Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. September 1997
Aktenzeichen: 6 U 93/97

(OLG Köln: Urteil v. 26.09.1997, Az.: 6 U 93/97)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 26. September 1997 (Aktenzeichen 6 U 93/97) entschieden, dass das werbliche Angebot eines schweizerischen Unternehmens, sog. "Remailing" in Deutschland durchzuführen, gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt. In dem Urteil geht es auch um die Interpretation eines Werbeschreibens des Unternehmens und um die Unterlassungshaftung.

Die Berufung der beklagten Partei wurde zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens wurden ihr auferlegt. Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass das Unternehmen mit seinen Werbehinweisen den Tatbestand der Wettbewerbsverstöße erfüllt. Die beklagte Partei hat in beiden Instanzen keine Argumente vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten.

Das Gericht stellte fest, dass das Unternehmen in seinem Werbeprospekt eindeutig Remailing-Tätigkeiten in Deutschland angeboten hat. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Kunden davon ausgehen könnten, dass das Unternehmen die Post der Kunden abholt, sammelt und in ein anderes Land befördert. Die Tatsache, dass der Prospekt von der Antragsgegnerin selbst stammt und nicht von der Schweizer Post, bestätigt diese Interpretation. Das Gericht betonte, dass es unerklärlich wäre, wie das Unternehmen die versprochene Kostenersparnis bei der Beförderung der Geschäftspost der Kunden erreichen könnte, wenn diese ihre Post selbst in die Schweiz befördern müssten.

In dem Urteil wurde auch festgestellt, dass das Unternehmen bereits einmal ein unzulässiges Remailing-Angebot mit seinem beanstandeten Prospekt gemacht hat und es daher eine Wiederholungsgefahr für solche Wettbewerbsverstöße gibt. Diese Wiederholungsgefahr kann nur durch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung der beklagten Partei ausgeräumt werden. Die Tatsache, dass das Unternehmen die Werbeprospekte nach Beanstandung durch die Klägerin zurückgezogen hat, reicht allein nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Das Gericht entschied, dass die Kosten des Berufungsverfahrens von der beklagten Partei zu tragen sind. Das Urteil ist rechtskräftig.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Urteil v. 26.09.1997, Az: 6 U 93/97


1. Das werbliche Angebot eines schweizerischen Unternehmens, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sog. ,Remailing" durchzuführen, verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb.

2. Zur Interpretation eines Werbeschreibens eines schweizerischen Unternehmens, in dem u.a. - unter Vermeidung des Begriffs ,Remailing" europa- und weltweit kostengünstige Beförderung von Geschäftspost versprochen wird sowie zur Unterlassungshaftung des aussendenden Unternehmens.

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10. April 1997 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 14/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, aber

unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht dem Unterlassungsbegehren der

Antragstellerin gemäß § 1 UWG in Verbindung mit § 2 PostG

entsprochen.

Daß die von der Antragstellerin mit dem Verfügungsantrag zur

Unterlassung geforderten Wettbewerbshandlungen jeweils den

Tatbestand der vorgenannten Anspruchsgrundlagen erfüllen, ist

bereits zutreffend vom Landgericht ausgeführt worden. Die

Antragsgegnerin hat in beiden Instanzen nichts vorgetragen, was

Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung dieses

Wettbewerbsverhaltens geben könnte. Es wird daher insoweit zur

Vermeidung von Wiederholungen auf die Erwägungen der angefochtenen

Entscheidung verwiesen.

Auch nach dem Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin und den

damit vorgelegten neuen Glaubhaftmachungsmitteln ist jedoch mit dem

Landgericht ebenfalls vom Vorliegen der für den Erfolg des

Unterlassungsverlangens der Antragstellerin notwendigen

Begehungsgefahr für die beanstandeten Wettbewerbshandlungen

auszugehen. Es mag durchaus sein, daß die Antragsgegnerin bisher

kein Remailing betrieben hat, wie es in dem Unterlassungsantrag zu

1 a) beschrieben wird. Mit dem unstreitig von der Antragsgegnerin

stammenden Prospekt, wie er Gegenstand des Verfügungsantrags der

Antragstellerin und des Unterlassungsgebots des Landgerichtes ist,

hat die Antragstellerin aber glaubhaft gemacht, daß die

Antragsgegnerin jedenfalls eine derartige Tätigkeit in der

Bundesrepublik Deutschland angeboten hat. Bei diesem Prospekt geht

es nicht um ein Werbematerial der Schweizer Post, sondern um ein

Werbeschreiben der Antragsgegnerin, die in dem Prospekt allein mit

ihrem Namen, ihrer Anschrift sowie mit ihrer Telefon- und

Telefaxnummer als diejenige angeführt ist, von der das im Prospekt

erläuterte Angebot ausgeht und an die sich die davon angesprochenen

potentiellen Kunden wenden sollen. Lediglich für "erste

Informationen" ist zusätzlich noch die Telefon- und Telefaxnummer

der Presse Service G. GmbH in K. als "unsere Hotline" angeführt.

