Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. August 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 10/06

(BPatG: Beschluss v. 23.08.2010, Az.: 19 W (pat) 10/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 23. August 2010 die Beschwerde abgelehnt. Dem Beschluss liegt eine Patentanmeldung zugrunde, die das Deutsche Patent- und Markenamt abgelehnt hat, da eine ähnliche Halterung bereits aus dem Stand der Technik bekannt war. Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent dennoch zu erteilen. Die Anmelderin argumentiert, dass die vorliegende Halterung sich von den bereits bekannten Lösungen unterscheidet. Das Bundespatentgericht stellt jedoch fest, dass die Halterung laut Hauptantrag nicht neu ist und die Halterungen laut Hilfsantrag 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Halterungen laut den Anträgen ähnliche Merkmale aufweisen wie die bekannten Halterungen und dass ein Fachmann aufgrund seines Wissens in diesem Gebiet in der Lage wäre, die Merkmale in naheliegender Weise zu ergänzen. Daher wird die Beschwerde zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.08.2010, Az: 19 W (pat) 10/06


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patentund Markenamt -Prüfungsstelle für Klasse H 02 G -hat die am 27. April 2004 eingereichte Patentanmeldung 10 2004 020 455.1 durch Beschluss vom 28. Oktober 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass sich eine Halterung gemäß dem Anspruch 1 nahe liegend aus dem Stand der Technik ergebe.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 21. November 2005, eingegangen am 25. November 2005, Beschwerde eingelegt.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 G des Deutschen Patentund Markenamtes vom 28. Oktober 2005 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 17 vom Anmeldetag 27. April 2004, Beschreibung Seiten 1 und 1a vom 25. April 2005, Seiten 2 bis 12 sowie 1 Blatt Zeichnung vom Anmeldetag 27. April 2004, hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 14 und Beschreibung Seiten 1 bis 4a gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüche 1 bis 13 und Beschreibung Seiten 1 bis 4a gemäß Hilfsantrag 2, Hilfsanträge 1 und 2 jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen jeweils Beschreibung Seiten 5 bis 7 und 12 sowie 1 Blatt Zeichnung vom Anmeldetag 27. April 2004.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet (unter Einfügung der Gliederungsbuchstaben a) bis h)):

"a) Halterung für ein Verbindungselement (30) in einem Kraftfahrzeug, b) mit einem starren Grundkörper (10), c) der eine im Querschnitt ungefähr teilkreisförmige Aufnahme (11, 11') mit einem seitlichen Öffnungsbereich (12, 12') aufweist, und d) mit einem sich von dem Grundkörper (10) weg erstreckenden U-förmigen Arm (20, 20'), e) dessen freier Endabschnitt (21, 21') derart in den seitlichen Öffnungsbereich (12, 12') der Aufnahme (11, 11') ragt, f) dass der Arm (20, 20') beim Einführen eines Verbindungselements (30) in die Aufnahme (11, 11') elastisch federnd ausgelenkt wird undg) nach dem Einführen des Verbindungselements (30) in die Aufnahme (11, 11') in eine Sicherungsposition zurückschnappt, um das Verbindungselement (30) in einer Endlage zu fixieren."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass -unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma und das Wort "wobei" -an ihn die mit den Gliederungsbuchstaben h), i), j) versehenen Merkmale

"h) der Arm (20, 20') in der Sicherungsposition eine elastische Vorspannung auf das Verbindungselement (30) ausübt und i) an seinem freie Endabschnitt (21, 21') eine Raste (23) zum Fixieren des Verbindungselements (30) aufweist und j) an der teilkreisförmigen Aufnahme (11, 11') eine Raste (13) zum Fixieren des Verbindungselements (30) angeordnet ist."

angehängt sind.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 1 dadurch, dass sich -unter Einfügung eines Kommas nach dem Wort "aufweist" und Weglassung des folgenden Wortes "und" in Merkmal i) sowie unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma und das Wort "und" im Merkmal j -am Ende das mit dem Gliederungsbuchstaben k) versehene Merkmal

"k) die Rasten (13, 23) aus einem schwingungsdämpfenden Gummimaterial hergestellt sind."

anschließt.

Die Anmelderin vertritt bezüglich des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag die Ansicht, dass bei der Halterung nach der DE 198 57 853 A1 ein Grundkörper 20 vorhanden sei, an den sich eine Abschlussfläche 31 anschließe; es sei aber kein Arm vorgesehen, der das Verbindungselement verriegele. Bei der Halterung nach der DE 198 57 853 A1 sei der wesentliche Aspekt die Ausbildung des Spreizbolzens.

