Es sei davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise, nämlich die an Sicherheitsdiensten interessierten deutschen Verbraucher und das Fachpublikum im Bereich des Sicherheits- und Bewachungswesens, die Bedeutung der Abkürzung kennen. Sie würden das Zeichen "GSI" dahingehend verstehen, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen eine allgemeine Sicherheitsüberprüfung beinhalten, die angemeldete Be- und Überwachung von Personen, Gebäuden und Wertobjekten und der Transport von Geld- und Wertsachen also eine generelle Überprüfung der Sicherheitslage umfassen. Es liege auch keine die Unterscheidungskraft begründende Mehrdeutigkeit der Marke vor, da sich im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen eine hinreichend bestimmte Bedeutung ergäbe. Die Markenstelle ließ dahingestellt, ob der Eintragung darüber hinaus wie beanstandet auch die Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen steht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit der Begründung, die angemeldete Marke sei nicht glatt beschreibend sondern weise ein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart auf und sei daher eintragbar.

Eine Bekanntheit der Marke "GSI" als Abkürzung für "General Safety Inspection" in den beteiligten inländischen Verkehrskreisen sei auszuschließen. Es bestünden begründete Zweifel, dass die beteiligten Verkehrskreise unter der Marke "GSI" überhaupt die Begrifflichkeit "General Safety Inspection" verstünden. Beträchtliche Teile der Verkehrskreise würden den Begriff nicht kennen. Zudem sei unter "Safety" eher eine technische Sicherheit zu verstehen, also das Fehlen von Risiken auf Grund technischer Mängel. Die von der Anmelderin angebotenen Dienstleistungen beruhten jedoch auf einem Schutz von Bedrohungen aller Art, insbesondere nichttechnischer. "General Safety Inspection" sei somit ein technischer Überwachungsvorgang, wie zB die allgemeine Hauptuntersuchung des TÜV oder der Dekra bei Fahrzeugen aller Art. Die Dienstleistung der Anmelderin werde im Englischen eher mit dem Begriff "security" umschrieben. Grob könne "safety" mit dem Fehlen von Eigengefährdung und "security" mit dem Fehlen von Bedrohung durch Dritte übersetzt werden. Das letztere sei aber genau die Dienstleistung, die die Anmelderin anbiete. Selbst wenn die betroffenen Verkehrskreise eine Verbindung zwischen der Kennzeichnung "GSI" und dem Begriff "General Safety Inspection" herleiten könnten, sei die Bezeichnung nicht beschreibend. Außerdem könnten der Abkürzung "GSI" noch weitere Bedeutungen zukommen. Sie sei eine Marke für eine bestimmte Motorisierung bei Fahrzeugen der Adam Opel AG. Außerdem existiere sie unter anderem auch als Abkürzung für "Gesellschaft für Schwerionenforschung mbH" in Darmstadt, sowie als Bestandteil weiterer Firmen. Die von der Markenstelle zu Grunde gelegte Bedeutung könne im Internet nicht gefunden werden. Es gäbe keine begründete Aussicht, dass die Kennzeichnung "GSI" in Zukunft für den Bereich der Sicherheitsdienste verwendet werde und die Bezeichnung habe auch keinen konkreten Produktbezug zu den Dienstleistungen der Anmelderin, da ihr der Bereich der technischen Sicherheit nicht unterliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da nach Auffassung des Senats letztlich nicht festgestellt werden kann, dass der Anmeldung Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegenstehen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG sind unter anderem Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt bzw die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Der Senat hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, wobei grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (st Rspr; vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES, GRUR 2001,1151 - marktfrisch).

Die angemeldete Marke "GSI" lässt sich zwar als Abkürzung lexikalisch ua für "General Safety Inspection" und "General Safety Inspector" nachweisen (vgl Wennrich/Spillner, Internationale Enzyklopädie der Abkürzungen und Akronyme von Organisationen, 3. Aufl S 166), jedoch konnte der Senat nicht feststellen, dass die Abkürzung in dieser Bedeutung in Deutschland gebräuchlich ist. Als deutsche Abkürzung steht sie vielmehr für die Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt (Wennrich/Spillner aaO). Nach der Internetrecherche des Senats ist die Buchstabenfolge "GSI" in Deutschland zudem in verschiedenen Firmenbezeichnungen enthalten, ohne dass ihr darin eindeutig die von der Markenstelle angenommene Bedeutung zukommt. Auch außerhalb Deutschlands steht die Abkürzung vorwiegend in Firmenbezeichnungen. Der Senat konnte durch eine Internetrecherche zwar vereinzelt die Verwendung der Abkürzung "GSI" für "General Safety Inspector" und wohl auch im Sinne von "General Safety Inspection" feststellen (vgl zB www.occuphealth.fi/e/info/anl/300/uganda0.4.htm), es gibt aber keine Hinweise für eine entsprechende Verwendung in Deutschland. Es kann daher nicht mit einer hinreichenden Sicherheit festgestellt werden, dass die Buchstabenfolge bei den beteiligten Verkehrskreisen, selbst wenn man wie die Markenstelle lediglich die an Sicherheitsdiensten interessierten deutschen Verbraucher und das Fachpublikum im Bereich des Sicherheits- und Bewachungswesens berücksichtigen würde, als fachsprachliche Abkürzung so bekannt ist, dass der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlen würde.

