Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 186/02

(BPatG: Beschluss v. 09.04.2003, Az.: 26 W (pat) 186/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die Beschwerde der Anmelderin gegen die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts erfolgreich ist. Die Markenstelle hatte die angemeldete Wortmarke "exakt Messebau" aufgrund fehlender Unterscheidungskraft und beschreibender Merkmale zurückgewiesen. Die Anmelderin bestritt zwar nicht die Schutzunfähigkeit der einzelnen Elemente der Marke, argumentierte jedoch, dass eine Schutzversagung abgewandelter beschreibender Angaben nicht gerechtfertigt sei. Das Bundespatentgericht stimmte der Anmelderin zu und entschied, dass die Schutzhindernisse des Markengesetzes in diesem Fall nicht vorliegen. Es konnte weder ein aktuelles Freihaltebedürfnis an der Marke als beschreibende Sachaussage noch eine zu erwartende Benutzung der Marke als solche in der Zukunft nachgewiesen werden. Die Kombination der beiden Markenelemente "exakt" und "Messebau" bildet keine neue Gesamtheit und wird nicht sprachüblich für die beschriebenen Waren und Dienstleistungen verwendet. Zudem wurde der Marke jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen. Das Bundespatentgericht hob daher die Beschlüsse der Markenstelle auf.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.04.2003, Az: 26 W (pat) 186/02


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle der Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. August 2001 und 22. Juli 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit den vorgenannten Beschlüssen hat die Markenstelle die für die Waren und Dienstleistungen

"Bausätze für Messestände, (soweit in Klasse 10 enthalten); Auf- und Abbau von Messeständen, insbesondere mit vorgefertigten Teilen; Einlagerung von Messeständen für Dritte; Vermietung von Mobiliar für Messestände; Vermietung von Licht- und Veranstaltungstechnik; Planung von Messeständen; Vermietung von Messeständen"

angemeldete Wortmarke

"exakt Messebau"

gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke bestehe ausschließlich aus einer beschreibenden, freihaltungsbedürftigen Angabe und ihr fehle jegliche Unterscheidungskraft. Soweit ersichtlich, bestreite die Anmelderin nicht die Schutzunfähigkeit der einzelnen Elemente der angemeldeten Marke. Während das Wort "Messebau" nur das Tätigkeitsfeld des Unternehmens umreiße und gewissermaßen einen Oberbegriff über die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen darstelle, sei der Begriff "exakt" ein auf dieses Produktspektrum gut passendes Adjektiv, das schlagwortartig verwendbar sei. Das Freihaltebedürfnis an den einzelnen, ausschließlich beschreibenden Angaben werde im vorliegenden Fall auch nicht durch ihre Kombination aufgehoben, denn hierdurch sei keine neue schutzbegründende Gesamtheit entstanden, die den Charakter der Einzelteile als warenbeschreibende Angaben zumindest in den Hintergrund treten lasse. Eine derartige schutzbegründende Verbindung der Zeichenteile sei nicht festzustellen. Vielmehr seien beide Wörter gewissermaßen aufeinander bezogen, indem das Wort "exakt" das Attribut zu dem Wort "Messebau" darstelle. Im vorliegenden Fall könnten konkrete Wettbewerbsbehinderungen dadurch auftreten, dass etwa in einem Verletzungsfall ein Zivilgericht den Schutzumfang der Marke nicht richtig einschätze und zB das Wort "exakt" als schutzfähigen Teil der Marke ansehe. Als betriebsneutraler Hinweis auf bestimmte Eigenschaften der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen könne die Anmeldung auch nicht die erforderliche Hinweisfunktion erfüllen. Die erforderliche Unterscheidungskraft weise eine Wortzusammenstellung nur dann auf, wenn sie sich aus Sicht des angesprochenen Verkehrs nicht in einer Sachaussage über die mit der betreffenden Bezeichnung versehenen Waren oder Dienstleistungen erschöpfe. Da der Verkehr daran gewöhnt sei, mit warenbezogenen Sachangaben werbemäßig in komprimierter Form konfrontiert zu werden, genüge es nicht, dass es grammatikalisch korrekt "exakter Messebau" heißen müsste.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach rechtfertigt die von der Markenstelle angeführte Möglichkeit zukünftiger Behinderungen der Mitbewerber keine Schutzversagung abgewandelter beschreibender Angaben. Vielmehr sei der Schutzbereich solcher, an freizuhaltende Angaben angelehnte Zeichen eng zu bemessen. Ein Schutz für die zugrundeliegenden Begriffe, an die sich das Zeichen anlehne, könne nicht beansprucht werden. In der angemeldeten Form "exakt Messebau" werde die Anmeldung von den Mitbewerbern nicht benötigt. Im übrigen habe sich diese Bezeichnung bereits hervorragend als betrieblicher Herkunftshinweis bewährt.