Bezüglich des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 meint die Anmelderin, dass die DE 34 20 762 A1 eine Schelle betreffe. Der dort gezeigte Arm 16 sei nicht mit dem gemäß der Erfindung zu vergleichen. Würde der Fachmann die in der DE 34 20 762 A1 gezeigte Raste auf die Halterung nach der DE 198 57 853 A1 übertragen, würde er diese Raste als komplett umfangsseitige Rippe anstelle der weichen Innenschale 10' vorsehen. Der Fachmann würde aber keine Raste an einem Arm anbringen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben, weil die Halterung gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nicht neu ist (§ 3 PatG) und gemäß dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

1.

Als zuständiger Fachmann ist hier ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus anzusehen, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Entwicklung von Kabelhalterungen aller Art aufweist, insbesondere von solchen des Kraftfahrzeugbereichs.

2.

Dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag 1 und 2 liegt nachfolgendes Verständnis zugrunde:

Unter dem im Merkmal d) angegebenen U-förmigen Arm versteht der Fachmann einen Arm, der zwei nicht notwendig parallele Schenkel aufweisen muss, die gewöhnlich, aber nicht zwingend durch einen Bogen miteinander verbunden sind. Gemäß dem Ausführungsbeispiel nach der Figur sind die Schenkel (bei Bezugsziffer 20 und 21) nicht parallel ausgerichtet, sondern verlaufen unter einem spitzen Winkel zueinander. Auch das Verbindungsstück zwischen diesen Schenkeln ist nicht bogenförmig. Hinzu kommt, dass auch Patentanspruch 12 unter einem Winkel zueinander verlaufende Schenkel zulässt, da hier von einem V-förmigen Arm die Rede ist.

Gemäß Merkmal f) muss der -wie vorstehend beschrieben verstandene -Arm elastisch federnd ausgelenkt werden können. Bei einem derartigen Arm lassen sich daher die beiden Schenkel elastisch zusammendrücken und auch wieder auslenken.

3. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht neu und daher nicht patentfähig.

Die DE 198 57 853 A1 zeigt eine Halterung für ein Verbindungselement. Nach Auffassung des Senats reicht der dort in Figur 1 gezeigte Grundkörper 1 etwa bis zu der Verjüngung nächst Bezugsziffer 10. Das gegenüber dem Grundkörper 1 schmälere Stück bei Bezugsziffer 10 ist nach Auffassung des Senats daher als ein Schenkel eines U-förmigen Armes -gemäß vorstehendem Verständnis -anzusehen, dessen anderer Schenkel durch das Stück bei Bezugsziffer 31 gebildet ist. Es ist auch ersichtlich, dass der durch die beiden Schenkel (bei Bezugsziffer 10 und bei Bezugsziffer 31) gebildete Arm elastisch federnd zusammengedrückt werden können muss, wenn ein Verbindungselement -wie ein Kabel oder Rohr -mit einem solchen Durchmesser eingedrückt wird, der bewirkt, dem Innendurchmesser der Innenschale 10' entspricht (Sp. 3 Z. 19 bis 27).

Die DE 198 57 853 A1 zeigt demnach einea) Halterung für ein Verbindungselement (Rohr, Kabel) in einem Kraftfahrzeug (Kfz-Zulieferer T... ... GmbH), b) mit einem starren Grundkörper (1), c) der eine im Querschnitt ungefähr teilkreisförmige Aufnahme (Fig. 1: 3 i. V. m. Sp. 2 Z. 33 bis 36) mit einem seitlichen Öffnungsbereich (oberseitiger Bereich zwischen 30, 31) aufweist, undd) mit einem sich von dem Grundkörper (1) weg erstreckenden U-förmigen Arm (Fig. 1: Schenkel bei Bezugsziffern 10 und 31 gemäß dem unter Punkt 2 geäußerten Verständnis), e) dessen freier Endabschnitt (Ende von 31) derart in den seitlichen Öffnungsbereich (Bereich zwischen 30, 31) der Aufnahme (3) ragt, f) dass der Arm (bei 10, bei 31) beim Einführen eines Verbindungselements (Rohr, Kabel) in die Aufnahme (3) elastisch federnd ausgelenkt wird (Sp. 3 Z. 19 bis 27 i. V. m. dem oben geäußerten Verständnis hinsichtlich der Elastizität des Arms) undg) nach dem Einführen des Verbindungselements (Rohr, Kabel) in die Aufnahme (3) in eine Sicherungsposition zurückschnappt, um das Verbindungselement (Rohr, Kabel) in einer Endlage zu fixieren (Aus Figur 1 ist zu entnehmen, dass das Ende 31 des U-förmigen Arms bei eingelegtem Verbindungselement, wie Kabel oder Rohr über die Innenschale 10', d. h. mittelbar auf das Verbindungselement drückt; dies genügt zur Fixierung des Verbindungselements in einer Endlage).

