Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 13. Januar 2003
Aktenzeichen: AnwZ (B) 16/02

(BGH: Beschluss v. 13.01.2003, Az.: AnwZ (B) 16/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 13. Januar 2003, Aktenzeichen AnwZ (B) 16/02, die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 20. September 2001 zurückgewiesen. Die Antragstellerin wurde zur Zahlung der Kosten des Rechtsmittels verpflichtet und muss der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten.

Die Antragstellerin wurde im Jahr 2000 aufgrund von Verletzung der Kanzleipflicht und Vermögensverfall der Rechtsanwaltszulassung entzogen. Sie reichte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen Widerruf ein, der jedoch als verspätet angesehen und als unzulässig verworfen wurde. Gegen diesen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung tatsächlich verspätet eingereicht wurde, da die Antragsfrist nicht mit der Übersendung des Antrags per Telefax an das Anwaltszimmer des Kammergerichts gewahrt wurde. Es gibt keine Zugangsmöglichkeit für Schreiben an den Anwaltsgerichtshof im Anwaltszimmer des Kammergerichts. Daher wurde auch die Wiedereinsetzungsfrist versäumt.

Des Weiteren bestätigte der Bundesgerichtshof, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch in der Sache keine Erfolgsaussichten hatte. Zum Zeitpunkt des Widerrufs befand sich die Antragstellerin finanziell in Vermögensverfall, da gegen sie vier Titel vollstreckt wurden. Die Antragstellerin hat keine umfassende Offenbarung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse vorgenommen, was jedoch zur Widerlegung des Vermögensverfalls erforderlich gewesen wäre. Es gibt zudem Indizien für eine Verschärfung des Vermögensverfalls der Antragstellerin, da am 24. Oktober 2002 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Zusammenfassend hat der Bundesgerichtshof die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs abgelehnt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde als unzulässig verworfen, da er verspätet eingereicht wurde. Der Bundesgerichtshof bestätigte außerdem, dass der Widerruf der Rechtsanwaltszulassung aufgrund des Vermögensverfalls der Antragstellerin gerechtfertigt war.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 13.01.2003, Az: AnwZ (B) 16/02


Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichtshofes Berlin vom 20. September 2001 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 45.000

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist seit 1990 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Ihre Zulassung ist mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. August 2000 wegen Verletzung der Kanzleipflicht und wegen Vermögensverfalls widerrufen worden.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den am 22. August 2000 zugestellten Bescheid über den Widerruf der Rechtsanwaltszulassung der Antragstellerin ist, nachdem er am 22. September 2000 nach Dienstschluß per Telefax im Anwaltszimmer des Kammergerichts eingegangen war, erst am 25. September 2000 zum Anwaltsgerichtshof gelangt. Der Antragstellerin wurden mit Schreiben des Vorsitzenden des Anwaltsgerichtshofs vom 9. Oktober 2000 die Umstände des Eingangs ihres Antrags auf gerichtliche Entscheidung mitgeteilt. Ferner wurde sie von diesem Sachverhalt spätestens durch das ihr am 24. November 2000 zugestellte Schreiben der Antragsgegnerin vom 14. November 2000 unterrichtet. Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2001 hat sie vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eventueller Versäumung der Antragsfrist beantragt. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung unter Zurückweisung des seinerseits als verspätet angesehenen Wiedereinsetzungsgesuchs mangels Fristwahrung als unzulässig verworfen. Gegen den Beschluß des Anwaltsgerichtshofs richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das Rechtsmittel ist - auch soweit es der Versagung der Wiedereinsetzung gilt (vgl. Feuerich/Braun, BRAO 5. Aufl. § 40 Rdn. 57) - zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, § 40 Abs. 4 BRAO, § 22 Abs. 2 Satz 3 FGG), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Mit Recht hat der Anwaltsgerichtshof den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen; auch das Wiedereinsetzungsgesuch der Antragstellerin ist zutreffend ohne Erfolg geblieben. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war ebenso verspätet wie das deshalb gestellte Wiedereinsetzungsgesuch.

Die Antragstellerin hat die Antragsfrist des § 16 Abs. 5 Satz 1 BRAO mit der Übersendung des Antrags an das Anwaltszimmer des Kammergerichts über den dort installierten Telefaxanschluß nicht gewahrt. Anders als bei der gemeinsamen Briefannahme von Kammergericht und Anwaltsgerichtshof Berlin, für die ein Telefaxanschluß besteht, ist im Anwaltszimmer des Kammergerichts eine Zugangsmöglichkeit für Schreiben an den Anwaltsgerichtshof Berlin nicht vorgesehen; es besteht auch keine dienstlich veranlaßte Organisation, durch welche eine sofortige Weiterleitung im Anwaltszimmer eingegangener, an den Anwaltsgerichtshof adressierter Schreiben als garantiert angesehen werden könnte. Die Antragstellerin hat danach auch die - spätestens durch den Zugang der Stellungnahme der Antragsgegnerin in Gang gesetzte - zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist aus § 40 Abs. 4 BRAO, § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG versäumt.

2. Im übrigen hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend dargetan, daß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch in der Sache jedenfalls im Blick auf den Widerrufsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ohne Erfolgsaussicht war. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids befand sich die Antragstellerin jedenfalls im Blick auf vier Titel über insgesamt mehr als 320.000 DM, aus denen gegen sie vollstreckt wurde, im Vermögensverfall. An einer zu dessen Widerlegung unerläßlichen umfassenden Offenbarung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hat es die Antragstellerin fehlen lassen. Vielmehr bestehen zahlreiche Indizien für eine zwischenzeitlich eingetretene deutliche Verschärfungdes Vermögensverfalls der Antragstellerin, gegen die am 24. Oktober 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Deppert Basdorf Ganter Frellesen Kieserling Hauger Kappelhoff






BGH:
Beschluss v. 13.01.2003
Az: AnwZ (B) 16/02


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