Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2003
Aktenzeichen: 7 W (pat) 303/02

(BPatG: Beschluss v. 16.04.2003, Az.: 7 W (pat) 303/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dem Beschluss vom 16. April 2003 mit dem Aktenzeichen 7 W (pat) 303/02 hat das Bundespatentgericht entschieden, dass das Patent in seiner erteilten Fassung aufrechterhalten wird. Die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung "Schwimmergesteuerter Kondensatableiter" wurde am 17. Januar 2002 veröffentlicht und gegen die Erteilung wurde am 16. April 2002 Einspruch erhoben. Der Einspruch wurde mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Die Einsprechende hat verschiedene Druckschriften als Stand der Technik genannt und beantragt, das Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberin hat dagegen beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen und hilfsweise das Patent in der erteilten Fassung oder beschränkt aufrechtzuerhalten. Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass der Einspruch zulässig ist und hat den Gegenstand des Patents als patentfähig im Sinne des Patentgesetzes beurteilt. Die Begründung hierfür war, dass der Kondensatableiter nach dem Patent weder aus den genannten Druckschriften noch aus dem Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt wird. Das Gericht hat daraufhin den Einspruch als unbegründet abgewiesen und das Patent in der erteilten Fassung aufrechterhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 16.04.2003, Az: 7 W (pat) 303/02


Tenor

Das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 40 36 581 mit der Bezeichnung "Schwimmergesteuerter Kondensatableiter", für das die Priorität einer inländischen Voranmeldung vom 7. Februar 1990 (P 40 03 632.4) in Anspruch genommen ist, ist am 17. Januar 2002 veröffentlicht worden. Gegen die Erteilung ist am 16. April 2002 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, daß der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei.

Zur Begründung des Einspruchs hat die Einsprechende neben den schon im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften 1. DE-PS 24 15 286, 2. DE-PS 19 62 317, 3. DD-PS 107 523 noch auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik verwiesen:

4. GB 2 231 407 A 5. Prospekt "Kondensatableiter CNU ND 16" Ausgabe 1978 6. "Grundlagen der Dampf- und Kondensattechnologie", Korrespondenzkurs der Fa. Spirax Sarco, Ausgabe 1981, Blatt 4-2 7. MAW-Prospekt "Schwimmerableiter UNITA 23", Ausgabe 11/80.

Die Einsprechende hat beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat den Antrag gestellt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten (Hilfsantrag 1), weiter hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den am 16. April 2003 überreichten Patentansprüchen 1 bis 8 (Hilfsantrag 2).

Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Einspruch unzulässig sei, weil er nicht ausreichend substantiiert sei. Die Einsprechende habe nicht die Tatsachen im einzelnen angegeben, die den Einspruch rechtfertigen sollen. Im übrigen sei der Einspruch auch unbegründet, da der aufgezeigte Stand der Technik den angefochtenen Patentgegenstand weder vorwegnehme noch ihn nahelege.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Kondensatableiter miteinem Ableitergehäuse, das einen Innenraum mit einer im wesentlichen vertikalen Gehäusewand, einer Eintrittsöffnung und einer Austrittsöffnung aufweist, wobei sich die Austrittsöffnung in der Mitte der Gehäusewand und die Eintrittsöffnung seitlich daneben befindet, einem an der Austrittsöffnung angeordneten Sitzkörper länglicher Form, der eine Längsbohrung sowie eine damit verbundene Abflußbohrung aufweist und eine Lagerachse trägt, einem Schwimmerhebel, der an einem Ende einen Schwimmer trägt und dessen anderes Ende auf der Lagerachse schwenkbeweglich gelagert ist, einem vom Schwimmer betätigten ersten Verschlußteil, das die Abflußbohrung steuert, undeiner thermostatischen Ausdehnungseinheit als Entlüftungseinrichtung, die ein axial zur Längsachse des Sitzkörpers bewegliches Verschlußteil betätigt, wobei der Sitzkörper Haltemittel für die Entlüftungseinrichtung trägt, dadurch gekennzeichnet, daß

die Ausdehnungseinheit eine Ausdehnungskapsel ist und ein vom Schwimmer unabhängiges, zweites Verschlußteil betätigt, der Sitzkörper bei Einsatz des Kondensatableiters in vertikaler wie auch bei Einsatz in horizontaler Leitung jeweils mit vertikal ausgerichteter Längsachse anordenbar ist und am oberen Ende einen Ventilsitz aufweist, mit dem das zweite Verschlußteil zusammenwirkt und sich die Längsbohrung vom Ventilsitz bis nahe zum unteren Ende des Sitzkörpers erstreckt, der Sitzkörper in seinem unterem Bereich vorderseitig eine im wesentlichen vertikale Lauffläche für das erste Verschlußteil aufweist, in der sich die Abflußbohrung befindet, der Sitzkörper oberhalb der Abflußbohrung rückseitig eine Bohrung aufweist, die die Längsbohrung mit der Austrittsöffnung verbindet, und die Lagerachse für den Schwimmerhebel oberhalb der Abflußbohrung angeordnet ist undein Schlepphebel an seinem unteren Ende das erste Verschlußteil trägt, während sein oberes Ende mit dem Schwimmerhebel verbunden ist."

Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, einen schwimmergesteuerten Kondensatableiter zu schaffen, der mit ein und derselben Gehäuseausführung gleichermaßen für den Einsatz in horizontale sowie in vertikale Kondensatleitungen geeignet ist und bei dem zugleich ein kleines Bauvolumen realisierbar ist (Patentschrift Sp 1 Abs 4).

Die Ansprüche 2 bis 9 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen der Kondensatableiter nach Anspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.

II Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 2 PatG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des Geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

1. Dem Hauptantrag auf Verwerfung des Einspruchs als unzulässig konnte nicht stattgegeben werden. Der Einspruch ist zulässig. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben (§ 59 Abs 1 PatG) und auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG) gestützt.

Es sind auch ausreichend substantiiert alle erforderlichen Tatsachen vorgetragen worden, die Anmelder und Patentgericht in die Lage versetzen, ohne eigene Ermittlungen die Patentfähigkeit aufgrund des Vorbringens der Einsprechenden zu überprüfen (BGH "Sortiergerät" PMZ 1972, 173).

Die Einsprechende hat in ihrem Einspruchsschriftsatz vom 15. April 2002 die Merkmale A bis M des angegriffenen Patents in einer Merkmalsanalyse erschöpfend aufgezählt. Sie stellt auch den Zusammenhang her zu dem von ihr genannten entsprechenden Druckschriften. Die Merkmale A bis F (und sinngemäß H) werden in der Druckschrift D1 als offenbart dargelegt, die Merkmale I, J, L und M sind als aus der Druckschrift D2 bekannt dargestellt. Die Merkmale F und G werden sinngemäß durch die Druckschrift D5 als naheliegend beschrieben. Hinsichtlich der Druckschrift D7 legt die Einsprechende dar, daß die dort gezeigten Produkte genauso ausgebildet waren, wie dies in der Patentschrift beansprucht wird. Dem Fachmann fällt sofort ins Auge, daß sich auch hier ein entsprechend dem Merkmal K ausgebildeter Körper mit einer eine Längsbohrung aufweisenden Verbindung zwischen einer Abflußbohrung und einer Austrittsöffnung befindet (Fig UNITA 23 D). Der fachkundige Leser konnte aus den genannten Fundstellen ohne weiteres den Zusammenhang zu den Merkmalen des Patentgegenstands herstellen. Der Einspruch war damit formal vollständig und somit zulässig.

2. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der erteilten Fassung eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar. Dem Hilfsantrag 1 der Patentinhaberin war stattzugeben.

Die Patentansprüche sind zulässig, denn ihre Merkmale sind ursprünglich offenbart.

Der zweifellos gewerblich anwendbare, schwimmergesteuerte Kondensatableiter nach Patentanspruch 1 ist unbestritten neu, denn aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften geht ein Kondensatableiter mit sämtlichen Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 hervor.

Die Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der bereits in der Streitpatentschrift (vgl Abs 3) gewürdigten DD-PS 107 523 ist ein Kondensatableiter mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents bekannt, der aufgrund des mittig angeordneten Sitzkörpers an der vertikalen Gehäusewand - das ist die dem Schwimmergehäuse 2 zugewandte Wand des Ableitergehäuses 1 (Fig 1a) - bereits mit ein und derselben Gehäuseausführung in horizontal und vertikal verlaufende Kondensatleitungen einbaubar ist. Die Längsachse und die Längsbohrung des aus zwei Teilen gebildeten Sitzkörpers (Ventilsitz 3, Düsenteil 11) liegen quer zur vertikalen Gehäusewand und in der Längsbohrung ist das die Kondensatableitung oder die Entlüftung während des Anfahrbetriebs (S 2 re Sp Z 62 bis S 3 li Sp Z 24) ermöglichende Ventilglied (Ventilkegel 4,5, Ventilspindel 6) aufgenommen, das gegenüber dem Sitzkörper um den Raumbedarf für ein Thermo-Bimetall-Regelscheibenpaket 10 (zur Offenhaltung des Ventils unterhalb der Dampfsättigungstemperatur) verlängert ist. Der Schwimmer 22 folgt in Längsrichtung der Ventilspindel. Das Schwimmergehäuse muß daher entsprechend groß (zumindest in Querrichtung zur vertikalen Gehäusewand) dimensioniert werden.

Hiervon ausgehend soll aufgabengemäß mit der angefochtenen Erfindung ein Kondensator mit einem verringerten Bauvolumen geschaffen werden.

Der Anspruch 1 des Streitpatents lehrt hierzu im Kern, unter Beibehaltung der mittigen Lage des Sitzkörpers und der Austrittsöffnung für Kondensat und Luft/Dampf an der vertikalen Gehäusewand die Längserstreckung des Sitzkörpers senkrecht bzw vertikal, dh im wesentlichen parallel zur vertikalen Gehäusewand, anzuordnen, ferner am oberen Ende der mit der Austrittsöffnung verbundenen Längsbohrung im Sitzkörper die thermostatische Entlüftungseinrichtung und am unteren Endbereich der Längsbohrung die Abflußbohrung anzuordnen, und weiterhin den Schwimmer am Sitzkörper schwenkbeweglich zu lagern und den Verschluß der Abflußbohrung am Sitzkörper mittels eines das Verschlußteil tragenden Schlepphebels, der an dem Schwimmerhebel angelenkt ist, zu steuern.

