Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 9/99

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2000, Az.: 29 W (pat) 9/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 2. Februar 2000 (Aktenzeichen 29 W (pat) 9/99) eine Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts vom 12. Oktober 1998 aufgehoben.

Bei der Anmeldung handelt es sich um die Wortfolge "GIFTS IN KIND GERMANY" als Marke für "Unterstützen wohltätiger Beihilfen in Form von Waren, Dienstleistungen und Preisnachlässen". Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da die Marke nach ihrer Auffassung freihaltebedürftig und ohne Unterscheidungskraft sei.

Die Anmelderin hat in ihrer Beschwerde dagegen argumentiert, dass der durchschnittliche Verbraucher die Marke nicht als beschreibende Angabe analysieren würde und die Bedeutung der englischen Begriffe "GIFT" und "KIND" nicht naheliegend sei. Die Marke sei ungenau und mehrdeutig und richte sich an die gesamte Bevölkerung im Hinblick auf Sammlungen und ähnliches.

Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass weder ein Freihaltebedürfnis noch das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft festgestellt werden können. Die Marke habe keine sachbeschreibende Bedeutung für die beanspruchten Dienstleistungen und es gebe keine Hinweise auf ein potentielles Freihaltebedürfnis seitens Dritter.

Auch für einen grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die verkürzte Verwendung der Wortfolge "Gifts in Kind" als Deklaration grenzüberschreitender Spendendienstleistungen sei zwar brauchbar, aber die Hinzufügung des Elements "Germany" führe zu einer Mehrdeutigkeit. Zudem habe die britische Voreintragung der Marke eine sachbeschreibende Bedeutung verneint.

Schließlich könne der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da sie nach dem Sprachverständnis des inländischen Verkehrs nicht inhaltlich verstanden werde und Anklänge einer sprechenden Marke aufweise. Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Marke als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten werde.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 02.02.2000, Az: 29 W (pat) 9/99


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts vom 12. Oktober 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortfolge

"GIFTS IN KIND GERMANY"

als Marke für "Unterstützen wohltätiger Beihilfen in Form von Waren, Dienstleistungen und Preisnachlässen ".

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen eines Freihaltebedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, die Marke bedeute "Spenden/Gaben in Sachwerten Deutschland", womit die Art der Dienstleistungen als Unterstützung durch Bereitstellung von Waren bzw. der Erbringung von Dienstleistungen in Sachwerten oder Naturalien beschrieben werde. "Deutschland" weise nur auf den Erbringungsort hin. Darin sei keine zergliedernde Betrachtungsweise zu sehen, sondern das Ergebnis der Ermittlung des Sinngehalts einer aus mehreren Begriffen bestehenden Gesamtbezeichnung. Auch wenn die Hälfte der inländischen Verkehrskreise mangels Englischkenntnissen das nicht erfasse, sei es wahrscheinlich, daß der Begriff im Inland benötigt werde, insbesondere bei humanitären Hilfsaktionen als Spendenaktionen oder grenzüberschreitende Hilfeleistungen. In diesem Zusammenhang bezeichne die Marke eine neben Geldspenden übliche Form von Sachspenden.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, der unbefangene Durchschnittsverbraucher analysiere die Marke nicht, werde daher vier einzelne englische Begriffe aufnehmen, in denen er keine beschreibende Angabe erkenne. Das gelte auch bei genauerer Betrachtungsweise; der Begriff "GIFT" gehöre nicht zum englischen Grundwortschatz und selbst bei Kenntnis von "GIFT" sei die Bedeutung "Spende/Gabe" nicht naheliegend, denn "GIFT" stehe für "Geschenk" und "KIND" bedeute "Art" und nicht "Sachwert". Auch für den Im- und Export sei die Marke kein Sachhinweis bzw. Fachwort, sie sei vieldeutig, mißverständlich und interpretationsbedürftig. Ein Im- bzw. Export fände nur in Fachkreisen statt, die es aber auf dem fraglichen Dienstleistungsgebiet kaum gebe. Die Marke wende sich vielmehr an die gesamte Bevölkerung im Hinblick auf Sammlungen u.ä.. Selbst in Fachkreisen sei die Marke aber kein Sachhinweis, was das sprachregelwidrig angefügte Markenelement "Deutschland" zeige, und "Sachwerte" sei eine für Hilfsorganisationen zu ungenaue Bezeichnung, während "Spenden" im Englischen nicht "gift", sondern "donation" hießen. Insgesamt gebe die Marke keinen ausreichend deutlichen Hinweis, der die höheren quantitativen Anforderungen an ein Freihaltebedürfnis in Fällen von Im- bzw. Exportverkehr erfülle. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Kopie einer Voreintragung der Marke "GIFTS IN KIND INTERNATIONAL" in Großbritannien vorgelegt.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, und sie hat auch in der Sache Erfolg. Denn für die angemeldete Marke läßt sich jedenfalls nach der Sachlage, wie sie sich im Beschwerdeverfahren ergeben hat, weder ein Freihaltebedürfnis noch das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft feststellen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).

