Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 13. April 2011
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 7/11

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 13.04.2011, Az.: VI-U (Kart) 7/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die eingeklagten Vergütungsbeträge hat. Die Preisvereinbarung zwischen den Parteien ist teilweise ungültig, da sie gegen § 12 TKG 1996 verstößt. Die Klägerin hat ihre ursprüngliche Entgeltkalkulation nicht offen gelegt, wodurch das Gericht nicht prüfen kann, welches Entgelt redliche Vertragspartner auf der Grundlage der ursprünglichen Kalkulation vereinbart hätten. Die Klägerin hat auch kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, da sie nicht schlüssig dargelegt hat, welche konkreten Geschäftsgeheimnisse durch die Offenlegung der Preiskalkulation gefährdet wären und welche Nachteile daraus resultieren würden. Daher sind die eingeklagten Vergütungsbeträge nicht feststellbar und können nicht verlangt werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Düsseldorf: Urteil v. 13.04.2011, Az: VI-U (Kart) 7/11


Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. August 2005 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurück-gewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisions-verfahrens trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Die Beschwer der Klägerin und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf jeweils 2.946.490,33 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin bietet Sprachtelefoniedienstleistungen für die Öffentlichkeit an und vergibt Rufnummern an Endnutzer. Sie erhebt und verwaltet im Rahmen ihrer Tätigkeit Teilnehmerdaten. Sie speichert die Daten ihrer Kunden einschließlich vertrags- und abrechnungstechnischer Informationen in einer Datenbank Andi (Anmeldedienst). Von dort werden diejenigen Daten, die in Auskunftsdienste oder Teilnehmerverzeichnisse aufgenommen werden sollen, in die Datenbank DaRed übertragen und entsprechend aufbereitet. Diese enthält u.a. die Basisdaten ihrer eigenen Sprachtelefoniekunden, d.h. deren Name, Adresse und Telefonnummer sowie diese betreffende Zusatzdaten und daneben auch Teilnehmerdaten, die die Klägerin von Wettbewerbern zum Zwecke der Bereitstellung eines Telefonauskunftsdienstes und von Teilnehmerverzeichnissen überlassen werden (sog. Carrierdaten).

Den in DaRed gespeicherten Datenbestand stellte sie der Beklagten, die einen Telefonauskunftsdienst betreibt, auf der Basis ihres am 11./31. Oktober 2000 abgeschlossenen Standardvertrages zur Verfügung. Entsprechend § 4 des Vertrags - wonach neben den Kosten für die Übermittlung und den Transport der Teilnehmerdaten pro Anruf zu den Auskunftsnummern der Klägerin bzw. pro Zugriff auf DaRed ein Preis von … € zzgl. Umsatzsteuer bei einer Mindestzahl von Nutzungsfällen in Höhe von 5 % der an die Klägerin gelieferten Anzahl von Teilnehmerdatensätzen zu zahlen ist - berechnete die Klägerin der Beklagten die überlassenen Teilnehmerdaten. Diese kürzte die von der Klägerin zwischen Juni 2001 bis Januar 2002 in Rechnung gestellten Beträge für die Datenüberlassung im Zeitraum von Mai bis Dezember 2001 um 20 % bis 30 %, woraus sich insgesamt ein Kürzungsbetrag von …. € errechnet.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung dieser einbehaltenen Beträge in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die vertragliche Entgeltabrede der Parteien sei - so hat es angenommen - gem. § 134 BGB i.V.m. § 12 TKG 1996 nichtig, weil die vereinbarte Vergütung die Kosten der effizienten Bereitstellung der streitgegenständlichen Daten überschritten. Der 2. Kartellsenat hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Im Rahmen der Jahresgeschäftsverteilung 2011 ist nunmehr der Senat zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig geworden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie …. € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus …. € seit dem 01.08.2001,

aus …. € seit dem 20.08.2001,

aus …. € seit dem 24.09.2001,

aus …. € seit dem 28.10.2001,

aus …. € seit dem 26.11.2001,

aus …. € seit dem 18.12.2001,

aus …. € seit dem 21.01.2002 und

aus …. € seit dem 20.02.2002

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen im Einzelnen entgegen.

Der Vorsitzende des 2. Kartellsenats hat mit Verfügung vom 13. Dezember 2010 (GA 1166) rechtliche Hinweise zur (primären und sekundären) Darlegungs- und Beweislast erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat den mit der Klage verfolgten restlichen Entgeltanspruch der Klägerin mit Recht verneint.

Die in § 4 des Datenüberlassungsvertrages enthaltene Preisvereinbarung der Parteien ist gemäß § 134 BGB nichtig ist, soweit der nach § 12 TKG 1996 zulässige Preis für die Überlassung der Basisdaten der eigenen Kunden überschritten wird. Diese Teilnichtigkeit der Vergütungsabrede führt nach dem Sach- und Streitstand und unter Beachtung der bestehenden Darlegungslasten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der Beklagten ein restliches Entgelt weder in der eingeklagten noch in einer geringeren Höhe verlangen kann.

A. § 12 TKG 1996 ist Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, soweit in Vereinbarungen die Preisgrenze für die Basisdaten der eigenen Kunden des Telefondienstanbieters überschritten wird (vgl. BGH, MMR 2010, 427 - Teilnehmerdaten I, BGH, MMR 2010, 429 - Teilnehmerdaten II),

B. Die in § 4 des Vertrages vom 11./31. Oktober 2000 enthaltene Preisvereinbarung der Parteien verstößt gegen § 12 TKG 1996.

