Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2004
Aktenzeichen: 10 W (pat) 47/01

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2004, Az.: 10 W (pat) 47/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung des Bundespatentgerichts vom 15. April 2004 (Aktenzeichen 10 W (pat) 47/01) wird ein Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 65 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2001 aufgehoben. Im Stammverfahren der Anmeldung einer Trennanmeldung bzw. Teilungserklärung handelt es sich um ein Ausschließungspatent aus Metall für Dosen, welches von der Rechtsvorgängerin der Anmelderin beim Patentamt der ehemaligen DDR angemeldet und später aufgrund eines Prüfungsantrags beschränkt aufrechterhalten wurde. Im Oktober 1994 wurde das Patent "im Umfang der beigefügten Ansprüche" geteilt und hierfür eine Teilungsgebühr bezahlt. Das Patentamt erklärte die Teilung später für unwirksam und die Anmelderin legte dagegen Beschwerde ein. Das Gericht entschied, dass eine wirksame Teilung vorliege und hob den Beschluss der Prüfungsstelle auf. Die Gerichtsentscheidung ist somit zugunsten der Anmelderin ausgefallen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 15.04.2004, Az: 10 W (pat) 47/01


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 65 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2001 aufgehoben.

Gründe

I Das Stammverfahren zur streitgegenständlichen Trennanmeldung bzw Teilungserklärung ist ein von der Rechtsvorgängerin der Anmelderin am 4. März 1987 beim Patentamt der ehemaligen DDR angemeldetes, gemäß § 17 Abs 1 PatG-DDR erteiltes Ausschließungspatent DD 254 715 mit der Bezeichnung "Aufreißdeckel aus Metall für Dosen"; die Veröffentlichung der Patenterteilung war am 9. März 1988. Dieses Patent wurde aufgrund eines gemäß § 12 ErstrG gestellten Prüfungsantrags mit Beschluss vom 10. Oktober 1994 beschränkt aufrechterhalten (aufgrund geänderter, am 6. Oktober 1994 eingereichter Unterlagen).

Zuvor, mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1994, eingegangen am 6. Oktober 1994, wurde das Patent DD 254 715 "im Umfang der beigefügten Ansprüche" geteilt. Beigefügt waren Patentansprüche 1 bis 7 (die mit den für das Stammverfahren ursprünglich eingereichten und vom Patentamt der ehemaligen DDR erteilten Patentansprüchen übereinstimmen), eine Beschreibung, ein Blatt Zeichnungen und die Zusammenfassung. Zugleich wurden 1.800,- DM gezahlt. Das Deutsche Patentamt- und Markenamt legte für die Trennanmeldung eine Akte an (DD B65D/344 430.8; Patentnummer DD 844430).

Nach einem Hinweis des Patentamts über die Höhe der für die Trennanmeldung nachzuentrichtenden Gebühren, wonach die 1800,- DM die Jahresgebühren abdeckten, aber noch die Anmeldegebühr (500,- Mark der DDR, reduziert aufgrund der Währungsunion um die Hälfte, daher 250,- DM) und die Prüfungsgebühr (400,- DM) fehlten, zahlte die Anmelderin im Dezember 1994 weitere 650,- DM; zugleich reichte sie auch einen Patenterteilungsantrag ein.

Dem Hinweis des Patentamts im März 1999, dass die Teilungserklärung keine Teilung im Sinne von § 39 PatG habe bewirken können, da eine vollständige Entnahme bereits vom Begriff her keine Teilung und somit mit einer Zurückweisung der Teilanmeldung zu rechnen sei, trat die Anmelderin entgegen. Sie habe insbesondere deswegen eine Teilung bewirkt, weil sie zugleich mit der Teilung neue Ansprüche für das Stammverfahren mit einem eingeschränkten Hauptanspruch eingereicht habe. Sie führte aber zugleich aus, dass sie nichts gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Teilung hätte, wenn ihr die gesamten bisherigen Gebühren zurückerstattet würden.

