Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. November 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 10/09

(BPatG: Beschluss v. 17.11.2010, Az.: 35 W (pat) 10/09)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Inhalt:

Der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 17. November 2010 mit dem Aktenzeichen 35 W (pat) 10/09 befasst sich mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Antragstellerin, welche auch die Beschwerdeführerin ist, war Inhaberin eines Gebrauchsmusters, welches jedoch aufgrund nicht rechtzeitiger Zahlung einer Aufrechterhaltungsgebühr erloschen ist. Die Antragstellerin beantragte daraufhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zahlte die Gebühr nachträglich.

Das Bundespatentgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag jedoch zurückgewiesen, da die Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass sie kein Verschulden trifft. Insbesondere hätte der Vertreter der Antragstellerin überprüfen müssen, ob die Zahlung tatsächlich erfolgt ist, nachdem er entsprechende Informationen erhalten hatte. Darüber hinaus hat die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt, welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um die Zahlung zu überwachen, nachdem sie ihr Privatkonto für die Abbuchung verwendet hatte.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss wurde ebenfalls zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht ausreichend erfüllt wurden. Die Antragstellerin hatte nicht innerhalb der vorgegebenen Frist darlegen können, aus welchem Grund der Verfahrensbevollmächtigte ihre Fristversäumnis nicht verschuldet hat. Da die Wiedereinsetzung nicht zulässig ist, konnte der Antrag auch nicht begründet werden.

Zusammenfassend hat das Bundespatentgericht entschieden, dass der Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt wird, da die Antragstellerin nicht nachweisen konnte, dass sie kein Verschulden an der Fristversäumnis hat. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde ebenfalls abgelehnt, da die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht erfüllt wurden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 17.11.2010, Az: 35 W (pat) 10/09


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) war eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters ... mit der Bezeichnung "...", das am 2. August 2003 angemeldet und am 30. Oktober 2003 eingetragen worden ist. Nachdem die 3-jährige Schutzdauer des Gebrauchsmusters am 2. August 2006 abgelaufen war und der Antragsteller die Aufrechterhaltungsgebühr nicht bis zum Ablauf der zuschlagsfreien Frist bezahlt hatte, ist ihm vom Deutschen Patentund Markenamt mit Schreiben vom 8. Januar 2007 mitgeteilt worden, dass eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters von der Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr in Höhe von 210,00 € zuzüglich des Zuschlags in Höhe von 50,00 € bis zum 28. Februar 2007 abhänge. Eine Zahlung ist nicht erfolgt.

Am 19. November 2007 hat die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig 260,00 € überwiesen. Zur Begründung trägt sie vor, im Zusammenhang mit einer möglichen Schutzrechtsverletzung sei überraschend das Erlöschen des Gebrauchsmusters wegen Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr festgestellt worden, obwohl die Einzahlung der Gebühr nebst Zuschlaggebühr am 4. Dezember 2006 veranlasst worden war. Mit der Einzahlung sei am 4. November 2007 die seit Jahren in der Kanzlei tätige, juristisch vorgebildete Frau K... beauftragt worden, die in der Vergangenheit derartige Handlungen stets gewissenhaft und ohne Beanstandungen erledigt habe. Die Nachforschung bei der beauftragten Bank habe ergeben, dass alle abgegebenen Überweisungsscheine in einer Sammelpostsendung an die Hauptzentrale in H... geschickt würden, von wo aus die Überweisungen durchgeführt würden. Diese weiteren bankinternen Vorgänge lägen außerhalb des Einflussbereichs der Kanzlei, so dass ein Anwaltsverschulden nicht vorliege. Die Buchhaltung habe nicht bemerkt, dass die Verlängerungsgebühr nicht abgebucht worden sei, da der Betrag nicht vom Geschäftskonto, sondern ausnahmsweise vom Privatkonto des anwaltlichen Vertreters abgebucht werden sollte, das nicht der Kontrolle der Buchhaltung unterliege.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin haben eine mit "Eidesstattliche Versicherung" überschriebene Erklärung von Frau K... vom 19. November 2007 vorgelegt, in der sie bestätigt, dass sie am 4. Dezember 2006 einen Einzahlungsschein über einem Betrag von 260 € bei der Filiale der G... Bank für die Verlängerung des verfahrensgegenständlichen Gebrauchsmusters abgegeben habe.

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags dahinstehen könne, weil die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen trotz entsprechender Aufforderung im Bescheid vom 23. Januar 2007 nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden seien, insbesondere nicht, weshalb ein der Antragstellerin zurechenbares Verschulden nicht vorliege. Wenn die Überweisung am 4. Dezember 2006 in Auftrag gegeben worden war, hätte der Vertreter der Antragstellerin spätestens bei Erhalt des Schreibens des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. Januar 2007 nachprüfen müssen, ob die genannte Überweisung ausgeführt worden ist. Denn aufgrund der Mitteilung hätte ihm klar sein müssen, dass angesichts der üblichen Überweisung innerhalb weniger Werktage ein Fehler aufgetreten sein müsse. Der Vertreter der Antragstellerin habe des weiteren nicht ausreichend vorgetragen, welche Maßnahmen er getroffen habe, um die Überwachung der Zahlung zu ermöglichen, nachdem er durch die Verwendung seines Privatkontos die in der Kanzlei üblichen Überwachungsmöglichkeiten außer Kraft gesetzt habe.

Gegen den ihm am 22. Dezember 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, den sie trotz Ankündigung bisher nicht begründet hat.

