Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2006
Aktenzeichen: 6 W 192/06

(Brandenburgisches OLG: Beschluss v. 13.12.2006, Az.: 6 W 192/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Beklagte hat gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 28.6.2006 in Bezug auf den Rechtsstreit über die Herausgabe eines Autos sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Beschwerde jedoch zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger zu zwei Dritteln und der Beklagte zu einem Drittel. Die Gerichtsgebühr trägt der Beklagte allein. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Gebühren betragen 628,49 Euro.

Das Landgericht hatte dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat die von dem Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt und dabei eine Terminsgebühr und einen Mehrvertretungszuschlag von 0,6 Gebühren berücksichtigt. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt und eine Herabsetzung der Kosten gefordert. Der Rechtspfleger hat teilweise abgeholfen und die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde insgesamt zurückgewiesen.

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht den Mehrvertretungszuschlag in Höhe von 0,6 berücksichtigt, da die Kläger eine Erbengemeinschaft bilden und der Rechtsanwalt für alle Mitglieder der Erbengemeinschaft tätig wird. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist hier einhellig, auch wenn der Beklagte sich auf ältere Entscheidungen beruft, die diese Ansicht nicht teilen. Das Oberlandesgericht schließt sich der herrschenden Meinung an und weist darauf hin, dass die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den zutreffenden Bestimmungen des Zivilprozessrechts. Es werden hierbei die außergerichtlichen und gerichtlichen Gebühren getrennt behandelt. Die Anwaltsgebühren richten sich nach dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien im gesamten Beschwerdeverfahren. Die Gerichtsgebühren hingegen werden durch die Festgebühr gemäß Nummer 1811 der Kostenverordnung des Gerichtskostengesetzes bestimmt. Da die Beschwerde in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen wurde, wird die Gerichtsgebühr nicht zugunsten des Beklagten ermäßigt. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Rechtsfrage einheitlich von den Oberlandesgerichten beantwortet wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Brandenburgisches OLG: Beschluss v. 13.12.2006, Az: 6 W 192/06


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 28.6.2006 in Gestalt des teilabhelfenden Beschlusses vom 30.8.2006 € 2 O 41/06 € wird zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger 2/3, der Beklagte 1/3 zu tragen. Die Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1811 KV GKG trägt der Beklagte allein.

Der Wert für die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Gebühren beträgt 628,49 Euro.

Gründe

I.

Die ursprüngliche Klägerin hat Klage auf Herausgabe eines Pkw erhoben. Sie verstarb am 1.3.2006. Am 7.3.2006 gab der Beklagte das Fahrzeug heraus. Die Erben der ehemaligen Klägerin, die nunmehrigen Kläger, haben den Rechtsstreit aufgenommen und die Rücknahme der Klage erklärt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12.5.2006 die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO dem Beklagten auferlegt.

Der Rechtspfleger des Landgerichts hat mit Beschluss vom 28.6.2006 die von dem Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.105,60 Euro festgesetzt und dabei auf Seiten der Kläger eine Terminsgebühr und einen Mehrvertretungszuschlag von 0,6 Gebühren berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 30.6.2006 zugestellt worden ist, wendet sich der Beklagte mit seiner am 7.7.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er eine Herabsetzung der von ihm zu erstattenden Kosten auf 477,11 Euro begehrt hat. Er hat geltend gemacht, die festgesetzte Terminsgebühr sei nicht entstanden, auch ein Mehrvertretungszuschlag komme nicht in Betracht.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 30.8.2006 dem Rechtsbehelf im Hinblick auf die Terminsgebühr teilweise abgeholfen und ihn im Übrigen dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Er hat die von dem Beklagten zu erstattenden Kosten nunmehr auf 686,61 Euro festgesetzt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet, soweit ihr das Landgericht nicht abgeholfen hat. Zu Recht hat das Landgericht auf Seiten der Klägervertreter den Mehrvertretungszuschlag von 0,6 wegen insgesamt drei Auftraggebern gemäß Nr. 1008 RVG für berücksichtigungsfähig gehalten.