Die Halterung gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht neu.

4. Die Halterung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der Kraftfahrzeugtechnik werden aus Verlegungsgründen üblicherweise biegbare Rillrohre -dies sind Rohre mit Rillen in radialen Ebenen -verwendet.

Ausgehend von einer Halterung, wie sie die DE 198 57 853 A1 zeigt, stellt sich die anmeldungsgemäße Aufgabe (S. 2 vorle. Abs., des zum Hilfsantrag 1 eingereichten Beschreibungsteils), eine Halterung für ein Verbindungselement in einem Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen, die ein einfaches sowie schnelles Befestigen des als Rillrohr ausgebildeten Verbindungselementes ohne weitere Nacharbeit zulässt, einfach aufgebaut, zuverlässig und kostengünstig ist, in der Praxis dann von selbst.

Zum Einen gibt die DE 198 57 853 A1 dem Fachmann schon den Hinweis, die Profilierungen der inneren, weichen Schale 10' an die entsprechend zu halternden Rohre oder Kabel oder rohrförmigen Gegenstände anzupassen (Sp. 3 Z. 32 bis 35) und zum Anderen zeigt ihm die, ebenfalls unmittelbar auf seinem Fachgebiet gelegene DE 34 20 762 A1, wie ein Rillrohr zu haltern ist (insb. Fig. 7 bis 9: Rillrohr 88', Rasten 34, 52). Die DE 34 20 762 A1 zeigt dem Fachmann dabei insbesondere, dass -ein bewegliches Teil (16) in der Sicherungsposition eine elastische Vorspannung auf das Verbindungselement (88') ausübt

(S. 8 Abs. 5 i. V.m. Fig. 8) und -eine Raste (34) zum Fixieren des Verbindungselements (88') aufweist und - an der Aufnahme (14) eine Raste (52) zum Fixieren des Verbindungselements (88') angeordnet ist.

Durch die Figuren 7 bis 9 der DE 34 20 762 A1 wird dem Fachmann somit eine Halterung vorgestellt, die es ermöglicht eine formund kraftschlüssige Verbindung eines als Rillrohr ausgestalteten Verbindungselements (88') in einer Halterung zu erreichen (S. 8 vorle. Abs).

Bei der Übertragung des aus der DE 34 20 762 A1 bekannten Halterungsprinzips -das Verbindungselement 88' wird zwischen einem vorgespannten Teil 16 und einem feststehenden Teil 14 eingespannt -auf das Halterungsprinzip nach der DE 198 57 853 A1 ergibt es sich dann, dass die Rasten dort anzubringen sind, wo sie das Rillrohr als Verbindungselement berühren. Dies ist einerseits der freie Endabschnitt (Ende des Schenkels bei 31) des U-förmigen Arms und andererseits die teilkreisförmige Aufnahme (bei 10'). Somit ergibt sich eine Ergänzung der Halterung gemäß der DE 198 57 853 A1 mit den Merkmalen a) bis g) um Merkmale, gemäß denenh) der Arm (bei 10, bei 31) in der Sicherungsposition eine elastische Vorspannung auf das Verbindungselement ausübt undi) an seinem freien Endabschnitt (Ende des Schenkels bei 31)

eine Raste zum Fixieren des Verbindungselements aufweistundj) an der teilkreisförmigen Aufnahme (bei 10') eine Raste zum Fixieren des Verbindungselements angeordnet ist, in naheliegender Weise.

5.

Auch die Halterung nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn auch die DE 198 57 853 A1 zeigt schon eine Möglichkeit der Schwingungsdämpfung durch ein schwingungsdämpfendes Material (Sp. 1 Z. 39 bis 46 i. V. m. Sp. 2 Z. 42 bis 47 sowie Fig. 1: 10'). Es liegt nach Auffassung des Senats daher für den Fachmann auf der Hand, dafür zu sorgen, dass die Stellen, die mit dem Verbindungselement in Berührung stehen, schwingungsdämpfend ausgebildet sind. Da dem Fachmann Gummimaterial allgemein als schwingungsdämpfendes Material bekannt ist, ergibt es sich für ihn dann in ebenfalls naheliegender Weise, dafür zu sorgen, dassk) die Rasten aus einem schwingungsdämpfenden Gummimaterial hergestellt sind.

6.

Nach Wegfall des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag teilen auch die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche dessen Schicksal; ebenso ergeht es den, auf den jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 rückbezogenen Patentansprüchen.

Bertl Kirschneck Groß Dr. Scholz Pü






BPatG:
Beschluss v. 23.08.2010
Az: 19 W (pat) 10/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2034a6e4da26/BPatG_Beschluss_vom_23-August-2010_Az_19-W-pat-10-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share