Landgericht Bochum:
Urteil vom 26. April 2012
Aktenzeichen: I-14 O 239/11

(LG Bochum: Urteil v. 26.04.2012, Az.: I-14 O 239/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Bochum hat in dem Urteil vom 26. April 2012, Aktenzeichen I-14 O 239/11, den Beklagten dazu verurteilt, bestimmte Handlungen zu unterlassen. Konkret wurde ihm untersagt, ohne Zustimmung der Klägerin das Zeichen "J" im geschäftlichen Verkehr in Verbindung mit Bekleidungsstücken zu benutzen. Das Verbot gilt sowohl für das Anbringen des Zeichens auf den Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung, als auch für das Anbieten, in den Verkehr bringen, besitzen, einführen oder ausführen der Waren. Darüber hinaus ist es dem Beklagten untersagt, das Zeichen in Geschäftspapieren oder Werbung zu verwenden. Zur Durchsetzung des Verbots wurden empfindliche Sanktionen festgelegt, wie ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro oder eine Ersatzordnungshaft bis zu 6 Monaten. Sollte das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden können, ist eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten vorgesehen. Im Wiederholungsfall droht sogar eine Ordnungshaft bis zu 2 Jahren.

Darüber hinaus wurde der Beklagte dazu verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 189,51 Euro sowie Auskunftskosten in Höhe von 15,00 Euro freizuhalten. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei für den Untersagungsanspruch eine Sicherheitsleistung von 25.000,00 Euro erforderlich ist, während für die anderen Ansprüche eine Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet werden muss.

Hintergrund des Rechtsstreits ist, dass die Klägerin seit 2006 im Einzelhandel mit Bekleidung tätig ist und Inhaberin der deutschen Wortmarke "J" ist. Der Beklagte handelt ebenfalls mit Bekleidung und hat das Zeichen "J" ohne Zustimmung der Klägerin für seine Produkte verwendet. Die Klägerin hat den Beklagten wegen Markenverletzung abgemahnt, woraufhin dieser keine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben hat. Daher hat die Klägerin Klage eingereicht, um die Unterlassung der Nutzung des Zeichens "J" für Bekleidung und die Zahlung der Anwaltskosten durchzusetzen.

Das Gericht hat die Klage der Klägerin für begründet erachtet. Es liegt eine Markenverletzung vor, da der Beklagte das Zeichen "J" für Bekleidungsstücke verwendet, was eine Verwechslungsgefahr mit der Marke der Klägerin begründet. Die Behauptungen des Beklagten, dass das Zeichen in der Hip-Hop-Szene eine bestimmte Bedeutung habe oder dass es im "J Style" angefertigt sei, sind für die Frage der Markenverletzung unerheblich. Ebenso spielt es keine Rolle, dass der Beklagte die Hosen regulär im Großhandel erworben hat.

Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Zeichens "J" für Bekleidung sowie auf Freihaltung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Kosten des Rechtsstreits muss der Beklagte tragen. Die Entscheidung kann vorläufig vollstreckt werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Bochum: Urteil v. 26.04.2012, Az: I-14 O 239/11


Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und, wenn dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin das Zeichen "J" im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Bekleidungsstücken, insbesondere Hosen, zu benutzen, insbesondere das vorstehend bezeichnete Zeichen auf den vorstehend bezeichneten Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem vorstehenden bezeichneten Zeichen die vorstehend wiedergegebenen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen und schließlich das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäftspapieren oder der Werbung zu benutzen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 189,51 Euro nebst Auskunftskosten in Höhe 15,00 Euro freizuhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, der Untersagungsanspruch gegen Sicherheitsleistung von 25.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin handelt seit 2006 im Einzelhandel mit Bekleidung. Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke "J" mit Priorität vom 21. Juli 2010, die u. a. für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen eingetragen ist (Bl. 9 f. d. A.). Der Beklagte handelt seit dem 01.04.2009 mit Textilien und vertreibt sie wie auch die Klägerin über die Handelsplattform f. Im Juli 2011 bot er dort eine "W Jeans grau W 34" (Bl. 11 ff. d. A.) an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.07.2011 (Bl. 15 ff. d. A.) mahnte die Klägerin den Beklagten wegen der Verletzung ihrer Marke ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Der Beklagte gab diese trotz Erinnerung nicht ab, sondern bot noch im Dezember 2011 diese Hose mit demselben Text an. Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin Unterlassung der Nutzung des Zeichens "J" für Bekleidung sowie die Bezahlung außergerichtlicher Anwaltskosten.

