Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 174/99

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2000, Az.: 32 W (pat) 174/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2000 (Aktenzeichen 32 W (pat) 174/99) über eine Beschwerde einer Anmelderin entschieden. Die Anmelderin hatte das Wort "Sensuelle" als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen angemeldet, darunter auch "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" und "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege". Das Deutsche Patentamt hatte die Anmeldung jedoch zurückgewiesen, da die Wortmarke keine Unterscheidungskraft aufweise und freihaltebedürftig sei.

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde der Anmelderin insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die genannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen wurde. Es wurde festgestellt, dass die Wortmarke "Sensuelle" für diese Waren und Dienstleistungen sowohl Unterscheidungskraft als auch kein Freihaltebedürfnis aufweist. Das Wort "Sensuelle" hat im Zusammenhang mit "chemischen Erzeugnissen für gewerbliche Zwecke" und "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" die Bedeutung von "die Sinne betreffend, sinnlich (wahrnehmbar), sinnenfreudig, fleischlich, wollüstig". Eine Beschreibung als "sensuelle chemische Erzeugnisse" oder "sensuelle Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" ist in diesem Zusammenhang nicht gebräuchlich. Das Wort wird von einem rechtserheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als betriebliche Kennzeichnung wahrgenommen und nicht als rein beschreibende Angabe.

Jedoch wurde festgestellt, dass die Wortmarke "Sensuelle" im Hinblick auf die beanspruchten Waren wie "Seifen, ätherische Öle, Parfumerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" eine im Vordergrund stehende warenbeschreibende Sachaussage darstellt und somit freihaltebedürftig ist.

Insgesamt wurde die Beschwerde der Anmelderin teilweise aufgehoben und teilweise zurückgewiesen.

(Winkler Klante Sekretaruk M./pr.)




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 18.12.2000, Az: 32 W (pat) 174/99


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des Deutschen Patentamtes - Markenstelle für Klasse 42 - vom 14. September 1998 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" und die Dienstleistung "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wort Sensuellefür die Waren und Dienstleistung Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Seifen, ätherische Öle, Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Körper- und Gesundheitspflege, Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamtes hat die Anmeldung mit Beschluß vom 14. September 1998 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft fehle und sie freihaltebedürftig sei.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, "Sensuelle" sei ein französisches Wort, das nicht eingedeutscht sei und das -selbst wenn man es mit "sinnlich" übersetzen sollte - nie in Alleinstellung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen verwandt werde.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist insoweit begründet, als der begehrten Eintragung der Wortmarke " Sensuelle" für die Waren "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" und die Dienstleistung "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) noch ein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) entgegensteht.

Nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Danach ist Unterscheidungskraft die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so daß jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucksache 12/6581,70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, 64). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, fehlt es nicht an der erforderlichen Unterscheidungseignung BGH GRUR 2000, 722,723 "LOGO").

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG genügt "Sensuelle" für die Waren "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" und die Dienstleistung "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" . Ein rechtserheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird "Sensuelle" als betriebliche Kennzeichnung für "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" und "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" und nicht als rein beschreibende Angabe auffassen. "Sensuelle" ist ein französischsprachiges Wort mit der Bedeutung von "die Sinne betreffend, sinnlich (wahrnehmbar), sinnenfreudig, fleischlich, wollüstig" (vgl "Der große Duden" Bd 5, Fremdwörterbuch, Dudenverlag, Mannheim 1974, S. 661). Mögen chemische Erzeugnisse oder die Produkte der Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege auch sinnlich wahrnehmbar, etwa riech- oder fühlbar sein, so bietet sich eine Beschreibung als "sensuelle chemische Erzeugnisse" oder "sensuelle Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" nicht an. "Sensuelle" wirkt in diesem Zusammenhang eher eigenartig. Insbesondere sind weder "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" noch die Dienstleistungen "Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" "sinnlich" iSv sinnenfreudig, wollüstig. Daß "Sensuelle" ein auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungsgebiet gebräuchliches Werbeschlagwort ist, das nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal aufgefaßt wird, konnte nicht festgestellt werden.

Die angemeldete Wortmarke ist für "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und Forschung auf dem Sektor der Körper- und Gesundheitspflege" auch nicht freihaltebedürftig. Für diese Waren und Dienstleistungen trifft "Sensuelle" keinerlei unmißverständliche, im Vordergrund stehende beschreibende Aussage, da die Waren und die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar "sinnlich" sind.

Dagegen handelt es sich bei "Sensuelle" im Hinblick auf die beanspruchten Waren "Seifen, ätherische Öle, Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Körper- und Gesundheitspflege" um eine im Vordergrund stehende warenbeschreibende Sachaussage, die freihaltebedürftig ist. Nach den der Anmelderinmitgeteilten Feststellungen des Senats (Internetrecherche vom 28. August 2000), werden die neuen Parfüms auch "neue Sensuelle" genannt.

Winkler Klante Sekretaruk Mü/prö






BPatG:
Beschluss v. 18.12.2000
Az: 32 W (pat) 174/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2f44445d8507/BPatG_Beschluss_vom_18-Dezember-2000_Az_32-W-pat-174-99




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