Sie beantragt sinngemäß, den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Bezahlung der ersten Aufrechterhaltungsgebühr und des Zuschlags für das Gebrauchsmuster ... zu gewähren.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Wiedereinsetzungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, da die Antragstellerin innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen könnten, nicht in ausreichendem Umfang vorgetragen hat (§ 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 123 Abs. 2 S. 1 und 2 PatG). Insbesondere hat sie nicht dargelegt, aus welchem Grunde ihr Verfahrensbevollmächtigter, dessen Verschulden sie sich gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, die Überwachung der von ihm veranlassten Gebührenzahlung unterlassen hat, obwohl er hierzu Veranlassung gehabt hätte.

1. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen zwar insoweit vor, als seitens der Gebrauchsmusterinhaberin eine Frist, deren Versäumnis nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, nicht eingehalten worden ist (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG). Vorliegend wurde die Frist zur Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr für das 4. bis 6. Schutzjahr für das verfahrensgegenständliche Gebrauchsmuster versäumt, was zum unmittelbar Erlöschen führt (§ 7 Abs. 1 PatKostG i. V. m. § 23 Abs. 3 Nr. 2 GebrMG). Des weiteren hat die Antragstellerin die versäumte Gebührenzahlung rechtzeitig i. S. v. § 123 Abs. 2 S. 3 PatG nachgeholt.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber unzulässig. Denn die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen sind nicht innerhalb der in § 123 Abs. 2 PatG genannten Frist von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses für die Fristversäumung vorgetragen worden.

2.1.Hindernis war hier die Unkenntnis davon, dass die am 4. Dezember 2006 veranlasste Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr samt Verspätungszuschlag nicht ausgeführt worden war. Dieses Hindernis ist laut Wiedereinsetzungsantrag vom 19. November 2007 am 7. November 2007 aufgrund einer Nachfrage beim Deutschen Patentund Markenamt weggefallen, so dass die Frist des § 123 Abs. 2 PatG am 7. Januar 2008 endete.

2.2.Notwendiger und für seine Zulässigkeit erforderlicher Inhalt des Wiedereinsetzungsantrags ist u. a., dass der Antragsteller innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses darlegt, aus welchem Grund der Beteiligte oder dessen Vertreter die jeweilige Frist ohne Verschulden nicht einhalten konnte (Schulte, PatG, 8. Aufl. 2008, § 123 Rn. 37d)). Diese Voraussetzung erfüllt der Wiedereinsetzungsantrag vom 19. November 2007 nicht. Die Antragstellerin hat bis zum 7. Januar 2008 und im Übrigen auch später nicht vorgetragen, aus welchem Grund ihr Verfahrensbevollmächtigter nicht verschuldet gehandelt hat, als er nach Eingang der Nachricht der Gebrauchsmusterstelle nach § 23 Abs. 2 Gebrauchsmustergesetz im Januar 2007 nicht überprüft hat, ob die von ihm am 4. Dezember 2006 veranlasste Überweisung der Aufrechterhaltungsgebühr ausgeführt worden ist. Auf die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, nach der ein Beteiligter grundsätzlich nicht zur Überwachung der Einlösung eines an das Patentamt abgesandten Schecks verpflichtet ist (vgl. 4. Senat, Beschluss vom 14. Mai 1975, Az. 4 W (pat) 105/74), hat sich die Antragstellerin nicht berufen und könnte dies auch nicht mit Erfolg tun. Zwar könnte der Inhalt der Entscheidung ohne weiteres auf einen bei einer Bank unmittelbar eingereichten Überweisungsauftrag übertragen werden. Die Entscheidung bezieht sich aber nur auf solche Fälle, in denen kein Anlass zur Überwachung oder Nachforschung bestand. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

Vielmehr hätte der anwaltliche Vertreter aus zwei Gründen die Ordnungsgemäßheit der Gebührenzahlung überprüfen müssen. Die Gebrauchsmusterstelle hat im angefochtenen Beschluss zutreffend darauf hingewiesen, dass schon der lange Zeitablauf zwischen Überweisungsauftrag und dem Hinweis des Deutschen Patentund Markenamts auf die Folgen der Nichtzahlung der Aufrechterhaltungsgebühr den Verfahrensbevollmächtigten zu einer Überprüfung des Zahlungsvorgangs hätte veranlassen müssen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin im Wiedereinsetzungsantrag zur Nichtzahlung wörtlich ausgeführt: "Die Gründe für die nicht rechtzeitig vorgenommene Einzahlung sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass der Einzahlungsauftrag bei der beauftragten Bank, wie es nicht selten vorkommt, nicht bearbeitet wurde, weil ..." Der Wiedereinsetzungsantrag hätte daher, um zulässig zu sein, Ausführungen dazu enthalten müssen, weshalb ihr Anwalt nicht mindestens fahrlässig gehandelt hat, als er trotz dieser objektiven Gegebenheiten, insbesondere den negativen Erfahrungen seiner Privatbank, diese Überprüfung unterlassen hat.

3. Auch im Fall seiner Zulässigkeit wäre der Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet, weil die Zahlungsfrist nicht ohne Verschulden versäumt worden ist (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG). Angesichts der oben genannten Umstände war es nach Eingang der Nachricht der Gebrauchsmusterstelle vom 8. Januar 2007 in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten unumgänglich nachzuprüfen, ob die Zahlung bei der Bundeskasse eingegangen und beim Deutschen Patentund Markenamt nur noch nicht verbucht worden war oder ob ein Fehler bei der Überweisung aufgetreten war. Unabhängig davon, dass hierzu nichts vorgetragen wurde, sind keine Gesichtspunkte erkennbar, aufgrund derer im vorliegenden Fall ausnahmsweise ein der Antragstellerin zurechenbares Verschulden ihres Anwalts nicht vorliegen könnte.

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BPatG:
Beschluss v. 17.11.2010
Az: 35 W (pat) 10/09


Link zum Urteil:
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