Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 502/99

(BPatG: Beschluss v. 22.03.2000, Az.: 32 W (pat) 502/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. März 2000 (Aktenzeichen 32 W (pat) 502/99) die Beschlüsse des Deutschen Patentamts vom 13. August 1990 und 19. August 1992 aufgehoben.

Der Fall betrifft die Anmeldung der Marke "PREMIERE" für verschiedene Erzeugnisse und Medien. Das Deutsche Patentamt hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen zurückgewiesen, da es die Marke als nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig ansah.

Die Anmelderin hat daraufhin Beschwerde beim Bundespatentgericht eingelegt, die jedoch zunächst abgelehnt wurde. Doch der Bundesgerichtshof hat den Beschwerdebeschluss des Bundespatentgerichts aufgehoben und den Fall zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof argumentierte, dass das Wort "PREMIERE" keine klare beschreibende Bedeutung für die Erzeugnisse hat und somit nicht als freihaltungsbedürftig angesehen werden kann.

In der erneut eröffneten Verhandlung hat die Anmelderin einer Zeitrangverschiebung auf den 1. Januar 1993 zugestimmt. Das Bundespatentgericht unterstreicht in seinem Beschluss, dass nach der rechtlichen Beurteilung des Bundesgerichtshofs die Marke "PREMIERE" weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis aufweist.

Das Bundespatentgericht hebt die Beschlüsse des Deutschen Patentamts auf und entscheidet zugunsten der Anmelderin. Es wird darauf hingewiesen, dass die Markenrechtsrichtlinie bereits zum 1. Januar 1993 hätte in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Daher ist das Wort "PREMIERE" ab diesem Datum als schutzfähig anzusehen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.03.2000, Az: 32 W (pat) 502/99


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patentamts vom 13. August 1990 und 19. August 1992 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt ist am 9. März 1990

"PREMIERE"

für

"Schallplatten und vergleichbare technische Erzeugnisse und Systeme, Ton- und Fernsehfilme; Druckerei- und Printerzeugnisse aller Art, darunter vor allem auch Zeitschriften, Zeitungen und Bücher sowie sonstige gleichartige Erzeugnisse; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, Produktion von Schallplatten, Ton- und Fernsehfilmen, Produktion von Fernsehprogrammen"

zur Eintragung angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, mit der Begründung zurückgewiesen, "PREMIERE" sei freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig.

Die hiergegen zum Bundespatentgericht erhobene Beschwerde der Anmelderin wurde mit Beschluß vom 7. Februar 1996 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluß des 29. Senats vom 7. Februar 1996 Bezug genommen.

Auf die Rechtsbeschwerde hin hat der Bundesgerichtshof den angefochtenen Beschluß aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das Wort "PREMIERE" besage nichts über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert der Erzeugnisse oder die Zeit der Erzeugung. Der Bedeutungsgehalt sei unscharf und lasse, ohne daß weitere Angaben hinzugefügt würden, einen eindeutigen beschreibenden Inhalt nicht erkennen.

Deshalb sei der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. In einem erneut eröffneten Beschwerdeverfahren werde die bisher nicht geprüfte Frage des Bestehens von Eintragungshindernissen nach den Vorschriften des Warenzeichengesetzes und gegebenenfalls einer Zeitrangverschiebung im Sinne von § 156 Abs 1 MarkenG nachzugehen sein.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2000 hat die Anmelderin sich mit einer Zeitrangverschiebung der Anmeldung auf den 1. Januar 1993 einverstanden erklärt.

Sie beantragt, beide Beschlüsse des Deutschen Patentamts aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Anmeldung C 40 222/41 Wz Bezug genommen.

II Der Beschwerde der Markeninhaberin war der Erfolg nicht zu versagen, nachdem sie sich mit einer Zeitrangverschiebung auf den 1. Januar 1993 einverstanden erklärt hat.

Nach der für den erkennenden Senat gemäß § 89 Abs 4 Satz 2 MarkenG bindenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof kann der Anmeldung die Eintragung nicht versagt werden. Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Schutzfähigkeit umfassend beurteilt.

Nach seiner Ansicht fehlt der angemeldeten Marke "PREMIERE" weder die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) noch steht ihr ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Durch diese abschließende Beurteilung ist für den Senat kein Entscheidungsspielraum mehr gegeben.

Nachdem sich die Anmelderin mit einer Zeitrangverschiebung auf den 1. Januar 1993 einverstanden erklärt hat, waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch die Vorschriften des Warenzeichengesetzes Geltung hatten. Indes ist zu berücksichtigen, daß die Markenrechtsrichtlinie bereits zum 1. Januar 1993 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Demgemäß hätten die einschlägigen Bestimmungen der Markenrechtsrichtlinie zumindest im Rahmen der Auslegung von § 4 Abs 2 WZG ergänzend herangezogen werden müssen, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art 189 EG-Vertrag nachzukommen (EuGH NJW 1997, 3365, 3367; NJW 1994, 2473, 2474; BGH BlPMZ 1993, 482, 483 "DOS"). Demgemäß muß eine an den Bestimmungen der Markenrechtsrichtlinie orientierte Auslegung dazu führen, daß das Wort "PREMIERE" schutzfähig ist. Das in der "Premiere I"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1993, 746) angenommene Schutzhindernis beruhte auf einer über den Wortlaut des § 4 Abs 2 Nr 1 WZG hinausgehenden, zu Lasten der Anmelderin gehenden Auslegung. Unter Berücksichtigung der Regelungen der Markenrechtsrichtlinie hätte auf eine erweiternde Auslegung des § 4 WZG verzichtet werden müssen. Deshalb hätte ab dem Zeitpunkt, zu dem die Vorschriften des WZG unter Berücksichtigung der Markenrechtsrichtlinie hätten ausgelegt werden müssen, eine Schutzfähigkeit nicht verneint werden dürfen. Die Markenrechtsrichtline hätte spätestens zum 31. Dezember 1992 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, so daß von einer Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung ab dem 1. Januar 1993 auszugehen ist. Da sich die Anmelderin mit einer Zeitrangverschiebung auf diesen Tag einverstanden erklärt hat, waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Vorsitzende Richterin Forst hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben Dr. Fuchs-Wissemann Dr. Fuchs-Wissemann Engels Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.03.2000
Az: 32 W (pat) 502/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3179ecb87ac1/BPatG_Beschluss_vom_22-Maerz-2000_Az_32-W-pat-502-99




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