Dem gemäß beantragt sie die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Kennzeichnungen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Waren- und Dienstleistungsverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU) und die entweder bereits als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Der Beurteilung ist dabei die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legen und keine zergliedernde Betrachtungsweise vorzunehmen (BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFT-WARE CORPORATION). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die Anmeldung "exakt Messebau" in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden kombinierten Wortfolge in ihrer Gesamtheit als beschreibende Angabe für die von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat die erforderlichen Feststellungen nicht zu treffen vermocht. Ein auf gegenwärtiger Benutzung beruhendes aktuelles Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Marke als beschreibende Sachaussage ist deshalb nicht nachweisbar. Ebenso wenig liegen etwa konkrete Tatsachen vor, die dafür sprechen könnten, dass die gesamte Bezeichnung "exakt Messebau" in Zukunft als beschreibende Angabe für die im Warenverzeichnis aufgeführten Bausätze für Messestände und Dienstleistungen dienen könnte.

Soweit die Markenstelle meint, an den einzelnen Zeichenelementen "exakt" und "Messebau" bestehe ein Freihaltebedürfnis, das auch nicht durch ihre Kombination aufgehoben sei, weil durch diese Zusammenstellung keine neue Gesamtheit entstanden sei, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, dass die beiden Markenwörter "exakt" und "Messebau" für sich geeignet sind, das Tätigkeitsfeld der Anmelderin ("Messebau") und die dabei geübte Sorgfalt ("exakt") zu beschreiben, fehlt der ausschlaggebenden Gesamtheit "exakt Messebau" diese Eignung. Zwar geht es bei der Errichtung von Messeständen bspw um die verlässliche, exakt auf die Verwendung abgestimmte Qualität der Bauelemente und um die exakte und professionelle Umsetzung der Vorstellungen und Wünsche der Kunden, der Senat konnte jedoch weder im Internet noch in anderen Quellen Anhaltspunkte dafür finden, dass anstatt mit "exakter Messebau" mit "exakt Messebau" auf die präzise Errichtung von Messeständen und damit zusammenhängende Dienstleistungen hingewiesen werden könnte. Vielmehr ist vergleichsweise - sprachlich korrekt - von "mobile Messestände" oder "creativer Messebau" im Internet die Rede (vgl zB www.expoexpress.com). Mithin ist es auf dem Gebiet des Messebaus nicht üblich und damit auch nicht zu erwarten, dass die Mitbewerber die damit zusammenhängenden Tätigkeiten oder Produkte für den angesprochenen (Fach-) Verkehr erkennbar sprachunüblich mit der angemeldeten Bezeichnung beschreiben könnten.

Eine möglicherweise unzutreffende markenrechtliche Beurteilung des Markenelements "exakt" durch ein Zivilgericht in einem Verletzungsfall vermag ein Freihaltungsbedürfnis an der Gesamtbezeichnung ebenso wenig zu begründen, wie der von der Markenstelle angeführte Umstand, das beide Markenbestandteile "gewissermaßen aufeinander bezogen" seien, in dem das Wort "exakt" das Attribut zu dem Substantiv "Messebau" darstelle.

2. Ebenso kann der Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen von solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis auszuräumen, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt, wie es ihm entgegen tritt, und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft, mwNachw).

Hiervon ausgehend kann der Bezeichnung "exakt Messebau" in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden. Eine beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung nicht dar. Wie dargelegt ist die angemeldete Bezeichnung erkennbar und auffällig sprachunüblich gebildet und damit als beschreibende Sachaussage nicht geeignet. Zum anderen ist auch nicht erkennbar, was mit dem Attribut "exakt" jeweils in bezug auf die hier in Rede stehenden Messestände und Dienstleistungen unmittelbar und konkret beschrieben werden könnte. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Marke mehr zu sehen. Da der Bezeichnung "exakt Messebau" wegen ihrer Kürze auch eine gewisse Prägnanz nicht abgesprochen werden kann, ist ihre Zurückweisung nicht gerechtfertigt.

Demgemäß waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Vorsitzender Richter Albert befindet sich im Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben.

Kraft Eder Kraft Ko






BPatG:
Beschluss v. 09.04.2003
Az: 26 W (pat) 186/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/23226902dab9/BPatG_Beschluss_vom_9-April-2003_Az_26-W-pat-186-02




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