7Eine Erbengemeinschaft besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Auftraggeber des Rechtsanwalts sind deshalb alle Mitglieder der Erbengemeinschaft. Der Rechtsanwalt wird für die Gesamtheit der Miterben tätig und verdient dementsprechend auch die wegen mehrerer Auftraggeber vorgesehene Gebührenerhöhung (so auch BGH Beschluss vom 16.3.2004, VIII ZB 114/03, NJW-RR 2004, 1006 noch zu § 6 BRAGO).

8Nichts anderes kann gelten, wenn der ursprüngliche Prozessauftrag noch vom Erblasser erteilt worden ist, dieser im Verlaufe des Rechtsstreits verstirbt und die Erbengemeinschaft den Prozess fortführt (so statt vieler BayObLG, Beschluss vom 22.5.2002, 3Z BR 74/02, DB 2002, 1767; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4.1.1995, 1 W 32/94, JurBüro 1995, 384; OLG Bremen, Beschluss vom 1.7.1992, 2 W 46/92, zitiert nach Juris). Das entspricht der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung.

Die vom Beklagten für sich in Anspruch genommenen älteren gerichtlichen Entscheidungen können kein anderes Ergebnis rechtfertigen.

Das OLG Düsseldorf hat seine vom Beklagten zitierte abweichende Rechtsprechung mit Beschluss vom 2.7.1996, 10 W 58/96, ausdrücklich aufgegeben (NJW-RR 1996, 226), ebenso wie das OLG Schleswig (Nachweis bei OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 226). Auch das OLG Koblenz hat seine anderslautende Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (Beschluss vom 28.4.1997, 14 W 210/97, MDR 1997, 891).

Das OLG Hamm, auf dessen Entscheidung JurBüro 1994, 730 sich der Beklagtenvertreter beruft, vertritt ausdrücklich die Auffassung, dass, wenn anstelle des Erblassers eine Erbengemeinschaft aus mehreren Personen Prozesspartei wird, der Rechtsanwalt aufgrund des vom Erblasser erteilten Auftrags jeden von ihnen vertritt und Anspruch auf eine erhöhte Prozessgebühr hat. Dem folgt auch das OLG Hamburg in MDR 1989, 830.

Das OLG Frankfurt hat in einer über dreißig Jahre alten Entscheidung einmal die Auffassung vertreten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Erhöhungsgebühr nicht entsteht. Im Hinblick auf seine Entscheidung vom 28.12.2004 (18 W 249/04, AnwBl 2005, 366), mit der es sich der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 16.3.2004, VIII ZB 114/03, a.a.O.) angeschlossen hat, dass eine Erbengemeinschaft nicht ein Auftraggeber, sondern mehrere Auftraggeber darstellt, geht der Senat davon aus, dass auch das OLG Frankfurt sich heute der absolut herrschenden Meinung anschließen würde.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zwischen außergerichtlichen und gerichtlichen Gebühren zu trennen, weil sich die Anwaltsgebühren nach dem Beschwerdewert richten, für die Gerichtsgebühren jedoch die Festgebühr gemäß Nr. 1811 KV GKG gilt. Die Anwaltsgebühren waren entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien im gesamten Beschwerdeverfahren zu quoteln. Die Gerichtsgebühr war nicht zugunsten des Beklagten zu ermäßigen, weil die sofortige Beschwerde, soweit sie beim Beschwerdegericht anhängig geworden ist, in vollem Umfang zurückgewiesen worden ist.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Er war hier gesondert festzusetzen, weil es keinen für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Beschwerdewert gibt, § 33 Abs. 1 RVG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die im Beschwerdeverfahren zu entscheidende Rechtsfrage wird von den Oberlandesgerichten inzwischen einheitlich beantwortet.






Brandenburgisches OLG:
Beschluss v. 13.12.2006
Az: 6 W 192/06


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