1. Bei der gebotenen gemeinschaftskonformen Auslegung nach Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) besteht nach § 12 TKG 1996 für die Überlassung der Basisdaten der Telefondienstanbieter die feste Preisgrenze, dass das Entgelt insoweit nach den Kosten der effizienten Bereitstellung zu bemessen ist. Es darf für die Basisdaten der eigenen Kunden (einschließlich der dazugehörigen Annexdaten) kein Entgelt verlangt werden, das die (Grenz-)Kosten der Datenübermittlung (sog. Kostenkategorie 3: Kosten für die Betreuung der Datenabnehmer, Kosten der Auftragsannahme, der Auftragsabwicklung und Fakturierung sowie die Kosten für die technische Schnittstelle, über die die Teilnehmerdaten übermittelt werden) übersteigt oder nach dem Umfang der Nutzung berechnet wird, während für die Zusatzdaten und die Fremddaten diese Beschränkung nicht gilt. Insoweit können auch die Kosten der Kostenkategorie 1 (Kosten der Datenbank DaRed unter Berücksichtigung von Kapitalkosten, Betriebskosten und Datenbankentwicklungskosten) und Kostenkategorie 2 (Prozesskosten für die Pflege des Bestands der Standardeinträge, die sich aus den Kosten für das manuelle Bearbeiten der Teilnehmerdaten bei der erstmaligen Aufnahme, der etwaigen Aufbereitung sowie ihrer Löschung zusammensetzen) nutzungsabhängig umgelegt werden (vgl. BGH, a.a.O. - Teilnehmerdaten I, BGH, a.a.O., - Teilnehmerdaten II). Die Vergütung jener Zusatz- und Fremddaten unterliegt gemäß § 12 Abs. 2 TKG 1996 nur der Kontrolle, ob ein "angemessenes Entgelt" verlangt wird (vgl. BGH, a.a.O. - Teilnehmerdaten II; BVerwG, NVwZ-RR 2008, 832 ff. Rdnr. 4, 19 ff., 23 ff.).

2. Die Preisvereinbarung der Parteien ist bezogen auf die Überlassung der Basisdaten der eigenen Kunden nicht an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert, weil die Beklagte die jährlichen Kosten für den Aufbau und die Unterhaltung der Datenbank DaRed (Kostenkategorie 1) sowie die Kosten für die Pflege des Datenbestandes (Kostenkategorie 2) in ihre Preiskalkulation einbezogen hat. Darüber hinaus sind in die vereinbarten Preise die Kosten gemäß den Kostenkategorien 1 bis 3 für sämtliche zu überlassenden Daten eingeflossen und werden einheitlich nach dem Nutzungsumfang umgelegt. Das ist nur bei den Zusatz- und Fremddaten zulässig und hinsichtlich der Basisdaten gesetzlich verboten (vgl. BGH, a.a.O. - Teilnehmerdaten I und II; Senat, Urt. v. 13.06.2007, VI-U (Kart) 4/02; Urt. v. 02.05.2007, VI-U (Kart) 31/06; Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06; OLG Düsseldorf, 2. Kartellsenat, Urt. v. 27.06.2007, VI-2 U (Kart) 9/05). Die Beklagte hat schließlich ein vom Umfang der Datennutzung unabhängiges Mindestentgelt vereinbart, was in Bezug auf die Basisdaten ihrer eigenen Kunden ebenfalls rechtswidrig ist.

3. Ein Verstoß gegen § 12 TKG 1996 scheidet nicht deshalb aus, weil sich die Beklagte bei der Entgeltberechnung an die Vorgaben des Bundeskartellamts gehalten hat, die Bedingung für die Einstellung der gegen sie in den Jahren 1998/1999 und 2003 eingeleiteten Missbrauchsverfahren waren. Mit seiner Einstellungsverfügung hat das Bundeskartellamt nicht den gesetzlich zulässigen Preis verbindlich festgelegt. Der Inhalt dieser Verfügung beschränkt sich vielmehr auf die Einstellung des Verwaltungsverfahrens. Damit ist nicht festgelegt worden (und konnte auch nicht festgelegt werden), dass die von der Beklagten zugesagten Entgelte in dieser Höhe den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und der Beklagten deshalb zustehen (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 43 f. - Teilnehmerdaten I).

C. Vor dem dargestellten Hintergrund hat die Beklagte zu Recht das von der Klägerin nach § 4 des Datenüberlassungsvertrages berechnete Entgelt gekürzt und lehnt weitere Zahlungen ab. Es ist unerheblich, dass der Verstoß gegen die Preisbestimmung des § 12 TKG 1996 nur insoweit zur Nichtigkeit der Entgeltabrede nach § 134 BGB führt, als der vereinbarte Preis den zulässigen Preis überschreitet, der Klägerin also ein restlicher Vergütungsanspruch möglicherweise verbleibt (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 42 - Teilnehmerdaten I; BGH, a.a.O., Rdnr. 67 - Teilnehmerdaten II; Senat, Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06, bei Juris Rdnr. 50). Das ist Konsequenz der Tatsache, dass die Klägerin ungeachtet der ihr dazu erteilten Hinweise ihrer prozessualen Obliegenheit zur Offenlegung ihrer ursprünglichen Entgeltkalkulation nicht nachgekommen ist.

