Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. August 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 30/10

(BPatG: Beschluss v. 04.08.2010, Az.: 28 W (pat) 30/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 4. August 2010 die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung der Wortmarke "OKAGEL" zurückgewiesen. Die Markenanmeldung wurde am 20. September 2008 eingereicht und zunächst von der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) beanstandet. Es wurde darauf hingewiesen, dass gewisse Produktbezeichnungen in die Klasse 17 einzustufen seien und entweder gestrichen werden sollten oder eine zusätzliche Klassengebühr zu entrichten sei.

Die Anmelderin reichte daraufhin ein neues Waren-/Dienstleistungsverzeichnis ein, das diese Beanstandungen berücksichtigte. Die Markenstelle trug dieses geänderte Verzeichnis in das Register ein. Allerdings beantragte die Markeninhaberin später eine Ergänzung des Verzeichnisses um die zuvor gestrichenen Waren.

Das Bundespatentgericht entschied, dass die Markenstelle den Antrag auf Ergänzung bzw. Berichtigung des Verzeichnisses zu Recht zurückgewiesen hat. Das mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 eingereichte Verzeichnis habe zu einer Teilrücknahme der Anmeldung geführt, und eine nachträgliche Anfechtung dieser Teilrücknahme sei nicht wirksam erfolgt. Die Beschwerde der Markeninhaberin wurde als unbegründet abgewiesen.

Es wurde festgestellt, dass die internationale Registrierung der Marke keine Auswirkungen auf die Klassifizierung der Waren habe und dass die Beanstandung der Markenstelle rechtens war. Die Rüge, das Verhalten der Markenstelle sei willkürlich und unberechtigt gewesen, war unbegründet. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die Eintragung der Marke im nationalen Register korrekt erfolgte und dass das rechtliche Gehör der Markeninhaberin nicht verletzt wurde.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht angebracht, da keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vorlagen. Die Entscheidung wurde im schriftlichen Verfahren getroffen, da keine mündliche Verhandlung beantragt wurde und diese auch nicht für erforderlich gehalten wurde.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 04.08.2010, Az: 28 W (pat) 30/10


Tenor

BPatG 152 Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke OKAGEL wurde am 20. September 2008 zur Eintragung in das Register angemeldet. Das ursprünglich mit der Anmeldung eingereichte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis lautete wie folgt:

"Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Einoder Mehrscheibenund/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen; Dachplatten aus Glas.

Klasse 37: Bauwesen.

Klasse 42: Architektenund Designerdienstleistungen, insbesondere in Verbindung mit industriellen Forschungsdienstleistungen.".

Mit Bescheid vom 25. November 2008 wurde die Anmelderin und jetzige Markeninhaberin von der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patentund Markenamts (DPMA) auf Mängel des eingereichten Waren-/ und Dienstleistungsverzeichnisses aufmerksam gemacht. Im Hinblick auf die von der Anmelderin in die Klasse 19 eingruppierte Produktbezeichnung "lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Einoder Mehrscheibenund/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke" wurde darauf hingewiesen, dass diese nach der Internationalen Klassifikation von Waren und Dienstleistungen in die Klasse 17 einzuordnen seien. Dies gelte ebenso für die Produktbezeichnung "lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen". Die Markeninhaberin wurde deshalb aufgefordert, die entsprechenden Begriffe entweder zu streichen oder die ansonsten anfallende vierte Klassengebühr zu entrichten.

Daraufhin reichte die Anmelderin mit Eingabe vom 10. Dezember 2008 ein neues Waren-/Dienstleistungsverzeichnis ein und hielt der geltend gemachten Beanstandung entgegen, im Gegensatz zur Markenstelle habe die WIPO ihren Antrag auf internationale Registrierung der Markenanmeldung mit dem identischen Waren-/Dienstleistungsverzeichnis problemlos akzeptiert, mit dem auch die nationale Anmeldung erfolgt sei. Dem Schriftsatz war darüber hinaus noch ein weiteres, mit der Überschrift "äußerst hilfsweise Alternative" versehenes Waren/Dienstleistungsverzeichnis beigefügt.

Mit erneutem Beanstandungsbescheid vom 11. Dezember 2008 wies die Markenstelle nochmals darauf hin, dass die Warenbegriffe "isolierend, wärmedämmend" sowie "mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen" als Eigenschaften in die Klasse 17 einzuordnen seien und forderte die Anmelderin unter Fristsetzung auf, die fraglichen Warenangaben zu streichen oder die zusätzliche Klassengebühr zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 hielt die Anmelderin zwar an ihren Zweifeln hinsichtlich der korrekten Klassifikation der fraglichen Waren fest, überreichte aber dennoch ein neu gefasstes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis:

"Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Einoder Mehrscheibenund/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; Dachplatten aus Glas.

