Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Mai 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 406/99

(BPatG: Beschluss v. 09.05.2001, Az.: 32 W (pat) 406/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die Marke "396 54 345" für die Waren "Papier, Pappe" gelöscht wird. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 1999 wurde auf die Beschwerde der Widersprechenden hin aufgehoben. Der Widerspruch richtete sich gegen die Wortmarke "FOCUS FUTURE", die für verschiedene Waren, darunter auch Papier und Pappe, eingetragen wurde. Die Widersprechende argumentierte, dass bei Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eine Verwechslungsgefahr bestehe. Das Patent- und Markenamt hatte den Widerspruch jedoch zurückgewiesen und festgestellt, dass die Markenähnlichkeit sehr gering sei und die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil "FOCUS" geprägt werde.

Das Bundespatentgericht folgte der Argumentation der Widersprechenden und hob den Beschluss des Patent- und Markenamts auf. Es stellte fest, dass zwar keine unmittelbare Ähnlichkeit der Marken bestehe, aber die Gefahr bestehe, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Der Bestandteil "FOCUS" werde als das eigentliche Kennzeichen angesehen, während "FUTURE" weniger kennzeichnungskräftig sei und als Hinweis auf eine Verbesserung oder fortschrittliches Produkt verstanden werde.

Der Beschluss ist endgültig und es entstehen keine Kosten für die Beteiligten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.05.2001, Az: 32 W (pat) 406/99


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 1999 aufgehoben.

2. Die Marke 396 54 345 wird für die Waren "Papier, Pappe" gelöscht.

Gründe

I.

Gegen die am 15. Juli 1997 für eine Vielzahl von Waren, unter anderem Papier, Pappeeingetragene Wortmarke FOCUS FUTURE ist Widerspruch erhoben aus der seit 25. November 1991 für Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)

eingetragenen Wortmarke 1 063 539 Focus.

Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Waren "Papier, Pappe".

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen. Bei Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei die Markenähnlichkeit höchstens sehr gering, so dass Verwechslungen nicht zu befürchten seien. Die angegriffene Marke werde nicht durch "FOCUS" geprägt; vielmehr sei "FOCUS FUTURE" ein Gesamtbegriff etwa mit der Bedeutung "Zukunft im Focus (Brennpunkt)".

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass bei Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Verwechslungen zu befürchten seien, da eine Markenähnlichkeit bestehe, weil der Bestandteil "FUTURE" der angegriffenen Marke nur als Zusatz, etwa als Sortenbezeichnung, angesehen werde. Die Bekanntheit der Zeitschrift "Focus" erstrecke sich nicht auf Papier und Pappe als Rohmaterialien.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 1999 aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß "Focus" bereits in Lexika als Hinweis auf ihr Magazin aufgeführt sei. Es bestehe eine erhöhte Kennzeichnungskraft mit der Folge, dass der Bestandteil "Focus" ihrer Marke als Hinweis auf sie gewertet werde.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).

Da sich der Widerspruch nur gegen die Waren "Papier, Pappe" richtet, stehen sich identische Waren gegenüber.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich, da Tatsachen für eine erhöhte oder geringere Kennzeichnungskraft nicht festgestellt werden können. Weder enthält "Focus" auf dem Gebiet von Papier und Pappe beschreibende Anklänge, noch handelt es sich auf Seiten der Widersprechenden etwa um ein bekanntes Kennzeichen.

Eine unmittelbare Ähnlichkeit der Marken ist nicht gegeben. Schon wegen der völlig unterschiedlichen Länge der Kennzeichnungen besteht keinerlei Anlaß zum Verhören oder Verschreiben; auch können keine Tatsachen festgestellt werden, die es erlaubten, von einer alleinigen Prägung der angegriffenen Marke für Papier- und Pappe durch "FOCUS" auszugehen.

Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken reicht allerdings noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass diesem Bestandteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sonstige Umstände (zB die Art der abweichenden Markenteile) diesen Schluss aufdrängen (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 213). Stehen sich FOCUS FUTURE und Focus als Kennzeichnungen identischer Waren gegenüber, wirkt "FOCUS" als das eigentliche Kennzeichen, da "FUTURE" insoweit kennzeichnungsschwach ist, als es von seiner Wortbedeutung her etwa als "das Papier der Zukunft" im Sinne eines besonders fortschrittlichen Produkts, etwa als Sortenbezeichnung oder Hinweis auf eine Verbesserung gegenüber dem allein mit FOCUS gekennzeichneten Produkts aufgefaßt werden wird. Damit hält die angegriffene Marke den bei identischen Waren zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen großen Abstand nicht mehr ein.

Eine Kostenauferlegung ist nicht veranlaßt.

Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Hu






BPatG:
Beschluss v. 09.05.2001
Az: 32 W (pat) 406/99


Link zum Urteil:
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