1. Die Klägerin ist als Gläubigern des eingeklagten Vergütungsanspruchs nach allgemeinen Grundsätzen für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale darlegungs- und beweispflichtig. Sie hat dementsprechend vorzutragen und gegebenenfalls nachzuweisen, auf welchen Betrag sich das vereinbarte Entgelt reduziert, wenn die Rechtsverstöße gegen § 12 TKG 1996 beseitigt werden und demzufolge (1) hinsichtlich der Basisdaten (und der dazugehörigen Annexdaten) der eigenen Kunden nur die Kostenkategorie 3 in Ansatz gebracht wird, (2) ferner der unzulässige Umlagemaßstab der Anzahl der jeweiligen Nutzungsfälle im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch denjenigen Maßstab ersetzt wird, der mit § 12 TKG 1996 in Einklang steht und auf den sich redliche Vertragsparteien geeinigt hätten, und (3) das Mindestentgelt außer Betracht bleibt. Um ihrer diesbezüglichen Darlegungslast zu genügen, muss die Klägerin in einem ersten Schritt das streitbefangene Entgelt von … € pro Nutzungsfall so, wie es tatsächlich kalkuliert worden ist, belastbar aufschlüsseln. Von dem Inhalt sowie der Breite und Tiefe der seinerzeit erfolgten Entgeltkalkulation hängt es ab, ob das TKG-konforme Entgelt durch schlichtes Weglassen einzelner Kostenpositionen (bei den Basisdaten derjenigen der Kostenkategorien 1 und 2) ermittelt werden kann oder ob im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt werden muss, auf welche Kalkulationsgrundsätze und Entgeltmaßstäbe sich die Parteien bei Beachtung von § 12 TKG 1996 redlicherweise geeinigt hätten. Sofern - beispielsweise wegen des unzulässigen Umlagemaßstabs der Nutzungshäufigkeit - das TKG-konforme Entgelt nicht durch schlichtes Weglassen einzelner Kostenpositionen gebildet werden kann, muss die Klägerin in einem zweiten Schritt vortragen, welches Entgelt redliche Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Teilnichtigkeit der getroffenen Preisvereinbarung bedacht und auf der Grundlage der ursprünglichen Kalkulation ein telekommunikationsrechtlich zulässiges Entgelt gesucht hätten.

2. Der Senat hat die Klägerin bereits in dem (parallel gelagerten) Rechtsstreit VI - U (Kart) 1/06 mit Beschluss vom 28. April 2010 auf die vorstehend dargestellte Darlegungs- und Beweislast hingewiesen. Der Vorsitzende des 2. Kartellsenats hat in seiner Verfügung vom 13.12.2010 (GA 1166) auf diesen Hinweisbeschluss Bezug genommen, ihn zum Gegenstand (auch) des vorliegenden Verfahrens gemacht und der Klägerin Gelegenheit zu einem entsprechenden Sachvortrag gegeben.

Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit indes keinen Gebrauch gemacht. Sie ist offenbar nicht bereit, ihren vertraglichen Vergütungsanspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu konkretisieren und dazu ihre ursprüngliche Preiskalkulation offenzulegen. Im Ergebnis kann deshalb das unter Beachtung von § 12 TKG 1996 geschuldete Entgelt nicht festgestellt werden mit der weiteren Folge, dass die Zahlungsklage in vollem Umfang abzuweisen ist. Die Schätzung eines Mindestentgelts nach § 287 ZPO kommt in Ermangelung hinreichender Schätzungsgrundlagen nicht in Betracht.

a) Der Vortrag der Klägerin zur Höhe des geschuldeten Entgelts ist schon deshalb unzureichend, weil die Klägerin ihre ursprüngliche Preiskalkulation nicht offen gelegt, sondern ausschließlich zu einer vollständig neuen Kalkulation vorgetragen hat.

aa) Der Verstoß gegen das preisrechtliche Verbotsgesetz des § 12 TKG 1996 hat die Nichtigkeit der Entgeltabrede nur in dem Umfang zur Folge, als diese den zulässigen Preis überschreitet; im Übrigen bleibt der zulässige Preis geschuldet (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 42 - Teilnehmerdaten I; BGH, a.a.O., Rdnr. 67 - Teilnehmerdaten II). Ein Verstoß gegen Preisvorschriften führt nach einhelliger Meinung (vgl. nur Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 134 Rdnr. 26 f.) weder zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags noch zur Nichtigkeit der gesamten Preisabrede, sondern in Anwendung der in § 134 2. Halbsatz BGB normierten Ausnahmeregelung nur zu deren Teilnichtigkeit (BGH, NJW 2008, 55; BGH, BGHZ 89, 316, 319; BGH, BGHZ 108, 147, 150; BGH, BGHZ 145, 66, 76). Denn die Nichtigkeit kann nicht weiter reichen als die tatbestandliche Erfüllung des Verbotsgesetzes. Was das Gesetz nicht verbietet, ist rechtmäßig und kann daher nicht der Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB anheimfallen (BGH, NJW 2008, 55). An die Stelle der preisrechtlich unzulässigen Vergütung tritt der zulässige Preis, der damit Vertragspreis ist (BGH, NJW 2008, 55).

bb) Die Bestimmung des geschuldeten Entgelts hat vor dem dargestellten Hintergrund auf der Basis der ursprünglichen Entgeltkalkulation im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu erfolgen. Auch die Unwirksamkeit einer vertraglichen Bestimmung begründet eine Regelungslücke (BGH, BGHZ 63, 132, 135; BGH, BGHZ 137, 153, 157; Ellenberger in Palandt, a.a.O. § 157 Rdnr. 3). Grundlage der Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Parteiwille. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, NJW 2006, 54; BGH, NJW 2004, 2449). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung (BGH, NJW-RR 2005, 1421; BGH, NJW 1988, 2099 f.).