Klasse 37: Bauwesen.

Klasse 42: Architektenund Designerdienstleistungen, insbesondere in Verbindung mit industriellen Forschungsdienstleistungen.".

Hierzu führte sie wörtlich aus:

"Anliegend wird das wie bisher nach Klassen numerisch aufsteigend geordnete Gesamtverzeichnis der Waren und Dienstleistungen überreicht, aus welchem die beanstandeten, Produkteigenschaften beschreibende Angaben gestrichen sind. Es wird nunmehr wie beantragt, um beschleunigte Eintragung gebeten, nachdem allen Beanstandungen des Prüfers durch Streichung entsprochen ist."

Mit Verfügung der Markenstelle vom 22. Januar 2009 wurde die angemeldete Marke mit diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis in das Register eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 machte die Markeninhaberin geltend, aus der IR-Eintragungsurkunde ergebe sich, dass die von der Markenstelle vorgenommene Beanstandung zu Unrecht erfolgt sei und beantragte sinngemäß die Eintragung im nationalen Register entsprechend abzuändern und um die zu Unrecht beanstandeten Warenbegriffe in der Klasse 19 zu ergänzen.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2009 teilte die Markenstelle der Inhaberin mit, diesem Antrag nicht entsprechen zu können. Darauf machte die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2009 geltend, sie habe erst mit Erhalt der Eintragungsverfügung bemerkt, dass in dem mit Eingabe vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis die Warenbezeichnung "lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff" versehentlich gefehlt habe. Von einer Teilrücknahme oder einer Einschränkung der angemeldeten Warenangaben in Klasse 19 könne diesbezüglich keine Rede sein. Insbesondere sei dieses irrtümlich verkürzte Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden, was sich auch aus dem damaligen Schriftsatz eindeutig ergebe.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 2009 hat die Markenstelle für Klasse 19 des DPMA den Antrag der Markeninhaberin auf Ergänzungbzw. Berichtigung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 sei das mit der Anmeldung beanspruchte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis rechtswirksam und unwiderrufbar eingeschränkt worden. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheide bereits deshalb aus, weil sie nicht unverzüglich nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgt sei. Zudem fehle es an jeden konkreten Angaben zum genauen Anfechtungsgrund sowie zur Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung trägt sie vor, bereits der Beanstandungsbescheid vom 25. November 2008 stelle sich als willkürlich dar, da in dem mit der Anmeldung eingereichten Waren/Dienstleistungsverzeichnis keine Waren der Klasse 17 enthalten gewesen seien. Vielmehr habe die Anmelderin verkehrsübliche Begriffe in deutscher Sprache gewählt und dabei neben der Produktbezeichnung "Baumaterialien (nicht aus Metall)" lediglich einschränkende Eigenschaftsangaben verwendet. Alle diese Waren fielen deshalb in die Klasse 19. Das vorgelegte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis sei somit hinreichend bestimmt formuliert und richtig einklassifiziert worden. Dies bestätige die internationale Registrierung der Marke am 30. Oktober 2008 mit eben diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis, das von der WIPO zu keinem Zeitpunkt beanstandet worden sei. Angesichts der von Anfang an unberechtigten Beanstandungsbescheide der Markenstelle könne die Streichung bzw. der Verzicht auf die betroffenen Waren nicht als Zurücknahme der Anmeldung in diesem Umfang ausgelegt werden. Die Anmelderin habe ausdrücklich nur auf die Produkteigenschaften wegen der beanstandeten Worte "wärmedämmende" und "mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen" verzichtet, nicht aber auf die damit charakterisierten Waren. Zudem sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden, da die Markenstelle bereits vor Ablauf einer ihr zuvor gesetzten Frist bis zum 26. Februar 2009 die Eintragung der Marke verfügt habe. Außerdem regt die Beschwerdeführerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß)

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und festzustellen, dass die Marke 30 2008 060 840 auch für deren in Klasse 19 angemeldeten Waren

"Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Einoder Mehrscheibenund/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/füllungen von Wärmedämmstoffen; Dachplatten aus Glas"

in das Register einzutragen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat den Antrag auf Ergänzungbzw. Berichtigung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses der verfahrensgegenständlichen Marke zu Recht zurückgewiesen.