Die Klägerin ist der Ansicht, ein Markenverstoß sei gegeben. Der Beklagte nutze für Bekleidungsstücke das Zeichen "J", so dass Warenidentität besteht. Durch den Eingriff in das ausschließliche Benutzungsrecht der Klägerin sei auch ein Schaden entstanden, so dass die Abmahnung auf jeden Fall berechtigt gewesen sei. Von daher seien die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten berechnet nach einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR und einem 1,3 Gebührensatz zutreffend, soweit hier die außergerichtlichen nicht festsetzungsfähigen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht würden. Außerdem seien Auskunftskosten in Höhe von 15,00 EUR für eine Gewerbeauskunft notwendig geworden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ersatzordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin das Zeichen "J" im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Bekleidungsstücken, insbesondere Hosen, zu benutzen, insbesondere das vorstehend bezeichnete Zeichen auf der vorstehend bezeichneten Ware oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem vorstehend bezeichneten Zeichen die vorstehend wiedergegebenen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen und schließlich das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäftspapieren oder der Werbung zu benutzen,

die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 189,51 EUR nebst Auskunftskosten in Höhe 15,00 Euro freizuhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zunächst behauptet, er verkaufe als Wiederverkäufer an Endabnehmer ausschließlich Originalwaren der Klägerin und verwende zur Bezeichnung der Ware die genaue Produktbezeichnung. Die Ware sei über die Zentrale des Einkäufers auf dem Großmarkt legal erworben worden. Im Termin hat der Beklagte klargestellt, dass dieser Vortrag versehentlich erfolgte und unzutreffend sei. Vielmehr vertreibe er Waren der bekannten Firma W1 mit Sitz in den USA. Die streitgegenständliche Hose sei mit einem Schriftzug über der Gesäßtasche verziert, diese Art der Ausführung nenne sich "J"-Schriftzug. Dieser Begriff sei in der Hipp Hopp und Sprayer- Szene üblich. Die Ware trage auch die Marke des Herstellers "W1", so dass im Ergebnis schon keine Warenidentität bestehe. Zudem griffen die Grundsätze von § 24 MarkenG zum Schutz des Beklagten ein.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung der Nutzung ihrer Marke "J" für Bekleidungsstücke gemäß §§ 4, 14 Abs. 5 MarkenG.

Unstreitig bewirbt der Beklagte eine Jeans mit der Bezeichnung "W" und verwendet damit den markenrechtlich geschützten Begriff "J", der zu Gunsten der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt geschützt ist. Nachdem nunmehr unstreitig ist, dass der Beklagte keine vom Kläger erworbene Originalware verkauft, sondern Produkte der Firma "W1l" ist eine Markenverletzung zu bejahen. Die Marke der Klägerin ist geschützt für Bekleidungsstücke, also auch für Jeanshosen. Von daher ist Warenidentität gegeben. Der Beklagte verwendet auch ein ähnliches Zeichen, da durch die Bezeichnung "W1" der Begriff "J", der markenrechtlich geschützt ist, verwendet wird. Insoweit besteht Verwechselungsgefahr, denn die Marke des Klägers wird unverändert übernommen, wenn auch Begriffe davor und dahinter gestellt werden. Die Verwechselungsgefahr entfällt nicht, weil in der Werbung der Begriff "W1l", bei dem es sich um den Hersteller der Jeans handeln soll, vorangestellt wird und der Marke der Klägerin eine Aneinanderreihung englischer Worte folgt, deren Sinnzusammenhang sich dem Betrachter nicht erschließt. Somit bleibt festzuhalten, dass für den Verbraucher eine nicht erkennbar sinnhaltige Aneinanderreihung von englischen Begriffen vorliegt, in deren Reihenfolge sich im vorderen Bereich und damit prägend die Marke der Klägerin befindet. Von daher ist eine Verletzung der Marke der Klägerin zu bejahen. Eine Voranstellung des Begriffs "W1l" führt nicht zu einer klaren und deutlichen Abgrenzung.

Der Einwand des Beklagten, dass die Marke der Klägerin in der Hipp Hopp- und Sprayerszene eine bestimmte Bedeutung habe, ist insoweit unerheblich. Dasselbe gilt für die Behauptung, dass das Brandlogo im "J Style" angefertigt sei. Ebenso ist für die Frage der Markenverletzung nicht von Bedeutung, dass der Beklagte die Hosen im Großhandel regulär erworben hat. Dadurch wird die Markenverletzung nicht geheilt. Die Grundsätze der Erschöpfung sind vorliegend nicht anwendbar, da unstreitig nicht die Klägerin die streitgegenständliche Hose auf den Markt gebracht hat.

Da die Abmahnung somit rechtmäßig war, folgt der Anspruch der Klägerin auf Freihaltung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Höhe nach werden weder die vorgerichtlichen Anwaltskosten noch die Auskunftskosten bestritten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.






LG Bochum:
Urteil v. 26.04.2012
Az: I-14 O 239/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/327a8d39d48e/LG-Bochum_Urteil_vom_26-April-2012_Az_I-14-O-239-11




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