Die unverständlich offenbar aus dem Englischen übersetzte Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses läßt sich, der Parallelanmeldung unter Az. 29 W (pat) 10/99 entsprechend, als "Wohltätige Dienstleistungen, insbesondere Bereitstellung von Nahrung, Bekleidung und verschiedenen Waren und Gütern" interpretieren. Mit dieser Maßgabe besteht kein gegenwärtiges Freihaltebedürfnis an der Marke. Der Senat hat durch eine Recherche im Internet zwar festgestellt, daß der Ausdruck "Gift in Kind" in englischsprachigen Ländern zur Bezeichnung von Sachspenden, etwa im Rahmen von Hilfsaktionen, üblich ist; diese Bedeutung läßt sich im übrigen auch lexikalisch erschließen. Dem Senat liegen aber keine Nachweise darüber vor, daß die Wortfolge der Marke in ihrer vollständigen, angemeldeten Fassung "GIFTS IN KIND GERMANY" - von der allein bei der Beurteilung auszugehen ist (BGH GRUR 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT) - gegenwärtig im Inland für die beanspruchten Dienstleistungen eine sachbeschreibende, freihaltebedürftige Bedeutung hat und für sie beschreibend verwendet wird.

Auch Anhaltspunkte dafür, daß Dritte künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Wortfolge für die angemeldeten Dienstleistungen haben könnten, sind nicht ersichtlich. An ein solches potentielles Freihaltebedürfnis sind strenge Anforderungen zu stellen. Die erforderlichen konkreten Anhaltspunkte für eine entsprechende Entwicklung (BGH GRUR 1990, 517, 518 "SMARTWARE"; 1992, 515, 516 "VAMOS") liegen nicht vor.

Die englische Wendung "Gifts in Kind" gehört nicht zum englischen Grundwortschatz, so daß das angesprochene breite inländische Publikum, das sich mit den auf Sachspenden beziehenden Dienstleistungen der Marke befaßt, nicht ohne weiteres in der Lage ist, diese fremdsprachige Wendung mit der deutschen Übersetzung "Sachspenden" gleichzusetzen (vgl. BGH GRUR 1988, 379 - RIGIDITE; GRUR 1992, 515 - Vamos). Es kommt hinzu, daß die Beifügung des - an sich verständlichen - weiteren Markenelements "Germany" nicht zu einer sachbeschreibenden Wirkung konkret hinführt, sondern es bei einer Mehrdeutigkeit beläßt. Für eine unmittelbare Beschreibung etwa des Herkunfts- oder Zielgebiets von Spenden-Dienstleistungen bedürfte es nach den Sprachregeln eines klarstellenden Zusatzes, etwa "from Germany", "in Germany" oder "German" in Voranstellung, was indessen angesichts der vorhandenen Unvollständigkeit nicht ohne weiteres hinzugedacht werden darf (BGH GRUR 1997, 627, 628 - à la Carte). Stattdessen verwendet die Marke das Element "Germany" in einer Nachstellung, wie sie nicht für Gebietsangaben, sondern vorzugsweise für Unternehmensbezeichnungen und damit als markenähnliche Verwendung typisch ist. Diese eher auf eine Organisation hinweisende Nachstellung ist ansonsten für beschreibende Angaben über Wirkungsbereiche sprachunüblich. Für die rechtliche Bewertung ist auch bedeutsam, daß die ebenso gebildete Marke "GIFTS IN KIND INTERNATIONAL" in Großbritannien, wie nunmehr nachgewiesen, unter Anwendung vergleichbarer Prüfkriterien eingetragen und damit ersichtlich eine in ihrem Herkunfts-Sprachkreis sachbeschreibende Bedeutung verneint worden ist. Bei dieser Sachlage sieht der Senat keinen Anlaß für die Annahme, ungeachtet dieser Beurteilung werde im Inland ein rechtlich erhebliches Bedürfnis zu sachbeschreibendem Gebrauch bestehen (vgl. BGH a.a.O. - THE HOME DEPOT).