1. Die Markenstelle ist hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis zutreffend von einer Teilrücknahme der Anmeldung gemäß § 39 Abs. 1 MarkenG im Umfang der nicht mehr in dieser Fassung des Verzeichnisses aufgeführten Waren ausgegangen. Soweit die Markeninhaberin geltend macht, von einer solchen Teilrücknahme könne schon deshalb keine Rede sein, weil das fragliche Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden sei, fehlt es hierfür an jeglichen Anhaltspunkten. So hat die Markeninhaberin in dem genannten Schriftsatz ausdrücklich vorgetragen: "Anliegend wird das wie bisher nach Klassen numerisch aufsteigend angeordnete Gesamtverzeichnis der Waren und Dienstleistungen überreicht, aus welchem die beanstandeten, Produkteigenschaften beschreibende Angaben gestrichen sind. Es wird nunmehr wie beantragt, um beschleunigte Eintragung gebeten, nachdem allen Beanstandungen des Prüfers durch Streichung entsprochen ist." Diesen Ausführungen lässt sich bei Zugrundelegen eines objektiven Empfängerhorizonts der unmissverständliche Antrag entnehmen, die angemeldete Marke mit eben diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis unverzüglich einzutragen. Ebenso unzweideutig ist das Vorbringen als Teilrücknahme der nicht mehr in diesem Verzeichnis aufgeführten Waren zu verstehen. Konkrete Vorbehalte sind aus dem genannten Rücknahmeschriftsatz nicht ersichtlich - mögliche innere Vorbehalte wären von vornherein unbeachtlich. Dass die Teilrücknahme vorbehaltlos erfolgte, tritt im vorliegenden Fall auch deshalb umso deutlicher hervor, als die Markeninhaberin ein zuvor mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2008 eingereichtes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis noch ausdrücklich mit dem Hinweis "äußerst hilfsweise Alternative" überschrieben hatte. Da somit vorliegend kein Fall einer lediglich unter Vorbehalt erklärten Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnis gegeben ist, kann die Frage, ob eine solche, bedingt erklärte Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnis überhaupt zulässig wäre, unerörtert bleiben (vgl. hierzu Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 39, Rdn. 6 m. w. N.).

Die mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 erklärte Teilrücknahme der Anmeldung entfaltete mit ihrem Eingang beim DPMA am 9. Januar 2009 unmittelbare Rechtswirkungen. Ein nachträglicher Widerruf der Teilrücknahme ist ausgeschlossen (Kirschneck, a. a. O., § 39, Rdn. 5 m. w. N.). Bei dieser Sachund Rechtslage ist für eine Überprüfung der Frage, ob die von der Markenstelle vorgenommene Klassifizierung der mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen zutreffend war oder nicht kein Raum. Der Senat weist aber dennoch zur Klarstellung darauf hin, dass aus der beanstandungslosen, internationalen Registrierung der Marke keineswegs Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Vorgehensweise der Markenstelle gezogen werden können, wie dies die Markeninhaberin annimmt. Denn die internationale Registrierung einer Marke entfaltet im Hinblick auf klassifikationsrechtliche Fragen keinerlei Rechtswirkungen, wie dies bereits die Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt hat. Vielmehr erfolgt die Registrierung durch die WIPO ohne jede vorherige Schutzfähigkeitsprüfung der betreffenden Marke sowie ohne Überprüfung der korrekten Klassifizierung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen. Aus diesem Grund steht die Registrierung stets unter dem Vorbehalt, dass die beim nationalen Amt (hier: dem DPMA) angemeldete, so genannte "Basismarke" tatsächlich in dem ursprünglich angegebenen Umfang zur Eintragung gelangt. Kommt es nicht dazu, wird also die Basismarke nach Durchlaufen des nationalen Verfahrens dort gar nicht oder nur für einen Teil der ursprünglich mit der Anmeldung beantragten Waren oder Dienstleistungen registriert, geht auch der Schutz der IR-Marke in dem entsprechenden Umfang verloren.

2. Zwar ist die Anfechtung einer Teilrücknahme der Anmeldung beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich möglich (Kirschneck, a. a. O., § 39, Rdn. 5 m. w. N.). Die Markeninhaberin hat die von ihr erklärte Teilrücknahme der Anmeldung jedoch nicht wirksam gemäß §§ 119, 142 BGB angefochten.

Mit ihrem Schriftsatz vom 11. Februar 2009 hat sie geltend gemacht, aus der Urkunde der internationalen Registrierung der Marke ergebe sich, dass die von der Markenstelle vorgenommene Beanstandung völlig zu Unrecht erfolgt sei und beantragte deshalb sinngemäß die Eintragung im nationalen Register in der Klasse 19 entsprechend zu ändern und um die beanstandeten Warenbegriffe zu ergänzen. Unabhängig davon, dass diese Rechtsansicht - wie oben dargelegt - unzutreffend ist, lässt sich dem Schriftsatz weder unmittelbar noch mittels Auslegung eine Anfechtungserklärung wegen Irrtums entnehmen.