Die Klägerin ist danach nicht berechtigt, das Entgelt losgelöst von der ursprünglichen Kalkulation gänzlich neu zu bestimmen, sondern muss an diese anknüpfen. So bliebe es von vornherein bei der ursprünglichen Kalkulation, wenn diese durch einfaches Wegstreichen einzelner, die Nichtigkeit begründende Positionen an die Rechtlage angepasst werden könnte. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, sind - soweit möglich - die Kostenansätze der Urspungskalkulation zu übernehmen und kann nicht völlig bindungslos neu kalkuliert werden. So müssen beispielsweise feststehende Kosten (wie etwa Sachkosten) unverändert bleiben und darf auch kein höherer Gewinnaufschlag verlangt werden. Dies allein entspricht im Ansatz dem festzustellenden hypothetischen Parteiwillen.

(1) Um im Rahmen ihrer Vortragslast einen Anspruch auf die in Rechnung gestellten Beträge darzutun, hätte die Klägerin somit zunächst vortragen müssen, (1) welches Entgelt sich ergibt, wenn hinsichtlich der Basisdaten der eigenen Kunden (einschließlich der dazugehörigen Annexdaten) nur die Kostenkategorie 3 in Ansatz gebracht wird, (2) ferner der unzulässige Umlagemaßstab der Anzahl der jeweiligen Nutzungsfälle im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch denjenigen Maßstab ersetzt wird, der mit den TKG-Vorschriften in Einklang steht und auf den sich redliche Vertragsparteien geeinigt hätten und (3) das Mindestentgelt außer Betracht bleibt. Konkret wäre von der Klägerin deshalb in einem ersten Schritt das streitbefangene Entgelt so, wie es tatsächlich kalkuliert worden ist, belastbar aufzuschlüsseln gewesen. Von dem Inhalt sowie der Breite und Tiefe der seinerzeit tatsächlich erfolgten Entgeltkalkulation hängt es ab, ob das TKG-konforme Entgelt durch schlichtes Weglassen einzelner Kostenpositionen (bei den Basisdaten derjenigen der Kostenkategorien 1 und 2) ermittelt werden kann oder ob im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zuvor ermittelt werden muss, auf welche Kalkulationsgrundsätze und Entgeltmaßstäbe sich die Parteien bei Beachtung der TKG-Normen redlicherweise geeinigt hätten. Sofern - weil für die Basisdaten der eigenen Kunden der Umlagemaßstab der Nutzungsfälle aus Rechtsgründen zu verwerfen ist - der Kalkulation des Entgelts für die Basisdaten oder sogar der gesamten Entgeltkalkulation die Grundlage entzogen sein sollte, wäre im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein neuer Kalkulationsmaßstab zu suchen. Dazu hätte die Klägerin vortragen müssen, auf welche Entgeltkalkulation, Entgeltmaßstäbe und Umlagekriterien sich redliche Vertragsparteien auf der Grundlage des seinerzeit geschlossenen Vertrages geeinigt hätten, um den Verstoß gegen § 12 TKG 1996 zu beheben.

(2) Die Klägerin hätte dementsprechend ihre ursprüngliche Kalkulation offenlegen müssen, um diese Überprüfung und damit die gegebenenfalls erforderliche ergänzende Vertragsauslegung durch den Senat zu ermöglichen. Darauf ist die Beklagte im Einzelnen hingewiesen worden. Das von ihr behauptete Verständnis, die vom Senat erteilten Hinweise zur Offenlegung der Preiskalkulation sollten alleine der Prüfung dienen, ob das TKG-konforme Entgelt durch schlichtes Weglassen einzelner Kostenpositionen ermittelt werden könne, findet in den Verlautbarungen des Senats - auch soweit sie gleich oder ähnlich gelagerte Prozesse unter Beteiligung der Klägerin betreffen - keinerlei Grundlage und stellt eine mutwillige Verkürzung und Verdrehung der erteilten Hinweise mit dem Ziel dar, den prozessualen Darlegungslasten zu entgehen. Bei vernünftiger Betrachtung besteht für die Klägerin deshalb auch keinerlei Anlass, aus "prozessökonomischen Gründen" von der Aufschlüsselung und Darlegung der Entgeltkalkulation abzusehen. Haltlos ist ebenso die Behauptung der Klägerin, auch nach Ansicht des Senats könne das TKG-konforme Entgelt nicht auf der Basis der damaligen Entgeltkalkulation, sondern nur durch eine vollständige Neuberechnung der Vergütung ermittelt werden. Das Gegenteil ist richtig. Nur auf der Grundlage der ursprünglichen Entgeltkalkulation lässt sich die Frage beantworten, ob das vereinbarte Entgelt durch einfaches Weglassen oder Wegstreichen nichtiger Teile der Entgeltabrede auf ein rechtlich zulässiges Maß zurückgeführt werden kann und inwieweit möglicherweise der Wegfall der nichtigen Teile der Entgeltvereinbarung gleichwohl zu einer Nach- oder Neuberechnung zwingt, etwa weil im Rahmen der ursprünglichen (Misch-)Kalkulation bislang nicht berücksichtigte Kosten nunmehr in die Preisbildung einzubeziehen oder einzelne Positionen mit höheren Beträgen zu berechnen sind, weil insoweit bislang von einem zu niedrigen Betrag ausgegangen wurde. Gleichermaßen kann alleine anhand der seinerzeitigen Kalkulation die Frage beantwortet werden, welche betragsmäßigen Auswirkungen das verbotsgesetzwidrig vereinbarte Mindestentgelt sowie der unzulässige Umlagemaßstab der Nutzungsanzahl gehabt haben und auf welches Entgelt sich redliche Vertragsparteien bei Kenntnis jener Rechtsverstöße stattdessen geeinigt hätten.