Der Senat hat auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vorliegt, welches die Markenstelle aus ihrer Sicht zu Recht dahinstehen ließ.

Würde die angemeldete Marke "GSI" allerdings von beachtlichen Verkehrskreisen mit der Angabe "General Safety Inspection" gleichgesetzt, wäre sie für die angemeldeten Dienstleistungen beschreibend, da im Rahmen der angemeldeten Dienstleistungen zusätzlich eine allgemeine Sicherheitsüberprüfung angeboten werden könnte, wobei der Schwerpunkt auch auf die technische Seite der (eigenen) Sicherheit gelegt werden kann, zB ob jemand alles getan hat, um Risiken und damit eine Eigengefährdung zu vermeiden. Es käme dann auf die Feinheiten des Bedeutungsgehalts der englischen Wörter "safety" und "security" im Hinblick auf das Fehlen von Eigengefährdung bzw das Fehlen von Bedrohung durch Dritte, auf die die Anmelderin abstellt, nicht weiter an. Eine "General Safety Inspection" kann ein Teil der angebotenen Dienstleistungen "Be- und Überwachung von Personen, Gebäuden und Wertobjekten; Transport von Geld und Wertsachen" sein, unabhängig davon, ob die Anmelderin dies konkret anbietet.

Abkürzungen beschreibender Angaben sind jedoch nicht automatisch mit dem beschreibenden Begriff gleichzusetzen. Vielmehr ist bei Buchstaben als Abkürzungen beschreibender Angaben auf deren jeweilige Gebräuchlichkeit und Verständlichkeit abzustellen, und zwar auch im Hinblick auf die Prüfung der Schutzfähigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (Vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rdn 121). Für die Abkürzung "GSI" lassen sich letztlich keine hinreichenden Feststellungen treffen, dass sie im Inland als Abkürzung von "General Safety Inspection" aufgefasst wird und daher geeignet wäre, zur Beschreibung der angemeldeten Dienstleistungen zu dienen.

Die angesprochenen Verkehrskreise haben in Deutschland keinen Anlass, die nur im englischen Sprachbereich existierende Abkürzung "GSI" für "General Safety Inspection" im Hinblick auf einen untergeordneten Aspekt der angebotenen Dienstleistungen in Alleinstellung ohne weitere Erklärungen zu benützen, da diese Abkürzung in Deutschland in der Bedeutung "General Safety Inspection" nach der Recherche des Senats zu wenig bekannt ist und auch eine Verwendung dieser Abkürzung nur in Einzelfällen und außerhalb des deutschen Sprachbereichs zu ermitteln war.

Hinzu kommt, dass die Abkürzung "GSI" in Abkürzungslexika auch für weitere Begriffe steht. So führt etwa Wennrich/Spillner, Internationale Enzyklopädie der Abkürzungen und Akronyme von Organisationen, 3. Aufl S 166 als Bedeutungen für "GSI" ua die Begriffe "General Staff Intelligence", "Gesellschaft für Schwerionenforschung" in Darmstadt, "General de Service Informatique Europe" und "General Staff, Intelligence Section" auf. Auch wenn auf dem vorliegenden Dienstleistungsgebiet diese weiteren Bedeutungen nicht im Vordergrund stehen, so schmälert die Vielzahl der Bedeutungen doch die Erkennbarkeit der angemeldeten Marke im Sinne einer "General Safety Inspection", da bei der Ungebräuchlichkeit der Abkürzung "GSI" in dieser Bedeutung in Deutschland damit zu rechnen ist, dass der Teil des Verkehrs, der eine Abkürzung "GSI" kennt, diese bei den vorliegenden Dienstleistungen, bei denen eine "General Safety Inspection" nur einen untergeordneten Aspekt berührt, in einen anderen, wenn auch nicht unmittelbar beschreibenden Zusammenhang bringt.

Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß es sich bei der Buchstabenfolge "GSI" im Hinblick auf die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen um eine Fachabkürzung mit hinreichend klarer begrifflicher Bedeutung handelt, die als für den Verkehr ohne weiteres verständliche beschreibende Angabe verwendet werden kann und deshalb von Mitbewerbern der Anmelderin benötigt wird.

Nach alledem war der angefochtene Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 aufzuheben.

Kliems Sredl Bayer Pü






BPatG:
Beschluss v. 13.02.2003
Az: 25 W (pat) 35/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/202e989c062c/BPatG_Beschluss_vom_13-Februar-2003_Az_25-W-pat-35-01




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