Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. April 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 77/04

(BPatG: Beschluss v. 05.04.2006, Az.: 29 W (pat) 77/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss die Entscheidung der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Dezember 2003 aufgehoben.

Die Anmelderin hatte die Wortmarke "teleschau" für verschiedene Waren und Dienstleistungen angemeldet. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da sie das Zeichen als nicht unterscheidungskräftig ansah. Der Bestandteil "tele" sei in Verbindungen wie Teletext oder Telekolleg als Kurzform von "Fernsehen" gebräuchlich und in Kombination mit "Schau" könne das Zeichen als "Fernsehshow" verstanden werden. Zudem bezeichne "Schau" auch einen thematischen Überblick, sodass das Zeichen lediglich als Hinweis auf Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Fernsehshow oder einem Überblick über das Fernsehgeschehen verstanden werde.

Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen eingeschränkt auf die Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur. Sie argumentierte, dass dem Zeichen für diese Dienstleistungen kein eindeutiger Begriffsinhalt zugeordnet werden könne. Das Wort "Teleschau" könne zwar eine Sendung im Fernsehen beschreiben, nicht aber die Informationsdienstleistungen.

Das Bundespatentgericht erklärt in seinem Beschluss, dass die Beschwerde zulässig und in der Sache begründet ist. Für die verbleibenden Dienstleistungen ist die angemeldete Marke weder aufgrund fehlender Unterscheidungskraft noch als beschreibende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen.

Die Angemessenheit der Unterscheidungskraft einer Marke hängt von der konkreten Eignung ab, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens wahrgenommen zu werden. Das Zeichen "Teleschau" besteht aus den beiden Begriffen "Tele" und "Schau". "Tele" kann sowohl "fern" als auch "Fernsehen" bedeuten und zahlreiche Wortverbindungen mit "Tele" wie Telearbeit oder Telebanking sind lexikalisch belegt. "Schau" bedeutet unter anderem "Ausstellung" oder "Show". Der thematische Bezug des Zeichens zu den angebotenen Informationsdienstleistungen sei jedoch unklar, da eine Fernsehshow keine Nachrichtenformat beschreibe. Das Gesamtzeichen hätte auch keinen eindeutigen Begriffsinhalt.

Das Gericht stellt weiterhin fest, dass das Zeichen auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Die Marke besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen könnten. Es ist nicht erkennbar, welche Merkmale oder Eigenschaften der Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur mit der Bezeichnung "Teleschau" konkret beschrieben werden könnten. Daher besteht keine Notwendigkeit, diese Bezeichnung als Sachangabe freizuhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.04.2006, Az: 29 W (pat) 77/04


Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Dezember 2003 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarketeleschauist für verschiedene Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 19. Dezember 2003 als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen. Der Bestandteil "tele" sei in Wortverbindungen wie Teletext, Telekolleg als Kurzform des Wortes "Fernsehen" gebräuchlich. In der sprachüblichen Kombination mit dem weiteren Bestandteil "Schau" und angesichts vergleichbar gebildeter Begriffe wie "Fernsehschau" oder "Teleshow" könne das Zeichen daher i. S. von "Fernsehshow" verstanden werden. Daneben bezeichne der Bestandteil "Schau" in Wortzusammensetzungen wie z. B. "Presseschau" auch einen thematischen Überblick. Das angesprochene Publikum erfasse das Zeichen daher lediglich als Hinweis auf Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer Fernsehshow angeboten würden oder die einen Überblick über das allgemeine Fernsehgeschehen böten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen im Beschwerdeverfahren eingeschränkt auf die Dienstleistungen "Sammeln und Liefern von Nachrichten und Informationen, nämlich Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur". Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass sich dem Zeichen für die beanspruchten Dienstleistungen kein eindeutiger Begriffsinhalt zuordnen lasse. Das Wort "Teleschau" könne zwar in der Bedeutung von "Fernsehshow" eine Sendung im Fernsehen beschreiben, nicht hingegen die in Rede stehenden Informationsdienstleistungen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 165 Abs. 4 i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig und nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auch in der Sache begründet. Für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ist die angemeldete Marke weder auf Grund fehlender Unterscheidungskraft noch als beschreibende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard m. w. N.). Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 ff. - BioID). Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies ist für die nach der Einschränkung des Verzeichnisses verbleibenden Dienstleistungen nicht der Fall.