In ihrem Schriftsatz vom 24. Juli 2009 hat die Markeninhaberin ebenfalls nicht ausdrücklich erklärt, ihre Rücknahmeerklärung wegen Irrtums anfechten zu wollen. Sie hat vorgetragen, erst mit Erhalt der Eintragungsverfügung habe sie bemerkt, dass in dem mit Eingabe vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren/Dienstleistungsverzeichnis die Warenbezeichnung "lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff" versehentlich gefehlt habe. Von einer Teilrücknahme oder einer Einschränkung hinsichtlich der fraglichen Warenangaben könne keine Rede sein, insbesondere sei dieses irrtümlich verkürzte Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden, wie sich dies auch aus dem damaligen Schriftsatz ergebe. Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen als Anfechtungserklärung zu werten sind. Denn die Markeninhaberin hatte nach ihrem eigenen Vortrag mit Empfang der Eintragungsurkunde (am 5. Februar 2009) Kenntnis aller relevanten Umstände erlangt. Eine erst über fünf Monate danach erklärte Anfechtung wäre somit keinesfalls "unverzüglich", also ohne schuldhaftes Zögern erfolgt und deshalb ohnehin als verspätet zurückzuweisen (§ 121 BGB).

Dass es der Markeninhaberin aber überhaupt nicht auf eine Irrtumsanfechtung ankommt, zeigt ihr Beschwerdeantrag. Ihr Rechtsmittel hat die Markeninhaberin darauf gestützt, die Streichung bzw. der Verzicht auf die betroffenen Waren könne nicht als Zurücknahme der Anmeldung gewertet werden, weil die vorausgegangenen Beanstandungsbescheide der Markenstelle von Anfang an unberechtigt gewesen seien. Die Markeninhaberin habe in ihrem Schriftsatz vom 7. Januar 2009 ausdrücklich nur auf die Produkteigenschaften "wärmedämmende" und "mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen", nicht aber auf die damit charakterisierten Waren verzichtet. Dieses Vorbringen kann jedoch schon deshalb nicht als schlüssige, in sich widerspruchsfreie Darlegung relevanter Anfechtungsgründe gewertet werden, weil sich der Beschwerdeantrag der Markeninhaberin nicht etwa nur auf die Ergänzung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses um diese Waren (also "lichtdurchlässige Bauteile aus Einund Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff") richtet. Vielmehr beantragt sie darüber hinaus eine weitergehendere Ergänzung des Verzeichnisses um die Angaben "wärmedämmende" und "mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen". Hinsichtlich dieser Produkte hatte sie jedoch sogar nach ihrem eigenen Vortrag die Teilrücknahme der Anmeldung erklären wollen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vorbringens der Markeninhaberin ergibt sich somit eindeutig, dass es ihr nicht um eine Irrtumsanfechtung geht, sondern quasi um eine "Restitution" des Zustandes vor der von ihr - wirksam - erklärten Teilrücknahme. Für eine solche Rückgängigmachung der Rücknahmeerklärung bzw. Wiederherstellung der vorherigen Situation gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage. Die Auffassung, das Vorgehen der Markenstelle erweise sich angesichts der hiervon abweichenden Vorgehensweise der WIPO als willkürlich und unberechtigt, bietet hierfür jedenfalls keinen Anhaltspunkt und stellt sich ohnehin als bloßer Rechtsirrtum dar.

3. Soweit sich die Markeninhaberin durch die Eintragung der Marke am 22. Januar 2009 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sieht, geht sie ebenfalls fehl. Mit Bescheid vom 17. Januar 2009 hatte die Markenstelle der Markeninhaberin zwar tatsächlich eine Frist von einem Monat gesetzt - diese bezog sich jedoch auf die Vorlage des eingeschränkte Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses, das die Anmelderin mit ihrem Schriftsatz vom 7. Januar 2009 eingereicht hatte, der Markenstelle aber zum Zeitpunkt des genannten Bescheids offensichtlich aus amtsinternen Gründen noch nicht im Original vorlag. Nachdem dieses Verzeichnis kurz darauf zur Akte gelangt war, hat die Markenstelle dann (wie dies die Anmelderin in dem fraglichen Schriftsatz selbst beantragt hatte) unverzüglich die Eintragung verfügt. Anhaltspunkte für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin sind in dieser Vorgehensweise nicht ersichtlich.

Die Beschwerde war nach alldem als unbegründet zurückzuweisen.

Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auch die Markeninhaberin hat hierzu keine konkrete Rechtsfrage aufzeigen können.

Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Anmelderin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 04.08.2010
Az: 28 W (pat) 30/10


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