Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. September 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 44/02
(BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az.: 32 W (pat) 44/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 25. September 2002 teilweise einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben. Es geht um die Anmeldung der Wortmarke "domainnet" für verschiedene Waren und Dienstleistungen. Das Markenamt hatte die Anmeldung teilweise zurückgewiesen und dem Anmelder den Schutz für bestimmte Waren und Dienstleistungen verwehrt.
Der Anmelder hatte Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt. Er war der Ansicht, dass man nicht nur auf die einzelnen Markenelemente abstellen dürfe, sondern dass die Gesamtheit der Marke unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig sei.
Das Bundespatentgericht gab dem Anmelder recht. Es stellte fest, dass die angemeldete Marke "domainnet" für die betreffenden Waren und Dienstleistungen ausreichende Unterscheidungskraft besitzt. Das Wort hat keine direkt erkennbare beschreibende Bedeutung und kann daher als bisher unbekannte Sachaussage verstanden werden. Es handelt sich nicht um ein gebräuchliches Wort, das vom Verkehr nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
Das Markenamt hatte behauptet, dass es sich bei "domainnet" um Internetseiten handele, die sich mit Domain-Namen beschäftigen. Das Bundespatentgericht hielt diese Annahme jedoch für zu weit hergeholt. Der Begriff "net" sei der umfassende Begriff für das Internet und erlaube keine weiteren Unterteilungen in thematisch spezifizierbare Bereiche. Die bisherigen Nachweise des Markenamts würden vielmehr auf eine marken- oder kennzeichnungsmäßige Verwendung der Marke hinweisen.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Angabe im Sinne des Markenrechts erfüllt. Daher hob es die Entscheidung des Markenamts teilweise auf und erlaubte die Eintragung der Marke für die betreffenden Waren und Dienstleistungen. Das Markenamt kann allerdings weiterhin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis überprüfen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az: 32 W (pat) 44/02
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 1. November 2001 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarkedomainnetfür ein umfangreiches Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 1. November 2001 teilweise zurückgewiesen und der Marke den Schutz für folgende Waren und Dienstleistungen versagt:
Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping) in Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Telekommunikation;
Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere im Internet.
Zur Begründung heißt es, Domains seien durchaus gehandelte Wirtschaftsgüter. In "domainnet" bestimme "domain" daher das sachliche Gebiet des Internetauftritts. So seien auch die nachweisbaren Ausdrücke "Modellbahnnet", "Dresden-Net", "gamesnet" und "Fachinformatiker-Net" zu verstehen.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, man dürfe nicht auf die einzelnen Markenelemente abstellen; die Gesamtheit sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. November 2001 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Eignung einer Marke, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer zu dienen. Weist eine Wortmarke keinen für die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst gängigen Sprache, das die Verbraucher - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, fehlt es nicht an der Unterscheidungseignung (vgl. BGH GRUR 2000, 722 - LOGO).
Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, dieses Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).
Die Unterscheidungseignung fehlt der angemeldeten Marke "domainnet" für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen nicht, weil die Marke keinen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt hat.
Eine Verwendung von "domainnet" im beschreibenden Sinn oder mit einer feststehenden Bedeutung ist weder im Englischen noch im Deutschen feststellbar. Ohne lexikalischen Eintrag und ohne Nachweis einer beschreibenden Verwendung kommt es darauf an, ob die Marke als bisher unbekannte Sachaussagen und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweis aufgefasst wird.
Dies ist hier nicht der Fall. Von den möglichen Wortbedeutungen ausgehend ist "domainnet" nämlich keine Sachangabe für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Das aus "domain" (Internetadresse) und "net" (kurz für Internet) zusammengesetzte Wort ist zwar sprachüblich gebildet; es weist aber keinen eindeutig beschreibenden Bezug zu den strittigen Waren und Dienstleistungen auf.
Der von der Markenstelle angenommene Bezug, es handle sich um Internetseiten, die sich mit Domain-Namen (Auswahl, Gerierung, Handel) befassten, ist zu weit hergeholt. Der Verbraucher nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Er hat hier auch keine Veranlassung, "domainnet" in dem von der Markenstelle unterstellten Sinn zu interpretieren.
"net" ist nämlich - soweit es nicht für andere Netze (intranet etc.) steht - der umfassende Begriff für das Internet. Dieses ist jedoch nicht weiter untergliedert in thematisch oder sonst spezifizierbare Bereiche, die mit "net" und Bestimmungsangabe bezeichnet werden. Der Nutzer kann sich also nicht - im Wege einer gewissen Vorauswahl - in ein spezielles "net", etwa "Sportnet", "Kulturnet" o.ä., begeben, sondern nur auf bestimmte Seiten, die sich mit den ihn interessierenden Themata befassen. Diese aber befinden sich "ungeordnet" im Internet und sind mittels Suchmaschinen aufzufinden. Diese bieten zur Erleichterung der Suche Verzeichnisse oder Kategorien. Der Senat konnte nicht feststellen, dass eine der gängigen Suchmaschinen solche Bereiche mit einer Kombination aus Inhaltsangabe und "net" bezeichnet.
Es ist auch nicht feststellbar, dass verschiedene Anbieter, die z.B. mit Domains handeln, in einem mit "domainnet" bezeichneten Bereich auftreten.
Damit ist "domainnet" nicht eindeutig beschreibend. Die Nachweise der Markenstelle zeigen vielmehr eine marken- bzw. kennzeichnungsmäßige Verwendung.
Ohne feststellbare beschreibende Aussage fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese Vorschrift verhindert nämlich nur die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - Individuelle).
Ebenso ist damit nicht feststellbar, dass die Mitbewerber des Anmelders "domainnet" zur freien Verwendung auf dem deutschen Markt oder für Import und Export benötigen.
Die wörtlich aus Art 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn eine noch nicht feststellbare Benutzung als Sachangabe jederzeit erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it; BGH BlPMZ 2001, 55, 56 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hier ist jedoch keine Tendenz, "domainnet" mit beschreibender Bedeutung zu verwenden oder Suchkategorien im Internet mit einer Kombination aus Inhaltsangabe und "net" zu benennen, prognostizierbar. Auch aus dem Englischen sind solche Tendenzen nicht erkennbar.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Schutzbereich der angemeldeten Marke aus der die Eintragungsfähigkeit begründenden Eigenprägung ergibt, ohne dass ein hiervon losgelöster Schutz für die zu Grunde liegenden Angaben, "domain" oder gar für andere Kombinationen mit "net" besteht (vgl. BGH GRUR 1989, 264 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; 1991, 136 - NEW MAN; BlPMZ 1989, 192 - KSÜD).
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse. Dem Deutschen Patent- und Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.
Dr. Albrecht Sekretaruk Bayer Ko
BPatG:
Beschluss v. 25.09.2002
Az: 32 W (pat) 44/02
Link zum Urteil:
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