Auch für einen grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr, der unabhängig hiervon ein konkretes Freihaltebedürfnis begründen könnte (s. BGH a.a.O. - RIGIDITE), bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte. Hierfür wäre Voraussetzung, daß unter sachbeschreibender Verwendung der Wortfolge der Marke ein Angebot ausländischer Anbieter im Inland, wie umgekehrt ein entsprechendes Auftreten inländischer Spendenorganisationen im Ausland besteht oder wenigstens sehr naheliegt (BGH a.a.O.), wobei dieser Geschäftsverkehr in quantitativer Hinsicht ein nennenswertes Maß erreichen müßte (BGH GRUR 1994, 370, 371 - rigidite III). Ein aktueller Geschäftsverkehr dieser Art, der "Gifts in Kind Germany" sachbeschreibend verwendet, ließ sich nicht feststellen. Aber auch ein nennenswerter Umfang eines grenzüberschreitenden Geschäftsverkehrs erscheint wenig wahrscheinlich. Zwar wird der gegenüber der Marke verkürzte Ausdruck "Gifts in Kind" als Deklaration grenzüberschreitender Spendendienstleistungen brauchbar sein und so verwendet werden. Hierfür spricht auch, daß die britische Voreintragung der Marke einen disclaimer für "gift in kind" ausdrücklich enthält. Indessen stellt, wie oben näher ausgeführt, die verkürzende Verwendung des Attributs "Germany" und seine Nachstellung ersichtlich die sachbeschreibende Wirkung der Gesamtmarke jedenfalls für den englischsprachigen Sprachraum und damit wesentlich auch für den internationalen Dienstleistungsverkehr maßgeblich in Frage. Für diese Wirkung ist der erwähnte Markenschutz für Großbritannien ein beachtliches Indiz, den die Anmelderin durch Vorlage einer Eintragungsbescheinigung nachgewiesen hat. Unter diesen besonderen Umständen erscheint ein ernsthaftes Freihaltebedürfnis für den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr um so weniger nahegelegt (vgl. auch BGH MarkenR 1999, 347, 349 - Absolut).

Aus diesen Gründen kann der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Nachdem der Senat im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses einen hinreichend engen beschreibenden Bezug der Marke zu den angemeldeten Dienstleistungen (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) nicht hat feststellen können, besteht um so weniger Anlaß, hohe Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen. Nach dem insoweit maßgeblichen Sprachverständnis des inländischen Verkehrs (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., § 8 Rdn. 38 m.w.Nachw.) wird die Marke überwiegend nicht inhaltlich verstanden werden und weist selbst für den Teil des Verkehrs mit sehr guten Englischkenntnissen lediglich sachbeschreibende Anklänge nach Art einer sprechenden Marke auf. Danach fehlen im vorliegenden Falle ausreichende Anhaltspunkte dafür, der Verkehr werde die Marke als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Schuster Cl






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2000
Az: 29 W (pat) 9/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2553f16e6467/BPatG_Beschluss_vom_2-Februar-2000_Az_29-W-pat-9-99




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