Dass die Klägerin die ihr erteilten rechtlichen Hinweise bewusst missversteht, um nicht zu ihrer ursprünglichen Kalkulation vortragen zu müssen, wird überdies belegt durch ihr Prozessverhalten in denjenigen beim Senat geführten Verfahren, in denen es um die Überprüfung des NDIS-Entgelts geht (z.B. VI - U (Kart) 2/11). Nach den im betreffenden Revisionsurteil (BGH, KZR 41/07, dort Tz. 54, 55) wiederholten Rechtsgrundätzen findet § 12 TKG 1996 u.a. dann auf das NDIS-Entgelt Anwendung, wenn der Nachfrager der Teilnehmerdaten faktisch gezwungen worden ist, die online-Nutzung der Suchmaschine zu wählen, indem für eine offline-Nutzung der Datenbank DaRed ein erheblich höheres Entgelt verlangt worden ist. Nach dem BGH-Urteil ist zweifelsfrei, dass in diesem Zusammenhang ein Preisvergleich derjenigen Entgelte stattzufinden hat, die die D. (hier: die Klägerin) bei Abschluss des Datenüberlassungsvertrages für eine offline-Nutzung einerseits und eine online-Nutzung andererseits tatsächlich gefordert hat. Das mit Schriftsatz vom 16.2.2011 (dort Rdnr. 7, 19 letzter Absatz) von der Klägerin reklamierte Verständnis des Revisionsurteils, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs müsse das nach § 12 TKG 1996 zulässige DaRed-Entgelt mit dem NDIS-Entgelt verglichen werden, entbehrt jeder Grundlage und steht in einem diametralen Gegensatz zu den Ausführungen des Revisionsgerichts. Es dient ersichtlich nur der Prozessverschleppung.

(3) Das Vorbringen der Klägerin genügt den dargestellten Anforderungen nicht.

(3.1) Es kann auf sich beruhen, ob nicht bereits ihre pauschale Behauptung, das TKG-konforme Entgelt könne für die Basisdaten nicht durch schlichtes Streichen der Kostenkategorien 1 und 2 ermittelt werden, ohne die erforderliche Substanz und daher prozessual unbeachtlich (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) ist. Denn ohne Offenlegung der ursprünglichen Preiskalkulation ist der Sachvortrag für das Gericht in keiner Weise nachvollziehbar und überprüfbar. Aus demselben Grund ist er auch einer Erwiderung durch den Prozessgegner von vornherein nicht zugänglich. Dass - wie die Klägerin behauptet - die ursprüngliche Preiskalkulation nicht auf einer Unterscheidung von Basisdaten und Zusatzdaten im Sinne der höchstrichterlichen Judikatur beruhte und diesen Datengruppen keine konkreten Kosten zugeordnet waren, bedeutet nicht zwingend, dass es keinerlei unzulässige Kostenposition gibt, die durch bloßes Wegstreichen eliminiert werden könnte.

(3.2) Unzureichend ist in jedem Fall der weitere Prozessvortrag der Klägerin. Wollte man von der Notwendigkeit einer umfassenden ergänzenden Vertragsauslegung ausgehen, wäre die durch den Verstoß gegen § 12 TKG 1996 lückenhaft gewordene Entgeltregelung so zu schließen, wie es dem mutmaßlichen Willen redlicher Parteien entspricht. Ausgangspunkt dieser Lückenfüllung muss die Kalkulation des (teilnichtig) vereinbarten Entgelts sein. Nur auf ihrer Grundlage lässt sich entscheiden, welches andere Entgelt die Parteien bei Abschluss des Datenüberlassungsvertrages im Oktober 2000 vereinbart hätten, wenn sie die Rechtsverstöße gegen § 12 TKG in Bezug auf die Basisdaten und den nutzungsbasierten Umlagemaßstab sowie das Mindestentgelt bedacht hätten.

Es liegt auf der Hand, dass die Offenlegung der ursprünglichen Entgeltkalkulation nicht schon deshalb entbehrlich wird, weil sich - wie die Klägerin reklamiert - redliche Vertragspartner auf diejenigen Grundsätze der Entgeltbemessung, den Entgeltmaßstab und die Umlegungskriterien geeinigt hätten, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 12 TKG 1996 Geltung beanspruchen. Bei dieser Prämisse kann nämlich nicht weitergehend gefolgert werden, dass das von der Beklagten geschuldete Entgelt gänzlich neu und vollkommen losgelöst von der damaligen Preisvereinbarung berechnen werden muss. Eine solche Schlussfolgerung verbietet sich bereits deshalb, weil die Entgeltvereinbarung der Parteien nur teilnichtig ist und im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung lediglich die vertragliche Entgeltlücke zu schließen ist. In welcher Höhe das vereinbarte Entgelt letztlich Bestand haben kann, lässt sich nur anhand der ursprünglichen Entgeltkalkulation prüfen und beurteilen. Sie muss deshalb von der Klägerin offengelegt werden, damit das Gericht die gebotene ergänzende Vertragsauslegung vornehmen kann. Der Einwand der Klägerin, redliche Vertragspartner hätten die ursprüngliche Entgeltkalkulation vollständig verworfen und den rechtswirksamen Preis ohne irgendeine Bindung an die damaligen Kalkulationsgrundlage und die seinerzeit mit dem Bundeskartellamt abgestimmte Obergrenze der umlagefähigen Kosten (… Mio. €) neu berechnet, was zu dem im Berufungsverfahren nunmehr vorgetragenen Entgelten geführt haben würde, geht fehl. Denn ohne eine Offenlegung der damaligen Entgeltkalkulation lässt sich nicht im Ansatz prüfen und entscheiden, ob die rechtliche Einschätzung der Klägerin zutreffend und redliche Vertragspartner tatsächlich vollkommen losgelöst von der (nur teilnichtigen) Preisvereinbarung neu kalkuliert hätten.

cc) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, sie müsse nicht konkreter vortragen, weil sie durch die Aufschlüsselung der Kalkulation Geschäftsgeheimnisse gefährde.

