Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Mai 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 116/04
(BPatG: Beschluss v. 04.05.2005, Az.: 29 W (pat) 116/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Die vorliegende Gerichtsentscheidung betrifft die Anmeldung der Wortmarke "DAS CITYBUCH" für verschiedene Waren und Dienstleistungen. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung zurückgewiesen, da dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Markenstelle vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Zeichen um eine beschreibende Bezeichnung handelt, die den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen lediglich benennt. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass das Zeichen für den Verkehr keine bestimmten Vorstellungen hervorrufe und daher unterscheidungskräftig sei, wenn auch nur schwach.
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Es führt aus, dass die Wortfolge "DAS CITYBUCH" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt. Das Zeichen wird vom Verkehr lediglich als Sachangabe für ein Kompendium mit Informationen zu verschiedenen Themengebieten einer Stadt verstanden. Es wird dabei nicht als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen, sondern lediglich als beschreibende Bezeichnung für den Inhalt des Druckereierzeugnisses oder als Hinweis auf eine virtuelle Informationsplattform. Das Zeichen überschreitet daher nicht die Schwelle zur Marke, da es keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen gibt. Zudem unterliegt das Zeichen dem Eintragungshindernis, dass es nur aus Angaben besteht, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass die Beschwerde unbegründet ist und der Beschluss der Markenstelle rechtmäßig ist. Die Anmeldung der Wortmarke "DAS CITYBUCH" wird somit nicht eingetragen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 04.05.2005, Az: 29 W (pat) 116/04
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke DAS CITYBUCH soll für Waren und Dienstleistungen Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, Handbücher, Zeitschriften, Prospekte;
Klasse 35: Werbung, Verbreitung von Werbeanzeigen, Veröffentlichung von Werbetexten;
Klasse 38: Telekommunikation, insbesondere elektronische Nachrichtendienste, E-Mail-Dienstein das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens als Wortmarke Nr. 300 44 749 mit Erstbeschluss vom 9. Juli 2002 und mit Erinnerungsbeschluß vom 2. März 2004 zurückgewiesen. Das Deutsche Patent- und Markenamt vertritt die Auffassung, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft. Die Bezeichnung sei für Druckereierzeugnisse lediglich eine inhaltsadäquate Titel- oder Gattungsangabe. Sowohl für die beanspruchten Dienstleistungen der Werbung als auch für diejenigen der Telekommunikation werde lediglich der Gegenstand der Dienstleistung unmittelbar bezeichnet. Insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Üblichkeit der Verbreitung von Werken nicht nur als Print-, sondern auch als Online-Version, sei "DAS CITYBUCH" für die Telekommunikationsdienste beschreibend.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 23. März 2004 (Bl. 6 ff. d. A.) trägt die Anmelderin vor, dass der Verkehr keine bestimmten Vorstellungen mit dem Zeichenwort verbinde, weshalb es für unterscheidungskräftig gehalten werde. Es sei zwar nur schwach kennzeichnungskräftig, verfüge jedoch über eine für die Eintragung noch erforderliche minimale Kennzeichnungskraft.
Die Anmelderin beantragt daher (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Wortmarke einzutragen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschluss der Markenstelle ist rechtmäßig. Der Wortfolge fehlt für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Darüber hinaus besteht ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; BGH I ZB 12/02 vom 16. Dezember 2004 - Berlin-Card). Da nur das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab zugrunde zu legen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH I ZB 12/02 vom 16. Dezember 2004 S. 6 - BerlinCard).
Kann einem Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK, BGH WRP 2002, 1073, 1074, 1075 - BONUS II).
Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH MarkenR 2003, 187, 190 Rn. 41 - Linde ua; EuGH MarkenR 2004, 116, 120 Rn. 50 - Waschmittelflasche).
Nach diesen Grundsätzen verfügt die Wortfolge nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.
2. Das Zeichen ist in seiner Gesamtheit sprachüblich gebildet und wird vom Verkehr in der Bedeutung "Stadtbuch" ohne weiteres in seiner verständlichen begrifflichen Bedeutung erfasst. Angesichts dieser Tatsache wird das Zeichen aber nur in diesem Sinn, und nicht als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen verstanden werden (BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). "City" gehört dabei zwar zum Grundwortschatz der englischen Sprache, ist aber in die deutsche Umgangssprache eingegangen in der Bedeutung "Stadt, Stadtzentrum". Die deutsche Sprache kennt weitere Zusammensetzungen mit "City" wie z. B. "Citybahn" (Nahverkehrszug der Deutschen Bahn AG), "Citybike" (Fahrrad für Fahrten in der Stadt), "Citycall" (Funkruf über kürzere Strecken; abgedruckt in: Wahrig, Universalwörterbuch Rechtschreibung, 2002, S. 254), so dass auch "Citybuch" nahtlos in diese - im Wörterbuch stehende - Reihe einzubeziehen ist. Der Verkehr kennt darüber hinaus weitere Kombinationen mit "City-", wie z. B. "City-Kurier", "City-Tarif", "City-Info", so dass er die Verbindung von "City-" und "-buch" ohne weiteres versteht.
