Oberlandesgericht Bremen:
Beschluss vom 15. März 2013
Aktenzeichen: 2 U 5/13

(OLG Bremen: Beschluss v. 15.03.2013, Az.: 2 U 5/13)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Bremen hat in einem Beschluss vom 15. März 2013 (Aktenzeichen 2 U 5/13) entschieden, dass die Verwendung des Zusatzes "Zulassung OLG, LG, AG Bremen" im Impressum des Internetauftritts eines Rechtsanwalts irreführende Werbung darstellt. Durch diese Angabe wird der unzutreffende Eindruck erweckt, dass der Rechtsanwalt aufgrund seiner Zulassung bei den genannten Gerichten eine besondere Stellung oder Qualifikation hat. Das Gericht sieht darin eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Diese irreführende Aussage hat auch für potentielle Mandanten, die einen Rechtsschutz vor bremischen Gerichten suchen, eine wettbewerbliche Relevanz. Denn sie könnten den Eindruck gewinnen, dass der betreffende Rechtsanwalt aufgrund seiner Zulassung vor diesen Gerichten gegenüber Rechtsanwälten von außerhalb besser geeignet ist. Das Gericht bestätigt damit das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13. Dezember 2012.

In dem Verfahren hatte der Beklagte, der den Zusatz im Impressum verwendet hat, gegen die einstweilige Verfügung geklagt. Er argumentierte, dass seine Angaben im Impressum keine Werbung sind und keine wettbewerbliche Relevanz haben. Außerdem behauptete er, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich sei.

Das Gericht hat die Berufung des Beklagten für offensichtlich unbegründet befunden und beabsichtigt, sie gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zurückzuweisen. Es besteht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, daher ist eine Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde nicht möglich. Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls nicht erforderlich. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit zutreffender Begründung bestätigt.

Die Verwendung des Zusatzes im Impressum stellt eine geschäftliche Handlung dar, da es Teil der für die interessierte Öffentlichkeit eingerichteten Website ist. Das Impressum enthält die nach dem Telemediengesetz (TMG) erforderlichen Angaben, die sicherstellen sollen, dass eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter möglich ist. Damit dient das Impressum auch der Anwerbung neuer Kunden. Die Verwendung des Zusatzes "Zulassung OLG, LG, AG Bremen" ist irreführend, da dadurch der falsche Eindruck erweckt wird, dass der Rechtsanwalt eine besondere Stellung oder Qualifikation aufgrund seiner Zulassung an den genannten Gerichten hat.

Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch vor. Rechtsanwälte sind nicht verpflichtet, andere Anwälte kollegial auf Verstöße hinzuweisen, bevor sie eine Abmahnung aussprechen. Der Beklagte hat mit seinem wettbewerbswidrigen Verhalten eine Wiederholungsgefahr begründet, weshalb die Klägerin das Recht hat, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu verlangen.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Bremen ist einstimmig gefasst und die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Bremen: Beschluss v. 15.03.2013, Az: 2 U 5/13


1. Verwendet ein Rechtsanwalt im Impressum seines Internetauftritts die Angabe €Zulassung OLG, LG, AG Bremen€, stellt dies eine irreführende Werbung dar, weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der Rechtsanwalt verfüge gegenüber anderen Rechtsanwälten aufgrund der Zulassung an den ausdrücklich aufgeführten Gerichten über eine besondere Stellung oder Qualifikation.

2. Die irreführende Aussage €Zulassung OLG, LG, AG Bremen€ ist auch von wettbewerblicher Relevanz, weil sie geeignet ist, bei einem Rechtsschutz vor bremischen Gerichten suchenden potentiellen Mandanten den Eindruck zu erwecken, der Rechtsanwalt sei aufgrund seiner Zulassung vor diesen Gerichten gegenüber auswärtigen Rechtsanwälten zu seiner Vertretung besser geeignet.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13.12.2012 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu bis zum 15. März 2013 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Die Parteien sind Rechtsanwälte. Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) verwendete im Impressum seines Internetauftritts den Zusatz €Zulassung OLG, LG, AG Bremen€, was die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) für eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten hält.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Bremen mit Beschluss vom 16.10.2012 dem Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wörtlich oder sinngemäß wie folgt zu werben:

€Zulassung OLG, LG, AG Bremen€

wie am 02.10.2012 auf der Homepage unter http://[...].de/impressum.html geschehen.

Mit seinem Widerspruch hat der Beklagte die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags begehrt. Es bestehe zur Klägerin kein Wettbewerbsverhältnis, die Angaben im Impressum seien keine Werbung, es fehle an der wettbewerblichen Relevanz und die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sei rechtsmissbräuchlich.

Mit Urteil vom 13.12.2012 hat das Landgericht Bremen, 2. Kammer für Handelssachen, die einstweilige Verfügung vom 16.10.2012 bestätigt.

Der Unterlassungsanspruch folge aus den §§ 3, 5, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Klägerin sei ausweislich ihrer eidesstattlichen Versicherung u.a. als Strafverteidigerin bundesweit tätig und somit Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

Die Verwendung des Zusatzes €Zulassung OLG, LG, AG Bremen€ sei eine irreführende Handlung. Die Verwendung dieses Zusatzes im Impressum stelle eine geschäftliche Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, denn sie hänge objektiv mit der Förderung der Dienstleistungen des Beklagten zusammen und habe insbesondere Marktbezug.