Die Klägerin hat trotz der diesbezüglichen dezidierten Hinweise, die der Senat im Verfahren VI - U (Kart) 1/09 mit Beschluss vom 28.4.2010 erteilt und die durch die Vorsitzendenverfügung vom 13.12.2010 auch zum Gegenstand des hiesigen Verfahren gemacht worden sind, nicht ansatzweise die Voraussetzungen dargetan, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Reduzierung der Darlegungslast zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse in Betracht kommen kann.

(1) Das Interesse der Klägerin, ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Prozess nicht offenlegen zu müssen, ist durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt. Dabei ist es im Prozess allerdings ihre (der Klägerin) Sache, nachvollziehbar und substantiiert darzulegen, bei welchen Informationen aus der geforderten Entgeltkalkulation es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln soll. Zur Substantiierung muss die Beklagte angeben, bei Offenlegung welcher konkreten Geheimnisse sie welche konkreten Nachteile zu befürchten hätte. Es wird nicht vermutet, dass Geschäftsdaten per se dem Geheimnisschutz unterliegen (vgl. zu Allem: BGH, Urt. v. 20.07.2010, EnZR 24/09, bei juris, Rdnr. 35; BGH, WM 2009, 1957 Tz. 30 ff.; BGH, BGHZ 178, 362 ff. Tz. 46 ff.; BGH, WuM 2007, 220).

(2) Der daraus folgenden Notwendigkeit, die reklamierten Geschäftsgeheimnisse im Einzelnen zu benennen und vorzutragen, welche Nachteile konkret aus einer Offenlegung resultieren können, entzieht die Klägerin sich durchgängig. So trägt sie in den zahlreich beim Senat geführten Verfahren - mit unterschiedlichen Formulierungen - bloß pauschal vor, bei den im vorliegenden Verfahren relevanten Kostenkalkulationen handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu deren Offenlegung sie (die Klägerin) gegenüber anderen Unternehmen nicht verpflichtet sei. Die Daten würden - so behauptet sie - anderen Unternehmen nützen und diese in die Lage versetzen, für sie (die Klägerin) nachteilige Entscheidungen zu treffen, die Daten ermöglichten Wettbewerbern Schlussfolgerungen für ihr eigenes wettbewerbliches Verhalten, was zu Kosteneinsparungen führe, potentiellen Wettbewerbern würden Informationen geliefert, ob sich der Aufbau eines eigenen Produktes lohne und gäben ihnen eine Kalkulationsmethode vor, den Wettbewerbern würden Kostenparameter bekannt, mit deren Hilfe auch ihre (der Klägerin) Kosten auf der Endkundenebene abgeschätzt werden könnten, mit Hilfe der Methodik und in Kombination mit anderen Parametern (z.B. Stundensätzen) könne die Konkurrenz Einzelkosten von anderen - im Wettbewerb stehenden - Leistungen ermitteln . Die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof - fußend auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - an die Darlegung eines Geheimnisschutzes stellt, werden damit schon ansatzweise nicht erfüllt. Denn es bleibt völlig offen, welche konkreten Geheimnisse zu welchen konkret aus der Offenlegung dieser Geheimnisse entstehende Nachteile führen sollen und um welche Nachteile es sich überhaupt handeln soll. Ohne einen solchen Sachvortrag kann die Klägerin einen Geheimnisschutz schon nicht in Anspruch nehmen. Ihre Ankündigung, sie werde ohne Einschränkung vortragen, sobald der Geheimnisschutz durch den Senat gewährleistet sei, geht deshalb von vornherein ins Leere. Aus diesem Grund sind auch die von der Klägerin dazu erbetenen Hinweise nicht zu erteilen.

(3) Die Annahme eines umfassenden Geheimnisschutzes kommt nicht in Betracht. Von vornherein als unrichtig zu verwerfen ist die Auffassung der Klägerin, dass durch die verlangte Aufschlüsselung der Kosten ausschließlich Geschäftsgeheimnisse betroffen sind.

Die Klägerin hat in den beim Senat zahlreich geführten Verfahren selbst offengelegt, welche Arbeitsschritte zur Erstellung, Erweiterung und Pflege der erforderlichen Datenbank (Aufnahme der Daten der eigenen Kunden in die Datenbank Andi, Übertragung der Daten in DaRed, Einspeisung der sog. Carrierdaten in DaRed) sowie der Weitergabe der Daten an ihre Kunden erforderlich sind. Die Kosten sind durch die Kostengruppen 1 bis 3 eng umrissen. Es ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, dass sämtliche in diesem Rahmen anfallende Kosten Geschäftsgeheimnisse sind. Das liegt auch fern.