2.1. Für die Druckereierzeugnisse der Klasse 16 ist die angemeldete Wortkombination daher lediglich eine im Vordergrund stehende Sachangabe für ein Kompendium mit Informationen zu den unterschiedlichsten Themengebieten, die für den Bewohner einer Stadt nützlich und hilfreich sind. "DAS CITYBUCH" ist deshalb als Werktitel im Sinn von § 5 Abs. 3 MarkenG schutzfähig, überschreitet aber die Schwelle zur Marke nicht, da es nur einen Hinweis auf den Inhalt des Druckereierzeugnisses, nicht aber auf seine Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen gibt. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (Nr. 244 S. 45 vom 23. Oktober 2003) war z. B. zu entnehmen, dass die Stadt Nürnberg ein eigenes "Stadtbuch" für Menschen mit Behinderungen plant, das es Behinderten erleichtern soll, am kulturellen Leben teilzunehmen. Das Publikum kennt darüber hinaus Gastronomie-, Freizeit- und Städteführer u.a. für Berlin unter dem Namen "Stadtbuch Berlin" (www.berlinstory.de/berlinstory/presse/ reisefuehrerstadtbuchberlin02.html), einen Stadtführer für Wien unter dem Titel "Stadtbuch Wien" (www.libri.de/shop/action/productDetails€artiId=1453152), das "Stadtbuch Düsseldorf" (www.ekkart.ch/gr_design/pages/gr_stbuch.htm), das "Stadtbuch Hannover" (www.ideenbuch.de/werbung/stadtbuch.html), das "Stadtbuch Meißen" (www.buecherimgespraech.de/000001512/stadtbuch_meissen_000001512484.-php) und wird daher auch unter der Bezeichnung "DAS CITYBUCH" ein ähnlich aufgebautes Sachbuch mit Informationen zu Veranstaltungen, Ausstellungen oder historischen Daten zu einer Stadt erwarten.
2.2. Der Oberbegriff der Dienstleistung "Telekommunikation" umfasst typischerweise das Sammeln, Bereitstellen und Übermitteln von Informationen, für die das angemeldete Zeichen inhaltsbezogen nichts anderes darstellt als eine Plattform zum Thema "Stadtbuch", also ein sog. Internet-Portal zum gewünschten Thema. Hinzu kommt, dass Bücher mit derartigen Informationen, insbesondere Nachschlagewerke, Telefonbücher, Branchenverzeichnisse, Reiseführer etc. häufig sowohl in Papierform, als Datenträger, aber auch direkt über das Internet abrufbar sind. Die Stadt Flensburg bietet dementsprechend z. B. "Das elektronische Stadtbuch' Flensburg von A - Z'" im Internet (www.flensburgonline.de/az/az2.html) und ermöglicht dem Nutzer, sich Mitteilungen von A bis Z über die Fördestadt herunterzuladen. Angesichts des üblichen Marktauftritts auch anderer Städte wird der Verbraucher in dem Zeichen daher lediglich einen Hinweis auf eine virtuelle Informationsplattform, nicht aber einen betrieblichen Herkunftshinweis auf die Dienstleistung sehen.
2.3. Auch im Hinblick auf die Dienstleistung der Werbung ist "DAS CITYBUCH" kein betriebsindividualisierender Hinweis, sondern lediglich eine Bezeichnung für das Medium, mit dessen Hilfe geworben wird. Insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungen "Verbreitung von Werbeanzeigen, Veröffentlichung von Werbetexten" ist die angemeldete Zeichenfolge lediglich eine Bestimmungsangabe auf die Art des Publikationsmittels. Gerade Gastronomie-, Freizeit- und Stadtführer eignen sich für die Platzierung von entsprechenden Werbeanzeigen mit deren Hilfe diese Druckerzeugnisse häufig finanziert werden. Der Verkehr wird das Zeichen daher auch hier angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistung "Werbung" verstehen (vgl. PAVIS PROMA BPatG 12 W (pat) 64/96 - STADT TELEFON BUCH).
3. Des weiteren unterliegt das angemeldete Zeichen dem Eintragungshindernis gem. § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG. Danach ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können, wobei ausreichend ist, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR Int. 2004, 410 - BIOMILD; Rs. C-326/01 P - Universaltelefonbuch und Universalkommunikationsverzeichnis). Im Interesse der Mitbewerber muß deshalb die freie Benutzung der Bezeichnung "DAS CITYBUCH" möglich bleiben. Insbesondere der Nachweis der häufigen Benutzung in ähnlicher Form impliziert die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verwendung der angemeldeten Wortfolge in Zukunft auch auf Waren- und Dienstleistungsgebieten erfolgen wird, für die bisher noch kein Nachweis möglich ist.
Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl
BPatG:
Beschluss v. 04.05.2005
Az: 29 W (pat) 116/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/283d3369e56a/BPatG_Beschluss_vom_4-Mai-2005_Az_29-W-pat-116-04