Die Prüfungsstelle für Klasse B 65 D des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 23. Juli 2001 die Teilung gemäß Antrag vom 5. Oktober 1994 für unwirksam erklärt. Das neue Aktenzeichen sei zu löschen, die Jahresgebühren für die vermeintliche Teilanmeldung seien zurückzuzahlen. Die Teilungserklärung sei unzulässig. Der Begriff der Teilung des Patents gemäß § 60 PatG setze eine gegenständliche Teilung im Sinne einer Zerlegung in mindestens zwei unterschiedliche Teile voraus. Dies sei hier nicht der Fall, denn die Anmelderin habe den gesamten Inhalt des Gegenstands des Stammpatents DD 254 715 in die Teilungserklärung unverändert und in vollem Umfang übernommen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde (unter Zahlung einer Beschwerdegebühr). Im Beschwerdeschriftsatz ist ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen die "Zurückweisung der Teilanmeldung" richte - diese Zurückweisung sei sinngemäß dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen -, weshalb eine Beschwerdegebühr gezahlt worden und weshalb ein technischer Beschwerdesenat für die Beschwerde zuständig sei. Im Rahmen der Beschwerde werde es nämlich um den technischen Gegenstand der Patentansprüche gehen für die Beantwortung der Frage, ob durch die Teilung zwei unterschiedliche Teile entstanden seien.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent in der geltenden Fassung der Ansprüche zu erteilen.

Auf den Hinweis des Senats, dass der 10. Senat für die Beschwerde zuständig sei, hat sich die Anmelderin nicht mehr geäußert.

II 1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen. Einer Beschwerdegebühr bedarf es nicht, denn gemäß § 73 Abs 3 PatG aF (= Fassung bis 31. Dezember 2001) ist eine Beschwerdegebühr nur erforderlich bei einer Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den die Anmeldung zurückgewiesen wird. Eine Zurückweisung der (Trenn)Anmeldung ist aber weder wörtlich noch sinngemäß erfolgt. In dem dem Beschluss vorangehenden Bescheid hat das Patentamt zwar die Zurückweisung der Teilanmeldung angedroht, der Beschluss hat aber die Unwirksamkeit der Teilungserklärung in Form eines Feststellungsbeschlusses beschieden. Damit steht zugleich auch fest, dass kein technischer Beschwerdesenat, sondern richtigerweise der juristische Beschwerdesenat zuständig ist (§ 67 Abs 1 PatG).

2. Die Beschwerde ist begründet, denn es liegt eine gemäß § 39 PatG wirksame Teilung vor.

a. Bei einem gemäß § 4 ErstrG erstreckten Patent wie hier, auf das gemäß § 5 ErstrG - mit Ausnahme der Voraussetzungen für die Schutzfähigkeit und der Schutzdauer - die Vorschriften des Bundesrechts anzuwenden sind, ist auch die Vorschrift über die freie Teilung gemäß § 39 PatG anwendbar, wenn es sich im Prüfungsverfahren gemäß § 12 ErstrG befindet.

An der früheren Senatsentscheidung 4 W (pat) 40/96 vom 23. Juni 1997 - Faserbündel (veröffentlicht in juris) wird nicht mehr festgehalten. In dieser Entscheidung, die die Teilung eines DD-Wirtschaftspatents betrifft, das sich im Prüfungsverfahren gemäß § 12 ErstrG befindet, ist ua ausgeführt, es sei kein Raum für die analoge Anwendung von § 39 PatG, denn es liege ein erteiltes Patent vor, das gemäß § 6 ErstrG der Veröffentlichung der Patenterteilung gemäß § 58 PatG gleichstehe. Mit dem Erteilungsbeschluss des Patentamts der ehemaligen DDR sei der Inhalt des Patents (Schutzbereich) festgelegt. Ein etwaiger, in der ursprünglichen Offenbarung der Anmeldung enthaltener Überschuss, der nicht zum Inhalt des Patents gemacht worden sei, könne daher wegen der Zäsurwirkung des Erteilungsbeschlusses nicht mehr zum Gegenstand einer Teilanmeldung gemäß § 39 PatG gemacht werden.

Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Teilung (vgl BlPMZ 2000, 245 - Graustufenbild; BlPMZ 2003, 66 - Sammelhefter) und die damit vollzogene Abkehr vom gegenständlichen Teilungsbegriff, jedenfalls soweit es die Anforderungen an die Teilungserklärung betrifft, bestehen keine durchgreifenden Bedenken mehr gegen die Anwendbarkeit von § 39 PatG (für eine Anwendbarkeit auch Kühnen, Die Teilung des Patents, Seite 28, 29). Nach dieser Rechtsprechung ist die Teilung einer Anmeldung gemäß § 39 PatG auch nach Erlass des Erteilungsbeschlusses möglich, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl BGH aaO - Graustufenbild). Eine Zäsurwirkung des Erteilungsbeschlusses, die der Teilung einer Anmeldung grundsätzlich entgegenstehen könnte, kann daher nicht angenommen werden. Bei einem DD-Patent wie hier lag zwar gemäß § 6 ErstrG (Wirkung erteilter Patente) zunächst ein bestandskräftiger Erteilungsbeschluss vor, durch den Antrag gemäß § 12 ErstrG ist aber Prüfungsverfahren nachträglich noch einmal eröffnet worden.

Hinzu kommt, dass das Prüfungsverfahren gemäß § 12 ErstrG der Sache nach einem Prüfungsverfahren gemäß § 44 PatG entspricht, auf das § 12 ErstrG ausdrücklich verweist (vgl im einzelnen Kühnen, aaO; vgl auch die Begründung zu § 12 ErstrG in BlPMZ 1992, 228 re Sp: "Die nachträgliche Prüfung soll sich nach § 44 PatG richten, wobei der einzige Unterschied darin besteht, dass nicht eine Anmeldung, sondern ein bereits erteiltes Patent vorliegt. ... Prüfungsmaßstab sind alle formellen und materiellen Voraussetzungen gemäß § 44 Abs 1 PatG."). Die entsprechende Anwendung des § 39 PatG im Prüfungsverfahren gemäß § 12 ErstrG ist daher gerechtfertigt.

b. Die am 6. Oktober 1994 abgegebene Teilungserklärung ist formell und materiell wirksam.

Die Teilung ist gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 PatG schriftlich erklärt worden. Gemäß der neueren Rechtsprechung setzt die wirksame Teilung eines Patents nicht voraus, dass durch die Teilungserklärung ein gegenständlich bestimmter Teil des Patents definiert wird, der von diesem abgetrennt wird (vgl BGH BlPMZ 2003, 66, 68 li Sp o - Sammelhefter). Wenn gleichwohl wie hier ein gegenständlich bestimmter Teil (durch Einreichung von Patentansprüchen) definiert worden ist, so ist dies für die Wirksamkeit der Teilungserklärung als solche nicht mehr zu prüfen, denn die Teilungserklärung ist schon wirksam ohne diese gegenständliche Bestimmung. Es ist somit unerheblich, dass hier die für die Trennanmeldung eingereichten Patentansprüche zum Zeitpunkt der Teilungserklärung mit denen des erteilten Patents im Stammverfahren übereinstimmten. Die unzulässige Doppelpatentierung muss und kann nicht durch inhaltliche Anforderungen an die Teilungserklärung vermieden werden, sondern allein durch entsprechende Anforderungen an die jeweils zu gewährenden oder aufrechtzuerhaltenden Ansprüche. Da die abschließende Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche nicht am Anfang, sondern am Ende des Erteilungsverfahrens steht, kann und muss erst zu diesem Zeitpunkt und nicht schon bei Abgabe der Teilungserklärung der Gegenstand des in dem jeweiligen Verfahren erstrebten Patentschutzes feststehen (BGH aaO - Sammelhefter). Die Prüfungsstelle wird daher im Prüfungsverfahren der Trennanmeldung darauf zu achten haben, dass nicht ein Patent erteilt wird, dass mit dem des Stammverfahrens übereinstimmt.

c. Auch die weiteren in § 39 Abs 2 und 3 PatG vorgeschriebenen Erfordernisse der Teilung sind erfüllt worden.

aa. Die Anmeldungsunterlagen gemäß §§ 34 bis 36 PatG (Erteilungsantrag, Ansprüche, Beschreibung, Zeichnung, Zusammenfassung) sind hier innerhalb der Dreimonatsfrist des § 39 Abs 3 PatG eingereicht worden.

bb. Es sind auch die erforderlichen Gebühren innerhalb der Dreimonatsfrist gezahlt worden.