Der Fachmann, hier ein Maschinenbauingenieur, der seit mehreren Jahren mit der Entwicklung von Kondensatableitersystemen und -komponenten befaßt ist, findet zu der anspruchsgemäßen Konstruktion eines Kondensatableiters keine Anregungen im aufgezeigten Stand der Technik.

Der Kondensatableiter nach der DE-PS 24 15 286 gleicht in seiner Bauweise der aus der gattungsbildenden DD-PS 107 523 bekannten hinsichtlich mittiger Anordnung des Sitzkörpers und des Austrittes für Luft/Dampf/Kondensat einerseits sowie hinsichtlich Ausrichtung der Sitzkörperachse quer zur vertikalen, zwischen Schwimmergehäuse und Ein- und Auslaßgehäuse gebildeten Gehäusewand andererseits, so daß sich dort die genannten Vor- und Nachteile ergeben. Anhaltspunkte, die in Richtung der konstruktiven Besonderheit des Patentgegenstandes nach Anspruch 1 weisen, liefert diese Entgegenhaltung nicht.

Der in der DE-PS 1 962 317 beschriebene Kondensatableiter (Fig 1) zeigt zwar auf, daß eine geringe Bautiefe des Ableiters quer zur vertikalen Gehäusewand (Deckel 1) erreicht werden kann, wenn eine Schlepphebel-/Schwimmerhebelanordnung für die Steuerung des Kondensatabflusses über den Ventilsitzkörper im unteren Bereich der vertikalen Gehäusewand eingesetzt wird. Der Übertragung dieser Lehre auf einen Kondensatableiter nach der DD-PS 107 523 oder DE-PS 24 15 286 steht jedoch entgegen, daß bei mittiger Anordnung des Austritts an der vertikalen Gehäusewand oberhalb dieses Austritts ein erhöhter Raumbedarf für die Unterbringung von Schwimmerhebel-/Schlepphebeleinrichtung und Entlüftungseinrichtung im Schwimmergehäuse erforderlich ist, der der Zielrichtung des vorliegenden Patents entgegensteht. Und selbst wenn man die beiden bekannten Lehren vereinigen wollte, würde das nicht zur vollständigen Lehre des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents führen, weil noch der dem Patentgegenstand zugrundeliegende Gedanke fehlte, den Sitzkörper als vertikal ausgerichteten Hohlkörper mit vertikaler Längsbohrung und daran angeordneten unteren und oberen Ventilsitzen für Entlüftung bzw Kondensatabfluß auszubilden und den Sitzkörper mit einer Querverbindung zur Austrittsöffnung in der Mitte der vertikalen Gehäusewand vorzusehen. Erst hierdurch lassen sich die baulichen Vorteile der gemeinsamen Anwendung von mittiger Anordnung des Sitzkörpers und schlepphebelgesteuertem Kondensatabfluß im Sinne einer Volumenminderung des Kondensatableiters bei variabler Einbaulage nutzen.

Auch die übrigen Entgegenhaltungen führen nicht näher zur Lehre des Anspruchs 1. Beim Kondensatableiter nach dem SPIRAX SARCO - Kurs (Blatt 4-2, Bild 4/4) ist der Sitzkörper gehäusefest und der Austritt für Kondensat nicht mittig in der Gehäusewand angeordnet, so daß der Kondensatableiter nicht in unterschiedlichen Lagen von Kondensatleitungen einbaubar ist. Beim Schwimmerableiter UNITA 23 ist der Sitzkörper ebenfalls außermittig in der vertikalen Gehäusewand angeordnet und zudem nicht für eine Anpassung an unterschiedliche Einbaulagen konzipiert, denn der Anschluß in vertikal oder horizontal verlaufende Kondensatleitungen ist hier durch Umsetzen von Verschlußschrauben am lagefesten Ableitergehäuse mit entsprechend zu diesem Zweck vorgehaltenen Bohrungen realisiert. Der Kondensatableiter CNU ND 16 nach dem MAW-Prospekt entspricht baulich dem nach der DD-PS 107 523, so daß auf die obigen Ausführungen zu dieser Druckschrift verwiesen werden kann. Die Entgegenhaltung GB 2 231 407 A ist nach dem Prioritätstag des angefochtenen Patents veröffentlicht worden und zählt deshalb nicht zum hier relevanten Stand der Technik.

Die Patentansprüche 2 bis 9 sind auf den Patentanspruch 1 rückbezogen; die Patentfähigkeit ihrer Gegenstände wird daher von der des Kondensatableiters nach Patentanspruch 1 getragen.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Frühauf Cl






BPatG:
Beschluss v. 16.04.2003
Az: 7 W (pat) 303/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2a3c767f6c79/BPatG_Beschluss_vom_16-April-2003_Az_7-W-pat-303-02




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