Gegen ein umfassendes Geheimhaltungsinteresse spricht überdies, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf Vorgänge und Kalkulationsgrundlagen des Jahres 2000 ankommt. Es ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst zu erkennbar, dass 10 Jahre alte Kalkulationsdaten für Wettbewerber sämtlich noch heute von Interesse sein können. Darauf beruft sich die Klägerin mit dem Hinweis, neben der in weiten Teilen bzw. weitestgehend unverändert gebliebenen Kalkulationsstruktur hätten auch die Kostenpositionen unter Berücksichtigung von Effizienzsteigerungen der Höhe nach keine wesentlichen Änderungen erfahren. Dieser Vortrag ist schon deshalb keiner rechtlichen Prüfung zugänglich, weil unklar bleibt, was die Klägerin mit "in weiten Teilen" bzw. "weitestgehend" unverändert meint. Im Übrigen bedeutet die zitierte Formulierung im Umkehrschluss, dass auch aus der Sicht der Klägerin hinsichtlich einiger Daten ein Geheimhaltungsinteresse nicht (oder nicht mehr) besteht. Um welche Kalkulationsdaten es sich dabei handelt, wird freilich nicht aufgedeckt. Entsprechendes gilt für den Sachvortrag, die in die Allokation eingeflossenen Grunddaten könnten "gegebenenfalls" fortgeschrieben oder auf den aktuellen Stand prognostiziert werden und die seinerzeit eingesetzten Buchhaltungssysteme seien "teilweise" heute noch im Einsatz.

(4) Für die dargestellte zivilprozessuale Darlegungslast zum Geheimnisschutz ist entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, ob in einem Missbrauchsverfahren vor der Bundesnetzagentur den dort beigeladenen Unternehmen die Äußerungen der Beklagten nur geschwärzt überreicht werden würden. Dient die Zuschrift dort nur Informationszwecken, ist gegenüber der gegnerischen Partei im Zivilprozess gem. § 138 Abs. 2 ZPO umfassend und wahrheitsgemäß vorzutragen und nach zivilprozessualen Grundsätzen unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden, ob die Darlegungslast ausnahmsweise wegen - hier nicht - feststellbarer Geheimhaltungsinteressen eingeschränkt ist.

Ebenso irrelevant ist, dass die Angaben im vorliegenden Verfahren auch Relevanz in einem etwaigen von der Bundesnetzagentur eingeleiteten Regulierungs- oder Missbrauchsverfahren haben könnten. Es ist schon nicht erkennbar, wieso die Klägerin deshalb berechtigt sein sollte, gegenüber der Beklagten unvollständig vorzutragen. Zudem ist die Klägerin gegenüber der Bundesnetzagentur zur Auskunft verpflichtet und hat deshalb bei wahrheitsgemäßem Sachvortrag im vorliegenden Verfahren keine Nachteile zu befürchten. Überdies würde die Bundesnetzagentur nach Angaben der Klägerin deren Schriftsätze nicht ungeschwärzt an Beigeladene eines etwaigen Missbrauchsverfahrens herausgeben, so dass Geheimhaltungsinteressen insoweit von vornherein nicht berührt sein können. Gegenüber den von Amts wegen zur Verschwiegenheit verpflichteten Mitarbeitern der Bundesnetzagentur kann sich die Klägerin von vornherein nicht auf ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse berufen.

(5) Über die bereits dezidiert erteilten Hinweise hinaus ist die Klägerin nicht erneut auf ihre Darlegungslast aufmerksam zu machen und zu einem substantiierten Vorbringen zum Geheimnisschutz aufzufordern. Gemäß § 139 Abs. 1 ZPO hat das Gericht dahin zu wirken, dass sich die Parteien rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären; nach § 139 Abs. 2 ZPO darf die Entscheidung des Gerichts nicht auf einen Gesichtspunkt gestützt werden, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Dieser Prozessleitungspflicht ist in vollem Umfang durch die Vorsitzendenverfügung vom 13. Dezember 2010 Genüge getan worden. Es versteht sich von selbst, dass eine anwaltlich vertretene Prozesspartei nicht dadurch weitere (wiederholende) gerichtliche Hinweise erzwingen kann, dass sie die bereits erhaltenen Hinweise weitgehend ignoriert und sich sodann auf den Standpunkt stellt, ohne einen erneuten Hinweis des Gerichts dürfe man davon ausgehen, ausreichend und substantiiert vorgetragen zu haben.

dd) Selbst wenn die Klägerin für einzelne Kalkulationsdaten Geheimhaltungsinteressen schlüssig darlegt hätte (und notfalls nachweisen könnte), lässt dies nicht per se ihre diesbezügliche Darlegungslast entfallen. Vielmehr hat eine Abwägung zwischen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes und dem verfassungsrechtlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stattzufinden. Diese Abwägung muss auf einen weitestgehenden Ausgleich zwischen den betroffenen Verfassungsgütern gerichtet sein. Dabei ist zunächst eine Inanspruchnahme der prozessualen Möglichkeiten des Ausschlusses der Öffentlichkeit und der strafbewehrten (§ 353 d Nr. 2 StGB) Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Geheimhaltung nach § 172 Nr. 2, § 173 Abs. 2, § 174 Abs. 3 Satz 1 GVG in Betracht zu ziehen.

(1) Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass eine strafbewehrte Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Geheimhaltung nicht zur Wahrung der - unterstellt: vorhandenen - Geheimhaltungsinteressen der Klägerin ausreichend sein könnte, so dass auch aus diesem Grund die Vortragslast der Klägerin nicht verkürzt ist. Keinesfalls ergibt sich, dass nur das von der Klägerin angestrebte sog. "in camera" Verfahren die etwaigen Geheimhaltungsinteressen zu wahren geeignet ist. Es spricht nämlich nach dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachenstoff nichts dafür, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten einer entsprechenden Verpflichtung zuwider handeln und Betriebsgeheimnisse der Klägerin preisgeben würden. Dass - wie die Klägerin behauptet - die anwaltlichen Vertreter bislang Informationen aus dem einen Verfahren auch in anderen Verfahren für dritte Mandanten verwendet haben, bedeutet nicht, dass diese auch gegen eine strafbewehrte Geheimhaltungsverpflichtung nach §§ 172 Nr.2, 173 Abs.2, 174 Abs.3 Satz 1 GVG verstoßen werden.