1.1. Die angemeldete Marke ist sprachüblich aus den beiden Begriffen "Tele" und "schau" zusammengesetzt. In Verbindung mit Substantiven kann "Tele" sowohl "fern" als auch "Fernsehen" bedeuten. Als Beispiel für diese Art der Wortbildung nennt der Duden den Begriff "Teleshow" zur Bezeichnung einer Unterhaltungssendung im Fernsehen. Auch zahlreiche andere mit "Tele" gebildete Wortverbindungen sind für den deutschen Sprachgebrauch lexikalisch belegt, z. B. Telearbeit, Telebanking, Telekolleg, Telemedizin, Telemarketing, Teleobjektiv, Teletext (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003 [CD-ROM]; Das Fremdwörterbuch, 8. Aufl. 2005, [CD-ROM]). Der weitere Bestandteil "Schau" bezeichnet als Substantiv u. a. eine "Ausstellung, Show, Sicht" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.). Soweit "Schau" in Wortverbindungen zur Bezeichnung einer themenbezogenen Ausstellung oder Übersicht verwendet wird, bringt der jeweils vorangestellte Begriff üblicherweise den thematischen Bezug zum Ausdruck, z. B. Computerschau, Hengstschau, Herbstschau, Presseschau, Sportschau, Tagesschau (vgl. http://wortschatz.unileipzig.de).

1.2. Unter Berücksichtigung dieser Verwendungen der beiden Zeichenbestandteile "tele" und "schau" lässt sich dem Gesamtzeichen für die beanspruchten Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur kein eindeutiger Begriffsinhalt zuordnen. Soweit das angesprochene Publikum das Zeichen als Hinweis auf eine Fernsehshow erfasst, bleibt der thematische Bezug zu den angebotenen Informationsdienstleistungen unklar, weil eine Fernsehshow zwar eine Unterhaltungssendung, aber kein Nachrichtenformat beschreibt. Geht man andererseits davon aus, dass der Markenbestandteil "schau" in Verbindung mit den Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur ohne weiteres i. S. einer Zusammenstellung von Informationen verständlich ist, so ergibt sich für das Gesamtzeichen ebenfalls kein eindeutiger Begriffsinhalt, weil "Tele" üblicherweise als Hinweis auf das Fernsehen als Medium, nicht hingegen als Sammelbegriff für Fernsehsendungen oder als Hinweis auf das Fernsehprogramm verstanden wird. Dementsprechend hat der Senat bei seiner Recherche trotz der zahlreichen mit "Tele" gebildeten Wortverbindungen über die Bedeutung einer Fernsehshow hinaus auch keine beschreibende Verwendung des Markenworts feststellen können. Für die Annahme, das angesprochene Publikum werde den Begriff "teleschau" ohne weiteres als Sachhinweis auf Nachrichten über die angebotenen Fernsehsendungen erfassen, sieht der Senat daher keine hinreichenden Anhaltspunkte.

2. An dem Zeichen besteht auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach der genannten Vorschrift sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Schutzhindernis besteht auch dann, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann. Insoweit bedarf es allerdings der Feststellung, dass eine derartige beschreibende Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 97 - POSTKANTOOR; GRUR 2004, 680, Rn. 38 - BIOMILD; BGH GRUR 2003, 343, 344 - Buchstabe Z; GRUR 2005, 578, 581 - LOKMAUS). Da die angemeldete Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen keinen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt aufweist, ist nicht erkennbar, welche Merkmale oder Eigenschaften der beanspruchten Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur mit der Bezeichnung "teleschau" konkret beschrieben werdenkönnten. Ein Bedürfnis diese Bezeichnung für den Geschäftsverkehr als Sachangabe freizuhalten, ist damit nicht ersichtlich.






BPatG:
Beschluss v. 05.04.2006
Az: 29 W (pat) 77/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/20524e8b50f9/BPatG_Beschluss_vom_5-April-2006_Az_29-W-pat-77-04




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