Wenn aber somit die Antragsgegnerin - wie in dem Prospekt geschehen

- die deutschen Kunden mit dem Hinweis "Wir bringen Ihre

Geschäftspost auf den Weg, und zwar "europa- oder weltweit" sowie

mit dem weiteren Hinweis "Wer sparen will, sollte mit uns rechnen"

anspricht, kann dies von den umworbenen Kunden nur dahin verstanden

werden, daß die Antragsgegnerin selbst bzw. durch ein von ihr

beauftragtes Unternehmen die Post der Kunden abholt, sammelt, sie

in ein anderes Land befördert und sodann an die dortige

Postverwaltung zur Weiterbeförderung abliefert. Sollte es zunächst

Sache der Kunden sein, ihre Post zunächst selbst zu der

Antragsgegnerin in die Schweiz zu befördern, hätte dies einen

entsprechend deutlichen Hinweis in dem Prospekt nahegelegt, denn

insoweit geht es um eine wichtige Information für die Kunden, um

den Inhalt und insbesondere auch die Kostengünstigkeit des von der

Antragsgegnerin beworbenen Angebots einschätzen zu können. Der in

Rede stehende Prospekt der Antragsgegnerin war einem

Mitgliederrundschreiben des Verbands der Postbenutzer beigefügt,

sprach somit auch potentielle Kunden zum Beispiel in

Norddeutschland an. Wenn aber diese Kunden ihre Post zunächst in

die Schweiz befördern sollten, bliebe - worauf die Antragstellerin

zu Recht in ihrer Berufungserwiderung hinweist - unerklärlich, wie

die Antragsgegnerin zu der in ihrem Prospekt hervorgehobenen

Kosteneinsparung bei der Beförderung der Geschäftspost der Kunden

kommen will.

Der Werbeprospekt der Antragsgegnerin stellt sich somit in der

aufgezeigten Weise eindeutig als ein Angebot der Antragsgegnerin

dar, solche Remailing-Tätigkeiten in Deutschland durchzuführen, wie

sie von der Antragstellerin zur Unterlassung gefordert werden. Das

von der Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz vorgelegte

Schreiben der Schweizer Post vom 11. Juli 1997 führt zu keiner

anderen Beurteilung der Werbung der Antragsgegnerin. Dieses

Schreiben kann nur etwas zu den Absichten und Tätigkeiten der

Schweizer Post aussagen, nichts aber dazu, welche Tätigkeiten die

Antragsgegnerin selbst ihren Kunden mit dem streitgegenständlichen

Prospekt angeboten hat. Auch sonst hat die Antragsgegnerin keine

Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt, die geeignet wären, die von der

Antragstellerin mit der Vorlage des Prospektes der Antragsgegnerin

erbrachte Glaubhaftmachung in Zweifel zu ziehen. Für die

Richtigkeit des Tatsachenvortrags der Antragstellerin spricht im

übrigen auch die in erster Instanz vorgelegte eidesstattliche

Versicherung des Zeugen D. vom 28. November 1996 über ein

(unstreitig) geführtes Telefonat mit dem Zeugen Dr. W. von der

Presse Service G. GmbH, L., am 12. November 1996 geführten

Telefonat. Das von dem Zeugen D. in seiner eidesstattlichen

Versicherung sehr detailliert dargelegte Gespräch rechtfertigt den

Schluß, daß der Zeuge Dr. W. dabei erklärt hat, die Presse Service

G. GmbH in L. arbeite mit der Antragsgegnerin dergestalt zusammen,

daß die Presse Service G. GmbH in L. für die Antragsgegnerin

Briefpost beim Absender einsammelt, abholen und sodann in die

Schweiz befördern läßt, dabei unter anderem die Firma O. in K.

einsetzt. Gegenüber der detaillierten Darstellung des Zeugen D.

vermag die von der Antragsgegnerin in der zweiten Instanz

überreichte eidesstattliche Versicherung des Zeugen Dr. W. vom 14.

Juli 1997 nicht zu überzeugen.

Ist danach im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren

davon auszugehen, daß die Antragsgegnerin mit dem beanstandeten

Prospekt bereits einmal ein gemäß § 1 UWG i.V.m. § 2 PostG

unzulässiges Remailing angeboten hat, besteht daher für die mit dem

Verfügungsantrag zu 1 b) zur Unterlassung geforderten Tätigkeiten

Wiederholungsgefahr. Diese Wiederholungsgefahr kann nur durch eine

strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung der

Antragsgegnerin ausgeräumt werden; eine entsprechende Erklärung hat

jedoch die Antragsgegnerin nicht abgegeben. Was die von dem

Unterlassungsantrag zu 1 a) erfaßten Tätigkeiten angeht, so

begründet der beanstandete Prospekt der Antragsgegnerin insoweit

eine Erstbegehungsgefahr für solche Wettbewerbsverstöße. Da diese

Erstbegehungsgefahr nicht aus einer bloßen Berühmung der

Antragsgegnerin resultiert, zu den entsprechenden Tätigkeiten

berechtigt zu sein, sondern sich bereits in gewisser Weise durch

den streitgegenständlichen Prospekt der Antragsgegnerin

konkretisiert hat, gilt auch insoweit, daß diese

Erstbegehungsgefahr im Streitfall nur durch eine strafbewehrte

Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden kann, und

nicht allein dadurch, daß die Antragsgegnerin angibt, sie habe

Remailing-Aktivitäten niemals ausgeübt und die Werbeprospekte nach

der Beanstandung durch die Antragstellerin sogleich aus dem Verkehr

gezogen (vgl. dazu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7.

Aufl., Kapitel 10 Rdnr. 20).

Die Entscheidung über die Kosten des damit erfolglosen

Rechtsmittels der Antragsgegnerin beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung

rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 26.09.1997
Az: 6 U 93/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/30c6f064df09/OLG-Koeln_Urteil_vom_26-September-1997_Az_6-U-93-97




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