Gemäß § 39 Abs 2 Satz 1 PatG sind für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Teilung die gleichen Gebühren zu entrichten, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten waren. Die abgetrennte Anmeldung wird danach gebührenrechtlich mit der Maßgabe wie eine von Anfang an selbständige Anmeldung behandelt, dass die Gebühren für die zurückliegende Zeit mit Eingang der Teilungserklärung fällig werden und sich in ihrer Höhe grundsätzlich nach den für die ursprüngliche Anmeldung angefallenen Gebühren richten (vgl Benkard, PatG, 9. Aufl, § 39 Rdn 9). Hier waren zum Zeitpunkt der Teilung im Stammverfahren die Anmeldegebühr, die Prüfungsantragsgebühr sowie Jahresgebühren bis einschließlich der 8. Jahresgebühr angefallen, so dass sich ein Betrag in Höhe von 1775,- DM ergibt. Denn es ist hier für die Berechnung der Höhe der Gebühren durchgängig von den Gebührensätzen des Patentgebührengesetzes (in den ab 1. Januar 1987 geltenden Fassungen) auszugehen.

Entgegen des vom Patentamt der Anmelderin gegebenen Hinweises auf die Höhe der nachzuentrichtenden Gebühren kann nämlich nicht, weil es sich beim Stammverfahren um ein in der ehemaligen DDR angemeldetes Patent handelt, dessen Anmeldegebühr und erste Jahresgebühren noch unter Geltung des Rechts der ehemaligen DDR zu zahlen waren, bei der Nachzahlung insoweit das Gebührensystem der ehemaligen DDR zugrundegelegt werden - das im übrigen in der Gebührenstaffelung von der bundesdeutschen Regelung deutlich abwich -, auch nicht in der Form, dass bei noch zu DDR-Zeiten angefallenen Gebühren wegen der Bestimmungen des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom Mai 1990 nur die Hälfte angesetzt wird. Vielmehr kann allein Bundesrecht zugrundegelegt werden. Gemäß § 53 Abs 1 ErstrG sind für nach § 4 ErstrG erstreckte Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen nur Gebühren, die vor dem 1. Mai 1992 fällig geworden sind, nach den bisher anzuwendenden Rechtsvorschriften zu entrichten. Daraus ergibt sich eindeutig, dass für alle danach fällig werdenden Gebühren die Vorschriften des Bundesrechts gelten (vgl auch die Begründung zu § 53 ErstrG in BlPMZ 1992, 250 li Sp: Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes fällig werdende Gebühren für DDR-Altrechte und -Altanmeldungen sind grundsätzlich nach Maßgabe des Bundesrechts zu entrichten; ...".), und so ein Fall liegt hier vor. Die Gebühren für die Trennanmeldung sind nämlich erst mit der Erklärung der Teilung, hier also im Oktober 1994 fällig geworden (vgl auch Benkard, aaO), lediglich für deren Höhe wird (fiktiv) auf die Fälligkeitszeitpunkte im Stammverfahren abgestellt.

Unter Zugrundelegung des PatGebG hat die Anmelderin auf jeden Fall die genügenden Gebühren für die Trennanmeldung innerhalb der Dreimonatsfrist entrichtet.

Nachdem die im Oktober 1994 abgegebene Teilungserklärung in jeder Hinsicht den Anforderungen entspricht, war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Schülke Püschel Richter Rauch hat Urlaub und ist deshalb gehindert, zu unterschreiben. Schülke Be






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2004
Az: 10 W (pat) 47/01


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