(2) Die in zahlreichen Verfahren vor dem Senat vorgebrachten Erwägungen der Klägerin, aus welchen Erwägungen eine strafbewehrte Verpflichtung der Prozessbeteiligten nicht im vorgenannten Sinne geeignet sein sollte, liegen erkennbar neben der Sache. Ihre Befürchtung, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten seien tatsächlich nicht in der Lage, den Geheimnisschutz zu wahren, u.a. weil sie auch andere Datenabnehmer der Beklagten anwaltlich beraten, ist lebensfremd.

(3) Nicht stichhaltig ist ebenso der Hinweis der Klägerin, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten hätten vertrauliche - und deshalb in den Beschlussausfertigungen für die beigeladenen Unternehmen geschwärzte - Textpassagen aus einem Beschluss der Bundesnetzagentur zur Entgeltregulierung in das Verfahren eingeführt, nachdem es einem Mitarbeiter ihrer Anwaltskanzlei gelungen war, über die Online-Version jenes Beschlusses im Vorlesemodus Kenntnis vom verdeckten Inhalt der Regulierungsentscheidung zu erhalten. Das beschriebene Verhalten erfüllt nicht den Tatbestand einer Strafrechtsnorm. § 202 a StGB ist - anders als die Klägerin meint - jedenfalls deshalb nicht erfüllt, weil es an einer "Überwindung der Zugangssicherung" fehlt (vgl. BGH, MMR 2010, 711). Es ist nicht eine Zugangssicherung überwunden, sondern eine vorhandene Sicherungslücke genutzt worden. Ebenso wenig ist der Tatbestand des § 17 Abs. 2 UWG erfüllt. Es fehlt an einem "unbefugten" Verhalten, weil die Prozessbevollmächtigten der Beklagten weder der Klägerin zur Wahrung der Vertraulichkeit der in Rede stehenden Daten verpflichtet waren noch die Kenntnis von den geschwärzten Textpassagen auf rechtswidrige, verbotene Weise erlangt haben. Fehlt es an einem strafbaren Verhalten, kann aus dem Vorfall auch nicht gefolgert werde, die Bevollmächtigten der Beklagten würden unter Verstoß gegen § 353 d Nr. 2 StGB einer strafbewehrten Verschwiegenheitsverpflichtung durch den Senat zuwider handeln.

(4) Im Ergebnis hätte die Klägerin somit die ursprüngliche Entgeltkalkulation einschließlich aller etwaigen Geschäftsgeheimnisse vortragen müssen. Berechtigte Geheimhaltungsinteressen wären dadurch gewahrt worden, dass den gegnerischen Prozessbevollmächtigten der geheimhaltungsbedürftige klägerische Sachvortrag erst nach ihrer Verpflichtung zur Verschwiegenheit zugänglich gemacht worden wäre. Das versteht sich bei vernünftiger Betrachtung von selbst. Das Argument der Klägerin, man könne einstweilen noch nicht zur Entgeltkalkulation vortragen, weil die Prozessvertreter der Beklagten noch nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, geht deshalb schon im Ansatz fehl. Im Übrigen hätte die Klägerin den betreffenden Schriftsatz bei Gericht vorsorglich mit dem Zusatz einreichen können, dass man nur bei einer vorherigen Verschwiegenheitsverpflichtung der gegnerischen Anwälte mit einer Weiterleitung einverstanden sei. Dass ist auch den forensisch erfahrenen Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt.

b) Nach alledem ist die Klägerin ihrer Darlegungslast, auf Grund deren sie nachvollziehbar hätte vortragen müssen, auf welches Entgelt sich redliche Vertragsparteien auf der Basis der ursprünglichen Preiskalkulation geeinigt hätten, nicht nachgekommen.

Die von der Klägerin vorgelegte Neukalkulation des Entgelts für das Jahr 2001 ist schon aus Rechtsgründen unerheblich. Denn der Sachvortrag gibt keinen Aufschluss über die - alleine streitentscheidende - Frage, in welcher Höhe das ursprünglich vereinbarte Entgelt unter Berücksichtigung der verbotsgesetzwidrigen Bestandteile und in Anwendung der Grundsätze einer ergänzenden Vertragsauslegung rechtlichen Bestand hat.

D. Prozessual hat der unzureichende Sachvortrag der Klägerin zur Folge, dass die eingeklagten Vergütungsbeträge nicht verlangt werden können. Denn es lässt sich mangels des entsprechenden Vorbringens der Klägerin nicht feststellen, in welcher Höhe die Entgeltvereinbarung der Parteien wegen Verstoßes gegen § 12 TKG 1996 ungültig ist und in Höhe welchen Entgeltbetrages die Beklagte - auch unter Heranziehung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung - eine Vergütung für die erhaltenen Teilnehmerdaten schuldet. Der Klägerin können auch nicht - als Mindestvergütung - die von der Bundesnetzagentur in dem Missbrauchsverfahren BK3-05-036 gebilligten Entgeltbeträge zuerkannt werden. Wie sie selbst vorträgt, liegt jenen Beträgen nämlich ein gänzlich anderes Entgeltmodell zugrunde.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die streitigen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof hinreichend geklärt, so dass die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 13.04.2011
Az: VI-U (Kart) 7/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/31c398fd92bf/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_13-April-2011_Az_VI-U-Kart-7-11




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