Die Verwendung dieses Zusatzes sei irreführend, weil sie beim angesprochenen Verkehr den unrichtigen Eindruck erwecke, die Zulassung des Beklagten bei den bremischen ordentlichen Gerichten sei etwas Besonderes. Diese irreführende Aussage sei auch von wettbewerblicher Relevanz, denn mit dem Zusatz werde der unzutreffende Eindruck erweckt, andere Rechtsanwälte, insbesondere solche mit Sitz nicht in Bremen, besäßen eine solche Zulassung nicht. Für eine rechtmissbräuchliche Abmahnung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte, was näher erläutert wird.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte jeweils rechtzeitig die Berufung eingelegt und begründet. Der Beklagte begehrt weiterhin die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Er ist der Ansicht, die Verwendung des beanstandeten Zusatzes im Impressum seiner Internetseite habe keinen Marktbezug und sei daher keine geschäftliche Handlung. Sämtliche Angaben im Impressum dienten nicht der Förderung des Geschäftszwecks, sondern verfolgten den alleinigen Zweck, die sich aus dem TMG ergebenden Pflichten für Telemediendienstanbieter zu erfüllen. Dies folge für den verständigen Verbraucher auch daraus, dass dieser Zusatz nicht auch im Profil des Beklagten Erwähnung gefunden habe.

Dem Zusatz fehle zudem die wettbewerbliche Relevanz, denn der potentielle Mandant fälle seine Entscheidung anhand des Profils des Beklagten, nicht aufgrund des Impressums, welches weitgehend sowieso nicht zur Kenntnis genommen werde.

Das Verhalten der Klägerin sei schließlich auch rechtsmissbräuchlich, weil sie entgegen § 43 BRAO den Beklagten abgemahnt habe, ohne zuvor den Beklagten kollegialiter auf die Unzulässigkeit des Zusatzes hingewiesen zu haben.

II.

Der Senat ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich unbegründet ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtssache hat zudem keine grundsätzliche Bedeutung; eine Revisionszulassung sowie eine Nichtzulassungsbeschwerde kommen von vornherein nicht in Betracht (siehe § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schließlich ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit zutreffender Begründung, auf die ergänzend verwiesen wird, bestätigt:

Die Mitbewerbereigenschaft der Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG wird nicht mehr gerügt und ist zudem vom Landgericht zutreffend als hinreichend glaubhaft gemacht bewertet worden.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Verwendung des beanstandeten Zusatzes im Impressum der homepage eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Das Impressum ist Teil der für die interessierte Öffentlichkeit eingerichteten homepage, welches durch einen auf der Startseite befindlichen Link sofort aufgerufen werden kann. Es enthält € worauf der Beklagte selbst hinweist € die nach § 5 TMG erforderlichen Angaben, welche u.a. sicherstellen sollen, dass eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem Diensteanbieter möglich ist. Damit dient das Impressum auch der Anwerbung neuer Kunden, wobei im Übrigen nur im Impressum die E-Mail-Anschrift des Beklagten angegeben ist.

Die Verwendung des Zusatzes €Zulassung OLG, LG, AG Bremen€ ist gemäß §§ 3, 5 UWG irreführend, weil damit der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der Rechtsanwalt verfüge jedenfalls in Bremen gegenüber anderen Anwälten aufgrund der Zulassung an den ausdrücklich aufgeführten Gerichten über eine besondere Stellung oder Qualifikation.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Werbung mit einer Selbstverständlichkeit von hinreichender wettbewerblicher Relevanz, insbesondere weil sie geeignet ist, bei einem Rechtsschutz vor bremischen Gerichten suchenden potentiellen Mandanten den Eindruck zu erwecken, der Beklagte sei aufgrund seiner Zulassung vor diesen Gerichten gegenüber auswärtigen Rechtsanwälten zu seiner Vertretung besser geeignet (siehe auch OLG Köln, Urt. v. 22.06.2012, 6 U 4/12, II., 4., NJW-RR 2012, 1528f.).

Schließlich teilt der Senat die Ansicht des Landgerichts, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG vorliegen. Eine standesrechtliches Verpflichtung der Klägerin, den Beklagten vor der Abmahnung auf den Verstoß hinzuweisen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Mit seinem wettbewerbswidrigen Verhalten hat der Beklagte eine Wiederholungsgefahr begründet, die dem Mitbewerber gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG das Recht sowie auch die Obliegenheit gibt, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen. Diese Regelung ist auch im Interesse des Schuldners, um unnötige Prozesse und die damit verbundenen Kosten zu vermeiden. Sie berücksichtigt aber auch das berechtigte Interesse des Mitbewerbers, über eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung klaglos gestellt zu werden. Für konkurrierende Rechtsanwälte gilt nichts anderes; insbesondere ist nicht erkennbar, warum aus dem Standesrecht ein Verzicht auf eine derartige Klaglosstellung folgen soll.






OLG Bremen:
Beschluss v. 15.03.2013
Az: 2 U 5/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/35c439d4c0bb/OLG-Bremen_Beschluss_vom_15-Maerz-2013_Az_2-U-5-13




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share